modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 05/2019

Bildungscampus auf dem Inselareal in Pforzheim

2. Preis

Preisgeld: 55.000 EUR

wulf architekten

Architektur

club L94

Landschaftsarchitektur

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Erläuterungstext

Der östliche Bereich des Inselareals in Pforzheim hat mit der städtebaulichen Umstrukturierung die Chance ein eigenständiger und qualitätsvoller Stadtbaustein zu werden. Dabei steht die besondere Lage des Areals aus zwei Gründen im Fokus. Zum einen ist die Enz mit ihren grünen Ufern für die Grünvernetzung und als ökologisches Refugium in der Stadt ein wichtiger Baustein. Zum anderen sind die Aufenthalts- und Naherholungsqualitäten der Insel am Rande der dichten Innenstadt im Zusammenhang mit dem Lernumfeld der Schüler von außerordentlicher Bedeutung.

Konzept
Das landschaftsarchitektonische Konzept stärkt die Idee der grünen Insel und umschließt die neuen Baukörper mit Garten und Wiesenflächen. Die übergeordnete Vernetzung des angrenzenden Stadtquartieres mit der Enz wird durch das Areal hindurch an verschiedenen Stellen gewährleistet. Die Zugänge und Vorplätze, die Parkplätze, Anlieferung und Fahrradabstellplätze sind im Schwerpunkt an der Nordseite des Grundstückes am Altstädter Kirchenweg angeordnet. Die Außenbereiche für die Kita und die Spiel- und Sportflächen der Schulen sind hingegen schwerpunktmäßig den Südseiten der Gebäude in Richtung Enz zugewiesen. Hier ist auch der Fuß- und Radweg als breit ausgebauter Uferweg angelegt.

Schulumfeld
Entlang des Altstädter Kirchenwegs erreicht man das Schulgebäude mit PKW oder Fahrrad. Während die PKWs auf einem zentralen Parkplatz zwischen Kita und Schule abgestellt werden können, verteilen sich die Fahrräder auf mehrere Standorte dezentral. An der westlichen Grundstückgrenze gibt es einen kleinen Bereich, der für Lehrer- oder Mitarbeiterstellplätze genutzt werden kann.
Durch die Setzung der neuen Baukörper entsteht im Inneren der Schule ein großzügiger Hof, der von allen Seiten der Gebäude umlaufen und erreicht werden kann. Für die Grundschüler ist der Schulhof abgeschlossen. Die Mensa könnte in Teilen außen Sitzplätze anbieten. Der westliche Bereich des inneren Schulhofs ist mit Sitzobjekten und Pflanzungen als Leselounge gestaltet. Offene Bewegungsflächen für die Jüngeren und ein grüner Rasenteppich mit vereinzelten Obstbäumen und Schattenplätzen dienen kleineren Gruppen als Rückzugsort. Die Schüler der Sekundarstufe können auch die großzügigen Plätze außerhalb der Gebäude nutzen.
Im äußeren Umfeld der Schulbauten sind weitere Nutzungsmöglichkeiten des Schulalltags wie Schulgarten, Biotop und Sportanlagen untergebracht.

Kindergarten
Das Entré in die Kita kann im Alltag über einen Anschluss an den Parkplatz für die Bring- und Abholsituationen genutzt werden. Ansonsten hat der kleine Vorplatz, gerahmt durch die denkmalgeschützten Gebäude, das Potential durch Kindergartenfeste mit bespielt zu werden. Das eingezäunte Außengelände der Kita ist großzügig und umschließt alle Bereiche der Einrichtung. Neben kleinen hausnahen Terrassen und offenen Wiesenflächen ist das Grundstück in Richtung Enz mit kleinen Spielzimmern begleitet in denen unterschiedliche pädagogische Themen angeboten werden können.

Uferweg und Enzbalkon
Der öffentliche Korridor zwischen Enz und Schulgrundstück ist Teil der Gesamtkonzeption. Nicht nur die Erreichbarkeit von Schule und Kita von Süden kommend wird verbessert, sondern auch die Vernetzung der Stadt von Norden über das Grundstück bis an das Ufer der Enz wird ermöglicht. Die sensible Öffnung des Ufersaums zum Fluss nimmt direkten Bezug auf die innere Schulhoffläche. Über Treppen kann man den tieferliegenden Enzbalkon erreichen. Von diesem hat man nach Süden ausgerichtet einen wunderbaren Blick über den Fluss.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt 1004 basiert auf einer in sich schlüssigen Interpretation und Fortschreibung städtebaulicher wie architektonischer Themen, die sich aus den unter Denkmalschutz stehenden Pavillonbauten und dem fließenden Landschaftsraum ableiten – Ausrichtung/Orientierung, Fassadengliederung, Maßstäblichkeit, Laubengänge und gefaltete Dachformation.

Während die lineare geprägte Gebäudestruktur der bestehenden Pavillons im Osten beibehalten wird, setzt der neue Schulcampus im Westen mit einem großen introvertierten zentralen Innenhof, um dem sich vier unterschiedlich hohe Gebäude windmühlenartig gruppieren, einen neuen und eigenständigen stadträumlichen Akzent.

Übergeordnet bedingt die Ausrichtung der neuen Schulgebäude eine spannende Fortschreibung der sich, vor allem an den Rändern des Areals, mit dem Landschaftsraum verzahnenden Architekturen. Dies erzeugt den Zustand eines im Grünen stehenden bzw. eingebetteten Bildungscampus, welches dem Genius Loci des Ortes entspricht.

Die Bestandsbauten, in denen Kita, Eltern- und Jugendbereiche untergebracht sind, werden über zwei neue, eingeschossige und mittig angeordnete Verbindungsräume mit flachen gefalteten Giebeldächern für eine schlüssige und flexible Nutzung zusammengeführt.

Während nach Süden hin der Landschaftsraum in die dadurch entstehenden dreiseitigen Höfe nahtlos hineingeführt wird, erhält die nördliche Seite durch die Anordnung von Vorfahrt, Parkplatz und Kita-Eingangshof, eine mineralische und vielleicht etwas zu kantige Anmutung, die den ursprünglichen Charakter des umfließenden Landschaftsraums an dieser Stelle nicht ganz stringent fortführt.

Von Seiten der Denkmalpflege wird empfohlen noch einmal darüber nachzudenken, ob die das Areal charakterisierende weichere und fließendere Landschaftsgestaltung nicht auch auf der nördlichen Seite der Pavillons umgesetzt werden kann. Es wird auch empfohlen, die mittig angeordneten Verbindungsbauten so zu positionieren, dass sie eine ebenerdige Erschließung vom Außenraum her, zulassen und die Höhenüberwindung innerhalb dieser Bauteile bewerkstelligt werden kann.

Die vier Gebäude des neuen Schulcampus orientieren sich in ihrer Volumetrie (3 und 4 geschossig) an den angrenzenden Nachbargebäuden und fügen sich dadurch selbstverständlich in das übergeordnete städtebauliche Gefüge ein.

Während der weitläufige zentrale Innenhof alle vier Gebäude miteinander verbindet und auf Grund der vier Zugänge eine öffentliche Durchlässigkeit ermöglicht, wird der zentrale Hof zur übergeordneten Adresse des Schulcampus. Er weist zahlreiche Qualitäten auf, wie die großzügigen überdachten Laubengänge oder die Ein- und Ausgangsbereiche zur Stadt und zur Enz hin und trägt aus Sicht der Jury, zu einem starken identitätsstiftenden Raum für die Schulgemeinschaft bei. Die jeweilige Anordnung der Gebäudeeingänge ermöglicht soziale wie schulpädagogische Synergien und belebt den zentralen Platz. Darüber hinaus bewirkt die windmühlenartige Anordnung der Gebäude eine klare Orientierung von Sekundarschule, Grundschule, Fachbereichsgebäude und Sporthalle mit Mensa.

Von Seiten der Schulleitungen wird empfohlen, den zentralen Hof, der als Pausenraum für alle Schüler genutzt wird, über die Landschaftsgestaltung in einen Bereich für die Grundschule und einen Bereich für die Sekundarschule einzuteilen.

Die Interpretation des gefalteten Dachs im Zusammenspiel mit der Fassadengliederung, die alle neuen Gebäude in ihrem Ausdruck bestimmt, wird als stilbildendes Element auch für die, den zentralen Hof umfassenden Laubengänge eingesetzt und trägt damit zur einer übergreifenden in sich stimmigen Gestaltsprache bei, die eine ruhig-heitere Gesamtatmosphäre entfaltet.

Das Gebäudeensemble besticht durch seine klare Anordnung der Funktionen im Innen- wie im Außenbereich. Von Seiten der Jury wird die Entscheidung, alle Klassen- und Fachbereichsräume mit Außenraumbezug um zentrale innere und überdachte Erschließungsbereiche anzuordnen, sehr begrüßt.

Während alle programmatischen An- und Zuordnungen von Seiten der Schulleitung grundsätzlich positiv bewertet werden, wären folgende Aspekte noch einmal zu untersuchen und ggfs. zu berücksichtigen:
- Die akustischen Auswirkungen des zentralen Hofs insbesondere im Bereich der Laubengänge sind zu untersuchen.
- Die Raumtiefe der Mensa wird kritisch betrachtet. Es ist zu befürchten, dass im hinteren Bereich zur Küche hin nicht ausreichend Tageslicht und Außenraumbezug vorhanden ist.
- Die Raumhöhe der Einfeldsporthalle im 3. Obergeschoss ist den Anforderungen der Auslobung entsprechend zu überarbeiten.
Insgesamt stellt dieser Entwurf eine für den Wettbewerb städtebaulich und funktional sowie in seiner gestalterischen Konsequenz überzeugende Lösung dar.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG