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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2019

Um- und Neubauten fĂĽr das Berufsbildungszentrum Basel-Landschaft in Muttenz (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 70.000 CHF

BERREL KRĂ„UTLER ARCHITEKTEN

Architektur

Bryum GmbH

Landschaftsarchitektur

Ulaga Partner AG

Bauingenieurwesen

Amstein + Walthert AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Agora war im antiken Griechenland der zentrale Fest-, Versammlungs-, und Marktplatz einer Stadt; unter anderem aber auch der Veranstaltungsort für die Ausbildung einer gemeinsamen Identität. Heute, in Anlehnung des bereits von Walter Wurster aufgespannten öffentlichen Raumes im Hochparterre der bestehenden Anlage, erweitern die Verfasser den Bestand um eine Gebäudetiefe und stellen diese Fläche als zentralen Verteil- und Begegnungsraum zur freien Verfügung. Von allen vier Himmelsrichtungen, aus den beiden adressbildenden Strassenräumen der Gründen- und Kriegackerstrasse zugänglich, wird so die Idee der Agora zum städtebaulichen und architektonischen Impuls des gesamten Projektes.
Der Plan sichert intelligent im städtebaulichen Dispositiv des «Schachbrett Polyfeld» – um ein Feld versetzt zueinander und in alternierender Reihenfolge von Freiraum und Bauvolumen besetzte Felder – sowohl die adressbildenden Räume der Sek II Schulen als auch die strassenübergreifenden Räume zukünftiger Entwicklungen der angrenzenden Parzellen. Der über die Ost-West-Diagonale leicht ansteigende Freiraum ermöglicht mit seiner grosszügigen Weite einen adäquaten Zugang zur Sek II Terrasse. Sein Pendant auf der gegenüberliegenden Seite markiert mit einer Freitreppe und dazugehörendem, freischwebendem Dach den Abgang zum Gartenraum der Gründenstrasse. Aus den beiden etwas kleiner geschnittenen Freiräumen der Nord-Süd-Diagonale vermitteln Treppe und Rampe zur Plattform. Meisterhaft werden hier städtebauliche Themen wie die öffentliche Durchwegung, massstäbliche Staffelung und der ökonomische Einsatz architektonischer Elemente umgesetzt.
Das Projekt lebt vom Gegensatz der grossen zentralen Leere der SEK II Terrasse, einem Möglichkeitsraum für Alltagsnutzungen und Aneignungen wie auch Veranstaltungsort und Schaufenster der Schule (Agora), und den umgebenden dicht bepflanzten Bereichen, allen voran dem grossen, sanft in die Topografie modellierten südlichen Garten. Hier finden sich schattige und räumlich strukturierte Aufenthaltsbereiche zur Entspannung, Rückzugsorte wie auch Begegnungsmöglichkeiten, und auch ein Teil des Schulgartens ist hier in Form eines Arboretums integriert und trägt zur besonderen Stimmung des Südgartens bei. Die Zugänge und Durchquerungsmöglichkeiten des Areals sind allseitig gewährleistet und einladend, die unterschiedlichen Freiräume des Schulareals sind überraschend grosszügig und bieten eine grosse Vielfalt an Nutzungs- und Aneignungsmöglichkeiten. Einzig der im Osten des Perimeters geforderte Grünzug ist reduziert auf eine reine Wegeverbindung ohne besondere Aufenthaltsqualitäten.
Auf der Platzebene sind neben dem jeweiligen Eingang, in Anlehnung der Schaufenster eines Strassenraumes, charakteristische, dem Haus entsprechende Nutzungen angeordnet. Im Werkstattgebäude die Automobil und Handwerksräume, die Cafeteria im Aula- und Mensagebäude und die Mediathek im Schulgebäude. Die Gelassenheit im Umgang mit dem Bestand führt die Verfasser zu massvollen und klugen Um- bzw. Anbauten; eine gut durchdachte Ökonomie der architektonischen Mittel. Im Hauptgebäude wird der zentrale Erschliessungskern um ein Fluchtwegtreppenhaus ergänzt, so kann der ursprüngliche Charakter der Typologie des Schulhauses belassen werden. Die Freitreppe wird von brandschutztechnischen Anforderungen befreit, die Schulzimmer bleiben an ihrem angestammten Ort und die Fassade behält ihre ursprüngliche Gestalt.
Souverän zeigt sich der Umgang mit dem Bestand auch mit der Platzierung der Dreifachturnhalle im Untergeschoss, nicht zentral unter dem Platz, sondern lateral in der Südwestecke des Bestandes. Mit dieser Massnahme erreichen die Verfasser sowohl eine maximal funktionale wie auch eine maximal räumliche Kohärenz. Im bestehenden Aula- und Mensagebäude setzen die Verfasser eine neue Treppenanlage, welche die Mensa wie auch die Turnhalle erschliesst. Sie bilden so ein Nutzungs-
cluster, welcher auch den Garten entlang der Gründenstrasse mit einbezieht und von diesem aus einen eigenen Zugang erhält.
Die Jury ist beeindruckt von der cleveren und bestechend logisch durchdachten städtebaulichen und architektonischen Leistung, Chapeau!