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Offener Wettbewerb | 04/2019

Umgestaltung Helvetiaplatz in Bern (CH)

6. Preis

Preisgeld: 15.000 CHF

YEWO LANDSCAPES

Landschaftsarchitektur

Bauart Architekten und Planer AG

Architektur, Stadtplanung / Städtebau, Szenographie

con.sens mobilitätsdesign

Verkehrsplanung

Rothpletz, Lienhard + Cie AG

Bauingenieurwesen

Pokorny Lichtarchitektur

Lichtplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau
Das historische Strahlenprinzip des Kirchenfeldplans dient diesem Entwurf als Grundstruktur, auf der das Konzept eines Platzes mit einer offenen Mitte und lockeren Baumsetzungen am Rand entwickelt wird. Der Platz soll zum einen als Stadtplatz und Auftakt in das Kirchenfeld-Quartier dienen und zum anderen Flächen zum Aufenthalt anbieten. Die partiell ergänzten und wie zufällig platzierten Bäume am Platzrand bilden ein leichtes, sich zur Platzmitte hin aufösendes Dach. Das historische Strahlenkonzept wird nur ansatzweise nachgezeichnet und neu interpretiert. Durch die frei angeordneten Baumgruppen wird eine Kleinteiligkeit generiert, die der offenen Mitte ein spannungsvolles Gegenüber bieten soll und differenzierte Räume mit Aufenthaltscharakter offeriert. Während die Mitte einen Bewegungsraum darstellt, dient die Rahmenzone mehrheitlich dem langsamen, fussläufgen Verkehr und dem Ankommen.

Landschaftsarchitektur/Architektur/ Mobiliar
Am Rand des Platzes werden unter den Bäumen Freirauminseln gebildet, die abseits vom Verkehr Orte des Treffens, der Erholung und des Beobachtens bieten. Auch hier, dem historischen Strahlenkonzept locker folgend, rahmen Bänke organisch und weich geformte, chaussierte Flächen ein. Besucherinnen und Besucher können sich nach innen zur Inselmitte oder nach aussen zum Platz niederlassen. Da die Anordnung der Bäume und Möbel etwas zu zufällig und ungezwungen wirkt, wird bezweifelt, dass der Raum, der durch fehlende Raumkanten schon heute kaum erkennbar ist, durch dieses Konzept wirklich erfahrbar wird. In Ergänzung zur Möbelfamilie werden an drei ausgewählten Orten Sonderelemente vorgeschlagen, die sich aus der Form der Freirauminseln entwickeln. Der Kiosk und die Toilettenanlage werden in zwei Baukörper aufgeteilt und mittels Flugdach gestalterisch geschickt zusammengefasst, sodass ein zum Konzept passendes leichtes Gebäude im Bereich der Tramstation entsteht. Als zweites Sonderelement befndet sich eine Pergola im Westen des Platzes nahe des Yehudi Menuhin Forums. Die Jury bezweifelt, dass das sehr lockere Baumdach und die sich aufösenden Formen in ihrer Leichtigkeit, leider aber auch in einer inzwischen etwas üblichen bzw. bekannten Formgebung und Anordnung, dem Platz die notwendige räumliche Fassung geben werden. Die vorgeschlagene Möbelfamilie erscheint der Jury in ihrer Gestaltung dabei etwas zu zeitgemäss und bekannt, für die Dimension des Platzes zu leicht, in ihrem Habitus zu wenig städtisch und dem Raum am Ende nicht gewachsen. Als Platzbelag wird ein durchgängiger Plattenteppich mit einer aus der Platzgeometrie abgeleiteten dreiecksförmigen Platte vorgeschlagen. Im Randbereich öffnet sich der Belag und wird von den unbefestigten Freirauminseln aufgebrochen. Alle Gebäude, Grünanlagen sowie das Denkmal werden auf diesen einheitlichen, artifziellen Teppich gestellt, der nur durch die asphaltierten Schneisen der Verkehrsräume zerschnitten wird. Leider werden die Fahrbahnen sowie die Tramspuren dadurch als Schneisen so stark wahrnehmbar in Szene gesetzt, dass das städtebauliche Grundkonzept der Anlage verwischt. Ausserdem erscheint der Jury dieser markante Plattenverband als etwas zu fremd in der Stadt und gestalterisch überzogen bzw. in der Materialität und Farbigkeit nicht nachvollziehbar. Zudem wird die erwünschte Bespielbarkeit der Aufenthaltsfächen angezweifelt, da die temporäre Befahrbarkeit mit grösseren Fahrzeugen bei Plattenbelägen dieser Form erfahrungsgemäss zu Schäden führt. Das Abbrechen der spitzen Ecken ist wahrscheinlich. Es müsste daher sichergestellt werden, dass der Plattenbelag nicht befahren wird, was im vorgeschlagenen Konzept hinsichtlich der Anlieferung, aber auch hinsichtlich der gewünschten Funktion des Platzes kaum denkbar ist.

Verkehr
Die Verkehrsführung entspricht weitgehend der heutigen Situation, wobei die Fahrfächen deutlich reduziert werden. Das Verkehrsregime sieht auf dem ganzen Platz eine Begegnungszone vor. Wie die barrierefreie und taktil erfassbare Ausgestaltung der Übergänge zwischen Fahrund Aufenthaltsfächen erfolgen soll, geht aus den Textund Planunterlagen nicht hervor. Hinsichtlich der Tramführung wurde die kostengünstigere Variante 2 gewählt. Es fehlen aber die geforderten Nachweise zu den Fahrgeometrien, den Trassierungselementen und den Haltekantenlängen. Die Tramhaltestelle und die Bushaltestelle sind sinnvoll und den Anforderungen entsprechend angeordnet worden.
Die Gesamtzahl der Veloabstellplätze ist nicht ausgewiesen, sie erscheint aufgrund der Planeinträge eher als zu gering. Die Veloabstellplätze vor dem Alpinen Museum, der Kunsthalle und in der Bernastrasse sind nur über die Fussverkehrsfächen erreichbar, sodass Konfikte vorprogrammiert sind. An der Kirchenfeldbrücke sind Beginn und Ende der Veloführung ungelöst.

Beleuchtung
Markante Stelenleuchten zeichnen das historische Strahlenkonzept auch nachts nach. Ergänzt wird diese Installation durch eher fexible Girlandenleuchten im Bereich der Baumanordnungen. Obwohl die Entwurfsverfasser von ausschliesslich nach unten gerichtetem Licht sprechen, ist ein diffuser Lichtanteil notwendig, um bei diesem Leuchtentypus die erwünschte Fernwirkung zu erzielen. Diese Tatsache führt zu einer gewissen, wenn auch überschaubaren Lichtverschmutzung.

Fazit
Die Lösung stellt einen gut durchgearbeiteten Beitrag dar, wie man das historische Strahlenkonzept heute weiter und neu interpretieren kann. Die Jury bezweifelt aber, dass die vorgeschlagene Leichtigkeit der räumlichen Gliederung sowie die lockere Anordnung der Bäume und des Mobiliars dem Platz eine räumliche Fassung und damit städtebauliche Erfahrbarkeit geben können und kritisiert insbesondere den gestalterisch aufwendigen Belag, der die städtebauliche Konzeption nicht unterstützt, sondern eher schwächt.