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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2019

Evariste-Mertens-Preis 2018 - Neugestaltung Freiräume Casino in Bremgarten (CH)

1. Preis

Preisgeld: 15.000 CHF

Sabrina Kessler

Landschaftsarchitektur

Roman Lüssi

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Im Kontrast zur dicht bebauten Altstadt von Bremgarten soll mit dem Beitrag Rolls Reuss ein starkes städtebauliches Pendant gebildet werden. Die Elemente um das Casino, den Fluss, das Restaurant “El Mosquito“ werden als „Ensemble“ gelesen, die gemeinsam unterschiedliche Qualitäten bieten. Das Gebäude des Casinos bildet gemeinsam mit dem als Auftakt funktionierende Reussplatz und einer Promenade längs des Flusses eine zusammenhängende Figur.

Der grossflächige offene Platzraum erinnert mit einer Kleinpflästerung an die Platzräume der Altstadt, er ist für die verschiedenen Veranstaltungen der Stadt flexibel nutzbar. Eine Linde markiert das Zentrum des Platzes und bildet einen Treffpunkt auf der Südseite des Flusses. Das Ufer zur Reuss ist mit einer durchgehenden Sitzmauer abgeschlossen. Punktuell eingefügte Holzdecks längs der Sitzmauer erinnern an die Flosse der Geschichte des Ortes als Umschlagplatz, sie formulieren dazu einzelne Aufenthaltsorte mit Blick auf und über den Fluss. Über die Pflanzung eines Krautsaums und die Integration von Totholzelementen soll der Uferbereich für Kleinlebewesen aufgewertet werden, gemeinsam mit einzelnen Strauchpflanzungen wird die Zone zwischen Promenade und der Reuss so sehr strukturreich gestaltet.

Die verlegte Badstrasse setzt sich in der Materialisierung von den umliegenden Räumen ab und soll als ordnendes Element zwischen den Nutzungen dienen. Über eine grosszügige Aussenterrasse setzt sich der Aussenbereich des „El Mosquito“ vom Strassenraum und vom Platzraum ab. Zur Wohlerstrasse fügt sich diese Terrasse in die Sockelmauer des Klosters St. Josef ein, zum Platzraum bildet eine Stufenanlage zusätzliche Sitzmöglichkeiten mit Blick auf den Platz und den Fluss im Hintergrund. Als Referenz zu den Ackerflächen, welche den südlichen Uferbereich der Reuss bestimmten, schlagen die Autoren vor, die Parkfelder des Parkplatzes zum Gebäude des Casinos um 90 Grad zu drehen. Zur Einbindung in den angrenzenden Flussraum sollen die Parkfelder über eine Chaussierung entsiegelt werden, im Übergang zum Grünraum des Klosters werden eine Rasenansaat und die Integration von Einzelgehölzen vorgeschlagen. Die flexible Nutzung des Platzes für den Lunapark soll weiterhin möglich sein. Über eine lange Sitzbank und eine Baumreihe setzt sich der Aussenbereich des Jugendzentrums vom Parkplatz ab und bildet eine Vorzone, die vom Jugendzentrum heraus bespielt werden kann.

Die Gesamtlesung des Beitrags als eine Art „Ensemble“ ist insgesamt schlüssig und führt in den einzelnen Projektteilen zu interessanten und dem Ort angemessenen Lösungen – es entstehen für Bremgarten 3 Bereiche mit eigenen Identitäten und Qualitäten. Auch die detaillierte Betrachtung der Schnittstellen der einzelnen Projektteile zueinander zeugt von einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Ort und der Suche, den Charakter und die Potentiale vieler Interessen abzubilden. Das Zusammenspiel zwischen dem offenen Reussplatz und der kleinteiligen mit den Holzdecks präzise formulierten Reusspromenade bildet eine Öffentlichkeit ab, die das Potential des Ortes aufzeigt. Die vorgeschlagene lange Sitzkante zum Fluss mit einem durchlaufenden Mauerelement schliesst den Platzraum zum Flussraum ab, sie erscheint nicht in allen Bereichen wirklich erforderlich. Die zentral platzierte Dorflinde funktioniert als Bild eines Treffpunktes südlich des Flusses, die Setzung und Ausformulierung ist bei einer Weiterbeauftragung zu prüfen. Die Aufwertung des Uferbereiches als Naturraum hat die richtigen Ziele, erscheint aber mit einer Vielzahl unterschiedlicher Massnahmen etwas überladen. Die Holzterrasse zum „El Mosquito“ bildet einen eigenen Raum der über den topographischen Versatz gleichzeitig eine angenehme Sichtbeziehung auf Platz und Fluss bietet.

Mit der Integration des Rückbereiches des „El Mosquito“ über eine Pergola und einen zusätzlichen Aussenbereich südlich des Reussbrückesaals entsteht keine Rückseite sondern eine Zone mit eigener Nutzung und Qualität. Die Entsiegelung des Parkplatzes und die Drehung der Parkfelder wirkt sich spürbar angenehm auf die Wahrnehmung der offenen Platzfläche auf. Mit der Einstreuung von einzelnen Gehölzen verschmilzt der Platzraum so mit den Grünflächen um das Kloster und die Stiftung St. Josef. Die Anordnung des Lunaparks auf der Platzfläche ist in Abstimmung mit der Baumpflanzung zu prüfen. Das ordnende Element der Badstrasse wird im Gesamtbild des „Ensemble“ kritisch gesehen. Zwischen Reussplatz und Aussenterrasse des „El Mosquito“ hat sie eher das Bild eines klassischen Strassenraums und weniger das Bild der hier angestrebten Begegnungszone – sie wird somit als eher trennendes Element wahrgenommen. Auch der nicht zwingend erforderliche Baumersatz der bestehenden Kastanien mit neuen Eschenpflanzungen wird in Frage gestellt.

Mit der Strategie einer Ensemblebildung mit 3 Freiraumelementen unterschiedlicher Charaktere überzeugt das Projekt Rolls Reuss 1. Die in den 3 Bereichen aufgezeigten Gestaltungsrichtungen unterstreichen das Potential der einzelnen Orte, bilden gleichzeitig im Zusammenspiel eine angemessene Setzung am südlichen Reussufer in Bremgarten. Der bereits im Wettbewerb gezeigte hohe Detaillierungsgrad weist auf eine intensive Auseinandersetzung mit der Aufgabe und dem Ort, schiesst in Bereichen ein wenig über das Ziel hinaus. Die Strategie des Ensembles und die Gestaltungsthemen der einzelnen Orte erscheinen jedoch im stark heterogenen Kontext stark und robust genug um als Gesamtprojekt für Bremgarten ein hohes Potential zu verwirklichen.