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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2019

"Sanierungsgebiet Bahnflächen Nord" in Quakenbrück

2. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

JKL PartG mbB Landschaftsarchitekten und Stadtplaner Prof. Dirk Junker & Lennart Harmeling

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Wohninseln im Park

Gemeinschaftliches Wohnen verschiedener Generationen entspricht dem althergebrachten Ideal des Zusammenlebens in klassischen Dorfgemeinschaften.
Kann dieses Ideal auch in der heutigen Zeit mit baulichen Mitteln gefördert werden?
Wir meinen ja, und möchten durch die Schaffung kleiner baulicher Einheiten ein selbstverständliches Nebeneinander der Generationen, der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten und Kulturen ermöglichen.
Der zentrale Standort am Bahnhof von Quakenbrück ist dafür prädestiniert und der halböffentliche Wohnhof unseres Entwurfs bildet dafür das Zentrum.

Der angestrebte „Dorfcharakter“ begründet sich aus der Schaffung eines menschlichen Maßstabs. Überschaubare Größen, Erkennbarkeit des Einzelgebäudes - durch übergeordnete einheitliche Gestaltung der Gebäude wird ein „Wir-Gefühl“ erzeugt. Die verschiedenen Kombinationen der Wohnungstypen ermöglichen einen Mix der Generationen. Als Orte des Treffens, zufällig im Treppenhaus oder gezielt in der gemeinsamen Mitte, wird das Bilden von Gemeinschaft ermöglicht. Gleichzeitig hat der Einzelne „sein Haus“ am Hof, definiert durch das entwickelte "Modulkonzept".

Städtebauliches Konzept
Das Städtebauliche Konzept besteht aus vier Gebäudegruppen, die sich baulich als Quartiersinseln in einem gemeinsamen Parkstreifen aneinanderreihen. Als Bautypologie werden Stadthäuser und Reihenhausgruppen angeboten, die in den jeweiligen Quartiersinseln gemischt werden. Durch dieses unterschiedliche Wohnangebot entsteht eine selbstverständliche Mischung von Familien, Senioren, jung und alt. Die klare formale Anordnung der Baukörper, windmühlenartig um eine Mitte zentriert, welche durch die konsequente Freihaltung von Autos zu einem attraktiven Gemeinschaftsraum wird. Eine Tiefgarage ist halb eingegraben und ermöglicht eine optimale Versorgung mit Stellplätzen.
Der komfortable Abstand zwischen den Quartiersinseln erzeugt unterschiedliche öffentliche und halböffentliche Freiräume zum Beispiel für Kinderspiel und Gemeinschaftsgärten. Die zentrale Parkfläche gegenüber dem historischen Bahnhofsgebäude bildet das Zentrum. Die nördlich gelegene Unterführung wird deutlich aufgeweitet und bildet zusammen mit einer großzügigen Treppenanlage den Eingangsplatz für Besucher der Draisinenanlage.

Die jenseits der Ladestraße gelegene sanierte Bestandsbebauung kann mit Loggien ergänzt werden.
Für die beiden nördlichen Privatgebäude wäre Geschossbebauung mit Geschäftsnutzung im Sockelbereich wünschenswert, um den nördlichen Platz räumlich zu fassen und zu beleben.

Ein Quartier aus Inseln
Die eindeutige Orientierung der Gebäudegruppen jeweils um eine Mitte trägt zur Quartiersbildung bei. Ein leichtes Anheben auf einen Gesamtsockel unterstreicht dies. Die streng formale Anordnung der Quartiersinseln wird konsequent bei den beiden Gebäudetypen durchgehalten bei variierender Typen-Zusammenstellung.
Die Gestaltung der Mitte als gemeinsamer Bereich ist Programm. Die Ausgestaltung erhält den Charakter eines „Dorfplatzes“. Hier ist der zentrale Treff – Raum für gemeinsame Aktivitäten, Hoffeste, Kinderspiel, Boule, etc. Der „Dorf-Baum“ im Zentrum steht dabei als Symbol für die Gemeinschaft der jeweils ca. 80 Bewohner einer Insel.

Private und öffentliche Freiräume
Das Motiv des „Wohnen im Park ohne Rasenmäher" ist die zeitgemäße Antwort, mit Kleinstgärten und Terrassen den Bewohnern einen privaten Außenraum zu geben, der ohne große Anstrengung zu pflegen ist, und andererseits durch die großzügige gemeinschaftliche Parkfläche eine hohe Lebensqualität generiert. Leicht erhaben bieten die Terrassen und Gärten einen privaten Raum und gleichzeitig einen Blick in die Parkanlagen. Der zentrale Park bezieht sich mit einer schlichten Rasenfläche und einzelnen Baugruppen und Sitzmöglichkeiten auf den gegenüber den Bahngleisen gelegenen Bahnhof. Die beiden weiteren Grünanlagen zwischen den Quartiersinseln bieten mit einer leichten Geländeerhöhung die Möglichkeit des barrierefreien Zugangs der Höfe über befestigte Wege. Hierüber ist auch eine Andienung des Hofs für die Anlieferung und die Feuerwehr möglich.
Der großzügige Platz an der Unterführung bekommt eine besondere Bedeutung. Durch die Aufweitung der Rampenanlage mit einer Treppenanlage zum Draisinen-Bahnhof und einer Verkürzung des Tunnelbereichs wird eine attraktive Verbindung zur Innenstadt geschaffen. Von hier aus können Besucher parallel zum Draisinen-Gleis unter den aufgedoppelten Baumreihen spazieren oder im Draisinen-Café auf der Terrasse sitzen.

Gebäudetypen
Vorgeschlagen wird eine variable Zusammenstellung von zwei Gebäudetypen. Einmal der Typ mit geschossweisen Wohnungen unterschiedlicher Grössen in Stadthäusern, sowie das Familien-Reihenhaus, das sowohl als Mietobjekt als auch als Eigentum angeboten werden kann.

Das Modul
Ausgehend von der kleinsten Wohneinheit haben wir ein „Modul“ entwickelt, das die grundlegenden Anforderungen einer Wohneinheit umsetzt und das weiterhin in der Lage ist, durch Hinzufügen zusätzlicher Elemente, weitergehende Anforderungen durch mehrere Bewohner flexibel zu erfüllen.
Das Modul besteht aus zwei Räumen gleicher Größe, die sowohl als Einzelräume, als auch als Raum-kontinuum nutzbar sind. Eine Schiebtür ermöglicht die Alternativen. Es gibt die Einheit Eingangsflur / Bad und die Einheit Küche / Abstellraum. Bad und Küche liegen zur natürlichen Belüftung / Belichtung an der Außenfassade. Die Küche ist eine „offene Küche“, kann aber auch abgetrennt werden. Großzügige Fensterflächen und ein Balkon stellen die Außenbezüge zu beiden Gebäudeseiten her.
Dieses Modul ist für eine Person als Appartement konzipiert.

Zur Erweiterung gibt es ein „Zwischenmodul“. Ein zusätzlicher Raum, eine Terrasse, Abstellraum (Fahrräder, etc.), oder weitere Erschließung ist durch Hinzufügen des Zwischenmoduls realisierbar. Die Grundfläche entspricht der Größe von zwei Räumen.

Das Gebäude
Sechs Module auf drei Ebenen um ein Treppenhaus bilden einen Gebäudekern als Basis des Gebäudes. Drei übereinanderliegende Module zeichnen einen Gebäudekörper mit einer Größe, die überschaubar und erkennbar im menschlichen Maßstab liegt - ein elementarer und präziser Grund-körper. Der Gebäudekern ist in beiden Richtungen erweiterbar. Die Addition der Module ermöglicht diverse Kombinationen der Wohnungstypen bis zur 4-5-Zimmer-Wohnung innerhalb eines Gebäudes.
Das Treppenhaus ist großzügig in der Grundfläche. Jedes Treppenhaus hat einen Aufzug zur barrierefreien Erschließung. Das Treppenhaus erhält gläserne Fassaden und ein Glasdach mit transparenten Solarelementen zur optimalen Belichtung. Es ist zugänglich von der Straßen- bzw. Parkseite und von der Hofseite. Es bildet einen Aufenthaltsort für die Anwohner. Ein Treffpunkt für den zufälligen täglichen Nachbarschaftsplausch.
Die Gebäudehöhe beschränkt sich auf drei Geschosse. Dies hat auch Vorteile bzgl. des vorbeugenden Brandschutz.

Das Reihenhaus
Der Reihenhaustyp ist als Familienwohnung konzipiert. Eine Himmelstreppe verbindet einen offenen Wohnbereich im EG mit der Kinderebene (mit zentralem Spielbereich und Belichtung von oben) und dem Elternbereich (mit Dachterrasse) im Staffelgeschoss. Eine Vorgartenterrasse vor einem großen Küchenfenster kommuniziert mit der "Dorfgemeinschaft", eine kleine Gartenterrasse bildet die Privatsphäre zum Hof erhält jedes Haus einen kleinen Freisitz.


Individuum in der Gemeinschaft
Beide Gebäudetypen bestehen aus einem ähnlichen Grundbaukörper, der trotz seiner Einheitlichkeit in seinen Dimensionen das "individuelle Haus" als Einzelgebäude erkennbar macht. Mit einer individuellen Gestaltung der Fassaden in der Farbigkeit oder Fensteranordnung wird innerhalb einer erkennbaren Quartiersgemeinschaft die individuelle Persönlichkeit herausgestellt.

Untergeschoss
Zur Sicherstellung der notwendigen privaten Stellplätze wird unter jedem Quartiersmodul eine Tiefgarage angeboten, die Zusammen mit den notwendigen Abstellräumen für Keller, Fahrräder und Wertstoffsammlung den halb eingesenkten Sockel bildet. Alle Nebenanlagen werden so optimal untergebracht und lassen oberirdisch Platz zum Spielen und attraktiven Aufenthalt der Bewohner.

Beurteilung durch das Preisgericht

Grundidee der Arbeit ist es, aus in alle Richtungen geöffneten quadratischen Blöcken Hofge-meinschaften zu bilden, - ähnlich den im Artland typischen Dorfgemeinschaften. Jeweils vier kurze Gebäuderiegel werden windmühlenartig mit kleinen Öffnungen angeordnet. Das führt insgesamt auch zu einem guten Lärmschutz.
Zur Bahnseite stellt sich das Ensemble trotz der Wiederholungen durchaus auswechslungs-reich dar. Es setzt sich aus Reihenhaustypen und Geschosswohnhäusern zusammen, die sich jeweils gegenüberstehen. Aufgrund der zentralen Erschließung aus den Hofmitten sind nicht alle Zeilen optimal zur Himmelsrichtung platziert. Nordgärten sind im Reihenhausbau eher nicht erwünscht.
Die Blöcke stehen auf gut platzierten Tiefgaragen, die 1,20 Meter über 0-Niveau herausragen. Neben den bautechnische Vorteilen, wird damit eine interessant bewegte Außenraumgestal-tung und eine sehr gute Gliederung von Privatheit und Öffentlichkeit erreicht sowie die Erdge-schosswohnungen vor unerwünschten Einblicken geschützt. Ein weiterer Vorteil der teilabge-senkten Tiefgarage ist die mögliche natürliche Belüftung und die Reaktion auf hohe Grundwas-serstände.
Die von den Zeilen gebildeten Innenhöfe zeigen interessante Grünflächengestaltungen, wobei deren Versiegelungsgrad ein wenig zu groß dimensioniert scheint.
Die Erschließung erfolgt auf der Westseite für die PKW, von hier werden auch die Tiefgaragen erschlossen. Das Pendant ist eine Allee entlang der Bahn. Im Norden ist der Auftakt für die Draisinenbahn sehr gut gelöst. Der vorgeschlagene Parkplatz kann auch von Besuchern der Wohneinheiten genutzt werden.
Die vorgeschlagenen schematisierten Wohntypen - Reihenhaus und Zwei-Spänner – führen nicht an allen Stellen zu überzeugenden Wohnungserschließungen.
Der von Bebauung freie Quartierpark gegenüber dem Bahnhofsgebäude teilt die Bebauung in zwei Quartiere, ohne diese zu trennen. Von besonderer Spannung ist die unterschiedliche Hö-henlage zwischen dem untenliegenden großen “Bahnhofspark” und den angerampten höher liegenden Nachbarschaftsplätzen.
Lage und Inhalt der vorgeschlagenen Sonderflächen im Freiraumkonzept, wie Kinderspiel-plätze etc. sind den Gebäuden gut zugeordnet.
Insgesamt stellt das Konzept mit seiner hohen Flexibilität und seiner qualitätsvollen Raumbil-dung eine gute Visitenkarte von der Bahnhofseite dar.