modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 04/2019

Umgestaltung des Paradeplatzes in Forchheim

Blick über den Paradeplatz zur Kommandatur

Blick über den Paradeplatz zur Kommandatur

3. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

UKL Ulrich Krüger Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Paradeplatz ist Teil der historischen Altstadt Forchheims und bildet durch seine exponierte Lage am Innenstadtrand das Tor zur Stadt für Bürger und Besucher. Gleichzeitig stellt er, zusammen mit dem angrenzenden Marktplatz, ein gemeinsames, historisches Platzensemble dar. Diese wichtigen Bezüge sind im heutigen Bestand lediglich mangelhaft ablesbar bzw. gestört. Vornehmliches Ziel des Entwurfes ist es daher, den Paradeplatz durch die Neugestaltung an die qualitativ sehr hochwertige Anmutung des Marktplatzes und der Altstadt mit einem großen Selbstverständnis anzubinden. Gleichzeitig muss dem Ort eine offene und moderne Atmosphäre und eigene Identität verliehen werden.

Aus dem ehemaligen tristen Paradeplatz wird somit das neue „Wohnzimmer“ Forchheims. Hier werden Gäste empfangen, hier treffen sich die Bürger zum Plauschen, Ausruhen, Einkaufen und Lesen. Der Platz als Geschichtsträger und Ort des Miteinanders, der Begegnung und Aktivitäten, die sogenannte - Gute Stube - wird in seiner Anmutung die steinernen und robusten Werte der Vergangenheit bewahren und gleichzeitig durch fein abgestimmte, elegante Ergänzungen Forchheim ein modernes und offenes Gesicht geben.

Die Neugestaltung folgt hierzu in der Entwurfshaltung konsequent dem Prinzip der Adaption vorhandener Qualitäten und Gestaltungsmotiven aus dem bereits sanierten Stadtraum. Als erstes zu nennen ist die Schaffung eines „Einheitlichen Stadtboden“ in der gesamten Altstadt. Das vorhandene Granitpflaster der angrenzenden Bereiche wird hierzu auf dem Paradeplatz und bis zur Kreuzung Nürnberger Straße / Torstraße selbstverständlich fortgeführt. Gleichzeitig wird die Platzfläche bis zur südlichen Kante (Einzelhandelszone / Bushalte-/ Park-platzbereich) als niveaugleich und behindertengerecht ausgebildet.

Um den Platzraum funktional zu gliedern und zusätzlich zu verknüpfen werden dem vorhandenen Gestaltungsprinzipien folgend die Gebäudevorzonen als unregelmäßige Granitplattenflächen zurückhaltend formuliert. Subtile Pflasterlinien (2-3 Zeiler) im Belag betonnen den langen gebogenen Platzraum und definieren neben ihrer Entwässerungsfunktion den südlichen Fahrbereich entlang der Einzelhandelszone in Verlängerung auf dem Marktplatz und Nürnberger Straße.
Diesen bewährten und vorhandenen Rezepte der Außenraumgestaltung wird nun für den Paradeplatz als besonderer Ort und Tor zur Stadt ein zusätzliches „Gepräge“ in Form einer Platzintarsie hinzugefügt. Ähnlich dem Marktplatz mit seiner charakteristischen abgerundeten Platzintarsie erzeugt dieser „Platzteppich“ eine einmalige Identität und Anmutung innerhalb der Stadt bei gleichzeitigem Zitat der Marktplatzgestaltung. Zusätzlich zu diesen Eigenschaften ist der Belag mit seinen geringen Fugen sehr gut auch für Ältere und Menschen mit Behinderung zu begehen.

Neben dem gemütlichen Teppich wird ein „Wohnzimmer“ maßgeblich durch ein weiteres zentrales Element geprägt, dem Sofa. Ein eben solches „Stadtsofa“ bildet das moderne expressive Rückgrat der neuen Platzgestaltung. Von der Kommandatur kommend führt es im eleganten Schwung südlich des Platzteppichs zur alten Wache und endet in Flucht der neuen Überdachung der Tiefgarage. Das „Stadtsofa“ ist zum einen ein Gliederungselement zwischen dem nördlichen Fußgänger geprägten Platzbereich und dem südlichen Fahrbereich und zum anderen eine Betonung und markante Akzentuierung der geschwungenen Raumkomposition bedingt durch die historischen Gebäude auf und um den Platz. In seiner Anmutung greift auch hier wieder das Prinzip der Adaption. So ist die Gestaltungssprache des „Stadtsofas“ der Bank SERANA aus dem Möblierungskonzept der Stadt nachempfunden. Die bereits vorhandenen Bänke können so teilweise auf dem Platz als punktuelle Ergänzungen verbleiben oder in der Stadt weiter verwendet werden. Die schon in Schritten umgesetzte und abgestimmte einheitliche Stadtmöblierung wird somit nicht durch ein weiteres „fremdes“ Element konterkariert sondern sinnreich fortgeführt.

Neben der wichtigen Ergänzung von Sitzmöglichkeiten ist das „Stadtsofa“ ebenfalls die Basis einer neuen schattenspendenden Baumreihe auf dem Platz. Mittig des beidseitigen Bankelements stehen die Bäume in einem Trog auf der Tiefgaragendecke. Mit einer Breite von 1,60 m, Tiefe von 1,10 m und einer Länge von 6,80 m pro Baum stehen als Wurzelraum ca. 12 m³ durchwurzelbares Substrat zur Verfügung.
Als drittes modernes Element wird am freien Platzbereich vor der Kommandatur ein locker verteiltes Fontänenfeld installiert. Hier wo die Baumlinie keinen Schatten mehr spenden kann und der Platzbereich als Tor zur Innenstadt bewusst freigehalten wird, sorgen die Fontänen für die nötige Abkühlung in den warmen Sommermonaten.


In nördlicher Verlängerung des Fontänenfeldes, den Eingang der Innenstadt flankierend, wird in Zukunft ein gläserner „Stadtpavillon“ die Besucher empfangen und informieren. An gleicher Stelle befand sich nach einem Festungsplan von 1838 ebenfalls schon einmal ein Gebäude. Hier wird die gewünschte Überdachung der Tiefgarage mit den notwendigen Baulichkeiten der Pumpentechnik für das Fontänenfeld und die Belüftungstechnik der TG zu einem leichten, transparenten Baukörper gruppiert. Zusätzlich werden E-Bike-Ladestationen unter der westliche Überdachung eingeordnet.

Der gesamte Platzraum wird in zwei grundlegende Bereiche unterteilt, dem Fußgängerbereich nördlich des „Stadtsofas“ sowie dem Verkehrsbereich südlich davon. Diese klare Trennung, manifestiert durch das Sitzmöbel schafft eindeutige Aufmerksamkeits- und Funktionsbereiche. Der südliche Gehweg entlang der Einzelhandelszone wird anders als der nördliche Platzbereich mit einem Bord vom Fahrbereich abgegrenzt. Innerhalb dieser Bordführung ordnen sich auch die ÖPNV Haltestellen mit einem Kasseler Bord ein. Parallel entlang dieser südlichen Bordkante verläuft aus der Nürnberger Straße kommend bis zur Klosterstraße ein 3 Meter breiter Funktionsstreifen. Hier werden die Bushaltezonen, Kurzzeitparkplätze und Taxiparkplätze untergebracht. Dieser Funktionsstreifen wird im Belag dem Beispiel des Marktplatzes folgend, durch Eisennägel markiert.

„Stadtsofa“ + Baumreihe: Das Stadtsofa folg in seiner Gestaltungssprache der im Möblierungskonzept Forch-heim ausgewählten Bank Serena der Firma Square. Ziel ist es den bereits aktivierten Prozess der einheitlichen Stadtmöblierung entgegenzukommen statt etwas Fremdes erneut zu implementieren. Die runde Formsprache der Bank folgt dabei dem Prinzip „Gemütlichkeit“ und Orientiert sich ebenso an der geschwungenen Führung des Platzes. Das Prinzip der Rundung wird ebenfalls für Leuchten, Überdachungen und ähnliche Details angewendet.

Als Baumpflanzung wird „Koelreutheria paniculata“ vorgeschlagen. Der kleine Baum ist als Flachwurzler gut für das Wachstum im Trog geeignet. Mit einer Wuchshöhe bis zu 8 m und einer Breite von bis zu 5 m ist er in seinen Proportionen in Kombination mit dem Sofa und dem Kontrast zu den Bestandsbäumen eine ideale Wahl.

Die Traglast der Gesamtkomposition Sofa und Baumpflanzung wurde mit der Firma OPTIGRÜN grundhaft geprüft. Demnach ergibt sich eine Last auf die Tiefgaragendecke im Lastbereich 2 von ca. 20 KN Nassgewicht am Zentrum des Baumstammes. Zusammen mit einem Sicherheitswert von 2 KN bei evtl. Begehung der Baumscheiben ergibt sich eine Gesamtlast von ca. 22 KN.

„Einheitlicher Stadtboden“: Die konsequente Verwendung des bayrischen Granitpflasters der Innenstadt und des Marktplatzes wird auf dem Paradeplatz fortgeführt.
„Platzteppich“: Der Platzteppich wird in Sandsteinplattenbelag ausgebildet. Dies stärkt, neben der guten Begeh-/ und Befahrbarkeit der zentralen Platzfläche ebenso den Bezug der Alten Wache zur Kommandatur, deren Fassaden ebenso in Sandstein ausgeführt wurden.

Überdachungen / Wartebereiche: Die drei Haltestellen auf dem Paradeplatz werden in einer modernen Architektur als „Wartebereich“ zusammengefasst. Ein geschwungener Stahlrahmen trägt leichte, farbige Glaspanelle als Überdachung. Die Bestandsbäume wachsen gefühlt durch diese elegante Struktur hindurch. Diese gemeinsame „Bushaltestelle“ verhindert ein Nebeneinander von zahlreichen kleinen Einbauten und bildet in Dimension und Flucht ein gegenüberliegendes Pendant zum „Stadtsofa“. Die übrigen Überdachungen auf dem Paradeplatz folgen demselben modernen und transluzenten Gestaltungskonzept

Lüftung Tiefgarage: Das vormals befindliche Häuschen neben der Alten Wache wird abgetragen. Die Entlüftung der Tiefgarage wird durch Lüftungsöffnungen in einer Sandstein-/oder Betonplatte im Boden realisiert. Hierdurch wirkt das Gebäude der Alten Wache wieder monolithisch auf die Platzfläche, auch ist die Durchwegung von Süden nach Norden grundlegend verbessert. Die Bestandsbelüftung wird ebenfalls abgebrochen und im neuen „Stadtpavillon“ zusammen mit der Pumpentechnik integriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit mit dem Leitbild ‚neues Wohnzimmer‘ verspricht zunächst einen Ort zum Wohlfühlen mit hoher Aufenthaltsqualität, verwendet dazu aber ein Element, das den Platz, verstanden als Fläche zwischen den Gebäudekanten, zerteilt.
Das lineare Sitzelement an der südlichen Platzkante, stellt zwar die Sichtbeziehung zwischen ‚Alter Wache‘ und Kommandantur her, reduziert den Platz aber durch seine Barrierewirkung auf ein schmales Band, das durch eine Belagsgliederung nochmals zu einem Teppich verkleinert wird, was der stadträumlichen Situation nicht gerecht wird. Das Motiv des Teppichs verfehlt thematisch und inhaltlich die Aufgabe der Platzgestaltung, wenngleich die als ‚Stadtsofa‘ bezeichnete Sitzbank ein großzügiges Aufenthaltsangebot darstellt, dass den Platz aus vielen Perspektiven erlebbar macht und die Bäume geeignete sommerliche Schattenspender wären.
Das Fontainenfeld als einzige Platzausstattung lässt fraglich erscheinen, ob es in der dargestellten Weise funktioniert, zumal die Oberflächenneigung des Platzes technische Lösungen erfordert, die einen hohen Kostenaufwand vermuten lassen.
Sandstein als Platzbelag wird als ungeeignet bewertet.
Die Verkehrsfragen sind gut gelöst, der Funktionsstreifen für den Busverkehr lässt die Benutzung für Taxifahrzeuge zu, was als guter Vorschlag gewertet wird. Die Buswartüberdachungen sind ausreichend und architektonisch angemessen in den Gehwegstreifen integriert. Der Kreuzungsbereich als shared-space-Fläche überzeugt gestalterisch und funktional.
Die Arbeit bietet interessante Lösungsansätze, die Idee des Stadtteppichs jedoch ist aus stadträumlicher und gestalterischer Sicht nicht überzeugend.
Konzepterläuterung

Konzepterläuterung

Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Lageplan 1:200

Lageplan 1:200

Detailauschnitt 1:50

Detailauschnitt 1:50

Schnittdarstellung "Alte Wache - Kommandatur"

Schnittdarstellung "Alte Wache - Kommandatur"

Schnittdarstellung "Alte Wache"

Schnittdarstellung "Alte Wache"

Detaildarstellung "Stadtsofa" und Überdachungen

Detaildarstellung "Stadtsofa" und Überdachungen

Beleuchtungskonzept

Beleuchtungskonzept