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Offener Wettbewerb (auch für Studenten) | 04/2019

8. Schlaun-Wettbewerb 2018|2019: Areal Barker Paderborn

Isometrie

Isometrie

New Identity in Progress

ein 2. Preis / Städtebau und Landschaftsplanung

Preisgeld: 2.000 EUR

Kyra Manegold

Student*in Architektur

Fabienne Wittor

Student*in Architektur

Erläuterungstext

PROZESSUALE ENTWICKLUNG

Die Kaserne wurde in den 1930er Jahren im Zuge der Aufrüstung der Nationalsozialisten erbaut. Nach dem Krieg besetzten die Briten die Kaserne und nutzen sie aktuell als Panzergrenadier- und Instandsetzungs-Kaserne. Vermutlich werden die Barker Barracks Ende 2019 freigezogen. In einer prozessualen Entwicklung soll aus der ehemaligen Kaserne nun ein lebendiges, zukunftsfähiges Stadtviertel entstehen. Ein gedehntes Gitter, welches sich aus dem, für erhaltenswert befundenen, Bestand herleitet, wird über das Areal gelegt und definiert die neuen Bauzonen und -felder. In der ersten Entwicklungsphase werden Teile des Bestands dauerhaft umgenutzt, während andere mit Interimsnutzungen belegt werden. Einige der Mannschaftskasernen werden als wichtiger Teil der Geschichte erhalten, um die Identität des Quartiers weiter entwickeln zu können. In einer prozessualen Entwicklung sollen Politik und Bürger gleichermaßen beteiligt werden. So werden Bestands- und Neubauten mehrfach codiert, sodass Nutzungen in unterschiedlichen Entwicklungsschritten aber auch kleiner – zu unterschiedlichen Jahres- oder Tageszeiten – variieren. Günstige Mieten in den Bestandsbauten sorgen zu Beginn der zivilen Nachnutzung des Quartiers für spannende experimentelle Projekte, die sich auf Dauer etablieren oder verworfen werden können. In der letzten Phase wird das Quartier verdichtet und verwebt sich vollständig mit der umliegenden Bebauung.


FREIRAUMKONZEPT

Ein Grünzug soll als stadträumliches Gelenk zwischen dem nordöstlich gelegen Landschaftsraum entlang des Springbaches und dem im Westen befindlichen Philosophenweg, dem Fuß- und Radweg Richtung Innenstadt, eine Verknüpfung herstellen. Diese wird durch eine angrenzende Promanade mit öffentlichen Quartiersplätzen gestärkt. Zudem wird die Bestandsallee im Süden des Plangebietes verdichtet und erweitert, sodass das Schulzentrum Kaukenberg über eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer direkt erreichbar ist. Begrünte Fußgängerwege vernetzen den Grünzug sowie die Promenade mit den umgebenen Wohngebieten. Durch die genannten Grünverbindungen und die Ausbildung des Gitters entstehen vier Stadtquartiere.

Während sich das nördliche sowie das östliche Quartier an den Strukturen der umliegenden Bebauung orientieren, entsteht in der Mittelzone ein Pendant zu der
altstadtnahen städtischen Blockbebauung. Am südlichen Rand des Areals entwickeln sich hingegen neue experimentelle Wohn- und Lebensräume, die Qualitäten bieten, die es in dieser Form im Paderborner Stadtgebiet bisher nicht gibt.


BAUSTRUKTUREN

Im Süden entsteht ein experimentelles Wohnfeld. Hier bleiben teilweise Mannschaftskasernen erhalten und werden durch Neubauten zu Höfen ergänzt. Um eine zivile Nachnutzung zu erleichtern sollen hier Schwellenhaushalte einziehen, die sich zusammenschließen und die Kasernen gemeinschaftlich nach ihren Bedürfnissen umbauen und ergänzen.
Im Norden verzahnt sich die bestehende Wohnbebauung mit den neuen Einfamilienhäusern im Gebiet und wächst zur Mitte immer dichter zu Wohnhöfen mit Mehrfamilienhäusern und Apartments zusammen. Am Quartierssauftakt im Westen befindet sich ein Einzel- und Dienstleistungszentrum, sowie eine neue Schule mit angrenzender KiTa, die den Bedarf des neuen, wachsenden Stadtquartiers deckt.
Im Osten entsteht ein technologieorientiertes Gewerbe-, Forschungs- und Dienstleistungszentrum. Den Auftakt für dieses Quartier bildet der neue Bahnhof, der sich in unmittelbarer Nähe der Friedrich-Spee-Gesamtschule befindet. Hier sollen nachhaltige Arbeits- und Produktionsmethoden erprobt und angewendet werden. Das C-LAB, die gemeinsame Innovationswerkstatt von Atos, einem international führenden Anbieter von digitalen Services, und der Universität Paderborn, welche bereits seit über 30 Jahren zusammenarbeiten, soll in diesem Bereich ein neues Headquarter erhalten.
Das Hauptaugenmerk liegt im Herzen des Gebiets. Hier entsteht in flexibel nutzbaren Baustrukturen ein Nutzungsmix aus Wohnbebauung, Dienstleistungs- und Einzelhandelsnutzungen, Kunst und Kultur sowie Bildung und Soziales. Hierarchisch übergeordnete Bereiche sind am Anfang, in der Mitte und am Ende der verknüpfenden Promenade angeordnet.


ERSCHLIESSUNG

Dem Erschließungskonzept liegt das Bestreben zu Grunde, möglichst umfangreiche Flächen frei von motorisiertem Individualverkehr zu halten und damit für Fußgänger und Radfahrer freizuhalten. Dieses sieht für den motorisierten Individualverkehr vor, das nördliche und südliche Gebiet separat und in Form von Ringstraßen zu erschließen, damit kein Durchgangsverkehr entsteht. Über eine Nebenstraße wird das bestehende Gewerbegebiet an das neue Technologiezentrum angebunden. Zudem soll ein weitgehend autofreies Stadtbild geschaffen werden, indem Quartiersgaragen an strategischen Punkten positioniert werden. Diese bieten Platz für alle PKWs im Quartier. In ferner Zukunft, wenn nur noch autonome Fahrzeuge unterwegs sind, können diese leicht zu neuen Wohnformen oder Teilaufgabe Städtebau/Landschaftsplanung
Dienstleistungszentren umgenutzt werden. Bereits zu Beginn des Entwicklungsstadiums befinden sich im Erdgeschoss der Garagen variierende Nutzungen wie Pop-Up-Stores, Repaircafés und Bike-Sharing Stationen. In den Stichstraßen der Wohnhöfe ist nur Notverkehr, sowie temporäres Parken zum Ausladen der Einkäufe o.ä. zugelassen.
Ein Quartiersbus verbindet alle wichtigen Nutzungen im Quartier, sodass auch die mobil beeinträchtigten Personen am Gemeinschaftsleben teilhaben können. Ein Radweg vernetzt entlang der Promenade den Landschaftsraum im Osten und den neuen Bahnhof mit der Innenstadt.


ENTWÄSSERUNGS- UND ENERGIEKONZEPT

Das Entwässerungskonzept sieht ein Mulden-Rigolen-System zur dezentralen Versickerung, Wasserrückhaltung und Abflussverzögerung vor. Das Regenwasser der nördlichen Bauzone wird in Zisternen zur späteren Nutzung in den einzelnen Haushalten gespeichert. Das anfallende Regenwasser der übrigen Zonen wird mit dem bestehenden Gefälle in Retentionsmulden auf den Grünzug geleitet und dem natürlichen Wasserhaushalt verzögert wieder zugeführt. Dachbegrünungen sollen zur Standardausstattung der Bebauung im Viertel gehören, um Überhitzungen mittels Verdunstungskühlung vorzubeugen.
Um das Stadtviertel möglichst autonom mit Energie zu versorgen, werden auf den Dächer der Quartiersgaragen sowie den Energievillen Photovoltaikanlagen und Kleinwindkraftanlagen vorgesehen, die die angrenzenden Bebauungen mit Strom versorgen. Für Spitzenlasten und die Wärmeversorgung ist in der östlichen Bauzone ein Biogas-Blockheizkraftwerk angesiedelt.


3 WOHNZONEN – 3 NUTZERGRUPPEN – 3 IDENTITÄTEN

GARTENHÖFE

Bereits bestehende Wohnqualitäten der Einfamilien-, Reihen- und Doppelhaustypologien im Norden des Gebiets werden hier aufgegriffen und Richtung Süden weiter verdichtet. Entlang des Grünzugs entstehen offene Wohnhöfe mit großen privaten Gärten und Dachterrassen. Dieses Gebiet folgt dem Grundsatz des familienfreundlichen Bauens. In den kollektiven Grünflächen zwischen den Höfen finden Spielplätze für Kinder jeden Alters Platz. Die soziale Heterogenität der Bewohner, die durch die Mischung des Familienwohnens mit Altenwohnungen, Betreutem Wohnen, gemeinnützigen Wohnungen und Studentenwohnheimen entsteht, sorgt für fruchtbare Nachbarschaften innerhalb dieser Bauzone. Zwischen der lockeren Bebauung finden Streuobst- und Blumenwiesen
Platz, die beispielsweise von einem ansässigen Imker bewirtschaftet werden können.


STÄDTISCHES WOHNEN AN DER PROMENADE

Flexibilisierte und entstandardisierte Beschäftigungsverhältnisse, sowie die sich wandelnden Familienmodelle führen zu einer erhöhten Abhängigkeit von differenzierten, nah gelegenen Dienstleistungs- und Serviceeinrichtungen. Vom Einkaufen bis zur Kinderbetreuung, Gesundheitsvorsorge und Weiterbildungsmöglichkeiten soll in der Stadt der kurzen Wege alles schnell erreichbar sein. In der mittleren Bauzone gelingt eine städtische Nutzungsmischung von Wohnen und Nicht-Wohnen, die einhergeht mit einer baulich hohen Dichte und urbanen Qualitäten. Dieser Nutzungsmix führt zu effektiven Synergien innerhalb des Quartiers.
Entlang des Grünzugs verläuft die Promenade. In der angrenzenden Bebauung sind Mischnutzungen im Erdgeschoss untergebracht. Hier entstehen Nutzungsschwerpunkte an den öffentlichen Plätzen im Quartier: Der Platz der Kreativen, der Platz der Forscher und die soziale Mitte.
Neben Sozialen- und Bildungseinrichtungen werden sich in den ehemaligen Bestandsgaragen kreative Nutzungen zu günstigen Mieten ansiedeln. In dieser Bauzone finden vor allem kleine Apartments und Singlewohnungen Platz, die mit den Mischnutzungen in den Erdgeschossen gut zu vereinbaren sind. Im Norden wird die Bebauung durch die Promenade und im Süden durch die Barker Allee begrenzt. Die besonders identitätsstiftenden Bestandsbauten auf der Allee werden zu Gemeinschaftszentren umgenutzt und durch Spiel- und Sportflächen in den Freiräumen ergänzt.


EXPERIMENTIERHÖFE

Die bestehenden Mannschaftkasernen im Süden sollen teilweise erhalten und experimentell umgenutzt werden. Dazu wird vorgeschlagen, Initiativen wie das Mieter-Syndikat einzubeziehen, um so Schwellenhaushalten den Wunsch nach Eigentum zu ermöglichen. Baugruppen komplettieren die vorhandenen Strukturen zu Höfen. In den Erdgeschossen, angrenzend zur Barker Allee sind kleine Handwerker- und Dienstleitungsbetriebe untergebracht. Die Flächen in den Höfen können kollektiv gestaltet werden und zum Beispiel zum Urban Gardening genutzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Herleitung aus dem Bestand definiert bei dieser Arbeit die neuen Baufelder. Das neue Quartier soll sich prozessual entwickeln, begleitet durch Bürger und Politik.
In der Endphase entsteht ein verdichtetes Quartier, teilweise verwebt mit der umliegenden Bebauung.
Im Süden ist ein experimentelles Wohngebiet vorgesehen. Bestand und Neubau bilden robuste Wohnhöfe (gemeinsam Bauen).
Das herausragende Band ist die Mitte des Gesamtgebietes mit einem Nutzungsmix und unterschiedlich bespielbaren Plätzen (Platz der Kreativen, der Forscher und die soziale Mitte). Das Quartier wird gegliedert durch Grünzüge und Alleen, eingebunden in das grüne Umfeld des Ortes.
Eine Arbeit, die sich mit vielen Aspekten wie Verkehr, Wohnformen, Energie und Entwässerungskonzept auseinander setzt und dies mit klaren Aussagen anschaulich darstellt.
Isometrie

Isometrie

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Perspektive: Gartenhof

Perspektive: Gartenhof

Perspektive: Gartenhof

Perspektive: Gartenhof

Perspektive: Soziale Mitte

Perspektive: Soziale Mitte

Perspektive: Soziale Mitte

Perspektive: Soziale Mitte