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Offener Wettbewerb | 07/2019

Landesgartenschau Kirchheim 2024

ein 3. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

Franz Reschke Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Im Sinne eines grünen Angers, etwas mutiger formuliert, als ‚Centralpark’, wird der neue Ortspark zum Zentrum der Siedlungsstruktur Kirchheims und Heimstettens. Der Park kontrastiert mit der um- gebenden offenen und leergeräumten Landschaft. In dieser ununterbrochenen Weite schafft der Park Intimität und Ruhe. Er bringt den Horizont näher und bietet Platz für ein Nickerchen im Schatten oder für den Bau einer Hütte in einer Baumkrone im ‚Wäldchen’. Der Entwurf ‚Zeitschleife‘ berücksichtigt was bereits vorhanden ist und schlägt sensible Interventionen für eine Entwicklung aus dem Bestand vor. Der sich frei entwickelnde Wald im Norden, die unterschiedlichen Eigenschaften des Bodens, die verbliebene wallartige Modellierung einer lang vollendeten Baustelle. Vom ‚trockensten bis zum feuchtesten’ entdeckt der Wanderer bei seinem Spaziergang im Park eine überwältigende vegetative Vielfalt. Das raue und zarte Wäldchen aus ‚spontanen’ Arten, wird sich weiter entwickeln und dabei behutsam begleitet. Es wird langfristig im nördlichen Parkteil kultiviert und gepflegt. Es geht über in eine initiierte offene Trockenwiese mit Feldthymian, Besenginster und Heidenelke. Diese bildet den charakteristischen Auftakt zum Park vis-á-vis des neuen Rathauses. Weiter entlang des Rundweges hin zur zentralen Parkwiese. Topografisch durch die vormalige Straßen (-und Trassen)führung geprägt, wird diese durch eine Mischung aus Weißklee und Gräsern bereichert. Somit ist die Wiese dürreresistenter und gleichermaßen intensiv nutzbar. Das Jugendzentrum tritt im Park hervor, es bespielt die Wiesenterrasse mit weitem Blick. Im ‚frischen’, südlichen Teil des Parks, in atmosphärischer und räumlicher Nähe zum dicht überwachsenen Wall, wird die vorgeschlagene zart violette Salbeiwiese nur selten gemäht. Dies wird unterstrichen durch locker gestellte Bäume, inspiriert von der Qualität der ländlichen Umgebung: Feldahorn, Rotbuche, Salweide, Stieleiche. Während des gesamten Parkbesuchs untermalen verschiedene Arten den Spaziergang. Im Frühling sprudelt der Park vor zarten Blüten und leichten Blättern. Im Sommer hat es einen willkommenen und starken Schatten und der Herbst ist geprägt durch den Verlauf intensiver Farben. Die verschiedenen Spielplätze sind mit verschiedenen Bäumen und Sträuchern bepflanzt. Sie erlauben es zu klettern, sich zu verstecken, sich vor der Sonne zu schützen und zu flüstern: kleine Weiden, bunte Eichen, Haselnuss. Die Entrées des Parks werden durch besondere Arten betont: Tupelobaum, Gingko aber auch Tilia. Stadt trifft Park. ‚Alle’ – Bewohner und Gäste, Schulkinder und Senioren finden zukünftig im Park Ihren gemeinsamen und besonderen Raum. Nischen, Gärten und Spielplätze werden den Randpartien zugeordnet. Jede Nutzung kann Ihre Adresse auch am Park finden und zeigen – der Rand ist durchlässig. Entlang der Quartiere am Park werden schmale Obstwiesen gepflanzt. Äpfel, Birnen, Quitten und Kirschen. Eine offene Wiese begrüßt die bestäubenden Tiere. Eine Hecke, halbhoch geschnitten, aus Wildrosen, Holunder, Schlehe und Himbeere bildet die Kontur für die Gärten des Quartiers. Die Anwohner können an der Pflege des gemeinsamen Gartens partizipieren. Das ist die Stärke dieses Parks: Seine Präsenz schafft Verbindungen zwischen denen, die dort leben. In der Landschaft geht es hauptsächlich um Beziehungen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einer wohltuend ruhigen und sicheren gestalterischen Hand entwickeln die Verfasser ein landschaftliches Parkband als zukünftiges Bindeglied zwischen Kirchheim und Heimstetten, das in weiten Teilen einen Erhalt der vorhandenen und wertvollen Landschatsstrukturen ermöglicht, dem in seiner Zurückgenommenheit aber auch eine gewisse Prägnanz und Eigenständigkeit ̈fehlt. Das Wegenetz des Parks knüp̈ft mit kleinen Plätzen an den richtigen Punkten an die umgebenden Grünzüge und Wegeachsen an, greift dabei en passant die historische Wegestruktur des Ortes auf und schaft ein differenziertes Angebot an schnellen Verbindungswegen ̈für Rad̈ahrer und ruhigen Spazierwegen ̈für Flaneure.
Die Spannung, die aus dem Kontrast zwischen den eher offenen Wiesenräumen im Zentrum des Parks und den durch differenzierte Baumsetzungen gebildeten Saum zu den umgebenden Nutzungen entsteht, lässt einen in sich stimmigen und atmosphärisch wirksamen Parkcharakter erwarten. Bedauert wird, dass die Breite und Proportion der Wiesenflächen innerhalb der Parkmitte wenig Abwechslung und räumliche Spannung verspricht. Der Vorschlag der Abfolge unterschiedlicher Vegetationstypen von Trockenrasen bis ̈frischen Wiesen wird begrüßt, wäre angesichts der anstehenden Kiesböden im gesamten Gebiet jedoch zu überprüfen. Gegebenenfalls ließe sich ein derartiges Bild durch eine gezielte Nutzung einzelner Wiesenbereiche als temporär geflutete Retentionsflächen erzeugen.

Die Verknüp̈fung des Parkraums mit den angrenzenden öffentlichen Nutzungen erscheint angemessen und nachvollziehbar. Lediglich im Bereich der Grund- und Mittelschule wäre eine größzügigere Öffnung in Richtung Park als Verbindung zwischen Schule, Jugendzentrum und Haus für Kinder wünschenswert. Die im südlichen Parkbereich vorgeschlagene Modifikation der städtebaulichen Bausteine unterstützt das Parkkonzept und ist in dieser Form durchaus auch mit einer öffentlicheren Nutzung im Erdgeschoss vorstellbar, die zur Bespielung und Aktivierung des angrenzenden Parkraums beitragen könnte.

Innerhalb des offenen Parks und der gehölzüberstandenen Ränder werden vielfältige Nutzungsangebote vorgeschlagen, die in großen Teilen auch nach der Nutzung des Geländes durch die Gartenschau erhalten werden können und so dauerhaft der Bevölkerung zur Ver̈fügung stehen. Auch sonst lässt der Entwur̈f auf Grund der vorgeschlagenen Materialitäten, der sparsamen Verwendung aufwändiger Wasserflächen, dem vollständigen Erhalt der vorhandenen Sparten und auf Grund des extensiven Charakters der Grünanlagen eine hohe Wirtschatlichkeit in Bezug auf die Herstellung und den Unterhalt der Flächen erwarten.

Die ökologische Nachhaltigkeit ist durch einen weitgehenden Erhalt und die behutsame Weiterentwicklung der bestehenden Baumstrukturen und das zukünftige Angebot artenreicher Wiesenflächen und Grünstrukturen gegeben. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang auch der Vorschlag, die ̈für die Gartenschau auf den temporären Flächen gepfanzten Bäume bei einer späteren Bebauung der Parkränder in den Park bzw. an den Siedlungsrand zu verpflanzen.
Das Nutzungslayout der Gartenschau ̈fügt sich stimmig in den Gesamtraum ein, die Ein- und Ausgänge sind sinn̈fällig gewählt. Das Wegenetz des Parks bildet während der Ausstellung einen abwechslungsreichen Rundweg durch das Gelände und könnte ggf. noch auf Teile der Schul-Freianlagen ausgeweitet werden. Vermisst wird ein charakteristisches und prägnantes Motiv als übergeordnetes Leitbild für die Gartenschau.

Der Vorschlag ̈für die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes orientiert sich stark am Bestand, liefert durch gezielte kleinere Eingriffe jedoch einen Beitrag zur Ordnung der Verkehrsinfrastrukturen, der besseren Wahrnehmbarkeit des Gleiszugangs und der Verknüpfung mit der Ortsmitte über die Maria-Glasl-Straße.

Insgesamt handelt es sich um einen durchaus ̈fein̈fühligen und im besten Sinne robusten Vorschlag für die zukünftige grüne Mitte zwischen Kirchheim und Heimstetten, der durch sein klares und robustes Grundgerüst eine gute Alterungs- und Entwicklungs̈fähigkeit angesichts sich stetig verändernder Ansprüche an öffentliche Freiräume verspricht, dem in gewissem Mäße jedoch auch die Eigenständigkeit und Strahlkraft fehlt.