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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2020

Neubau einer Rad- und Fußgängerbrücke über den Neckar in Heidelberg

Blick vom Ochsenkopf / Beitrag 2. Stufe

Blick vom Ochsenkopf / Beitrag 2. Stufe

1. Preis / Zuschlag

schlaich bergermann partner - sbp SE

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

LAVA - Laboratory for Visionary Architecture

Architektur

LATZ+PARTNER LandschaftsArchitektur Stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Neue Brücke
Die Neue Brücke ist das Bindeglied städtebaulicher Entwicklungen beidseitig des Neckars und wesentlicher Bestandteil der weiteren Entwicklung Heidelbergs zu einer zukunftsorientierten, fahrradfreundlichen Stadt. Gestalterisch zurückhaltend aber elegant verkörpert sie in zeitgemäßer Ausprägung das langlebige und spürbare Ethos einer innerstädtischen Neckarbrücke.

Ein durchgängiges Band
Mit großzügig geschwungener Linienführung verknüpft sie als durchgängiges Band den Bahnhof und die dynamischen Stadtteile im Süden mit dem Neuenheimer Feld, mit Anbindung an den Schnellradweg am Nordufer des Neckars, und konzentriert sich auf eine direkte und reibungslose Nord-Süd Verbindung für Radfahrer und Fußgänger. Ihr städtebaulicher Beitrag geht aber über diese funktionale Kernaufgabe hinaus. Durch Schaffen von Anbindungen und Aufenthaltsqualität auch für Fußgänger, gibt sie ihrer Umgebung neue Impulse. Ihre elegante Silhouette und monolithische Bauweise sind eine Transformation der Alten Brücke in das 21. Jahrhundert und haben das Potential einen neuen Identifikator für den Westen der Stadt zu schaffen.
Das Band durchläuft eine Sequenz städtischer Räume, deren Qualitäten und Kontrast mit seiner Gestaltung verstärkt werden: Es entspringt fließend der Gneisenaubrücke am Ochsenkopf, eröffnet eine grüne Oase am Gneisenaupark, erschließt Weite und Ruhe über dem Neckar, und mündet in städtischem Grün am Nordufer.
Brücken- und Landschaftsgestaltung schaffen als Einheit neue und unterschiedliche Aufenthaltsqualitäten: Anhand subtiler Eingriffe werden Nutzer beschleunigt, gebremst, mit Mobiliar zum Innehalten, Bleiben und Schauen angeregt.
Zugleich wirkt die flächige Untersicht des frei geformten Durchlaufträgers dank seiner großen Spannweiten und der reduzierten Detaillierung fast inert. Sie beruhigt die hektische Situation um den Gneisenaupark und lässt Blicke und Ruhe über dem Neckar fast unberührt.

Eine integrale Brücke
Als integrale Brücke ist sie über die gesamte Länge lagerfrei. Alle Tragwerksteile sind fest miteinander verbunden, somit wartungsarm und einfach zu unterhalten. Dieses Lagerungsprinzip ermöglicht auch über große Spannweiten eine schlanke und anmutige Silhouette, die sich zurückhaltend und ohne bauliche Hochpunkte in den städtebaulichen Kontext einfügt. So stellt sich die Brücke in innovativer Weise und mit bestechender Schlankheit in die Tradition der Heidelberger Neckarbrücken.
Dem geringeren Nutzeraufkommen entsprechend sind Anlandungen entlang des Verlaufs untergeordnet und schmiegen sich dem Band als separate Gebäude an. Nach unten hin jedoch fransen sie aus und verweben sich mit der aufgewerteten Umgebung.

Städtische Sequenz
Die Brücke aktiviert, zelebriert und forciert die unterschiedlichen Besonderheiten der Orte, die sie verbindet.

Der große Ochsenkopf
Der Brückenzug beginnt im Süden an der Kreuzung Gneisenau- / Blücherstraße mit einer platzartigen Aufweitung, die auch den Hauptzugang zur Stadtbahnhaltestelle Gneisenaustraße-Süd direkt anbinden könnte. Freie Baumstellungen vermitteln mit der Umgebung, bieten Schutz und Schatten.
Die getrennten Fuß- und Radwege der neuen Gneisenaubrücke werden tangential fortgeführt. Auch der Radweg zum Bahnhof schließt schleifend an. Entlang einer behindertengerechten Rampe erreicht die Gradiente die notwendige Höhe um das Lichtraumprofil des Schwarzen Wegs sowie der B37 zu überschreiten.

Der Gneisenaupark
Die Brücke erreicht mit einem eleganten und stützenfreien Schwung über die B37 den westlichen Gneisenaupark und flankiert dessen südlichen und östlichen Rand. In dieser Anordnung rahmt und schützt die Brücke den Park und richtet den Raum zum Neckar aus. Insbesondere die alten Platanen in Parkmitte werden in einen würdigen Rahmen gehoben. Die Nutzer der Brücke bewegen sich in Höhe ihrer Baumkronen und blicken auf die intensiv begrünten und bunt bepflanzten Flächen in beiden Parkhälften.
Die Anbindung an den Park geschieht über eine dezente Rampe, welche der Verkehrsflussrichtung entsprechend, schleifend an das Band anschließt. Ein Treppenabgang Richtung Norden lässt Fußgänger in den Park hinabsteigen.
Radfahrer von Norden biegen leicht ab auf eine Rampe, die der Neigung des Parks entgegenläuft und somit sehr kurz ausfallen kann. Sie werden kurzum auf die beruhigte Gneisenaustraße oder die Mannheimer Straße geleitet um ihre Fahrt nach Norden oder Westen fortzusetzen.
Brücke und Rampe bilden gemeinsam eine Kaskade zum Park hin und fungieren als natürlicher Sicht- und Lärmschutz für eine in Parkmitte abgesenkte Spielskulptur. Wege in beiden Teilen des Gneisenauparks werden vom Rand ins Parkinnere verlegt und spannen dort ein ruhiges aber schlüssiges Wegenetz für Flanierende auf.


Über dem Neckar
Der Nutzer durchschreitet die Engstelle zwischen den Gebäuden am Südufer fast wie ein Tor und befindet sich plötzlich losgelöst über dem Neckar, dessen Charakter an dieser breiten Stelle der eines stehenden Gewässers ist. Ohne bauliche Hochpunkte bleibt diese Qualität von der Brücke unberührt.
Über dem Wasser verbreitert sich die Brücke spürbar. Während sich der Radweg unge- stört geradlinig fortsetzt, führt die Verbreiterung zu einer Entschleunigung des Fußwegs. Sitzgelegenheiten aus Holz entspringen in Flussmitte dem Deck und eröffnen Sitzenden Blicke über das Naturschutzgebiet im Westen. Über dem Schifffahrtskanal entspricht die Breite des Fußwegs der des Radwegs. Im Querschnitt mittig ist bis auf knapp unter Au- genhöhe ein Stahlschwert aufgetaucht, welches auf die darunterliegende, größere Spann- weite hinweist. Es dient dem Lastabtrag, aber zugleich trennt es Fußgänger vom Radverkehr und bildet die Rückenlehne einer der Stadt, Schloss und tief eingeschnittenem Neckartal zugewandten Sitzlandschaft.

Das Nordufer
Die Brücke quert den Neckar möglichst geradlinig, landet im Westen des zulässigen Planungsbereichs. Es entsteht genug Rampenlänge, um mit nur einer Bewegung großzügig nach Osten zu schwingen und vom Ufer zurückgesetzt, ohne Kreuzung aus Rad- und Fußverkehr, in den Uni-Boulevard einzumünden.
Zuvor gibt es schon zwei Abzweigungen: eine Treppe, die Fußgängern eine Abkürzung zur Uferpromenade bietet und in der Verlängerung auf den großen Neckarbalkon mit Blick auf die Neue Brücke und die Stadt führt. Eine zweite Abzweigung nutzt die bestehende Topographie, um eine direkte, barrierefreie Anbindung an die Promenade zu schaffen. So verzweigen sich die Hauptverkehrsflüsse noch vor dem Uni-Boulevard, der sich als beruhigte Piazzetta zum Ufer hin öffnet. Aufgeständert auf großformatigen Wurzelbrücken stellt diese mit Rücksicht auf die Wurzelräume eine einzigartige Nähe zum schattenspendenden Baumbestand her.
Die flussbegleitende Promenade wird verbreitert und mit mittig gesetzten Bänken in einen schnellen nördlichen Fahr- und einen beruhigten südlichen Gehbereich aufgeteilt. Richtung Stadt teilt sich die Promenade in einen flussbegleitenden Uferweg und einen Uferkantenweg entlang der Hundewiese, welcher den mittig die Wiese zerteilenden Pfad ersetzt.
Kleinere Wege erschließen den romantischer gestalteten westlichen Teil des Parks. Eine Verknüpfung mit dem Chemiegarten wäre wünschenswert. Die Notfallzufahrt ist ohne Einschränkung gewährleistet.

KONSTRUKTION
Der im Grundriss gekrümmte Brückenzug ist zuzüglich der Erdrampen 700 m lang. Die tatsächliche Brücke ist zwischen kleingliedrigen Rampen an den Enden in sieben Spannweiten von je ca. 60 m unterteilt. Über dem Schifffahrtskanal werden 105 m überwunden.

Integrale Bauweise
Ein gevouteter torsionssteifer Hohlkasten folgt in seiner Form der Beanspruchung und überspannt als Durchlaufträger fugenlos die Gesamtlänge der Brücke. Zwischen den Nullpunkten des Biegemomentenverlaufs der beiden großen Spannweiten über den Neckar und die B37 entwickelt sich der Hohlkasten in Querschnittsmitte nach oben, um die notwendige Biege- und Torsionssteifigkeit zu erlangen. Dynamische Anfälligkeiten des schlanken Überbaus werden durch Schwingungstilger, die im Hohlkasten integriert sind, eliminiert.
Der Überbau ist monolithisch an schlanken vorgefertigten Stützen aus ultrahochfestem, faserbewährtem Beton angeschlossen. Entlang des gesamten Brückenzuges gibt es keine verschleißanfälligen Lager oder Dehnfugen. Ein intelligentes Stützkonzept führt einerseits durch eine push-pull Lagerung bei den großen Spannweiten zu einer deutlichen Versteifung des Überbaus, bietet aber andererseits genügend Bewegungsfreiheit, um durch horizontale Verformungsmöglichkeiten die Zwängungsbeanspruchungen aus Temperaturwechseln zu minimieren.
Die Sockel der beiden im Fluss stehenden Stützen werden stromlinienförmig ausgeformt und mit ihrer tiefgegründeten Fundation auf Schiffsanprall bemessen.

Ausbau
Das Geländer besteht aus schlanken, einzeln in den Hohlkasten eingespannten Stahlstehlen. Zurückgesetzt von der Kante des Überbaus lassen sie dessen Schlankheit unberührt zur Geltung kommen. Die Drehung um die eigene Achse jeder zweiten Stehle lässt das Geländer über agitiertem Straßenraum flächig und schützend wirken, während es gegenüber Grünflächen und über dem Neckar fast verschwindet um auch Sitzenden Blicke frei zu geben.
Eine funktionale LED Beleuchtung ist in den beidseitigen Handlauf integriert. Diese akzentuiert auch nachts die abwechselnde Zweifarbigkeit des Geländers, welche sich
im Dünnschichtbelag des Rad- und Fußwegs fortsetzt. Sitzbänke aus Holz verhindern das Befahren der Stahlschwerter und werden nachts dezent von unten angestrahlt.
Die Wölbung der Brücke erlaubt die Entwässerung der Brücke über dem Neckar in Längsrichtung. Über Fallrohre an den ersten Uferstützen wird das Wasser schlussendlich in den Boden eingeleitet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Geschwungene S-Linie, Gneisenaupark und Neckarbalkone

„Schlaich Bergermann und Partner“ (Stuttgart/Berlin), „Laboratory for Visionary Architecture Berlin“, (Berlin) und „Latz + Partner Landschaftsarchitektur Stadtplanung“ (Kranzberg) schlagen eine zurückhaltend gestaltete Brücke vor, die vom Ochsenkopf kommend entlang des östlichen Randes des Gneisenauparks durch die Wipfel der weitgehend erhaltenen Bäume führt. Über dem Neckar weitet sich die Brücke zu einer Sitzlandschaft auf. Sogenannte Neckarbalkone am nördlichen Ufer führen direkt über das Wasser. Überzeugt hat die Jury, dass der Beitrag in einer großen geschwungenen Geste die drei wesentlichen Orte der Wettbewerbsaufgabe verbindet. Die freiräumliche Ausgestaltung bedient sich der gleichen Formensprache und schafft unterschiedliche Orte im Neckarbereich mit verschiedenartiger Qualität, wie etwa Sitzterrassen und Balkone über dem Fluss. Der Gestaltungsvorschlag für den Gneisenauplatz lässt dort einen kleinen geschützten Park entstehen.
Blick vom Ochsenkopf / Beitrag 2. Stufe

Blick vom Ochsenkopf / Beitrag 2. Stufe

Lageplan

Lageplan

Ansicht Brücke / Beitrag 2. Stufe

Ansicht Brücke / Beitrag 2. Stufe

Ansicht Brücke / Beitrag 2. Stufe

Ansicht Brücke / Beitrag 2. Stufe

Blick Neuenheimer Feld

Blick Neuenheimer Feld

Beitrag 1. Stufe

Beitrag 1. Stufe

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Nordufer

Nordufer

Bergheimer Straße

Bergheimer Straße

Gneisenaupark

Gneisenaupark

Blick vom Ochsenkopf / Beitrag 2. Stufe

Blick vom Ochsenkopf / Beitrag 2. Stufe

Ansicht Brücke / Beitrag 2. Stufe

Ansicht Brücke / Beitrag 2. Stufe

Beitrag 1. Stufe

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