modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 04/2019

Neubau eines Hörsaal- und Veranstaltungszentrums in Bremen

2. Preis

Preisgeld: 33.000 EUR

Max Dudler GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau

Mit seiner präzisen Geometrie, seiner klaren, monolithischen Form und seiner deutlichen Positionierung im Stadtraum wird der das neue Hörsaal- und Veranstaltungszentrum der Universität Bremen auch städtebaulich zum zukünftigen Zentrum des Bildungscampus.
Mit seiner von Glas und hellen, warmfarbigen Säulen geprägten, transparenten Fassade trägt das neue HVZ seine öffentliche Bestimmung innerhalb des öffentlichen Campus-Bezirks nach außen. Als kubisches Prisma steht es an der Hauptkreuzung des Bremer Universitätsviertels und wird als künftiges Konferenz- und Veranstaltungshaus zum sichtbaren, offenen Zentrum des Campus. Aus Richtung Süden, von der Bibliotheksstraße aus kommend, verschafft das monolithisch gefasste, deutliche Volumen dem Bau eindrückliche Präsenz im Stadtbild. Gleichzeitig bildet er ein markantes Gegengewicht zum öffentlichen Platz, der angrenzend im Westen entsteht. Der Neubau positioniert sich klar im Viertel des Universitätscampus und baut die Stadt Bremen an dieser Stelle sinnvoll weiter. Bewusst stellt er der zumeist mehrgliedrig konzipierten Architektur des Stadtteils eine kompakte Form gegenüber, die die bauliche Umgebung strukturiert und die umliegenden Gebäude zentriert und so ihr Zusammenspiel fördert.
Der Neubau schließt östlich an die Grundstücksgrenze auf und erweitert mit seiner offenen Portico-artigen Fassade den öffentlichen Raum ins Innere des Hauses. Städtebaulich wird das HVZ zum Vermittler zwischen den unterschiedlichen Höhenniveaus. Die als Hügel neu gestaltete Fläche des derzeitigen Prüfungsamtes setzt den Bau in Szene, verknüpft den Boulevard mit dem Straßenniveau und eröffnet gleichzeitig einen neuen attraktiven Außenraum im Kern des Universitätsviertels. Im Westen richtet sich der Neubau am Gebäude der Geowissenschaften aus. Insgesamt wird er in seinem Grundriss durch seine Lage zwischen den anliegenden öffentlichen Räumen definiert und tritt mit diesen in Dialog: Im Süden der Boulevard, im Osten die Bibliotheksstraße und im Westen der neugeschaffene Platz.

Außenräume

Unser Eingriff konzentriert sich auf die Eigenschaften gelungener öffentlicher Stadträume, an denen ein Raum in den nächsten fließend übergeht. Es entsteht ein Gefüge aus Straße, Boulevard, Park und Platz, das zu einer Einheit zusammenwächst. Eine Einheit, die bisher durch den höherliegenden „Boulevard“ der Uni Bremen an dieser Stelle unterbrochen ist. Entkoppelt von seiner Umgebung, schwebt der eigentlich als Verbindung gedachte Boulevard heute als abgehobene Plattform über dem Boden. Den wenigen kleinen Treppen, die ihn mit dem Boden verbinden, fehlt es schlichtweg an der angemessenen Dimension, um als echte räumliche Verbindung wahrgenommen zu werden, wodurch eine negative psychologische Situation entsteht, die das Gegenteil intuitiver Orientierung und einladender Wege ist.
Die Entscheidung, das Prüfungsamt rückzubauen, eröffnet die Möglichkeit, an dieser Stelle einladende stadträumliche Eingangssituationen für Mensa und HVZ zu realisieren. Gleichzeitig kann der Boulevard mit dem Straßenniveau und somit mit dem städtischen Gefüge öffentlicher Räume in Bremen selbstverständlich verbunden werden. Der Erdaushub für den Neubau wird als Wall aufgeschüttet und lässt so einen künstlichen, begrünten Hügel entstehen. Diese städtebauliche Geste eröffnet einen attraktiven und angemessenen Aufgang zum Boulevard und erhöht die Präsenz des neuen Gebäudes, das sich nun auf einem Hügel mit Blick auf den Park befindet. Boulevard und südliches Foyer werden zur Aussichtsplattform. Der Park hingegen rückt als „Grünes Foyer“ in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und verschafft dem neuen Gebäude einen gebührenden Auftakt. Darüber hinaus erfährt der Park eine Erweiterung um einen sanften Hang in Südlage, an dem Studenten, wie Dozenten und Besucher an warmen Tagen gerne sitzen und liegen werden.
Eine breite Rampe verbindet die Bus- und Straßenbahnhaltestelle vor der Glashalle an der Bibliotheksstraße mit dem neuen Platz westlich des HVZ und der Verlängerung des Boulevards in Richtung Norden. Eine weitere Rampe schafft eine Verbindung zwischen Haltestelle und Mensa. Nicht nur für Studenten und Kongressbesucher, sondern besonders auch für die Mitarbeiter wird so eine angenehme und vereinfachte Erschließung ermöglicht. In ihrer diagonalen Ausrichtung nehmen die Wege die Struktur der vorhandenen Freiflächen auf und antworten auf das schräg durch den Park geführte, wegegesäumte Fleet.
Wir schlagen vor, das kleine Dach auf dem Boulevard abzureißen, das derzeit die unvorteilhafte versetzte Ausrichtung der Gebäude auf dem Boulevard betont. In unserem Entwurf verstehen wir den Boulevard eher als natürlichen langgestreckten Hügel, der von beiden Seiten von Gebäuden flankiert wird.


Innenräume

Denkt man Gebäude, die dem Lernen und dem Wissensaustausch gewidmet sind, stehen neben den Konferenzsälen und Seminarräumen die verbindenden Orte dazwischen im Mittelpunkt: Hier treffen Studenten und Konferenzteilnehmer zusammen, tauschen sich aus, vernetzen sich und entwickeln neue Ideen. Aus dieser Überlegung heraus, konzentrieren wir die Veranstaltungsräume im Grundriss-Inneren und richten die Verkehrsfläche an dessen Rand aus. So entsteht entlang der Fassade eine Art geschlossener Portikus oder Säulengang, der das Auditorium umfasst, dem Gebäude Offenheit und Transparenz verleiht und dabei die so grundlegende kommunikative Fläche des HVZ eröffnet.
Das Raumprogramm gliedert sich vertikal in drei Bereiche. Die drei unteren Geschosse beherbergen die Auditorien und öffentlichen Einrichtungen. Darauf folgt das eingeschossige Seminarzentrum. Gekrönt wird das Gebäude von vier Bürogeschossen, die um einen zentralen Innenhof mit günstiger Nord-Süd-Ausrichtung angeordnet sind.
Die Hörsäle sind auf zwei Hauptetagen organisiert. Das große Auditorium (Hörsaal 1) wird auf dem Boulevard, im ersten Geschoss des Gebäudes betreten und fällt ins Erdgeschoss ab. Die zweite Etage bietet Zugänge zu allen anderen vier Auditorien - eine für Konferenz-Besucher wie für regelmäßige Nutzer sehr komfortable und übersichtliche Situation, die durch die Anordnung von Saal 1 und 3 ermöglicht wird.
Zwei großzügige Freitreppen, nordöstlich und -westlich gelegen, schaffen eine Verbindung von der untersten Etage bis zum Seminarzentrum und sorgen bei großen Kongressen und Veranstaltungen für eine attraktive Verknüpfung der unterschiedlichen Foyer-Ebenen in EG, 1. und 2. OG. Vier Erschließungskerne mit Aufzügen und Treppen ordnen sich symmetrisch um die Auditorien herum. Die beiden südlichen Kerne dienen der öffentlichen Erschließung, die nördlichen liegen etwas zurückgezogener, geschützt von einem Vorraum, und erschließen die Büroetagen des Gebäudes. Hier sind ebenfalls die Fluchtwege und Aufzüge für die Feuerwehr verortet. Die Treppenkerne dienen den großen Räumen darüber als tragende Struktur und ermöglichen einen von Trägern freien, in Größe und Höhe beeindruckenden Raum, der über die offene Gebäudefassade mit dem davorliegenden „Grünen Foyer“ des Parks kommuniziert.
Der Haupteingang des Gebäudes mit seinem großzügigen, überhöhten Hauptfoyer öffnet sich in Richtung Boulevard und Park. Ein zweiter, nach Westen ausgerichteter Eingang nutzt den neuentstehenden Platz als öffentlichen Vorraum und führt die Angestellten direkt zum Büro-Treppenkern. Der Nebeneingang zu den Büros holt die Angestellten direkt von der Bibliotheksstraße im Osten ab.

Mitarbeiter:
Jochen Soydan, Guido Porta, Hye Kwang Shin, Aysin Soydan, Hwa-Jong Park, Rinaldo Makaj, Dennis Assaf, Bonnie Grön

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein wohl proportioniertes, prägnant gegliedertes und Offenheit ausstrahlendes, jedoch kompaktes Gebäude am Kreuzungspunkt von Boulevard und Bibliotheksstraße zeigt sich deutlich als das neue Hörsaal- und Veranstaltungszentrum der Universität. Es ist im Stadtraum sowie auf dem Campus aus allen Richtungen sehr gut lesbar und einprägsam. Über eine geneigte Wiese mit Rampe erreicht man über den Boulevard das Foyer mit Kommunikations- und Ausstellungsflächen. Die Ideen den Campus-Park durch eine gestaltete Topographie bis an den Boulevard heranzuführen ist nachvollziehbar und lässt informelle Orte zur Aneignung mit Blick auf den Park entstehen. Allerdings ist zu bezweifeln, ob die angebotene diagonale Wegeverbindung als Haupterschließung auf den Boulevard und zum Hörsaalzentrum der zu erwartenden großen Zahl an Besucherinnen und Besuchern gerecht wird. Insgesamt kann der recht spartanisch gestaltete Freiraum gewiss noch etwas Zuneigung gebrauchen. Vom Foyer gelangt man direkt in das Audimax, für das ein überzeugender stimmungsvoller Raum entworfen wurde. Die übrigen Hörsäle in der darüber liegenden zweiten Ebene funktionieren sowohl mit ihrer Erschließung, als auch in ihren Proportionen ebenfalls gut. Allerdings sind alle Hörsäle aus Nutzersicht bezüglich der Bestuhlung bis dato zu knapp bemessen. Insbesondere der zum Audimax zuschaltbare kleine Hörsaal hat funktionalen Optimierungsbedarf. Die Anordnung der Treppenhäuser in den Eckbereichen funktioniert insgesamt gut, allerdings sind die Foyers nicht ausreichend bemessen. Die Konfiguration der Seminarebene mit innenliegenden Räumen wird aus Nutzersicht kontrovers diskutiert. Die Büroetagen sind leistungsfähig und flexibel gestaltet, hervorzuheben ist hier die natürliche Belichtung über einen Lichthof. Im architektonischen Ausdruck wird der klare Baukörper von großen Glasflächen geprägt, vor denen ein filigraner, haushoher „Stützenwald“ vorgesehen ist. Durch die Anordnung der Erschließungsbereiche direkt hinter dieser Fassade vermittelt sich im Hörsaal- und Seminarbereich nach außen jedoch das Bild eines belebten und intensiv nutzbaren Gebäudes. Die Anordnung und Dimensionierung der Stützen, die Durchbildung der Fassade und ihre Eignung unter Aspekten der Ökologie und Nachhaltigkeit wären noch zu präzisieren. Alles in allem ein gelungener Entwurf für einen Studien- und Kommunikationsort der Wissensgesellschaft in Bremen.
Grundriss 3.OG

Grundriss 3.OG

Grundriss EG

Grundriss EG