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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2019

Konzeptvergabe Marienplatz in Darmstadt

Anerkennung

Preisgeld: 3.000 EUR

EISELE STANIEK + architekten + ingenieure

Architektur

RAIBLE . LANDSCHAFTSARCHITEKTEN + INGENIEURE AKRP

Landschaftsarchitektur

INDUSTRIA – Bau und Vermietungsgesellschaft

Investor*in

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf nimmt mit einer fünfgeschossigen Blockrandbebauung die Typologie der Mollerstadt auf und vermittelt zu den Raumkanten des Staatstheaters. Die großmaßstäbliche Setzung wird gegliedert durch integrierte Punktbauten im Blockinneren und einen neuen Baustein als Abschluss zur Hindenburgstraße. Ein spannendes Spiel mit den Maßstäben interpretiert die Kleinteiligkeit der umgebenden Wohnbebauung neu und verspricht mit den Hochpunkten, die zwischen V-VII Geschossen im Westen und VII-X Geschossen in der Blockrandbebauung angeboten werden, zugleich eine Anpassungsfähigkeit in der weiteren Konzept-Entwicklung.
Diese mögliche Aufstockung der Punktgebäude wird vom Preisgericht sehr kritisch hinterfragt. Mit Blick auf die Größe des Innenhofes und den Kontext der Nachbarschaft ist eine weitere Verdichtung nicht wünschenswert. Auch wenn das Spiel in der Höhenentwicklung in der strengen städtebaulichen Setzung grundsätzlich begrüßt wird, so ist insbesondere das höchste Punktgebäude zu hinterfragen, das in der Achse zum Staatstheater an die Heidelberger Straße adressiert ist.
Die Gliederung der Großform in 15 einzelne Häuser ist in den Fassaden abzulesen. Die unterschiedliche Konstruktion und Materialwahl, in dem eine Holzbauweise für den Blockrand und Stahlbetonbauweise für die Hochpunkte gewählt wird, sind nicht nur dem Brandschutz geschuldet, sondern wesentlicher Bestandteil des Gestaltungskonzepts. Der Hinweis auf eine gewünschte Gliederung in unterschiedliche Fassaden- und Haustypen ist im strengen Konzept des Vorentwurfs allenfalls zu erahnen. Dies ist auch ein Hinweis für die Einbindung der Kindertagesstätte: Die Kita ist im Südosten über zwei Geschosse in den Block integriert ist und ihren Freiraum nach Süden öffnet. Das freistehende Punkthaus im Westen greift über das Wettbewerbsgrundstück hinaus und ist ein schlüssiger Baustein im Stadtraum, aber auch ein schwergewichtiges Gegenüber zur Friedenskirche.
Im Blockinneren entsteht ein zusammenhängender grüner Innenhof mit gemeinschaftlicher Nutzung im Hof- und Gartengeschoss auf zwei Ebenen. Eine umfassende Gestaltung mit Wasserbecken, begrünten Flächen, Schaukeln und Hängematten und die Erschließung des Hofes über Sitzrampen und Treppenanlagen bestimmt das Hofinnere. Über die zwei Ebenen hinweg wird die räumliche Tiefe im Innenhof genutzt, um pointierte Aufenthaltsqualitäten zu bieten und damit die Nachbarschaft im Block zu stärken. Öffentlich zugänglich wird dieser Hof über vier Zugänge und den höher gelegenen Weg der Ost-West-Verbindung.
Der Hof gewinnt seine besondere Qualität durch den Verzicht auf die Tiefgarage und die großflächige Versiegelung. Damit sind auch die Setzung großkörniger Bäume und das Angebot von Wasser- und Retentionsbecken möglich. Die bunte Gestaltung des Innenhofs kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Größe des Innenhofes durch seine Enge und Geschlossenheit selbst ohne die Option der Aufstockung begrenzt ist. Im Gegenteil, das Gegenbild des paradiesischen Innenhofes im strengen Blockrand wird durch die vielen Erschließungs- und Gestaltungselemente überlagert.
Überzeugend ist allerdings das Parkierungskonzept und die Erschließung der Fahrradstellplätze über die Hindenburgstraße. Geschickt wird so die Topographie genutzt, um natürlich belüftete und belichtete Parkflächen auf der unteren Ebene anzubieten. Die zentrale Fläche für Fahrradstellplätze kann bei veränderten Anforderungen an die Mobilität auch noch innerhalb der Fläche der PKW-Stellplätze erweitert werden. Auch Optionen der Umnutzung sind damit möglich. Der gestalterischen Herausforderung, die Parkplätze gegen den Innenhof abzugrenzen, wird durch einen Filter mit vertikaler Begrünung begegnet, der zugleich die Verbindung zur zweiten Innenhofebene herstellt.
Urban Gardening wird auf den Dächern des Blockrandes angeboten, die als sogenannte Esplanade für die Bewohnerinnen und Bewohner zugänglich sind. Die Gliederung der privaten Terrassen und der öffentlich zugänglichen Gemeinschaftsgärten ist überzeugend gelöst und in der Zonierung gut abgegrenzt.
Der kleine Kronendurchmesser der Baumreihe an der Hügelstraße lassen auf eine Neupflanzung schließen. Es wird bedauert, dass auf die bestehenden Robinienkeine Rücksicht genommen wurde und keine Freiraumqualität an der Hügelstraße entwickelt wurde.
Gewerbenutzungen werden an der Heidelberger Straße und an der Hindenburgstraße angeboten. Der Entwurf bietet darüber hinaus ein marktgängiges Wohnungsgemenge mit 45% geförderten Wohnungen mit Zwei- bis Vier-Spännern im Blockrand und Sechs-Spännern in den Punktgebäuden an. Die BGF und die städtebaulichen Kennzahlen liegen leicht unter dem Durchschnitt aller eingereichten Wettbewerbsarbeiten. Die Option der Aufstockung ist dabei jedoch nicht berücksichtigt.
Es wird ein ganzheitliches Gebäude- und Energiekonzept angeboten, das auf PV, Solarthermie und den Einsatz umweltschonender Baustoffe begründet ist. Innenhof ist durch die Möglichkeit der Baumpflanzungen und die Wasserflächen ebenso wie die begrünten Dachflächen geeignet, um zur Verbesserung des Mikroklimas beizutragen. Die Regenwassersammlung dient zugleich zur Bewässerung und Reinigung. Die Anforderungen des Brandschutzes sind nicht vollständig erfüllt.
Der vorliegende Entwurf besticht durch sein innovatives Konzept und seine kluge Erschließung. Die städtebauliche Setzung ist allerdings nicht ohne eine hohe architektonische Qualität und Detailgenauigkeit in der Umsetzung zu denken, die der Strenge des Gesamtkonzepts entgegenwirkt.