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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2019

Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes mit ZOB in Füssen

2. Preis

Preisgeld: 14.500 EUR

adlerolesch GmbH

Landschaftsarchitektur

Behnisch Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Freiraumkonzept
Das Freiraumkonzept entsteht aus dem Zusammenspiel einer großzügigen Platz¬gestaltung, adressbildenden Überdachungen, einer Verzahnung mit dem Park und der Stärkung der Wegeverbindung zur Innenstadt. Bahnhof und ZOB werden zu einem attraktiven Ankunfts- und Aufenthaltsort, an dem sich Füssen von seiner besten Seite zeigt.
Der neue Vorplatz fasst den Bahnhof, bildet einen angemessenen Rahmen und erleichtert durch die Betonung der Gebäudeeingänge die Orientierung für Be¬sucher. Der Platz führt ebenerdig und somit barrierefrei bis in den Park, wodurch die Fußwegeverbindung durch den Park in die Innenstadt attraktiver wird. Der Vorplatz wird bis auf die Busse vom Verkehr freigehalten; so entsteht für die Fuß-gänger ein sicherer, verkehrsberuhigter Bereich. Durch die Platzform sowie durch Baumpflanzungen in Platz- und Wegebereichen entsteht eine Verzahnung mit dem Von-Freyberg-Park.
Die Überdachungen fungieren als Wartebereiche, darüber hinaus jedoch auch als wettergeschützte Aufenthaltsbereiche im Platz- und Parkbereich. Holzdecks in verschiedenen Größen sind als Sitzgelegenheiten in geschützten und sonnigen Bereichen angeordnet. Sie nehmen die Formen der Überdachungen auf, sind mit und ohne Lehnen gestaltet und für alle Altersgruppen geeignet.

Konzept der Überdachung
Mit dem Vorschlag für die Überdachung sollen mehrere Funktionen erfüllt werden. Im Vordergrund steht dabei sicherlich den Reisenden einen angemessenen Schutz vor der Witterung anzubieten, der Sonne, dem Wind, sowie Regen und Schnee. Über diese Schutzfunktion hinaus kann durch die Anordnung der Überdachung ein identitätsstiftender Raum geschaffen werden, der das heterogene Umfeld im Bereich des Bahnhofs ordnen, strukturieren hilft und somit auch die Orientierung erleichtert. Die Dachstruktur ist aus der Stadt heraus und durch den Park erkennbar und wird damit zum Orientierungspunkt. Durch die gestalterische Anlehnung an die Silhouette der Berge werden die geneigten Dächer der modularen Konstruktion zum Wiedererkennungsmerkmal für Füssen. Durch die Möglichkeit auch für besondere Events wie kleine Märkte, oder Konzerte ein Dach zu bieten könnte diese Dachstruktur zum neuen Tor zu Füssen werden, das seine Gäste nicht nur freundlich empfängt, sondern auch in die Stadt einladen möchte.
In die Überdachung können alle dienenden Funktionen, wie Anzeigen, Beleuchtung und Automaten integriert werden und würden somit das Umfeld von weiteren diffusen Beschilderungen freihalten und dabei einen ordnenden Rahmen bilden. Das modulare System bestehend aus zwei Element ermöglicht eine vereinfachte, größtenteils vorfertigbare Produktion und kann beliebig erweitert werden. So könnte über mehrere Phasen im ersten Schritt nur die Überdachung der Busse realisiert werden und dann sukzessive erweitert werden.

Tragwerk und Konstruktion
Beim Tragwerk handelt sich um ein Faltwerk aus kreuzweise verleimten Brettsperrholzplatten. Die Platten haben eine Dicke von 16 cm und sind in den Graten mit Vollgewindeschrauben verbunden. Die Abmessungen der Platten sind so gewählt, dass jede Dreiecksplatte ohne Stoß ausgeführt werden kann. Auf diese Weise entsteht eine einfache und damit wirtschaftliche und robuste Konstruktion.
Um die hohen Schneelasten am Standort Füssen abzutragen wurden die Spannweiten klein gehalten. Die Geometrie des Faltwerks wurde statisch optimiert, gleichzeitig wurde darauf geachtet, dass die Dachneigungen so gewählt sind, dass eine Entwässerung über die Stützen möglich ist. Der konstruktive Holzschutz ist dadurch sichergestellt, dass keine sichtbaren Holzflächen der direkten Bewitterung ausgesetzt sind. Die Dachfläche sowie die äußeren der Witterung ausgesetzten Stützenflächen sind mit einer wasserführenden Dachabdichtung versehen, die dann bekleidet wird. Auf diese Weise ist die Dauerhaftigkeit des Holztragewerkes sichergestellt.
Das Tragwerk nutzt den regional verfügbaren Baustoff Holz und die süddeutschen Kompetenzen im Holzbau. Damit entsteht eine zeitgemäße Konstruktion, die nicht nur statisch, sondern auch ökologisch effizient ist.

Lichtkonzept
Die Beleuchtung wird durch nahezu unsichtbare Schlitze in jeder dritten Fläche der Untersicht hergestellt. Um die erforderliche Belichtung zu gewährleisten reicht eine Größe von 30mm x 300mm aus. Diese werden in die Holzkonstruktion integriert und an statisch unkritischen Stellen platziert. Damit ergibt sich eine direkte Beleuchtung für den Raum und zudem kann die helle Bodenfläche optimal genutzt werden, um durch die Reflexion die Untersicht der Dächer sanft zu beleuchten. Diese Art der Beleuchtung sucht nicht nach spektakulären Effekten, sondern gewährleistet eine angenehme Lichtstimmung für die Wartenden, frei von Blendungen und unangenehmen Schattenecken.
Das Konzept vermeidet daher auch die Verwendung von Uplights, um die entstehende Problematik von Schattenbildern durch laufende Personen, Lichtverschmutzung und kostenintensive Wartung zu vermeiden.
Am frühen Abend würde mit einer Lichtfarbe von 3000K gestartet, spätnachts wechselt diese in einen immer wärmeren Ton. Dabei spielt nicht nur die Thematik der Vermeidung von Lichtverschmutzung eine wesentliche Rolle, sondern auch die Berücksichtigung des menschlichen Tagesrhythmus. In direktem Anschluss an die Parkanalage ist mit dieser Beleuchtung die Schaffung eines insektenfreundlichen Lichts erfüllt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser entwickeln mit der Herausarbeitung der unterschiedlichen Qualitäten von Platz, Straße und Park eine klare und zum Ort passende städtebauliche Haltung. Zugleich bieten sie mit der skulptural gestalteten Dachlandschaft eine spannungsvolle, architektonisch bemerkenswerte Konstruktion an, die identitätsstiftenden Charakter für Füssen besitzt.
Der großzügige, barrierefrei gestaltete Vorplatz im Kreuzungsbereich wird durch die Verschiebung der Bushaltestellen nach Westen ermöglicht und bindet diese sehr gut an das Bahnhofsgebäude an. Zur Platzqualität trägt auch die Anordnung der Taxistellplätze entlang der Rupprechtstraße bei, da sie Fußgängern die Querung erleichtert. Die vorgeschlagene Dimensionierung und Materialität des Vorplatzes allerdings können ebenso wie die Lage der Platzkanten noch nicht gänzlich überzeugen. Die Straße ist funktional gestaltet und an den richtigen Stellen mit Querungen ausgestaltet.
Sehr positiv beurteilt das Preisgericht den Umgang der Verfasser mit dem Park. Sie gehen mit dem Baumbestand sensibel um und entwickeln eine gelungene räumliche Zonierung in gut dimensionierte Wiesenflächen und eine angemessene Erschließung. Das vom ZOB zurückversetzte Aktivitätenband bietet gute Spiel- und Aufenthaltsbereiche und ist angenehm in den Baumbestand eingebettet. Auch die Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen von Märkten sind schlüssig.
Das skulpturale Faltwerk ist von den Verfassern als modulares System aus kreuzweise verleimten Brettsperrholzplatten konsequent und konstruktiv überzeugend entwickelt. Das Preisgericht begrüßt den Einsatz von Holz als regionalem Baumaterial. Das Faltwerk zeichnet sich nicht nur durch eine zeitlose und hochwertige Anmutung aus, sondern bietet auch guten Witterungsschutz und integriert mühelos dienende Funktionen wie Anzeigen, Beleuchtung und Automaten. Das modulare System birgt in der Anordnung allerdings auch die Gefahr der Beliebigkeit und erschwert durch die Vielzahl von Stützen eine klare Orientierung im Raum.
Während die Überdachung der Bussteige an der Schnittstelle zum Park überzeugend positioniert ist, diskutiert das Preisgericht die Anordnung weiterer Module im Park, an der Rupprechtsstraße und im Westen des Bahnhofsgebäudes sehr kritisch. Sie wirken in ihren Ausmaßen überzogen, sind zu nahe an die Gebäude gerückt und beeinträchtigen die Zeichenhaftigkeit der Busüberdachung.
Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit liegt die Arbeit im mittleren bis oberen Bereich.
Insgesamt bieten die Verfasser einen zeitgemäßen und progressiven Beitrag für die Umgestaltung des Füssener ZOB, der sich durch seine hohe architektonische und landschaftsarchitektonische Qualität auszeichnet und hohen Wiedererkennungswert besitzt.
Rendering

Rendering

Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Schnitt

Schnitt

Pictogramm

Pictogramm