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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2019

Städtebauliche Entwicklung des ehemaligen Etex-Geländes in Neuss

1. Preis

Preisgeld: 25.000 EUR

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Stadtplanung / Städtebau

Die Planergruppe

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Eine einmalige Chance
Die Stadt Neuss erhält im Osten eine neue Stadtkante. Vom Alexianerquartier über den Ideenteil „Am Künstlerhof“ und das neue Stadtquartier am Berghäuschensweg bis zur Wohnbebauung an der Kölner Straße spannt sich der Bogen. Damit bietet sich der Stadt die große Chance, innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes Neuss an dieser Stelle ein neues, lebendiges Gesicht zu geben. Hier entsteht ein dichtes Gefüge von „Höfen“, grün und durchmischt, die das Quartier prägen. Sie sind eingebunden in den Grünzug, der bis zum Rhein führt. Mit seinem historischen Bezug erhält das neue Quartier zudem eine übergeordnete Bedeutung. Stadtpolitisch stärkt man dabei zwei Leitsätzen: „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ und „Neuss als Stadt der kurzen Wege“.

Alle Wege führen zum Platz
Zentrum des neuen Quartiers ist der große, baumbestandene Kastellplatz als Dreh- und Angelpunkt. Ein öffentliches, soziales, kommunikatives Forum. Hier münden alle Wege, hier trifft man sich im Café, erledigt seine Angelegenheiten im Bürgerhaus oder betritt das vielfältige Angebot von Einzelhandel und Dienstleistungen. Der Weg vom Alexianerquartier, aus den Wohnhäusern und Ateliers „Am Künstlerhof“ wie auch von der Kölner Straße ist nah. Der Kastellplatz lädt durch seine differenzierte Gestaltung, Spiel- und Veranstaltungsflächen und seine hohe Aufenthaltsqualität Jung und Alt, Bewohner und Gäste zum Verweilen ein. Als Endpunkt des archäologischen Erlebnispfades nimmt er den historischen Bezug zum alten Römerlager auf.

Ein starkes Entrée und eine feingliedrige Ausdifferenzierung der Räume
Bestens mit dem ÖPNV erreichbar zeigt sich das Quartiers-Entrée am Berghäuschens-weg. Ist der Eingang in den „Künstlerhof“ schmaler, fast geheimnisvoller, so eröffnet eine stadträumlich starke Geste das Quartier zum Kastellplatz hin. Im Inneren zeigt sich eine feingliedrige Ausdifferenzierung der Räume. Sind Platz und Wohnstraßen öffentlich, so betritt man in den Wohnhöfen halböffentliche Bereich und gelangt in den Gärten in die privaten Rückzugsräume. Der Maßstab verändert sich vom städtischen Platz hin zum persönlichen Raum, von dem aus man ab und an in den öffentlichen Bereich blickt.
Der Kastellplatz ist durch Sichtkanten stetig gefasst. Dies erzeugt eine Wahrnehmung von Geschlossenheit, fast Geborgenheit im Quartier und macht den Platz als Stadtraum begreifbar.

Wohn-Angebote für alle
Das neue Stadtquartier bietet Wohnmöglichkeiten für alle. Das Angebot an Wohnformen reicht von öffentlich gefördertem Wohnraum über preisgünstiges Wohnen bis zum Eigentum. Die soziale Integration aller Bevölkerungsschichten prägt das Quartier. Sie findet auch Ausdruck in der baulichen Struktur vom Geschosswohnungsbau bis hin zu Stadthäusern. Es gibt Wohnungen für alle Altersschichten, Singles, Familien, Senioren. Die Strukturen machen experimentellere Wohnformen wie Generationenwohnen, Clusterwohnen oder Kurzzeitzimmer möglich. Die große Qualität des Wohnens in diesem autofreien Quartier sind die kurzen Wege, die Durchmischung und die differenzierte Ausprägung der Räume. Dies ermöglicht gute Nachbarschaften, Identifikation mit dem Quartier und einen hohen sozialen Zusammenhalt.
Die höhere Bebauung an den Rändern des Quartiers fungiert als Schallschutzbarriere für die innenliegenden Gebäude. Die in dieser äußeren Schale liegenden Wohnungen werden über Loggien mit Prallscheiben natürlich belüftet. Direkt am Quartierseingang ist der Schallschutz durch ein Zurückrücken vom Gewerbelärm-Emittenten des be-nachbarten Baumarktes gelöst.

Das Quartier ist ein lebendiger, autofreier Mikrokosmos
- Bürgerhaus mit Senioren- und Jugendangeboten
- „NeussRocks“ Klettergarten,
- Handel,
- Dienstleistungen,
- Mobilitätszentrale,
- Gastronomie,
- Wohnen,
- Kindertagesstätten,
- Gewerbemöglichkeiten,
- Künstlerateliers.
- Ein Mikrokosmos mit Strahlkraft darüber hinaus.
- Stadt der kurzen Wege.
- Ein echter Stadtbaustein.

Zukunftsweisende Mobilitätskonzepte
Das gesamte Quartier ist autofrei und durch Bushaltestellen am Berghäuschensweg und an der Kölner Straße optimal an den ÖPNV angebunden. Fußläufig und mit dem Fahrrad erschließt es sich barrierefrei auf kurzen Wegen und ist über die angrenzenden Straßen und den Grünraum entlang der A57 an das städtische Radwegenetz angeschlossen.
Der Mobilitätspunkt an der Quartierstraße mit seinen „Grünfassaden“ und der großen Kletterwand ist ein integrierter Mobilitätshub für das Quartier. PKW- und Car-Sharing-Stellplätze, Angebote für E-Mobilität, Fahrradstellplätze, Leihräder und Fahrradwerkstatt sorgen für eine intelligente Vernetzung der Mobilitätsangebote. Die für die E-Angebote nötige Energie erzeugt er selbst über seine Photovoltaik-Dachfläche.
Kiss&Ride-Plätze in unmittelbarer Nähe dienen zum Bringen und Holen der Kindergartenkinder. Weitere PKW-Stellplätze sind in einer Spange angeordnet, die sich auf Ebene -1 bis zum Nahversorgungszentrum erstreckt und auch von diesem genutzt werden kann. Der hiermit verbundene Tiefbau findet ausschließlich in grünen Bereichen der archäologischen Ampelkarte statt. Die Zufahrten zur Tiefgarage und zum Mobilitätspunkt wie auch die Anlieferung des Nahversorgungszentrums, der Gewerbehöfe und des Hotels sind über die Quartierstraße sichergestellt. Dies bietet die nötige Flexibilität für eine weitere Entwicklung der Flächen.

Grünstrukturen vernetzen die Räume
Eine Abfolge städtischer Freiräume verbindet den „Künstlerhof Am Bunker“ mit dem östlich gelegenen Grünzug, der bis zum Rhein führt. Extensive Wiesen mit Schmetterlings- und Wildblumensäumen und die erhaltenswerten, großen Bäume tragen zur Biodiversität bei und bescheren dem neuen Stadtquartier einen direkt zugänglichen Naherholungsraum. Die bedeutende Geschichte des Ortes als ehemaliges römisches Militärlager zeigen das darin eingebettete Informationszentrum (zweiter Ideenteil) und der archäologische Lehrpfad, der bis auf den Kastellplatz führt. Der zentrale Stadtplatz am Bürgerzentrum wird zum Treffpunkt im Quartier für alle Altersstufen. Durch multifunktional nutzbare und semipermeable Oberflächenmaterialien wird die Versiegelung minimiert und der Überhitzung gegengesteuert. Am Berghäuschensweg vermittelt ein zweiter baumbestandener Platz zwischen dem neuen Quartier und dem „Künstlerhof Am Bunker“. Bis hinein in die Wohnhöfe mit Kleinkinderspielflächen und privaten Gärten setzt sich die Vernetzung der Grünräume fort.

Gut fürs Stadtklima
Das Quartier ist ein Beitrag zum guten Stadtklima. Die Entsiegelung aller möglichen Flächen und eine maximale Erhöhung des Grünanteils tragen maßgeblich zur Feinstaubbindung bei, wirken der sommerlichen Überhitzung entgegen und sorgen für eine gesundes Mikroklima. Grün prägt das Quartier: Dächer, Höfe, Gärten, baumbestandene Plätze, die grünen Fassaden des Mobilitätspunktes. Bis auf die Quartierstraße sind alle Flächen entsiegelt und versickerungsoffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen eine klare städtebauliche Figur vor. Die Gewerbeeinheit zur Autobahn enthält ein Mobilitätsgebäude mit einem Quartiersparkhaus, das eine klare Trennung zum Wohnquartier zur Folge hat. So entstehen zwei eigenständige Entwicklungsgebiete. Dieser konzeptionelle Ansatz wird in der Jury kontrovers diskutiert. Das Erschließungssystem ist sinnfällig.
Das Wohnquartier wird durch einen zentral gelegenen gut proportionierten Quartiersplatz bestimmt und zusätzlich mit einem Bürgerhaus aufgewertet. Es kann hier ein Ort mit einer besonderen Signalwirkung entstehen. Die einzelnen Wohnhöfe sind klar konturiert und gleichzeitig differenziert gestaltet.
Verbindung und Abfolge der Freiräume werden durch Aufnahme und abstrakte Fortführung des Römergrabens – etwas abweichend von der historischen Lage – schlüssig in Szene gesetzt.
Die Positionierung des Nahversorgungszentrums ist richtig gewählt. Kritisch hinterfragt die Jury die zu geringe Grundstücksgröße.

Der Schallschutz ist in Teilbereichen nicht gelöst. Positiv ist der Gedanke eines autofreien und verkehrsberuhigten Bereichs hervorzuheben. Die Idee der kleinteiligen Wohnstruktur, z.B. Townhouses, überzeugt. Die kleinteilige Struktur fügt sich gut ein, ist maßstäblich und bereichert das Wohnungsangebot. Auch die Hofstrukturen oberhalb der Tiefgarage haben
eine besondere Qualität; wenig attraktiv erscheint jedoch die unmittelbare Nähe zum Obi-Markt. Das Parken im Bereich des Vollsortimenters ist nicht ausreichend gelöst.

Die Besonderheit der Arbeit liegt in der Ausbildung von vielfältig gestalteten atmosphärenreichen Wohnhöfen.