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Offener Wettbewerb | 06/2019

Neubau Forschungs- und Laborgebäude "Optobiologie" der HUB und "Wissenschaft der Pathogene" der MPG in Berlin

Raumfassung und Raumweitung I Blick in Richtung Eingangsplatz Wissenschaft der Pathogene und Terrassenplatz an Panke

Raumfassung und Raumweitung I Blick in Richtung Eingangsplatz Wissenschaft der Pathogene und Terrassenplatz an Panke

ein 2. Preis

Preisgeld: 14.000 EUR

IPROconsult GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Situation – Campuspark im Berliner Blockrand

Die städtebauliche Besonderheit des Campus Nord der Humboldtuniversität Berlin liegt in seiner Verortung als Hortus Conclusus im Zentrum einer Berliner Blockrandstruktur. Der breitkrempige, tiefe Blockrand bildet eine steinerne, urbane Kruste mit vielfältigen Nutzungen wie Theater, Galerien, Wohnen um einem offenen Landschaftspark – den Campus.
Park und Blockrand verhalten sich wie Raum und Wandung. Nur an einzelnen Stellen besteht die Möglichkeit durch die „urbane Kruste“ des Stadtblockes hindurch zu laufen in die grüne Mitte des Campus-Parkes. Die historisch entstandenen Campusbauten bilden dabei eine Zwischenschicht zur Parkmitte hin, welche wie ein räumlicher Filter wirkt.
Die lockere richtungslose Setzung der historischen Bauten in dieser Schicht vermittelt zwischen dichtem Blockrand und offenem Landschaftspark, indem ein Geflecht aus polygonalen Freiräumen und Höfen gebildet wird – einem „Gängeviertel“ gleich. Dieser morphologische Charakter von weitenden und verjüngenden Raumfolgen wird im südlichen Teil des Campus spürbar, ist allerdings durch den winkelförmigen Bestandsbau gestört, so dass der Teil des Campus, in dem auch die Panke fließt vom Campus abgeschnitten wird und undefiniert erscheint. In diesem Bereich ist das Wettbewerbsgebiet für die zwei neu zu konzipierenden Laborbauten verortet.

Städtebauliches Konzept – räumliche Verflechtung

Um die beschriebene städtebauliche Struktur von Kruste (Blockrand) – Filter (Campusgebäude HUB) – Park und damit den Charakter des Campus und Ortes zu stärken und erfahrbar zu machen wird eine Strategie der räumlichen Verflechtung und texturellen Verknüpfung verfolgt. Es werden zwei Baukörper entwickelt, welche die Charakteristik der polygonalen Raumfolgen weiterspinnen und den Campus zum äußeren Blockrand städtebaulich anbinden.
Der Baukörper der Optobiologie nimmt zunächst die Fluchten der Bestandsgebäudes des äußeren Blockrandes auf. Über eine polygonale Baukörperausbildung wird nun ein neuer vermittelnder Platz geschaffen, der sich zum Park und zum Blockrand öffnet und Haus 16 mit seiner Bogenarkade freistellt. Damit wird die derzeit vom Campus abgeschnittene Zone der Südpanke über eine kleine Piazza an den Campus angebunden.
Gleichzeitig schafft der Baukörper eine Vermittlung der zwei Erschließungsseiten von Blockrand und von der Parkseite des Campus. Mit dem Baukörper für die Wissenschaft der Pathogene der MPG wird eine deutliche Raumgrenze des Campus nach Außen zum Blockrand definiert.

Höhenausbildung und Dachform

Die neuen Baukörper nehmen die Charakteristik der höhengestaffelten Baukörper des Campus auf und vermitteln so zwischen den Bestandsgebäuden. Auf ein Schrägdach wird für die Optologie bewusst verzichtet, da städtebaulich nicht zwingend für die Struktur erforderlich. Dafür wird eine Begrünung vorgeschlagen als 5. Fassade und zusätzlicher natürlicher Klimapuffer der Labore.

Begegnungsraum „Terrassenplatz“

Zusammen mit den Bestandsbauten definieren und redimensionieren die neuen Baukörper den Raum der Südpanke. Es entsteht ein gefasster Raum mit doppelter Funktion: räumliche Leitung und Begegnungsraum zwischen den neuen Laborgebäuden. Die Funktion als Begegnungsraum wird durch eine sanfte Abtreppung in Form eines Terrassenplatzes entlang des Pankelaufes räumlich aufgeweitet. Die Panke wird so Teil des Campus.

Eingänge

Die Eingänge zu den Neubauten werden an den Übergangsstellen der neuformulierten Raumfolge gesetzt. In Form von Unterschnitt (Optobiologie) und Rückversatz (Wissenschaft der Pathogene) wird sowohl eine klare Orientierung als auch eine visuelle Beziehung sowie Nähe zwischen den Eingängen Optobiologie und Wissenschaft der Pathogene erzeugt.

Baukörper und Programm

Der Neubau der Optobiologie wird als polygonale Baukörper ausgebildet und wirkt als klarer städtebaulicher Abschluss des HU-Campus zum Blockrand. Über einen großzügigen Unterschnitt im EG betritt man das Gebäude an zentraler Stelle. Dem Foyer direkt angegliedert sind Seminarräume, Leitung und Gemeinschaft, WC und Aufzug. Das Foyer öffnet sich in einen Innenhof als ruhiger „Forschergarten“. Ein nach oben hin geöffnetes Atrium dient als Zentrum und vertikale Kommunikationszone. Durch die polygonale Gebäudeform können zwei Labortypen ausgebildet werden: 2-Bund und 2-Bund mit Servicezone. Der 2-Bund ist dabei im Bereich des Atriums angeordnet. Die Labore orientieren sich zum Campus die Büros orientieren sich in den „Forschergarten“. Wirtschaftsräume und Andienung befinden sich an der südöstlichen Seite und sind durch einen schmalen Unterschnitt markiert und von außen zugänglich.
Im UG wird die Gebäudestruktur fortgeführt mit ausschließlicher Labornutzung. Eine Belichtung der Büroauswerträume im UG erfolgt in Richtung Innenhof über einen Einschnitt im Gelände.

Der Neubau der Wissenschaft der Pathogene nimmt die Böschungslinie der Südpanke auf und bildet zum Campus eine klare räumliche Kante. Der Neubau wird hinter den markanten Bestandsbau mit seiner Klinkerfassade angekoppelt. Somit entsteht ein großzügiger Eingangsplatz. Der Eingang erfolgt über eine Öffnung der Brandwandseite in den erdgeschossigen, repräsentativen Foyerraum des Bestandes. Dort werden die Büroflächen untergebracht, wobei die Struktur des Gebäudes erhalten bleibt. Die Labore befinden sich im Neubau. Als Kommunikationszone wird im Neubau zum Eingangsplatz ein Atrium ausgebildet.
Das Gebäude wird höhentechnisch so eingeordnet, dass eine ebene, barrierefreie Verbindung zwischen Bestand und Neubau möglich ist. Die Andienung wird über den derzeitigen seitlichen Eingang vom Eingangsplatz entkoppelt. Eine Aufstellung der Feuerwehr ist auf dem Eingangsplatz möglich.


Alle Bereiche der Gebäude sind barrierefrei erschließbar und rollstuhlgerecht.

Baukörper und Technik

Die Gebäudetechnik wird im Gebäude der Optologie in Form von 2 Dachzentralen ausgebildet. Diese sind im Baukörper integriert. Dadurch ergibt sich die Höhenstaffelung des Neubaus, welche als städtebauliche Vermittlung zum Bestand angeordnet ist. Über eine klare Schachtanordnung werden die Geschosse bedient. In den UGs befinden sich zudem Hausanschlussräume. Die Technikzentrale der Pathogene befindet sich als Zwischengeschoss über den Laboren des Erdgeschosses im Neubau und kann somit alle Geschosse bedienen.

Baukörper und Fassade

Die Campusbauten sind in ihrer Materialität durch roten Klinker geprägt. Diese Basis-Materialität wird aufgenommen und transformiert. Die Schwere der massiven Backsteinbauten wird in ein leichtes Keramikkleid aus senkrechten Stäben ähnlich einem Spektraldiagramm verwandelt. Diese umhüllen die Räume in unterschiedlichen Öffnungsgraden, sodass ein changierendes Spiel entsteht, indem Aus- und Einblicke mal gewährt mal verschlossen sind und auf diese Weise mit dem Campusraum kommuniziert wird. Die Stäbe sind asymmetrisch. Über Spiegelung und Farbe wird ein subtiler Unterschied zwischen Optobiologie und Wissenschaft der Pathogene erzeugt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf verfolgt die Idee, „zwei Baukörper zu entwickeln, welche die Charakteristik der polygonalen Raumfolgen weiterspinnt und den Campus zum äußeren Blockrand städtebaulich anbindet.“ Der trapezförmige, Baukörper für die HU erscheint im Kontext der Umgebungsbebauung untypisch. Im Bereich der MPG hingegen wird die leicht konische Ausgestaltung des Neubaus als langer und in sich nicht differenzierter Riegel als außerordentlich klar und auf die Umgebungsbebauung angemessen reagierend empfunden. Es entsteht ein Gebäude, das als Bestandteil des Blockrands eine klare Kante entlang des Pankeufers bildet und so den Raum des HU-Campus an dieser Stelle fasst und abschließt.

Im Bereich der HU wird das Torhaus abgebrochen. Durch die Setzung des U-förmig polygonalen Baukörpers entsteht hier ein neuer trichterförmiger Platz zu Gebäude 16. Dieser bindet die bisher abgeschnittene Südpanke in den Campus ein und ermöglicht eine Blickbeziehung von der Erschließungsstraße zum Max-Planck-Gebäude. Weitere Plätze werden im Inneren der Gebäudeschenkel der HU Richtung Süden als „Forschergarten“ geschaffen, im Bereich der Panke durch eine polygonale terrassierte Freiraumgestaltung.
Am Grundstück der MPG entsteht durch die Anordnung des sehr klaren, schmalen Riegels entlang des Pankeufers außenräumlich sowohl ein gut dimensionierter gefasster Hofbereich innerhalb des Ensembles, der die Remise freistellt. Außerdem wird zwischen Bestandsgebäude, Neubau und Panke ein Vorplatz ausgebildet, der sich zum Campus der HU und dem Neubau der Optobiologie hin öffnet. Folgerichtig wird hier der Haupteingang verortet.

Im Modell wirkt der 3-geschossige Baukörper der HU mit zusätzlicher Technikzentrale im Westen im Verhältnis zur Umgebungsbebauung relativ massiv, besonders an der Kante zu Haus 16. Eine Anpassung der Höhe analog zur Traufhöhe Haus 16 könnte ggfs. durch eine Verlegung der Technikfläche in das UG erfolgen. Der 5-geschossige Neubaukörper für die MPG, der auf kleingliedrige Unterteilungen verzichtet, weist dagegen eine sehr klare
Architektursprache auf. Die Anbindung an den Gebäude-bestand kommt ohne ein weiteres Verbindungsglied aus und verstärkt dadurch die Klarheit des Ensembles. Der Baukörper wird jedoch im Kontext als zu hoch empfunden. Aufgrund einer möglichen Übererfüllung der Flächen erscheint die Reduzierung um ein Geschoss möglich. Im UG sollten anstelle der dort verorteten Labornutzung die Technikflächen mit ausreichender Raumhöhe angeordnet werden. Eine Gebäudehöhe von 18,20 m (Traufhöhe, ohne zusätzliche sichtbare Technikzentrale) und ein klarer ungegliederter Baukörper ist möglich, da dies mit der Traufhöhe von Haus 18 korrespondiert.

Die Nutzflächen der HU sind nachgewiesen, im UG ist voraussichtlich die Unterbringung von weiteren Technikflächen möglich. Die Anordnung der Nutzflächen in den Obergeschossen mit zweibündiger Anordnung der Flächen bzw. als Zweibund mit integriertem Gerätebereich entspricht der vom Auslober favorisierten Labortyplogie. Die Nutzflächen der MPG sind nachgewiesen, deren Nutzungsverteilung mit niedrig-installierten Büroflächen im Bestand
und hochinstallierten Laborflächen im Neubau entspricht den Anforderungen der MPG.

Die Haupterschließung des Gebäudes der HU erfolgt über den neu geschaffenen Platz gegenüber Haus 16 über einen großzügig zurückgesetzten Bereich des EGs. Die vertikale Haupterschließung im Innenraum führt aus dem Foyer gut auffindbar über eine offene Treppe in die oberen Nutzgeschosse, in denen die horizontale Erschließung sehr übersichtlich in die 2-bündigen Schenkel des U-förmigen Gebäudes führt.
Einen wesentlichen Bestandteil des Konzepts für den Neubau des MPG stellt die Teilung der Erschließung dar: Die Haupterschließung für den Fußgängerverkehr erfolgt über die Albrechtstrasse in den zurückversetzten Eingang im Neubaubereich. Der Anlieferverkehr für den Laborbereich soll von Norden über das HU-Gelände neben Haus 18 erfolgen, was aufgrund von möglichen Beeinträchtigungen von Haus 18 durch Erschütterungen von Seiten der HU nicht akzeptiert werden kann. Einer Feuerwehrzufahrt kann in diesem Bereich zugestimmt werden.

Eine Umverlegung der Panke -wie im Entwurf angedeutet- ist nicht möglich. Die geplante barrierefreie Anbindung des Neubaus zum Bestandsgebäude in jedem Nutzgeschoss wird positiv bewertet. Aufgrund der erforderlichen Anpassungen der Geschosshöhen (Reduktion Gebäudehöhe, Technik in UG), sind hier allerdings Modifizierungen erforderlich.

Insgesamt wird die Qualität der Arbeit auf die beiden Grundstücksteile bezogen sehr unterschiedlich beurteilt: Der Neubau MPG wird aufgrund der Klarheit der Baukörpergestaltung sehr positiv bewertet, demgegenüber der Neubau aufgrund seiner expressiven Grundform und der zu voluminös wirkenden Baumasse eher kritisch gesehen.
Raumöffnung I Blick in Richtung Eingang Optobiologie

Raumöffnung I Blick in Richtung Eingang Optobiologie

Lageplan mit Grundrissen Erdgeschoss

Lageplan mit Grundrissen Erdgeschoss