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Offener Wettbewerb | 03/2019

Neubau Bildungscampus Innerfavoriten in Wien (AT)

2. Preis

Architektin Sne Veselinovic ZT GmbH

Architektur

ILF Consulting Engineers Austria GmbH

Bauingenieurwesen

Simma Zimmermann Landschaftsarchitektinnen

Landschaftsarchitektur

ghp gmeiner|haferl & partner ZT GmbH

Tragwerksplanung

Röhrer Bauphysik

Bauphysik, Brandschutzplanung

ALTHERM Engineering GmbH

TGA-Fachplanung

Snizek + Partner Verkehrsplanungs GmbH

Verkehrsplanung

Ingeborg Kumpfmüller

Kunst

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHE EINBINDUNG

Die dynamische Blockrandbebauung wurde - die Gegebenheiten an der Landgutgasse und den städtebaulichen Entwurf verbindend – beibehalten. Die klare Kante an der Landgutgasse fasst den Straßenraum und schützt den dahinterliegenden Freiraum vor Immissionen. Die Fortsetzung der Fassade mit Rahmenkonstruktion und Begrünung stärkt die städtebauliche Wirkung und vervollkommnet den Lärmschutz über die gesamte Straßenfront, ohne singuläre Schallschutzwände zu erfordern. Die bewegte Linienführung im Erdgeschossbereich zusammen mit den angrenzenden belebten Räumen der Musikschule und der Kollegialen Führung sowie künstlerische Installationen und die „Grüne Fuge“ tragen in der Landgutgasse zu angenehmer und sicherer Atmosphäre bei. Die „Grüne Fuge“ ist ein mit Gräsern und Rankpflanzen ausgestatteter Zwischenraum, der durch die zurückgesetzte spielerische Linienführung der Erdgeschossfassade an der Landgutgasse auf eigenem Grund gebildet wird.
Der kompakte Grundriss in L-Form lässt den geschützten, großräumigen und zusammenhängenden Freibereich für den Campus entstehen. Die Mehrfachnutzung mit Ballspielbereich wurde mit einem neu konzipierten, gut auffindbaren und vom Campus abtrennbaren barrierefreien Zugang versehen und ist im 1. Stock gut in die Gebäudestruktur integriert. Auch dadurch bleibt der ebenerdige Bereich unzergliedert und ineinanderfließend. Der Garten für die Kleinkindergruppen liegt darin gut eingebettet.
Um ein Mindestmaß zurückgesetzt, um Haupteingang und Veranstaltungssaal über den Freiraum - und für die Öffentlichkeit gut wahrnehmbar - zusammenzuschließen und der benachbarten Inventarhalle Raum zu geben, reiht sich die Eingangssituation des Campus´ in die geplante bzw. bestehende Platzfolge als integraler Bestandteil ein. Vom Haupteingang hat man Einblick in die großzügige Aula des Campus´ und durch die Aula hindurch bietet sich bereits eine Sicht in den Freiraum, was ein helles und luftiges Entree schafft.


ERSCHLIESSUNG UND RÄUMLICHES KONZEPT

Auf dem Hauptniveau der Aula liegen Bibliothek, Bewegungsraum und die Kleinkindergruppen. Die Kleinkindergruppen sind direkt angebunden an den Freiraum, sowohl von der MUFU, die nun klar das Herz dieses Bibers bildet, als auch von den Bildungsräumen aus.
Die Einbindung des zweiten und dritten Einganges an der Landgutgasse erzeugt einen Niveausprung in der Ebene 0, der mit dem Lift an Stiege 2 einfach zu überwinden ist. Für die Räume auf Niveau der Aula ergeben sich dadurch lichte Raumhöhen von 4,20m. Darüber hinaus kann der gesamte EG-Bereich für die Verteilung der Haustechnik genutzt werden, um in den Obergeschossen kleinteiliger und auf kürzeren Wegen und somit zugunsten der lichten Raumhöhe agieren zu können. Die Aula als Aufenthaltsort und Verteiler der Personenströme verbindet Haupteingang und zweiten Eingang zur Landgutgasse. Nahe zu diesem Eingang liegen an der Landgutgasse die Zufahrten für die Behinderten-Transporte. Aus den beiden an der Aula anliegenden Stiegenhäusern gibt es direkte Ausgänge ins Freie, so ist die Aula von diesen Fluchtwegen frei und gut möblierbar.


ÄUSSERES ERSCHEINUNGSBILD

In der Fassade wird als Reminiszenz an das ehemalige Betriebsareal der industrielle Gedanke aufgegriffen: vorgefertigte Paneel-Elemente mit Aluminium-Oberfläche und vorgefertigte Fassadenplatten aus Ziegel in graubeige bestimmen das Bild. Die opaken Elemente erscheinen robust und roh. Mit den bronzefarbenen Alu-Rahmen der Glaselemente wird dem etwas Seidiges und Warmes in der Farbe entgegengesetzt.
Die kompakte Bauform erlaubt ein Plus an Glaselementen in der Fassade. Dies ermöglicht wiederum auch in Bereiche mit größerer Gebäudetiefe viel Tageslicht zu bringen. Die skulpturale Ausformung des Gebäudes trägt zudem durch Eckverglasungen, Terrassenausbildungen und Lichtatrien zu einem mit Tageslicht erfüllten Campus bei.
Der Dachgarten über den Sportsälen ist straßen- und wegseitig räumlich gefasst – Rahmen, Netze und Begrünung führen die Gebäudefassade über zwei Stockwerke weiter fort. Der Ballspielkäfig wird so ganz selbstverständlich in das Gebäude integriert und auf Erdgeschoss-Niveau kann sich der Garten ohne Störung durch ein „Nebenbauwerk“ ausbreiten. Miteinander bilden Gebäude und Dachgarten mit den begrünten Rahmen den notwendigen Puffer für den Freiraum zur Straße, ohne dem öffentlichen Raum den Rücken zuzukehren. Vertikale Begrünungen sind als wichtiges Thema für die Fassaden durchgängig präsent. Die „Grüne Fuge“ vom Erdgeschoß wird mittels Pflanztrögen auf der Fassade in den oberen Geschossen fortgeführt.


FREIRÄUME

Der wesentliche Anknüpfungspunkt ist die Achse zur Favoritenstraße. Breite Bänder aus Baumhainen nehmen diese Achsen auf, schaffen Freiraumstruktur und setzen sich im Bildungscampus fort. Der Freiraum im EG ist reine Exklusivzone mit Kleinkinderbereich. Bei den Baumhainen wird das Prinzip der Schwammstadt angewandt. Durch einen vergrößerten Wurzelraum unter befestigten Flächen wird der Lebensraum der Bäume verbessert und die Niederschlagswässer verbleiben im lokalen Wasserkreislauf. Die Speicherräume verzögern die Regenwasser-Ableitung, die Verdunstung über die Bepflanzung wird verstärkt.
Die Terrasse im 1. OG ist intensiv mit Rasen, Sträuchern und Kleinbäumen bepflanzt, ein Teilbereich ist die mehrfachgenutzte Zone. Sie befindet sich am südlichen Rand und beinhaltet die Ballspielfläche.
Die weiteren Campus-Terrassen bieten ruhige Orte für Unterricht und Lernen und aktive Bereiche für Bewegung und Pausenzeiten. Alle Terrassen haben Bepflanzungsinseln, um den Kindern und Jugendlichen ansprechende und anregende Orte anzubieten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Einbindung in die örtlichen Gegebenheiten:
Das Projekt liefert einen sehr kompakten Ansatz mit Schwerpunkt am Quartiersplatz, der mit dem nordöstlichen Eingangstrakt des Campus eine eindeutige Fassung erhält. Die Präsenz am Quartiersplatz wird vom Preisgericht positiv beurteilt, wenngleich die Konzentration der Baumassen im Osten des Grundstücks für die Entwicklung des Baukörpers und der Fassaden entlang der Landgutgasse Probleme aufwirft. Das Schließen des Straßenraums mit einer begrünten Rahmenkonstruktion an den westseitigen Terrassen wird in Frage gestellt.

Umsetzung des räumlich-pädagogischen Konzepts im Innen- und Außenraum:
Die Biber-Struktur wird in pädagogischer Hinsicht positiv beurteilt. Vor allem die Anordnung gut belichteter Multifunktionsflächen und kleinerer, nutzbarer Terrassen entspricht den Intentionen des Campus+-Konzepts. In der Überarbeitung wird auch die Struktur von Biber 1 entscheidend verbessert. Der Ansatz, durch die Abstufung des Gebäudes gut besonnte Freiflächen zu schaffen, wird gewürdigt, jedoch wird die Nutzungsqualität der westseitigen Terrassen inkl. Hartplatz kontroversiell diskutiert.

Äußeres Erscheinungsbild und innere räumliche Qualität:
Das Erscheinungsbild des Baukörpers wird als zu heterogen empfunden, die Details der Fassadenlösungen kritisch beurteilt. Auch die Gestaltung der Freiräume wird in Bezug auf die Dichte der Funktionsanordnung und in den Details des Bepflanzungskonzepts kontroversiell diskutiert. Der Garten erhält zwar eine rhythmische Folge von Nutzungszonen, wirkt aber insgesamt formalistisch und zu dicht. In der innenräumlichen Konfiguration der Grundrisse überzeugt das Projekt hingegen mit sehr kompakten Anordnungen, kurzen Wegen und gut belichteten Nutzflächen. In der Diskussion des Preisgerichts wird vor allem die Lösung der durchgesteckten Aula mit direktem Bezug des Haupteingangsbereichs zur Haupttreppe und kurzer Anbindung von Biber 1 hervorgehoben. Unverständlich in dem Bereich erscheint die Anordnung der Stiege nördlich des Haupteingangs, da mit dieser peripheren Erschließung ungünstige Raumzuordnungen in den ostseitigen Bildungsbereichen (dezentrale Anordnung der Garderoben) erzwungen werden. Die Konfiguration des Grundrisses der Musikschule wurde in der Überarbeitung verbessert, vor allem der zentrale Wartebereich überzeugt. Generell erscheint die Anordnung aber weiterhin eng und wäre im Detail zu verbessern.

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit in Bau und Betrieb:
Die Wirtschaftlichkeit des Projekts ist gegeben. Das Raum- und Funktionsprogramm wird umgesetzt, die vorgegebenen Kennwerte eingehalten. Auch das Energiekonzept wird durchgängig positiv beurteilt.

Umsetzung der funktionellen, logistischen und verkehrstechnischen Vorgaben:
Die Funktionalität der Anlieferung und die Situierung der Stellplätze in einer Nische an der Landgutgasse werden in der Überarbeitung verbessert, im Detail wären diese jedoch noch zu prüfen. Festgestellt wird, dass der auf der Terrasse situierte Hartplatz nicht einer Mehrfachnutzung zugeführt werden kann.