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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2019

Neubau einer Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die B 61 - Dalkepromenade - in Gütersloh

Engere Wahl

Bockermann Fritze plan4buildING GmbH

Bauingenieurwesen

Architekten Wannenmacher + Möller GmbH

Architektur, Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Mit einer ausdrucksstarken, aber gleichsam einfühlsamen Konstruktion will der Entwurf die neue Brücke harmonisch in die vorhandene Parklandschaft integrieren. Ihre leichte und geschwungene Form setzt das organische Wegenetz des Dalkeparks als auch die natürliche Flussform der Dalke fort und lässt unter Erhalt des Baumbestandes ihren Benutzer den vorhandenen Landschaftsraum als eine Art „Baumwipfelpfad“ neu erfahren. Die Trassierung ist gleichzeitig auf ein Minimum reduziert, um eine optimale Wegeverbindung zu ermöglichen und die Anschlüsse an das Wegenetz an ähnlichen Stellen beizubehalten.

Der Überbau der Brücke orientiert sich am Momentenverlauf entsprechend seiner Beanspruchung, wodurch in der Seitenansicht des Bauwerks ein wellenartiger Verlauf der Überbauoberkante entsteht, der die Form des unten liegenden Gewässerlaufs aufnimmt und wiederspiegelt und gleichzeitig eine optische Auflockerung des Querschnitts ermöglicht. Durch die Ausbildung eines Trogquerschnittes als seitliches Tragwerk ist eine schlanke Konstruktion mit geringen Höhen realisierbar, die das Erscheinungsbild der Brücke sehr filigran wirken lassen. So fügt sich das Bauwerk durch seine schlichte Eleganz in die Umgebung ein. Der wellenförmige Trog erhöht den Erlebniswert beim Überschreiten / Durchschreiten der Brücke und führt zu einem spannungsreichen Wechsel zwischen halbgeschütztem Raum und Erleben der Landschaft.

Die Stützweiten der insgesamt 7 Felder liegen zwischen 25 und 35 m, wobei die Endfelder mit geringeren Momentenbeanspruchungen entsprechend kürzer ausgebildet werden. Die Konstruktionshöhe im Bereich der Stützmomente über den Mittelstützungen beträgt ca. 95 cm und reduziert sich im Feldbereich auf ca. 50 cm. Die statisch konstruktive Verbindung zwischen den Obergurten, Stegen und Bodenblechen wird dabei über Stahlrahmenbleche im Abstand von ca. 1,00 m gewährleistet. Gleichzeitig dienen Stege und Obergurte in Verbindung mit Handlauf (Edelstahl) und lotrechten Füllstabgeländerrahmen als Absturzsicherung mit einer Höhe von 1,30 m. Die Beleuchtung des überführten Weges wird durch die Illumination der Handläufe erreicht. In der außen liegenden Ecke zwischen Steg und Obergurt lässt sich die Führung von zusätzlichen Leitungen ermöglichen.

Die Unterbauten der Brücke teilen sich gestalterisch in Anspielung auf die unterschiedlichen Sachverhalte unterhalb des Bauwerks in zwei Bereiche auf. Getragen wird die Brücke im Bereich über der Parkanlage durch zueinander versetzte Stützenpaaren, die sich Baumstämmen ähnelnd in den vorhandenen Baumbestand einfügen. Im mittleren Bauwerksbereich neben der Fahrbahn, sind die Stützen kreuzförmig ausgebildet, um die gesamte Tragkonstruktion an diesen Stellen in Querrichtung auszusteifen. Gleichzeitig wird dabei der Kreuzungsbereich mit der Straße hervorgehoben und von den anschließenden Landschaftsbereichen getrennt. In den Stützbereichen des Bauwerks wird der Trogquerschnitt durch weitere Aussteifungsbleche verstärkt, sodass hier Stahlhohlkästen ausgebildet werden, die neben der Querschnittsstabilisierung auch der Auflagerung des Überbaus dienen. Die Lastabtragung in den Endfeldern erfolgt über schlank gehaltene Widerlager auf Stahlbetonfundamenten. Die Dilatationen des Gesamtbauwerkes in Quer- und Längsrichtung werden durch die Weichheit der mittleren Stützungen bzw. der verschieblichen Lagerungen an den Widerlagern aufgenommen.

Die Brücke weist eine 6%ige Steigung auf 10 m Längen auf, die in den Ruhepodesten dagegen lediglich 3% auf 1,5 m beträgt. Die Rampensituation ist ins Innere der Konstruktion gelegt. Das obere Gehwegblech gleicht, von außen nicht sichtbar, die Höhenunterschiede mit entsprechendem Gefälle aus. Durch die seitlich liegende Tragkonstruktion ist der Aufbau des Brückenquerschnitts unterhalb des für den Geh- und Radverkehr nutzbaren Deckbleches sehr gering gehalten, wodurch die erforderlichen Rampenlängen beidseitig der Bundesstraße auf ein Minimum reduziert werden.

Die Ausbildung des Überbaus aus wetterfestem, angewittertem Stahl ist dauerhaft, wartungsfrei und verleiht der Brücke eine natürliche Patina. Das Deckblech, das gleichzeitig als Gehwegtafel dient, erhält einem RDH-Belag.

Die Bauwerksentwässerung erfolgt über das im Deckblech ausgebildete Quergefälle als Dachprofil sowie auch das Längsgefälle in der Gehwegtafel in Richtung der Bauwerksenden. Das anfallende Wasser wird in den Bereichen der Stützen in Einläufe und nicht sichtbare Fallleitungen abgeführt.

Die Montage der Brücke ist feldweise vorgesehen, wobei zunächst die Bereiche über der Dalke und der Bundesstraße mit in Längsrichtung temporär auskragenden Überbauten eingehoben werden. Die verbleibenden vier Zwischenbereiche werden nahe den Momentennullpunkten an die vorgenannten Überbauten im Bereich der Rahmenbleche geschraubt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die in wetterfestem, angewittertem Stahl ausgeführte Geh- und Radwegbrücke überspannt die Geländetopologie mit 7 Feldern, deren Spannweiten zwischen 25 m und 35 m liegen. Die 35 m breite Hauptöffnung befindet sich über dem Westring (B 61); die beiden Dalkequerungen liegen östlich und westlich eng benachbart zur Hauptöffnung, wodurch der Fluss und seine Uferlandschaften nur wenig beeinträchtigt werden. Die Gesamtlänge der Brücke beträgt 222 m.

Der Stahlquerschnitt der Brücke ist als Trog ausgeführt, der über U-förmige Rahmen im gegenseitigen Abstand von 1 m stabilisiert wird. Im Trogquerschnitt hat das unten liegende Brücken-deck eine nur geringe Höhe; die seitlichen Stege mit den Obergurten variieren in der Höhe entsprechend des Momentenverlaufs bzw. des Beanspruchungsverlaufs der Brücke. So ist z.B. die Querschnittshöhe über den Pfeilern seitlich der Hauptöffnung am größten (H = 950 mm); zu den angrenzenden Feldern hin fällt sie dann ab (H = 500 mm). Die dadurch in der Ansicht entstehen-de formschöne Welle wird durch das mit Vertikalstäben aufgelöste Geländer aufgegriffen. Des-sen oberer Abschluss folgt der Brückengradiente; über dem tragenden Querschnitt wird die Welle auch durch das Geländer wiedergegeben. Die Beleuchtung des Verkehrsbereiches erfolgt über die Illumination in den Handläufen.
Die Unterbauten der Brücke werden durch die beidseitig an den Brückenenden angeordneten, schlank gehaltenen Stahlbeton-Widerlager und die Stahlstützen gebildet. Die Stahlstützen sind im Bereich der Parkanlage paarweise zueinander versetzt angeordnet, womit sie das Thema Baumbestand widerspiegeln sollen. Direkt am Westring sind die Stahlstützen kreuzförmig ausgebildet. Sie dienen so der Stabilisierung des Bauwerks in Querrichtung. Zudem wird hiermit die Thematik des Kreuzungsbereiches an dieser Stelle symbolisiert. Die Lagerung der Brücke erfolgt semiintegral mit verschieblicher Lagerung an den Widerlagern und integralen, jedoch in der Gesamtwirkung ausreichend weichen Stützen.

Bei den Rampen werden 6% Steigung/Gefälle auf 10 m Abschnittslänge mit dazwischen angeordneten Ruhepodesten von 3% Neigung umgesetzt. Die Rampengestaltung findet im Inneren der Trogkonstruktion statt und ist so von außen quasi nicht wahrnehmbar.

Der Gesamtpreis der Brücke ist mit knapp 2 Millionen € eher günstig, aber bei der Art der gewählten Konstruktion auch realistisch.

Insgesamt zeugt der Entwurf von hoher gestalterischer und tragwerksplanerischer Qualität. Bei reduzierter und sinnvoller Führung des Brückenverlaufs ist das Tragwerk zurückhaltend und gleichzeitig elegant und in seinem Kraftfluss ablesbar. Mögliche Kritikpunkte wären der teilweise zu hoch und zu beengend erscheinende Trog und die Relation der Proportionen zwischen „kräftigem“ Überbau und in Relation dazu „schmächtigen“ Stützen.