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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2018

Wohnen am Stationsweg in Mönchengladbach

Übersicht engeres Plangebiet und ländlicher Spielplatz

Übersicht engeres Plangebiet und ländlicher Spielplatz

2. Preis

Preisgeld: 8.580 EUR

Döll Architecten

Architektur

Karres en Brands

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

WOHNEN AM STATIONSWEG – ERLÄUTERUNGSBERICHT

Leitidee – Kollektivität und Nachbarschaft mit ländlichem Charakter

Die Aufgabe für ein neues Wohnquartier für MG-Venn bietet eine einzigartige Möglichkeit, um eigentumsorientiertes Wohnen und individuellen Hausbau außerhalb des Stadtzentrums zu kombinieren mit einem höhen Niveau von kollektiven Einrichtungen: Kollektivität und Nachbarschaft mit ländlichem Charakter. So lautet die Leitidee unseres Entwurfes. Dabei haben wir uns inspirieren lassen von den klassischen Kleingärten in der direkten Umgebung. Das Wohnquartier wird stark motivierte Menschen aller Altersgruppen und unterschiedlicher Familienstrukturen anziehen, Menschen die sich bewusst für ein Haus in einer grünen, umweltfreundlichen und sicheren Umgebung entscheiden.

Man entscheidet sich nicht nur für ein Haus, sondern für einen Lifestyle, wobei Individualität und Kollektivität in einem autoarmen Gebiet kombiniert werden. Die individuelle Freiheit besteht daraus, dass die Einzelbauherren bzw. -Frauen das eigene Haus, innerhalb des städtebaulich-gestalterischen Rahmen, selber bestimmen können. Die Parzellen, in abwechselnden Grundstücksgrößen, bieten ein flexibles Rahmenwerk für verschiedene Gebäudetypologien. Gleichzeitig werden die kollektiven Einrichtungen mit den Mitbewohnern geteilt. Ein Netzwerk aus kleinmaßstäblichen, variablen und kollektiven Räume und Spielmöglichkeiten, sowohl im engeren Plangebiet, als auch im größeren Landschaftsraum, trägt zu einer durchgrünten und aufgelockerten Siedlungsarrondierung bei.


Plangebiet –Vernetzung in Hamern

Von alters her war die Roermonderstraße die wichtiges Verbindung zwischen Mönchengladbach und Roermond. Der Stationsweg ist eine alte Abzweigung nach Winkeln. Ebenso ist der Hamerweg eine Abzweigung der Roermonderstraße: ab Waldhausen bildet die Straße die Verbindung mit Venn über den Ortskern Hamern. Ab dem späten 19. Jahrhundert hat sich die Bebauung entlang der beiden Straßen in einer schmalen Parzellierung entwickelt. Das engere Plangebiet liegt im Inneren der gewachsenen Siedlungsareale, zwischen den beiden Wegen, und steht in direkter Verbindung mit einem übergeordneten Nord-Süd Grünzug. Das Gebiet wird geprägt durch den Charme seines ländlichen Charakters, und ist dennoch gleichzeitig gut mit den bereits vorhandenen sozialen Infrastrukturen, Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungseinrichtungen der beiden Ortskerne verbunden. Außerdem ist das Plangebiet gut erreichbar mit dem öffentlichen Nahverkehr und optimal an das Hauptwegenetz angebunden.


Landschaftsraum – Der ländliche Spielplatz; Spielkonzept für den Grünen Korridor

Die Nord-Süd Grünachse mit Rad- und Fußweg ist Teil einer Entwicklungsstrategie für eine Stadtvernetzung und schließt an das Gladbachtal an. Dieser grüne Korridor besteht derzeit aus einer Mischung verschiedener Landschaftstypologien und -funktionen und verbindet die Ortskerne rund um Mönchengladbach. Wir stellen uns den ländlichen Spielplatz als ein Puzzelstück in einer Sequenz von unterschiedlichen Nachbarschaftsparks entlang des Korridors vor, welches die verschiedenen Ortskerne und Nachbarschaften zusammenfügen. Der ländliche Spielplatz ist ein Beispiel dafür, wie die individuellen Räume entlang dieses Bandes sich in Zukunft entwickeln können.

Wie die Vielfalt der Grundstücke im neuen Plangebiet, so besteht auch der Nachbarschaftspark aus abwechslungsreichen Feldern, und spiegelt hierdurch die umgebende Agrarlandschaft wieder. Die einzelnen Bereiche weisen eine unterschiedliche Vegetation auf und werden inspiriert durch das ländliche Ackerland. Sie sollten in einem engen Dialog mit den lokalen Anwohnern, die Hauptnutzer der Flächen, weiter ausdetailliert werden. Ein intensiver Bereich, mit einer kleinteiligeren Feldaufteilung und mehr Spielelementen, verbindet die zwei Ortskernen östlich und westliche des Parks. Wir schlagen vor, das größere Parkareal als einen mehr extensiven Park zu entwickeln, welcher dennoch auch von den lokalen Bewohnern und lokalen Organisationen angeeignet werden kann, und die Möglichkeit bietet, z.B. Vieh, kleinere Felder oder eine gemeinsame Wiese zu teilen.

Multifunktionale Spielelemente sind über die gesamte Fläche verteilt, wobei eine höhere Dichte entlang der intensiven Achse vorherrscht. Die vorgeschlagenen Spielelemente bieten mannigfache Nutzungsmöglichkeiten und Interaktionen und sprechen dadurch verschiedene Altersgruppen an. Zum Beispiel können hölzerne Element, welche in einem Rhythmus verlegt sind, durch einen 8-Jährigen als optimale Bestandteile eines Spieles wie „der Boden ist aus Lava“ gesehen werden, aber können zugleich auch als Ruhe- und Beobachtungsplatz für Senioren oder als ein kollektiver Platz für Lagerfeuer für eine Gruppe von Pfadfindern dienen. Durch die Positionierung von natürlichen Elementen im Park, mit Bezug zu unterschiedlichen landschaftlichen Bedingungen und standortgerechte Vegetationstypologien werden abwechslungsreiche Möglichkeiten zur Erforschung der ländlichen Umgebung geboten und zur gleichen Zeit sorgt dies für optimale Spielbedingungen für alle Altersgruppen.

Während die kleineren Kinder in sicherer Nähe zu ihren Eltern und zu Hause bleiben, werden die älteren Kinder es vorziehen, weiter weg zu gehen, um den "Wald" zu erkunden, Höhlen zu bauen oder in den Bäumen im Obstgarten zu klettern. Für die Erwachsenen der Nachbarschaft bietet die natürliche Umgebung gute Hundeausführflächen, und die Spielelemente können zugleich als Fitnesselemente oder Ruheplatz genutzt werden. Freiflächen wie Wiesenfelder oder das Umfeld vom ‚Hub’ können kollektive Aktivitäten, ein informelles Fußballspiel, Boule oder eine Schneeballschlacht für das ganze Viertel im Winter ermöglichen.


Engeres Plangebiet – Aufgelockert und durchgrünt

Das engere Plangebiet ist aufgelockert und durchgrünt geplant und wird geprägt durch eine eindeutige Parzellierung und ein Erschließungsgrundgerüst mit reduziertem Aufwand. Mit versiegeltem Flächenverbrauch wird sparsam umgegangen, ein zentraler Platzraum und die Wohnstraßen übernehmen eine Doppelfunktion im öffentlichen Raum. Das Grün der privaten Grundstücke steht im Vordergrund. Daher werden Autos nicht auf den Parzellen geparkt (mit Ausnahme für Behinderte). In maximal 3 Gehminuten von den Häuser stehen zwei Parkgaragen zur Verfügung. In diesen ‚Hubs’ befinden sich auch die Elektrowagen im Rahmen des Quartierpools. Durch diese Mobilitätsansätze entsteht ein autoarmes Wohnquartier mit einem ländlichen Charakter, wo man sich spontan trifft und Kinder gefahrlos spielen.

Die Erschließung erfolgt vom Stationsweg im Südwesten parallel zum Rad- und Fußweg und im Südosten bei der Einmündung des Thomassenwegs. Von hier aus erreicht man sofort die kollektiven Parkgaragen. Wenn der Vernetzungsbereich B realisiert wird, könnte eine weitere Erschließung über den Hamerweg im Nordosten erfolgen. Die existierende westliche und östliche Fuß- und Fahrradwege werden in das Plangebiet integriert.

Auf der Parkgarage im östlichen ‚Hub’ (40 Stpl.) ist die Einfach-Sporthalle geplant. Die projektierte Grundfläche auf dem Areal der Grundschule würde aus unserer Sicht den grünen Spielraum der Schule und der Tageseinrichtung zu sehr stören. Die Verschiebung verstärkt die städtebauliche Arrondierung zur Ecksituation Stationsweg-Höfgenweg und erhöht die Attraktivität der möglichen Bebauung im Vernetzungsbereich B.

Im westlichen ‚Hub’ (28 Stpl.) sind die kollektiven Einrichtungen für das Quartier, sowie ein Gewächshaus, Logiermöglichkeiten, Werkstätten und Abgabepunkt für Pakete untergebracht. Dieser ‚Hub’ ist eine ‚Landmarke’ entlang der nord-süd Grünachse und enthält zudem einen Fahrradverleih und -Reparatur und ein Nachtbarschaftscafé mit Terrasse. Zentral im engeren Plangebiet befindet sich ein kleines Naturschwimmbad mit Umkleideräumen und Sauna.

Da geplant wird für Einzelbauherren bzw. -Frauen kann jeder das eigene Haus, innerhalb einen städtebaulich-gestalterischen Rahmen, selber bestimmen. Die Parzellen sind in verschiedenen Breiten und Tiefen verfügbar, damit unterschiedliche Grundstücksgrößen angeboten werden können. Für jede Parzelle sind die GRZ(b) und die Abstände zur Grundstücksgrenze (teilweise im Verhältnis zur Gebäudehöhe) definiert. Als Beispiele sind die möglich umzusetzenden Wohn-Gebäudetypologie der freistehenden Einfamilienhausbauten (sowie Patiohaus, Einfamilienhaus, kompaktes Punkthaus / Tiny House) bearbeitet. Doppelhaustypen sind ebenso möglich und auf einigen größeren Parzellen sind auch Hausgruppen oder alternative Wohnformen denkbar. Im Gestaltungsplan ist eine mögliche Gebäudekonfiguration (ca. 53 WE) dargestellt, wobei deutlich die zum westlichen Freiraum abnehmende Bebauungsdichte und geringere Gebäudehöhe ablesbar ist.

Klare Verbindungen aus dem Inneren des Wohnquartiers zum westlichen Freiraum sichern die Verzahnung zwischen dem Landschaftsraum und dem engeren Plangebiet. Die Straßen und Vorgartenbereiche werden eindeutig begrenzt durch bunte Mischhecken in einer niedrigen Höhe, wohngegen jene in den privaten Gärten, neben und hinter dem Haus höher sind. Durch die gewählte Artenvielfalt entstehen Hecken, die zu allen Jahreszeiten attraktiv aussehen. Zusätzlich haben diese Hecken einen ökologischen Mehrwert, da sie für Tiere (Insekten, Vögel, Schmetterlinge, Igeln) eine Futterquelle und sichere Brutstätten bieten.


Vernetzungsbereiche – Einfügung in die stadträumliche Nachbarschaft

Die autarke Entwicklung und Realisierung des engeren Plangebietes kann sofort stattfinden, die Vernetzungsbereiche sind als optionale mittel- bis langfristige Ergänzung zu verstehen. Im Vernetzungsbereich B werden die städtebaulich-gestalterischen Rahmen des engeren Plangebietes angehalten und in den Vernetzungsbereichen A und C werden die (schmalen) Parzellen übernommen. Die Parzellen werden direkt von den Wohnstraßen erreicht und auch hier sind die Vorgartenbereiche so groß wie möglich geplant. Die weiteren Spielregeln müssen sich aber an die spezifischen Bedingungen anpassen. Um realistische Grundstückgrößen zu erhalten, sind die tiefen Parzellen nur zum Teil benutzt. Der vorgesehene nicht öffentliche Wirtschaftsweg im Vernetzungsbereich C, der die rückwärtige Erschließung der Wohnbebauung am Stationsweg sicherstellt, ist an die westliche Erschließungsstraße angebunden, optional ist eine östliche Anbindung möglich.


Gestaltung und Materialität – Vielfalt mit einheitlicher Materialität

Um das Leitbild einer durchgrünten und aufgelockerten Siedlungsarrondierung mit hohen städtebaulich-architektonischen und freiraumplanerischen Qualitäten für den individuellen und eigentumsorientierten Hausbau zu realisieren, müssen die vielfältigen Ansprüche an die Einzelarchitekturen in ein robustes Gesamtgefüge eingepasst werden. Zum Beispiel sollten Dachlandschaften den unterschiedlichen Bauherren- bzw. Baufrauenwünschen genügen und dennoch den Anspruch des gestalterischen Zusammenhalts einlösen. Die Gebäudeform und
-kubatur ist frei zu entwerfen, modern oder klassisch, mit Flachdach oder geneigtem Dach. Die Materialität dagegen muss eine Einheit gewährleisten. Deswegen soll ein Material (zum Beispiel eine Holzverkleidung) im Vordergrund stehen und dürfen andere haptische Materialien (sowie Putz, Klinker, Zink in naturnahen Farben) nur untergeordnet angewendet werden. Der städtebaulich-gestalterische Rahmen und ein Gestaltleitbild müssen in einem nächsten Schritt weiter ausgearbeitet und vervollständigt werden.


Ressourcenschutz und Umweltbedingungen – Klimaadaption

Im Plangebiet wird sparsam mit versiegeltem Flächenverbrauch umgegangen, Regenwasser wird optimal infiltriert. Lineare Entwässerungsrinnen markieren die Straßenmitte, bei Starkregen wird das abfließende Regenwasser auf die Retentionsflächen geführt. Die Flachdächer sind nicht nur zur Verbesserung des Kleinklimas und Verzögerung des Niederschlagsabflusses, sondern auch zur Kühlung der Wohnungen extensiv begrünt.

Die Häuser sind ausgerüstet mit in die Dachfläche integrierten Photovoltaikanlagen. Die aktiven Solargewinne durch PV-Anlagen auf den Dächern der kollektiven ‚Hubs’ dienen einer zukunftsorientierten E-mobilität, mit einem Energiespeicher für Elektrowagen und die Nachbarschaft.


Verfasser und Mitarbeiter

Team döll: Henk Döll, Niels Olivier, Ioanna Tsouka
Team karres+brands: Bart Brands, Davor Dusanic, Ida Pedersen

Beurteilung durch das Preisgericht

Eine wohltuend andere Auffassung des neuen Wohnens mit Bezug zum „Ländlichen“. Die Verwebung von Landschaft und Wohnquartier erinnert an die von den Verfassern auch durchaus gewünschten „Ferienhaus- und Kleingartenhauskulturen“ innerhalb eines klar gesetzten Rahmens mit Regeln für die Bebauung. Der besondere Charme liegt auch in den inneren Gemeinschaftsanlagen und in einem sehr guten Landschaftskonzept mit Möglichkeiten der Bewirtschaftung. Es bleiben Zweifel an der Vermarktungsfähigkeit für eine solche Menge von Wohngebäuden innerhalb dieses Rahmenkonzeptes. Die notwendige Regelungsdichte scheint sehr hoch, um die gewünschten Qualitäten des „Hauses“ auf einem grünen Gartengrundstück auch wirklich realisieren zu können. Das innovative Mobilitätskonzept zentraler Stellplatzangebote wirft u.a. Fragen nach gewünschten Erreichbarkeiten der Häuser und kurzen Wegen auf, auch wenn der Grundgedanke sehr lobenswert neue Optionen aufzeigt.
Modell

Modell

Engeres Plangebiet

Engeres Plangebiet

Blick vom Park auf das neue Wohngebiet und Gemeinschaftshaus

Blick vom Park auf das neue Wohngebiet und Gemeinschaftshaus

Ansicht Nachbarschaftsplatz

Ansicht Nachbarschaftsplatz