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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2019

"Sanierungsgebiet Bahnflächen Nord" in Quakenbrück

1. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

BOARD

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

3 Streifen, 5 Blöcke und 1 Park
Um auf den städtischen Kontext reagieren zu können, ein robustes Konzept zu entwickeln, das im Laufe der Zeit anpassungsfähig bleibt und zu einem Zusammenwachsen der Alt- und Neustadt beiträgt, gliedern wir das Gebiet in 3 Streifen mit 3 verschiedenen Gebäudetypologien: Westlich gibt es innovative Reihenhäuser, angelehnt an die Kleinteiligkeit und Diversität der Neustadt; östlich Geschosswohnungsbauten, die das Quartier gegen die Lärmimmissionen der Bahntrasse schützen und mittig kompakte Stadtvillen. So entstehen 5 offene Blöcke. Als vierter Streifen wird die Bestandsbebauung der Ladestraße mit einbezogen. Ein öffentlicher Park gewährleistet die Aussicht auf das Bahnhofsgebäude.

Der Block
Auf allen 5 Blöcken gibt es private Gärten für die Reihenhäuser. Mit seinen zukunftsweisenden Typologien bietet der Streifen der Reihenhäuser die Möglichkeit für eine internationale Bauausstellung. Die Freiflächen um die Geschosswohnungsbauten herum sind ebenfalls privat und werden gemeinschaftlich von den Bewohnern dieser Gebäude genutzt. Auf dem mittleren Streifen der Stadtvillen entstehen halböffentliche Freiflächen, grüne Wohnhöfe, durch die ein halböffentlicher Fußweg verläuft, der das gesamte neue Quartier miteinander verbindet. Die Haupteingänge aller Gebäude befinden sich am äußeren Blockrand. Um den Block herum gibt es einen öffentlichen Fußweg und im Osten einen Radweg.

Dachgärten, Gemeinschaftsräume, Loggien
Um einen attraktiven, lebhaften und nachhaltigen Wohnstandort mit einer hohen Aufenthalts- und Wohnqualität zu schaffen, schlagen wir eine Viel¬zahl an Dachgärten, Gemeinschaftsräumen und Loggien im gesamten neuen Stadtgebiet vor. Sowohl die Dächer der Reihenhäuser, als auch die der Stadtvillen bekommen Dachgärten und Dachterrassen. Zusätzlich wird es in den ersten Geschossen der Stadtvillen und der Geschosswohnungsbauten Gemeinschaftsräume und Loggien geben, die den sozialen Zusammenhang und soziale Interaktion in den Gebäuden, aber auch im gesamten Quartier fördern. Die Geschosswohnungsbauten erhalten außerdem grüne Galerien und Gründächer.

Der Park
Der neue öffentliche Park wird vornehmlich durch zwei Elemente gegliedert: Eine zentrale Sichtachse, die die historische Verkehrsachse repräsentiert und ein geschwungener Fußweg, der das ehemalige Gleis sichtbar macht. Zusätzlich gibt es einen Spielplatz und Bereiche für Picknick, Sport und Skulpturen. Die Sitzbänke und kleinen Bäume auf der Sichtachse sind so organisiert, dass sie auch für einen Markt genutzt werden kann, auf dem z.B. Gemüse der „Urbanen Landwirtschaft“ angeboten wird. Die Gestaltung der Sichtachse macht es zudem möglich in der Zukunft eine verkehrliche Verbindung von der Menslager Straße ins neue Quartier zu schaffen. Alle neuen Freiflächen sind barrierefrei.

5 grüne Wohnhöfe
In jedem der 5 Blöcke wird es einen halböffentlichen Wohnhof mit einer unterschiedlichen Bepflanzung geben. Obwohl die Höfe vornehm¬lich über Pflanzen charakterisiert werden und nutzungsflexibel sind, schlagen wir dennoch Aktivitäten vor. So gibt es im nördlichsten Hof Wacholderpflanzen, in dem Nachbarschaftstreffen stattfinden können. Der zweite Hof bekommt einen Kirschgarten, in dem gemeinschaftliche Mahlzeiten („Social Dining“) organisiert werden können; der Dritte „Urbane Landwirtschaft“ mit Obst- und Gemüsebeeten; der Vierte einen Lavendelgarten als Erholungsgarten mit einem Yoga-Bereich und im Fünften befindet sich ein nachbarschaftlich gepflegtes Biotop.

Flexible Typologien
Die drei Gebäudetypologien sind flexibel nutzbar und schaffen ein Wohnungsangebot für Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen. Die Reihenhäuser bieten die Möglichkeit für größere und mittelgroße Wohnungen für Familien. In den Stadtvillen finden kleine und mittelgroße Wohnungen für kleine Familien, Haushaltsgründer (Starter), “junge Alte” und Seniorenhaushalte Platz. Sie bieten aber auch Möglichkeiten für gemeinschaftliches Wohnen, Mehrgenerationenhäuser und für betreutes Wohnen für Senioren. Für die Geschosswohnungsbauten schlagen wir verschiedengroße Studios vor: Kleine Studios für Studenten, mittelgroße Studios für temporäres Wohnen und größere Studios für Expats.

Nutzungsverteilung
Obwohl wir ein städtebauliches Konzept vorstellen, das Gestaltungsspielräume für zukünftige Bebauungen und Nutzungen zuläßt, schlagen wir eine mögliche Verteilung vor, die aber flexibel bleibt und in den Gebäuden varieren und sich ändern kann. So stellen wir für die Reihenhäuser fünf Recycling-Gebäude, drei DIY-Gebäude und zwei Gebäude vor, die wachsen und schrumpfen können. Bei den Stadtvillen begrenzen z.B. Mehrgenerationenhäuser den Anfang und das Ende des Quartiers und es gibt gemeinschaftliches Wohnen nahe der „Urbanen Landwirtschaft“. Bei den Geschosswohnungsbauten soll es jeweils zwei Gebäude mit kleinen und mittelgroßen Studios und eins mit größeren Studios geben.

Wachsende und schrumpfende Gebäude
Eins der Reihenhäuser kann sich den Veränderungen im Leben einer Person, bzw. einer Familie im Laufe der Zeit anpassen. Eine alleinstehende Frau kann z.B. erst in ein 1-geschossiges Reihen¬haus einziehen und dann später, wenn sie eine Familie gründet, ein Treppenhaus anbauen und das Gebäude erst um ein Geschoss und später sogar um ein zweites Geschoss aufstocken. Sollten die Kinder irgendwann ausziehen, kann ein getrennter Eingang geschaffen und das 2. Obergeschoss vermietet werden. Sollte die Frau im Alter wieder alleinstehend sein, kann sie auch das 1. Obergeschoss vermieten, ihre Tür zum Treppenhaus schließen und zu ihrer ursprünglichen Wohnform zurückkehren.

Vernetzung öffentlicher Räume, Freifläche
Um die Verbindung zwischen Altstadt und Neustadt noch mehr zu fördern und die öffentlichen Räume und Freiflächen der Stadt Quakenbrück weiter zu vernetzen, schlagen wir einen neuen Radweg auf der ehemaligen Gleisanlage im Westen des Wettbewerbgebiets und eine Begrünung und Verbesserung der Rad- und Fußwege in Richtung Altstadt vor. Dadurch wird der Bürgerpark der Neustadt über den neuen Park, der neuen möglichen ebenerdigen Bahnüberquerung und den Marktplatz der Altstadt mit dem Quakenbrücker Park verbunden, von dem man anschließend weiter zum Deichsee gelangt. Der Draisinenbahnhof wird weiter südlich in die Nähe des Stellwerks verlagert.

Erschließung und ruhender Verkehr
Die Haupterschließung mit dem Pkw erfolgt über eine neue Straße an der Bahntrasse im Osten, wodurch der Rest des Quartiers lärmfrei bleibt. Die Ladestraße wird eine verkehrsberuhigte Wohnstraße und zwischen den Blöcken entstehen „Spielstraßen“. Für den ruhenden Verkehr der Anwohner gibt es zwei 1-geschossige Tiefgaragen mit Ladestationen für E-Autos, was zur energetischen Nachhaltigkeit des Quartiers beiträgt. Aus den Tiefgaragen gelangen die Anwohner über die Geschosswohnungsbauten in die Wohnhöfe, von denen sie über die Hintereingänge der Gebäude in ihre Wohnungen kommen. Die einzigen oberirdischen Pkw-Stellplätze sind die für Besucher an der neuen Erschließungsstraße.

Realisierungsabschnitte
Um dem Quartier an der Hasestraße und der Bahnüberquerung von Beginn an einen Orientierungspunkt zu geben, soll der nördlichste Block zuerst realisiert werden. Anschließend können die weiteren Blöcke und der Park im Süden gebaut werden. Alternativ oder in Kombination könnte die Realisierung auch mit den Geschosswohnungsbauten im Osten begonnen werden, um das Quartier zuerst gegen die Lärmimmissionen der Bahntrasse zu schützen. Anschließend würden dann erst die Stadtvillen, die Reihenhäuser und der Park folgen. Mit den Realisierungsabschnitten und dem robusten städtebaulichen Grundgerüst bleibt im Prozess auch die Anzahl der Wohneinheiten flexibel und veränderbar.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit besticht durch eine attraktive Gesamtkonzeption und innovative Einzelvorschläge. Städtebaulich entsteht eine klare Aufteilung in 5 Baufelder und ein zentrales breites Freiraum-feld. Die Baufelder sind jeweils in drei Nord-Süd verlaufende Geländestreifen gegliedert, mit Geschosswohnungsbau im Osten, Stadtvillen für verschiedene Wohnungsbedarfe in der Mitte und experimentellen Reihenhäusern im Westen. Diese Reihenhäuser können sich als wach-sende und schrumpfende Gebäude den Veränderungen im Leben einer Person bzw. einer Familie im Laufe der Zeit anpassen. Diese Bautypen bilden jeweils leicht variierende, eher luftige Hofformationen
Die großzügigen Innenhöfe werden durch einen gekurvten, N-S verlaufenden Fußweg verbun-den, der die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Baufelder erlebbar macht.
Der zentrale Quartiersplatz ist hinsichtlich seiner Bedeutung als dem Bahnhof gegenüberlie-gendes Pendant in Lage und Größe angemessen. Er soll vielfältige Freiraumnutzungen auf-nehmen. Es wird positiv gesehen, dass der imposante Bahnhof dadurch aufgewertet wird.
Der bauliche Lärmschutz gegenüber der Bahnlinie wird durch den Geschosswohnungsbaurie-gel gebildet. Die Wohn- und Schlafräume der Kleinwohnungen sind konsequent nach Westen ausgerichtet. Der Laubengang stellt eine ökonomische Erschließung dar und hat gleichzeitig eine Schallschutzfunktion. Die mögliche Qualität der Fassaden auf der Bahnhofsseite wird in Ansichten angedeutet.
Die Arbeit präsentiert eine neue Erschließungsidee. Durch Verlegung der Erschließungsfunk-tion der Ladestraße zur Bahn gelingt sowohl die Konzentration der Verkehre und Emissionen als auch eine innere Beruhigung und integrative Wirkung auf das Gesamtviertels. Durch den Rückbau der Ladestraße zu einer verkehrsberuhigten Wohnstraße wird die Verknüpfung mit dem westlichen Teil der Neustadt ermöglicht.
Mit einem geplanten Kreisel kann die neue Verkehrsführung an die Friedrichstraße angebun-den werden. Diese Lösung wird überwiegend positiv und trotz des entstehenden Mehrauf-wands als innovativer und verfolgenswerter Beitrag bewertet. Die Verkehrsflächengestaltung sollte allerdings in Richtung einer befahrbaren Wohnstraße stark reduziert werden.
Insgesamt stellt der Entwurf ein sehr gutes Angebot für die konkretere weitere Planung dar. Die Flexibilität des Konzeptes ermöglicht eine Reaktion auf zukünftige gesellschaftliche und individuelle Anforderungen ohne Zerstörung der Gesamtqualität. Dieses wird durch das Preis-gericht besonders gewürdigt.