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Realisierungswettbewerb mit Ideenteil | 07/2019

Entwicklung des „Mathäser Areals“ in Markt Ruhstorf

Perspektive

Perspektive

2. Preis

Preisgeld: 21.200 EUR

o5 Architekten BDA - Raab Hafke Lang

Architektur

arc.grün landschaftsarchitekten.stadtplaner.gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee / Ausgangssituation
Die Marktgemeinde Ruhstorf an der Rott beabsichtigt, im zentralen „Mathäser Areal“ das Gasthaus Mathäser zum Kultur- und Begegnungsort für Bürger und Vereine zu wandeln. Das Mathäser Gasthaus ist in seiner Funktion als Wirtshaus als Identität stiftender Ort für Ruhstorf unverzichtbar. Es gilt, ein bauliches Konzept zu entwickeln, das sowohl die benötigten Kultur-, Vereins- und Bürgernutzungen, als auch eine Gaststätte sowie einen neuen, zentralen Marktplatz sowie einen qualitativ aufgewerteten Uferbereich des Kleeberger Bachs beinhaltet. Dabei wird das Mathäser mit dem ursprünglichen Gasthauscharme erhalten und durch den Umbau an heutige Anforderungen und Bedürfnisse angepasst. Als bauliche und räumliche Ergänzung soll ein neuer Bürgersaal für ca. 250 Personen dienen, der Platz für unterschiedlichste Veranstaltungen (Hochzeiten, Geburtstage, Taufen, Weihnachtsfeiern, Konzerte, Ausstellungen) bietet. Im Obergeschoss des Gasthofes werden im Bürgertreff künftig Kultur- und Vereinsfunktionen Platz finden.

Gliederung der Baumassen / Freiraum
Mathäser und Bürgersaal bilden mit den Satteldächern ein charakteristisches Ensemble, das durch den eingeschossigen, offenen und einladenden Sockelbe-reich miteinander verbunden wird. Die umliegenden Freiflächen sollen zu einem zentralen Dorfplatz und Marktplatz für Ruhstorf und zu einem qualitativ hochwertigen und attraktiven Aufenthaltsbereich für alle Generationen entwickelt gestaltet werden. Dabei bietet das Ensemble aus Mathäser, Bürgertreff und Marktsaal die bauliche Fassung des neuen Marktplatzes einerseits und des neugestalteten Uferbereichs des Kleeberger Bachs auf der anderen Seite. Gleichzeitig stellt der Bürgersaal samt Foyer auch eine direkte räumliche Verbindung her, denn der Raum lässt sich an der Längsseite und an beiden Stirnsei-ten großzügig öffnen.
Bei der Neugestaltung der Außenanlagen werden sowohl die Kastanienbäume im Biergarten am Bach als auch die Magnolie auf dem neuen Marktplatz erhalten. Gebäude und Freibereiche werde über eine spezifische Modellierung im Platzbereich zugunsten der Mehrgenerationennutzung barrierefrei ausge-bildet. Sitzstufen und Sitzstufenanlagen auf dem Platz und am Bach schaffen Aufenthaltsqualitäten. Die Platzbeleuchtung wird in die Stufenanlagen und in die Gebäudefassade integriert und durch punktuelle Objektleuchten ergänzt. Es entstehen 11 Parkplätze (davon 2 barrierefrei). Ein Spielbereich für Kinder und Sitzgelegenheiten sind integriert. Ein weiterer Baukörper auf gegenüberliegenden Seite der Straße bietet Raum für die Fahrradwerkstatt, ein öffentli-ches WC und bietet den räumlichen Abschluss des Marktplatzes und Übergang nach Süden. Der Marktplatz ist als zentraler Treffpunkt der Ruhstorfer multifunktional nutzbar und bietet Platz für Ausstellungen, Märkte und Veranstaltungen. So kann die giebelseitige Öffnung des Saals auch als Bühne genutzt werden und der Platz als Zuschauerbereich. Der gesamte Platz- und Straßenbereich ist gestalterisch und farblich zusammengefasst (gefärbter Asphalt, Granitsteine im Schiffsverband).

Gestalt / Funktion / Raum
Das Mathäsergebäude wird nach dem Rückbau der Anbauten als klarer Baukörper erlebbar. Der Saal ist durch die Raumhöhe und die Dachform ebenfalls ablesbar als wichtiger öffentlicher und gemeinschaftlicher Ort in Ruhstorf. Der erdgeschossige Sockel stellt die bauliche Verbindung der beiden höheren Volumen (Gasthaus mit Bürgertreff und Bürgersaal) dar und nimmt unterschiedliche Funktionen auf: Zum einen die räumliche Erweiterung des Mathäser-Gastraums und der Küche mit einem neuen Haupteingang vom Platz aus, andererseits die Eingänge zum Bürgertreff und zum Foyer des Bürgersaals sowie die dienenden Nebenräume (Garderobe, WC, Theke, Lager). Der Bürgertreff befindet sich in den Obergeschossen des Mathäser und bietet verschiedenen Nutzungsangebote für Bürger (Bibliothek, Arbeitsplätze, Besprechungsräume, Werkstatt- Vereinsräume, Proberäume).
Die drei wesentlichen Nutzungsbereiche – Mathäser, Bürgersaal und Bürgertreff – verfügen über separate Eingänge vom Marktplatz aus, sind aber intern räumlich verbunden, so daß sich jegliche Nutzungsszenarien - autarke wie gemeinsame - abbilden lassen. Die Erschließung des Bürgertreffs in den oberen Geschossen erfolgt über ein neues Treppenhaus im Altbau mit Aufzug. Das Obergeschoss hat einen direkten Zugang zur Dachterrasse auf dem Sockelbau. Das Dachgeschoss bietet Proberäume mit hoher Raumqualität (sichtbare Dachstruktur) für ca. 30 Nutzer, größere Orchester proben im Bürgersaal. Der Bürgersaal wird über das großzügige Foyer mit Ausstellungsvitrinen (archäologische Funde) erschlossen, an dem auch Garderobe, WC und Theke liegen. Er ist als bedeutender Ort der gemeinschaftlichen Aktivitäten in Ruhstorf dreiseitig geöffnet, die Innenwand beherbergt alle dienenden Funktionen (Lager Bühne, Stuhllager). Der Bürgersaal ist teilbar konzipiert, um gleichzeitig mehrere Nutzungen und damit eine gute Frequentierung zu ermöglichen. Der Gasthof verfügt sowohl über einen eigenen Zugang zwecks Adressbildung, ist aber innenräumlich auch mit dem Foyer bzw. dem Treppenhaus verbunden. Der durch den Einbau des neuen Treppenhauses reduzierte Raum wird zum Platz hin erweitert und erhält dort eine attraktive neue Pilsstube. Es besteht eine direkte räumliche Verbindung sowohl zum Marktplatz mit der Marktterrasse als auch zum Kleeberger Bach mit dem Biergarten und Gickerlstand. Die Küche mit Lagerräumen und Anlieferung wird durch den Anbau erweitert und optimiert, die WC-Anlage und Personalräume befinden sich im UG.

Materialien / Konstruktion
Die Materialisierung der Gebäudehülle (Fassade und Dach) wird geprägt durch ortstypische, langlebige und unempfindliche Materialien – Holz und Putz. Die Gebäudehülle (Dach und Wand) des Mathäser wird energetisch saniert und in Bezug auf die Öffnungen behutsam umgestaltet. Sie erhält angelehnt an den historischen Status eine Putzfassade. Der umlaufende erdgeschossige Fassadenbereich erhält aufgrund der gewünschten Offenheit und der funktionalen Anforderungen (Eingänge, bodentiefe Fenster, Tore) eine Holz-Element-Fassade, in der sich Türen, Fenster und opake Bereiche abwechseln. Integrierte Klappläden dienen der zeitweisen Verdunklung. Die klare Struktur der Fassade mit dem Wechsel aus wiederkehrenden, baugleichen Öffnungen und Fassa-denelementen ermöglicht einfache Bauabläufe und unkomplizierte, sich wiederholende Anschlussdetails. Die Lochfassade im Altbau erhält Holzfenster und bei Bedarf Holzklappläden.
Der Erweiterungsbau ist massiv in Stahlbeton-Skelettbauweise mit aussteifenden Kernen konzipiert. Im Bereich des Bürgersaals oberhalb der Erdgeschoss-zone ist der Wandaufbau massiv mit Sichtbetonoberflächen im Inneren und einer Putzfassade außen, die wiederum den Bezug zum Altbau herstellt. Die Flachdecken spannen zweiachsig und sind ebenfalls in Stb.-Bauweise erstellt, während der Saal durch sattelförmige Holzträger überspannt wird, die das Dach tragen. Die Gründung ist abhängig von der örtlichen Baugrundbeschaffenheit. Das klar strukturierte Tragwerk, die Möglichkeiten zur Präfabrikation der Fassadenelemente und des Dachtragwerks Saal gewährleisten eine robuste, wirtschaftliche und zeitlich optimierte Bauweise. Die Materialisierung der Raum bildenden Bauteile - Boden, Wand und Decke - folgt dem Prinzip der echten Materialwirkung. So sind die Böden überwiegend in Holzparkett ausge-führt, die tragenden Betonwände, Stützen und Decken sowie die Dachkonstruktion Saal werden sichtbar belassen und die Ausbauelemente, Trennwände- und Möbel als Holz-Konstruktion mit Holzoberflächen ausgeführt.
Die Technikzentrale (Hausanschlüsse, Heizung) liegt im KG unterhalb der Küche. Die Lüftungsinstallationen befinden sich im Zwischenbau. Das Energiekon-zept für Wärmebedarf und Warmwasserbereitung sieht eine Kombination von Bedarfsminimierung und Wärmeversorgung durch Kraft-Wärme-Kopplung oder regenerativen Energieträgern unter Berücksichtigung der örtlichen Situation, der Investitions- und Unterhaltskosten vor. Zur Reduzierung des Heizwärmebe-darfs im Betrieb werden alle Außenbauteile in mind. Enev-Standard und gemäß der Vorgaben des Markt Ruhstorf ausgeführt. Um Verluste im Winter zu reduzieren und Überhitzung im Sommer zu vermeiden, ist der Fensterflächenanteil der Fassade optimiert. Der sommerliche Wärmeschutz wird über einen außenliegenden Sonnenschutz (Klapp-Schiebeläden) gewährleistet. Zur Reduzierung der Lüftungswärmeverluste und zur Verbesserung der Luftqualität verfügen alle Gebäudeteile über zentrale Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. Raumbereiche, die eine hohe Belegungsdichte aufweisen, werden mechanisch be- und entlüftet. Die Zuluft wird vorkonditioniert (Erdkanal) und kann über ein Nachheizregister ggf. raumweise weiter erwärmt wer-den. Das Nachheizregister ist über einen Wärmetauscher mit der Warmwasser-Zirkulationsleitung verbunden, so dass Heizungsleitungen überflüssig sind. Die Übergabe in den Raum erfolgt über die Schrank- und Ausbauelemente (Garderobe, Wandschrankelemente, Lagerbereiche). Zusätzlich wird das Gebäude durch Nachluftspülung gekühlt. Der Strombedarf des Gebäudes kann ggfs. über eine Photovoltaikanlage auf dem Flachdach des Zwischenbaus gedeckt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Neubau des Saals wird im Nordwesten situiert und mit einer großflächigen, eingeschossigen Funktionszone an den Altbau angebunden. Dabei nimmt der Neubau die Firstrichtung des westlichen Wohn- und Geschäftshauses auf, springt aber deutlich zurück und definiert einen großzügigen Platz.

Besonders markant ist die eindeutige Orientierung nach Süden und der Verschlag einen über die Straße hinweg reichenden Platzraum mit durchgehender Oberflächengestaltung zu schaffen. Das Raumprogramm wird konsequent erfüllt, wobei das Angebot aller Neben- und Funktionsräume im Erdgeschoss zwar eine gute Zugänglichkeit und Barrierefreiheit ermöglicht, jedoch zu einer sehr großen Grundfläche führt. Dies ist der Preis für einen konsequenten Verzicht auf eine Kellernutzung im Überschwemmungsgebiet. Die innere Organisation überzeugt nur bedingt und die sehr große Flachdachfläche wirkt überproportioniert im Verhältnis zu den Hauptbaukörpern. Sehr angenehm sind die durchgesteckten Gasträume die auch von Osten durch den historischen Eingang erreicht werden können, und die sowohl nach Norden zum Biergarten, als auch nach Süden zur großzügigen Sonnenterrasse orientiert sind.

Die architektonische Grundhaltung ist angenehm. Der alte Mathäser wird gut in Szene gesetzt und der verbindende Flachbau hat eine angemessene zeitgemäße Architektursprache, die sich im Saalneubau fortsetzt. Dessen Raumdimension ist ausreichend und angemessen, nur die Offenheit der Westfassade irritiert. die gesamt Arbeit liegt bei den Grund- und Verkehrsflächen etwas über dem Durchschnitt.

Die klare Zonierung des Außenraums, mit dem Hauptraum im Süden und Biergarten und grünem Aufenthaltsbereich am Bach im Norden wirkt sehr schlüssig. Die nördlichen Flächen sind zurückhaltend, entsprechend dem dörflichen Standort gestaltet. Die Höhenentwicklung im Platzbereich funktioniert gut, könnte aber zugunsten einer großzügigeren untersten Ebene modifiziert werden. Der östliche Bereich entlang des Altbaus ist unaufgeregt mit auf Straßenniveau angeordneten Stellplätzen gut gelöst. Die südliche Raumkante verhindert eine großzügige Nutzung des Platzes. Raumbildende Bäume im Platzbereich werden vermisst.

Insgesamt ein guter Beitrag mit wohltuend zeitgemäßer urbaner Anmutung
Lageplan

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Grundrisse

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Ansichten

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Schnitte

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