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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2019

Neubau Stadtverwaltung mit umliegender Quartiersentwicklung in Lippstadt

3. Preis

Preisgeld: 31.667 EUR

Passgang Architekten BDA

Architektur

Pesch Partner Architektur Stadtplanung GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Neumann, Krex & Partner

Brandschutzplanung

Philipp Knöfler

Energieplanung

Erläuterungstext

Die neue Stadtverwaltung der Stadt Lippstadt soll der Kristallisationspunkt der Bürger, des Rates und der Administration im Stadtraum sowohl in gebauter Form als auch auf eine ideelle Weise werden. Dazu wurde an der Nahtstelle zwischen historischer Altstadt und dem großen südlichen Stadtgebiet am Kreuzungspunkt der Cappelstraße und der Jakob-Koenen-Straße ein Stadtbild prägender Standort gewählt. Aus dem Städtebau und den Funktionen ergeben sich zwei Baukörper die sich bedingen und ergänzen. Über die Cappelstraße öffnet sich der Bürgerplatz und weitet sich als Entrée zur Stadtverwaltung und zum amorph geformten Ratsgebäude mit seinen abgeschliffenen runden Ecken, ähnlich einem Kieselstein im Flussbett, der umspült vom Außenraum die Platzränder prägt und als wichtiges Gebäude der Bürger und des Rates den Auftakt in das Quartier bildet. Das Ratsgebäude nimmt sich in Höhe und Proportion zurück.

Die sinnhafte Trennung in Ratsgebäude und Verwaltung ermöglicht eine multifunktionale Nutzung für zahlreiche Veranstaltungen auch außerhalb üblicher Arbeitszeiten. Bürgerveranstaltungen, Ausstellungen, Empfänge und weitere unterschiedliche Veranstaltungen sind hier möglich. Auf eine andere Art als die bürgernahe Verwaltung ist das ein besonderes Gebäude für alle Lippstädter. Der vorgelagerte Bürgerplatz stellt den Menschen in den Mittelpunkt eines Stadtraumes mit wohl proportionierten Raumkanten. Er dient als Platz, Kommunikationsfläche und Außenbereich für die Gastronomie im Erdgeschoss des Ratsgebäudes.

Die beiden Gebäude nutzen als prägendes und verbindendes Element, auf unterschiedliche Weise ein ihrem Charakter entsprechendes Fassadenmaterial, den ortsnahen Baumberger Sandstein. Das Verwaltungsgebäude erhält eine belebte Fassadenstruktur, die die Flexibilität des Gebäudes auch Außen widerspiegelt. Die Fassadenelemente können vorgefertigt hergestellt werden und beinhalten im Fensterbereich alle notwendigen Funktionen für moderne Arbeitswelten. In der Zukunft können diese Einzelelemente bei Beschädigungen oder einer Gesamtrevision leicht ausgetauscht und bearbeitet werden ohne dass die Nutzung des Gebäudes insgesamt beeinträchtigt wird. Die gewählten nachhaltigen und langlebigen Materialien fördern die Gesamtwirtschaftlichkeit des Gebäudes und produzieren niedrige Folgekosten. Das Ratsgebäude öffnet sich mit dem geschwungenen Baukörper und mit großen Glaselementen zur historischen Altstadt. Die Perforierung der Natursteinfassade lässt darüber hinaus den Außenraum immer wieder schemenhaft im Inneren in Erscheinung treten. Das Innere beider Gebäude wird mit den gleichen, nachhaltigen Materialien gestaltet, Terrazzoböden gepaart mit akustisch wirksamen Wandverkleidungen aus hellen Eichenlamellen und weißen Wandflächen, Glas und Sichtbeton geben besonders dem Atrium aber auch den Büro- und Open Space Bereichen eine freundliche und einladende Atmosphäre.

Das Ratsgebäude erschließt über ein offenes Foyer den Ratssaal und das Trauzimmer im Obergeschoss. Die Räume können multifunktional geöffnet und genutzt werden. Das Panoramafenster im Ratssaal zeigt zur Altstadt und stellt den Bezug zum Inhalt aller Aktivitäten im Haus für die Ratsmitglieder und alle Besucher her. Das Verwaltungsgebäude hat seinen einladenden Eingang am Kopf des Platzes unmittelbar gegenüber vom Ratsgebäude. Das transparente und klar strukturierte Atrium bildet die Spange, die sämtliche Bereiche im Haus verbindet. Es erleichtert gerade für Besucher die Orientierung im Gebäude und bildet eine hohe Attraktivität für alle Nutzer des Gebäudes. In der Gebäudemitte verbindet eine massive, gestaltprägende Treppenskulptur die verschiedenen Gebäudeebenen. Der Bürgerservice befindet sich direkt im Atrium und am Haupteingang, sodass die Atriumfläche als vielfach nutzbarer Bereich besonders den Bürgern aber auch allen Mitarbeitern zur Verfügung steht. Das Gebäude wird in allen Bereichen barrierefrei erreicht. 2 Aufzugpaare in der Mitte des Atriums fahren alle Ebenen an. Die Bürobereiche in den Etagen können flexibel und individuell kombiniert werden. Zellenbüros, Open Space Bereiche, Thinktanks, Kommunikationsflächen und Besprechungsbereiche wechseln sich nach individuellen Anforderungen ab. Durch das geradlinige Erschließungskonzept können in jedem Geschoss mehrere abgeschlossene Fachdienste untergebracht werden, die nicht durchquert werden müssen um einen anderen Gebäudeteil zu erreichen. Durch die Hohlraumböden können zu jeder Zeit neue Arbeitsplatzkonfigurationen gebildet und vernetzt werden. Das wirtschaftliche Stützenraster mit Stahlbetonhohlkörperdecken überspannt, stellt jeweils 65 qm freie Fläche zur Verfügung, die mit Einzelbüros, Open Space Bereichen, Kommunikationsflächen und den notwendigen Nebennutzflächen individuell bespielt werden können. Die Arbeitsbereiche werden großzügig natürlich belichtet, der Blend- und Sonnenschutz erfolgt durch herunterfahrbare Horizontallamellen, die Außen vor der Fensterkonstruktion liegen und durch eine von Innen revisionierbare Glasscheibe geschützt sind. Die hochgedämmte Fensterkonstruktion bietet durch die zusätzlich vorgelagerte Glasscheibe einen besonders hohen Schallschutz zur Südseite. Neben der sehr guten Tagelichtversorgung sorgen hocheffiziente LED Leuchten besonders in den Büroflächen für einen hohe Nutzungskomfort.

Unter den Gebäuden befinden sich eine natürlich belüftete Parkebene mit 145 Plätzen für die Dienstfahrzeuge und Besucher und die notwendigen Technik- und Lagerräume. Ebenso sind hier E-Ladestationen für PKW untergebracht. Weitere 155 Parkplätze für die Mitarbeiter der Verwaltung sind im Parkhaus imWesten des Quartiers untergebracht. Die Dachflächen im Verwaltungsgebäude werden von Technikanlagen freigehalten und stellen mit den begrünten Dachflächen einen erhöht gestalteten Außenraum dar, der für die Regeneration der Mitarbeiter genutzt werden kann. Geschossweise ist das Verwaltungsgebäude in 2 etwa gleich große Brandabschnitte geteilt, Brandschutzvorhänge schotten im Bedarfsfall das Atrium ab. Jeder Brandabschnitt ist mit 2 Treppenhäusern versehen, die unmittelbar ins Freie führen. Eine mechanische Entrauchungsanlage sorgt dafür dass im Brandfall die Menschen das Gebäude geordnet verlassen können. Das Konzept ermöglicht so den vollständigen Verzicht auf eine Sprinkleranlage.
Das Energiekonzept beschreibt eine autarke und eine mit dem Quartier verknüpfte Variante. Für eine Verknüpfung zu einem klimaneutralen Stadtquartier kann die Stadtverwaltung einen wesentlichen Beitrag leisten. Durch die Nutzung erneuerbarer Energien zum Beispiel über Solarstrom mit einem saisonalen Wärmespeicher im Quartier kann der im Sommer erzeugte Strom gepuffert werden und einem Nahwärmenetz zugeführt werden. Dieses zukunftsweisende Power-to-Heat, P2H, System führt zu einer erhebliche CO2 Reduzierung im gesamten Stadtquartier.

Die Gebäude selbst werden über Tiefbohrungen mit Geothermie versorgt. Der Strom für die Wärmepumpen und die beiden Häuser an sich wird überwiegend über großflächige Photovoltaikanlagen auf dem Dach erzeugt. Die Deckung des geringfügigen Warmwasserbedarfs erfolgt über Solarstrom betriebene Durchlauferhitzer. Überwiegend werden die Gebäude über modulare Lehmputzdecken im Niedertemperaturbereich beheizt und gekühlt. Die Be- und Entlüftung erfolgt zunächst über die Außenfenster, eine minimierte Lüftungsanlage ermöglicht über Deckensegel den notwendigen Luftaustausch in allen Gebäudebereichen und muss nur in der Spitzenlast zur Kühlung der Gebäude insbesondere des Ratssaales beitragen. Durch die Nutzung der Nachtauskühlung im Bereich des Atriums und des Foyers im Ratsgebäude und durch die Nutzung der Lehmputzdecke zur Kühlung und Beheizung der Räume mittels Geothermie und Wärmepumoe bleibt die Spitzenkühllast sehr niedrig. Das Atrium wirkt wie ein Klimapuffer im Gebäude. Auch in der autarken Variante der beiden Gebäude ist das Energiekonzept allein schon durch die kompakten Baukörper mit entsprechend kleiner hochgedämmter Hüllfläche auf Nachhaltigkeit und niedrigsten CO2-Verbrauch ausgelegt.

Als Low-Energy Gebäude mit langlebiger Technik und angemessen, wertigen Materialien sind die Gebäude mit niedrigen Unterhaltskosten wartungsarm und können besonders wirtschaftlich in der Zukunft genutzt werden.

Architekt:
Passgang Architekten BDA, Lippstadt mit
Pesch Partner Architekten Stadtplaner GmbH BDA / SRL, Dortmund

Verfasser:
Dipl. Ing. Bernd Passgang, Architekt
Dipl. Ing. Andreas Bachmann, Architekt / Stadtplaner

Mitarbeiter:
M. A. Simone Igel
Dipl. Ing. Markus Wilke
M. Sc. Anton Bombach
Dipl. Ing. Niklas Förstemann
Max Passgang

Fachplaner:
Philipp Knöfler, Institut für Gebäude- und Solartechnik TU Braunschweig
Neumann Krex & Partner Ingenieurbüro für Brandschutz