modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 08/2019

Konzeptvergabe Marienplatz in Darmstadt

1. Preis

Preisgeld: 31.000 EUR

netzwerkarchitekten GmbH

Architektur

GTL Landschaftsarchitektur Triebswetter, Mauer, Bruns Partner mbB

Landschaftsarchitektur

Implenia Development AG

Investor*in

Erläuterungstext

Inhaltliche Leitidee, Ansatz
Wir erkennen in der Neuentwicklung des Marienplatzes die Chance, in der Wissenschaftsstadt Darmstadt das Pilotprojekt eines tatsächlich zukunftsweisenden und nachhaltigen Quartiers zu entwickeln:
- in ökologischer Hinsicht v.a. durch Holzbauweise, eine gleichermaßen intelligente wie ressourcenschonende Gebäudetechnik und eine intensive Begrünung auf Freiflächen, Dächern und Laubengängen/ Balkonen/ Fassaden.
- in wirtschaftlicher Hinsicht v.a. durch ein hohes Maß an Vorfertigung (LEAN Philosophie).
- in sozialer Hinsicht auf der Basis einer qualitätvollen städtebaulichen wie architektonischen Konzeption, die nicht nur unterschiedliche Bewohnerzielgruppen adressiert und hierbei hohe Anteile auch geförderten Wohnungsbaus aufweist, sondern v.a. auch ein hohes Maß an Zugänglichkeit, Teilhabe und gemeinschaftlicher Aktivität für eine sozial wie demografisch vielfältige Bewohnerschaft vorsieht.

Städtebau
Der Marienplatz verbindet die Mollerstadt und die Darmstädter Innenstadt mit dem Verlagsviertel und dem Campus der Hochschule Darmstadt. Stadtseitig erhält diese wichtige Ost-West-Verbindung ihren Auftakt durch ein Hochhaus, von dem aus eine Promenade nach Westen führt.
Die Figur des Mäanders fasst das Baufeld in einer Figur von hoher Prägnanz. Im Erleben des Stadtraumes gliedert diese das Bauvolumen in maßstäbliche Teilabschnitte und ermöglicht zugleich die Ausbildung großzügiger offener Höfe, eine hohe Dichte, ein hohes Maß an Kompaktheit und eine wirtschaftliche Erschließung.

Bauliches Konzept, Erschließung, Freiraumgestaltung
Es entsteht eine Struktur, die von wechselseitig ausgerichteten Hof-/Platzräumen geprägt ist. Die Freiräume nördlich und südlich des Baukörpers unterscheiden sich. Die nach Norden gewandten Platzräume öffnen die Anlage zum Stadtraum – hier wird ein städtischer Charakter herausgebildet, unterstützt durch einen einheitlichen Belag und modernes Mobiliar: der zur Innenstadt gewandte urbane Platz im Nordosten zeigt sich durch einen Materialwechsel kontrastierend zur Umgebung. Hier finden sich locker verteilte Bäume, für die Gastronomie gibt es die Möglichkeit für Bestuhlung. Der Platz wird von einem Hochhaus bestimmt, dass sich in die bestehende Folge von Hochpunkten entlang des Straßenzuges Heidelbergerstraße/ Neckarstraße/ Kasinostraße einreiht und sich dem Staatstheater gegenüberstellt.
Die Hügelstraße wird durch eine Promenade begleitet, die den städtischen Platz im Osten mit dem Kitavorplatz im Westen verbindet. Die bestehende Allee aus Robinie-Baumreihe wird erhalten. Der Platz vor dem Kindergarten antwortet der gegenüberliegenden Kirche. Auch Anlieferung und Kurzzeitparken sind hier möglich.
Das Kita-Gebäude ist 2-geschossig organisiert (U3 im EG/ Ü3 im OG). Die Freiflächen der Kita finden sich auf der Südseite - eine Spielwand schafft hier größtmöglichen Bewegungsraum, wie auch auf der Dachfläche, die ebenfalls mit schattenspendender Vegetation, Teilüberdachungen und weiteren Spielmöglichkeiten ausgestattet werden kann.
Der zentrale, nach Süden geöffnete und intensiv begrünte Hof ist das gefasste und geschützte Herz der Anlage. Er ist durch Passagen mit den benachbarten Höfen/Plätzen verbunden und durch Bäume, Pflanz- und Rasenflächen gegliedert. Großzügige Spielelemente für Kinder laden zum entdecken und Spaß haben ein.
An den Südseiten der Teilabschnitte ETW/Baugruppen entstehen private Freiräume die durch Hecken eingefasst werden.
Die schon im Bestand südlich des Marienplatzes angelegte Struktur hochstämmiger Bäume intensiviert sich auf dem Baugrundstück bis in die Raumtasche des zentralen Hofes und verschattet somit im Sommer die nach Süden gerichteten Fassaden.

Nutzungskonzeption, Wohnungswirtschaftliche Aspekte, soziale Themen
Die Geometrie des Mäanders erlaubt seine einfache Einteilung in eigenständig erschlossene Wohnanlagen mit jeweils zugeordneten Grundstücksteilen, wodurch die entsprechende Realteilung vorbereitet wird.
Vorgesehen sind folgende Teilanlagen:
 frei finanzierter Wohnungsbau als ET-Wohnanlagen bzw. mögliche Baugruppen in den südlichen Riegeln
 ETW im Hochhaus
 geförderter Wohnungsbau und Atelierwohnen in den weiteren Abschnitten des Mäanders, außer:
 Kindergarten auf ausparzelliertem Grundstück im Nordwesten.
Hierbei bleibt die Gesamtanlage zusammenhängend durchwegt bzw. zugänglich, sodass einer sozialen Segregation entgegengewirkt wird.
Jede der Wohnanlagen weist einen Mix unterschiedlicher Wohnungstypen/-größen auf. Alle Wohnungen sind über Aufzüge barrierefrei erschlossen. Auch solche Wohnungen, die nach HBO nicht barrierefrei sein müssen, sind hinsichtlich der Durchgangsbreiten so ausgelegt, dass sie mit einem Rollator begeh- und nutzbar sind. Insofern wird sowohl dem demografischen Wandel wie auch unterschiedlichen Lebenssituationen Rechnung getragen.
Das Wohnraumangebot soll durch verschiedene soziale bzw. gemeinschaftliche Angebote flankiert werden. Eine zentrale erdgeschossige CoWorking-Fläche an der Promenade Hügelstraße ermöglicht den Anwohnern freiberufliches gemeinschaftliches Arbeiten in unmittelbarer Wohnungsnähe. Die begrünten Laubengangerschließungen sehen Flächen der Begegnung vor – ihre Vertikalerschließungen führen bis auf die Dachfläche, auf der Angebote des ‚Urban Gardening‘ in Hochbeeten im Wechsel mit schattigen Pavillions einen vielfältigen Raum gemeinschaftlicher Nutzung und sozialer Begegnung entstehen lassen.
Die städtische Kita im Westen ergänzt das Angebot sozialer Infrastruktur ebenso, wie der am ostseitigen Stadtplatz vorgesehene Pflegedienst (mit Tagespflege). Dort findet sich an der Schnittstelle zum städtischen Raum auch eine Mobilitätsstation, eine Bäckerfiliale und am Fuße des Hochhauses ein prominent gelegenes, Restaurant mit Bar und Außenbewirtschaftung.

Regenwasserbewirtschaftung
Der Anteil an versiegelten Flächen wird geringgehalten. Anfallendes Regenwasser wird wo möglich in benachbarten unversiegelten Flächen versickert. Hierfür weist auch die Tiefgarage im Bereich der Plätze nicht unterbaute Bereiche auf, um Bodenkontakt für Versickerung und die Pflanzung große Bäume zu ermöglichen (Stichwort ‚Schwammstadt‘).
Die Gründächer/Pflanzfläche für ‚Urban Gardening‘ dienen als Speichermasse. Überschüssiges Regenwasser aus Dächern und Freiflächen wird gesammelt und dient der Bewässerung der Freiflächen und dem ‚Urban Gardening‘.

Konstruktion, Wirtschaftlichkeit, Holzbau
Während Tiefgeschoss und Erdgeschoss im Wesentlichen als Stahlbetonkonstruktionen erstellt werden, sind die Obergeschosse (mit Ausnahme des Hochhauses) als Holzkonstruktionen vorgesehen – Vorteile:
- Wir besitzen das Know How und die technischen Fähigkeiten die dargestellte Wohnstruktur als Holzbau bzw. Holzhybrid zu erstellen.
- C2C. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff der auch regional bezogen werden kann. Holz hat eine ausgeglichene CO2 Bilanz.
- Holz wird im Innenraum aufgrund seiner physikalischen und optischen Eigenschaften als behaglich empfunden.
Und nicht zu Letzt:
- Holzbau gehört zur Tradition unseres Unternehmens!
Wir streben hierbei einen hohen Grad der Vorfertigung nach unserem Prinzip des „modularen, elementaren und seriellen Planens und Bauens“ an – die Vorteile:
- Wir erzeugen Wiederholungseffekte und vermeiden im LEAN Sinne Verschwendung durch den Einsatz gleicher Module wie z.B. Bäder und Küchen, gleiche Elemente wie Treppenhäuser, Außen- und Innenwände, gleiche Serien wie Ein- und Ausbaubauteile.
- Wir verlagern witterungsabhängige Arbeiten in eine witterungsUNabhängige Umgebung und erhöhen somit die Qualität der Arbeitsumgebung und der handwerklichen Ausführung.
- Das im Bauwesen üblicherweise enorme Abfallvolumen wird erheblich reduziert.
- Die eigentliche Bauzeit kann je nach Baukörper und Logistikmöglichkeiten um ein Vielfaches gegenüber der heute noch häufig üblichen Bauweise verringert werden und führt u.a. auch zu einer Verringerung von Baulärmemissionen.

Klima und Energie, Gebäudetechnik
Das energetische und gebäudetechnische Konzept gründet auf der Nutzung regenerativer Energie in Verbindung mit einer intelligenten Erzeugung, Vernetzung, Nutzung und Speicherung von Wärme und Strom.
Basis der Konzeption ist die Nutzung der versorgerseitig geplant künftig bereitgestellten regenerativen Fernwärme aus dem Darmstädter Müllheizkraftwerk mit einem Primärenergiefaktor von 0,14. Die Erfüllung des Erneuerbaren-Energie-Wärmegesetz (EEWärmeG) ist somit sichergestellt.
Der Fokus liegt nicht auf der absoluten Minimierung von Transmissionswäme- und luftwechselbedingten Verlusten, bzw. der unbedingten Einsparung von Heiz- oder Kühlenergie, sondern auch auf der regenerativen Erzeugung der benötigten Energie, deren intelligenter Nutzung und Speicherung, wie auch einer intensiven Begrünung in Verbindung mit einer wirksamen Verschattung der Fensterflächen.
Die Lüftung erfolgt durch Wohnungslüftungssysteme nach DIN 1946-6 in Verbindung mit DIN 18017-1, d.h. zentraler Lüfter im Bad (aus dem Wohnraum feuchtesensorgesteuert) und Zuluftnachströmung über die Fassaden.
Im Ergebnis bleiben die technischen Anlagen bzw. Netze für Heizung, Kühlung und Lüftung einfach, preiswert und wartungsarm.
Auch die Konstruktionen der Gebäudehülle bleiben einfach, robust, und somit preiswert und dauerhaft. Bereits mit üblichen Dämmstär-ken kann bedingt durch die kompakte Bauform in Holzbauweise i.V.m. der Nutzung von Fernwärme ein KfW55-Standard erreicht werden.
Das Angebot der Fernwärme ermöglicht die Nutzung von Schichtenspeichern, welche die Wärme auf hohem Niveau aufnehmen und für die anschließende Nutzung auf unterschiedlichen Niveaus für Warmwasser (Zirkulationsleitungen) und Heizung bereitstellen.
PV-Anlagen auf den Dachanlagen können im Sinne von Mieterstromanlagen bereitgestellt werden. Der erzeugte Strom kann der direkten Nutzung in den Wohnanlagen dienen, darüber hinaus dem Betrieb der Pumpen und Ventilatoren, der unterstützenden Erzeugung von Wärme/Kälte, der Mobilitätszentrale usf.

Mobilitätskonzept
Alle geforderten Stellplätze für PKW sind in einer Tiefgarage vorgesehen. Das Quartier ist somit oberirdisch autofrei.
Für Fahrräder sind oberirdisch und wohnungsnah großzügige, abschließbare Abstellbereiche vorgesehen - ein kleinerer Teil befindet sich im Bereich der Tiefgarage. Am Stadtplatz finden sich Stellflächen für öffentliche Fahrradmietsysteme.

Pilotprojekt
Gerne möchten wir in Zusammenarbeit mit der Stadt Darmstadt die hier umrissene Konzeption am Marienplatz zu einem zukunftsweisenden Pilotprojekt fortentwickeln, bspw.:

- Bereitstellung eines quartiersbezogenen E-Car/E-Bike-Sharing-Angebotes
gespeist durch Mieterstrom-PV
Anreiz zu Verzicht auf Priv.-KFZ
- Stellplatzangebote nur für Elektroautos
- Ladeanschluss an allen Stellplätzen
- Nutzung der Fahrzeugbatterien als stationärer Speicher der Wohnanlage - ‚Quartiersspeicher‘
enorme Reduktion der elektrischen Anschlussleistung
Stabilisierung des Stromnetzes angesichts künftig deutlich höherer Anteile erneuerbaren / fluktuierender Energie
- Quartiers-Energie-Management zur Steuerung Energieverbrauch abhängig von Energieangebot (‚Digitalhauptstadt Darmstadt‘)
- Verbrauchsmonitoring der Nutzer über eine Quartiers-App - Bereitstellung öffentlicher Mietfahrradstationen
- Jahreskarte ÖPNV für Quartiersbewohner (vergleichbar mit Job-Ticket oder Hessenticket)
- Großer Regenwasserspeicher zur Entlastung des Abwassernetzes, Naturpool
- Übergreifende Neugestaltung Quartieranschluss an Heidelberger Straße mit Priorisierung Fußgänger und ÖPNV-Nutzer (Prinzip gleichberechtigter Nutzung / Vorbild Frankfurter Straße, Merck).

Nachhaltige Innovation kann so in bisher nicht realisierter Vollständigkeit und Konsequenz umgesetzt werden!

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Leitidee des Entwurfes ist die bewusste Setzung einer offenen Baustruktur zwischen der Mollerstadt, der HDA und den südlich angrenzenden Quartieren. Dadurch entsteht ein insgesamt großzügiger und von allen Seiten zugänglicher Freiraum, in dem der vorhandene Grünbestand noch erweitert werden kann und eine Abfolge attraktiver unterschiedlicher Platz- und Grünräume gebildet wird. Die mäandernde skulpturale eigenständige Gebäudestruktur wird an der Heidelbergerstraße durch einen 15geschossigen eigenständigen Hochpunkt akzentuiert.
Die Kita als überzeugendes Gegenüber zur Kirche ist über die urban gestaltete Promenade mit dem Hochhaus verbunden, an der richtigerweise weitere Erdgeschossnutzungen wie Bäcker, Sozialstation etc. angeordnet sind und somit zu einem lebendigen Quartier beitragen. Die Südseite der Anlage ist konsequent mit ruhigen privaten Gartenflächen, einem grünem Hof und einem Spielplatz ausgerichtet.
Dieser städtebauliche Ansatz führt zu einer hohen Wohn- und Aufenthaltsqualität und charakteristischen Adressbildung. Besonders das frei stehende Hochhaus kann hier überzeugen. Kontrovers diskutiert werden die Ausrichtung und die Qualität der nach Norden orientierten Höfe. Hier sind teilweise umfangreiche Fahrradabstellanlagen dargestellt, während bei der Kita notwendige Freiflächen zu gering bemessen sind.
Das konstruktive Konzept mit einem hohen Anteil an modularer Holzbauweise überzeugt durch eine durchdachte und nachhaltige Systematik. Besonders gewürdigt werden die realistisch dargestellten Möglichkeiten der Dachgartenkultur und der als „Schwammstadt“ vorgesehenen Pflanzkonzeption über der Tiefgarage. Das Brandschutzkonzept mit den dargestellten 2. Rettungswegen erscheint schlüssig.
Bis auf die wenigen, gezielt gesetzten Erdgeschossnutzungen im Hochhaus und entlang der Promenade ist eine Wohnnutzung auf allen Ebenen in differenziert dargestellten Wohnungstypen vorgesehen. Dabei entstehen durch die mäandernde Gebäudeform unterschiedlichste qualitätsvolle Wohnungsangebote mit großzügigen Außenraumbezug, bei denen jedoch die zu einem großen Teil nach Westen ausgerichtete Laubengangerschließung kritisiert wird.
Die Aussagen zum Energiekonzept greifen zu kurz. Eine innovative und über die ENEV hinausgehende Idee ist nicht erkennbar. Die Möglichkeiten zur Gebäudebegrünung werden besonders an den Laubengängen, den Grüninseln im Hochhaus, den Dachgärten und der TG-Begrünung detailliert dargestellt.
Die konkrete Gestaltung des Seniorenwohnens an der Heidelberger Straße ist im Erdgeschoss nicht überzeugend vorgetragen. Die KITA ist als eigenständige Nutzungseinheit unabhängig realisierbar.
Insgesamt überzeugt die Arbeit durch die für diesen Ort angemessene bauliche Form und Dichte bei gleichzeitig gut durchlüfteten und zugänglichen Freiräumen.
Lageplan

Lageplan

Visualisierung, Neuer Hochpunkt in der Reihe

Visualisierung, Neuer Hochpunkt in der Reihe

Visualisierung, Vis-a-Vis zum Staatstheater

Visualisierung, Vis-a-Vis zum Staatstheater

Visualisierung, Kirche + Kita

Visualisierung, Kirche + Kita

Visualisierung, Passage ins Quartier

Visualisierung, Passage ins Quartier

Visualisierung, Atelier-Hof an der Promenade

Visualisierung, Atelier-Hof an der Promenade

Visualisierung, Wohnen im Grünen

Visualisierung, Wohnen im Grünen

Visualisierung, Gemeinschaftsflächen Dach / Urban-Gardening

Visualisierung, Gemeinschaftsflächen Dach / Urban-Gardening

Visualisierung, Bauliches Konzept

Visualisierung, Bauliches Konzept