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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2019

Umbau und Sanierung sowie Neuausrichtung des Städtischen Museums im Kornhaus in Kirchheim unter Teck

Anerkennung

Preisgeld: 10.000 EUR

Reichel Schlaier Architekten GmbH

Architektur

büro münzing – designer und architekten

Szenographie

Erläuterungstext

Stadtmuseum im Kornhaus
Geschichten aus der Stadt lassen die Geschichte der Stadt erleben


Das Museum im ehemaligen Speichergebäude ist Wissensspeicher und Plattform für die Auseinandersetzung zu Fragestellungen rund um Kirchheim, zur Stadtgeschichte, den historischen Meilensteinen und insbesondere zu den Geschichten der Einwohner.

Essay statt Monografie
"Der Blick in die Geschichte erlaubt ganz neue Perspektiven auf die Gegenwart. (...) Die Vergangenheit lebt in Gegenwart und Zukunft fort, wenn man versteht, ihre Spuren zu deuten." Unter dieser Prämisse erforschen wir die Bedingungen und Umstände, welche die Gegenwart formen. Im Beispielhaften zeigt sich das Allgemeine, Vollständigkeit ist nicht das Ziel.

Spielerisches Entdecken und interaktive Impulse als Einladung zur Kommunikation wird Grundlage für die differenzierte Strukturierung des Vermittlungsangebotes, ausgerichtet für Einzelbesucher und Gruppen mit unterschiedlichen Interessen und Vorkenntnissen.

Multiperspektivität und Kontext
Objekte werden im jeweils relevanten Kontext vermittelt, unterschiedliche Erzählperspektiven und Blickwinkel ermöglichen Angebote zur individuellen Rezeption. Stadtentwicklung wird im Kontext der wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen deutlich. Daraus resultierende Aspekte wie z.B. Wohnen, Arbeiten, Wohlstand, Bildung, Gesundheit thematisieren den Alltag, Objekte des täglichen Lebens und persönliche Gegenstände nehmen direkt Bezug zu bekannten Personen und geben Aufschluss über die Alltagskultur.


Museumsraum – INLET
Das historische Kornhaus ist Baudenkmal und Exponat zugleich. Die historischen Baudetails und die urpsrüngliche Raumtektonik der Speicherebene sollen durch die Neugestaltung ablesbar bleiben. Der Museumseinbau im 2.OG, bestehend aus neuem Fussbodenaufbau und den beiden Stirnseiten wird formal als INLET gestaltet, hält Abstand zu den begrenzenden Raumelementen und wird als neuer Einbau ablesbar. Die Stirnseiten mit integriertem Zugang dienen als Funktionswände, sind variabel, als Stau- Präsentations-, Sitz- und Bibliotheksmodul nutzbar.

Die Themenbereiche werden als eigenständige Insel-Module (Großmöbel) ausgebildet. Der Museumsraum ist in seiner Gesamtheit wahrnehmbar, eine Orientierung ist intuitiv möglich und entlang der individuellen Besucherwege entsteht zwischen den korrespondierenden Themen ein Rundgang.



Vermittlungsmodule

Prolog
Im Eingangsbereich bildet das medial bespielte Stadtmodell gemeinsam mit dem Prolog den Auftakt zur Erforschung der Stadt Kirchheim. Der Prolog veranschaulicht die Stadt als Phänomen und als gestaltbaren Organismus.

Digitales Stadtmodell
Ein Relief mit grafischer Darstellung des Stadtplanes inkl. der angrenzenden Gebiete wird durch eine Beamerprojektion überlagert (Overlay/Mapping). Dadurch können medial unterschiedlichste Inhalte illustrativ dargestellt werden: Historische Stadtentwicklung, geografische Aspekte, Infrastruktur, Verkehrswege und -Ströme, etc. Über Tablet-PC’s sind einzelne Themen abrufbar und können individuell vertieft werden.

Kirchheim 2019+
Die Themenstation 2019+ präsentiert die relevanten Themen und Projekte ab 1990 und ist durch das einfach handhabbare System der "Themen-Karten" und “Projektfelder“ stets aktualisierbar und ermöglicht Ausblicke in die Zukunft.

Themenfeld
Die in Zeitabschnitten gegliederten Themen werden als ablesbare Stationen gestaltet. "Exponate zuerst!" formuliert dabei das Leitthema der Museumsgestaltung. Die Szenografie eines jeweiligen "Themenbildes 3D" setzt die Artefakte als narratives Ensemble in einen Kontext, die Vermittlungselemente/-medien ermöglichen die thematische Einordnung der einzelnen Objekte und eine Rezeption aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Stadtgespräch
In den Fensternischen lauscht man an integrierten Audiostationen - mit Blick in die Stadt - dem "Stadtgespräch", originale Tondokumente oder nachempfundene Dialoge verweisen auf historische Themen, charakteristische Individuen und Dialekte. Eine unterhaltsame und persönliche Begegnung mit allerlei Anekdoten, "Alten Bekannten" und prominenten Gästen (Hermann Hesse, Quartier im Gasthof Krone, Hermann Lauscher, Lulu).

Kirchheimer Kabinett(le)
Im Nebenraum an der Westseite des Gebäudes entsteht ein kleines Kabinett (Kirchheimer Kabinettle) als musée sentimental und beherbergt allerlei Kurioses und Spezielles, z.B. den Kirchheimer Bären, den Aschenbecher vom Stammtisch aus einem historischen Gasthof, den Roman von Herrmann Hesse, den Fussball vom ersten Freundschaftsspiel mit der Mannschaft der Partnerstadt Rambouillet, ein Album mit Fotos der legendären Kirchweih Anno xxxx etc.

Medien
Medien werden in analoger Form durch Text und Bild und ggf. mit Brailleschrift barrierefrei eingesetzt. Der Einsatz von digitalen Medien gliedert sich nach folgenden Kriterien:
Digitale Exponate
weiterführende Informationen/ Vertiefung
3. inszenatorisches Mittel

Korrespondenzen
Eine App verknüpft Themen und Objekte im Museum mit den relevanten Orten und Gebäuden in der Stadt. Dies ermöglicht interaktive Erkundungen und spannende Stadtspaziergänge durch Kirchheim.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser haben den Ansatz, das Kornhaus mit wenigen Eingriffen in die Substanz so weiter zu entwickeln, dass eine einfache und gut nutzbare Gebäudestruktur entsteht. Ein großzügiges Zugangsfoyer im östlichen Bereich des Erdgeschosses verbindet die Max-Eyth-Str. mit dem Widerholtplatz über jeweils 3 gläserne Zugangsportale. Die durchbindende Erschließung des Foyers zwischen Vor- und Rückseite wird grundsätzlich gewürdigt. Es wird aber kritisch diskutiert, ob mit 3 nebeneinanderliegenden Zugangstüren eine eindeutige Adressbildung gewährleistet ist und ob bei schlechter Witterung die 6 Zugangstüren ohne Windfang auskommen können.

Die Ausstellungsbereiche sind im Erdgeschoß und in den beiden Obergeschossen vorgesehen. Das Untergeschoß bleibt weiterhin den Nebennutzungen vorbehalten. Die vertikale Erschließung der Geschosse erfolgt durch zwei großzügige, tagesbelichtete Treppenhäuser, die jeweils an den Stirnseiten angeordnet sind und eine gute Orientierung ermöglichen. Zwischen den Treppenhäusern spannen sich die Ausstellungsflächen auf, die frei bespielbar sind. Auch die Struktur der historischen Holzstützen und Deckenbalken wird in den zusammenhängenden Geschoßflächen großzügig erlebbar. Im Dachgeschoß liegt der Veranstaltungssaal und der Raum der Kulturvermittlung. Beide werden über einen großen Vorbereich erschlossen. Die Lage der WCs im Spitzboden wird allerdings kritisch hinterfragt.

Den größten Eingriff in die Fassade stellen die 6 Öffnungen in der Lage der ehemaligen Feuerwehr Tore dar. Sie öffnen das Erdgeschoß zum Widerholtplatz. Sie werden durch eine feine Betonrahmung sorgfältig in die Steinfassade eingefügt. Insgesamt stehen diese konzentrierten und sorgfältigen Eingriffe in die Fassade für den Umgang mit dem gesamten Kornhaus: Durch gezielte Maßnahmen wird die Architektur des Kornhauses in zeitloser und zurückhaltender Gestaltung qualitätvoll weiterentwickelt.

Die klare Anordnung der Ausstellungsbereiche ist für den Besucher gut nachvollziehbar. Das Konzept der ständigen Ausstellung ist gut durchdacht, es bildet ein tragfähiges Konzept für eine zukunftsfähige Ausstellung, die auf vielfältige Weise die gestalterischen und medialen Möglichkeiten aufzeigt. Die Ausstellung sollte zur Neuausrichtung ein Alleinstellungsmerkmal schaffen – es ist zu prüfen, wie sich das Konzept von anderen Häusern der Region absetzt bzw. unterscheidet. Zu prüfen ist, ob Lagerfläche und Transportwege für die Stellwände ausreichend sind.

Dieser Entwurf geht äußerst sensibel mit dem Baudenkmal um. Die Treppenhäuser werden im Bereich von bereits vorhandenen Eingriffen platziert, der Gewölbekeller wird nicht vergrößert. Die prägenden Konstruktionselemente bleiben sichtbar. Insgesamt handelt es sich um einen denkmalgerechten Umgang mit dem Kornhaus.