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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2019

Neubau der Kindertagesstätte „Märchenwald“ in Steinau an der Straße

Skizze

Skizze

3. Preis

Preisgeld: 6.180 EUR

o5 Architekten BDA - Raab Hafke Lang

Architektur

Erläuterungstext

Leitidee / Ausgangssituation
Die Stadt Steinau an der Strasse beabsichtigt auf dem Areal des bestehenden Kindergartens in der Brüder-Grimm-Strasse den Neubau der Kindertagesstätte Märchenwald. Es gilt ein bauliches Konzept zu entwickeln, dass sowohl der Nachnutzung des Bestandsgebäudes und ehemaligen Erholungsheims als Nachmittagsbetreuung für Schulkinder der Brüder-Grimm-Schule, den neuen Gebäuden der Kindertagesstätte mit Räumen für U3 und Ü3 Kindergruppen und Gemeinschaftsräumen mit den dafür entsprechend differenzierten Freiräumen identitätsstif-tend Rechnung trägt. Die entwurfsleitende Idee resultiert einerseits aus einer Baumassengliederung und Positio-nierung, welche den bestehenden Flügelbau ergänzt und als Gebäudeensemble eine Art Campus bildet. Auf der anderen Seite ist die funktionale Gliederung der Nutzungen Kinderkrippe und Kindergarten mit den zugeordneten Freiflächen sowie den gemeinschaftlichen Nutzungen wie Mehrzweckraum und Speiseraum als Veranstaltungsort und identitätsstiftende Mitte strukturbildend und Freiflächen gliedernd.

Gliederung der Baumassen / Freiraum
Kindergarten und Krippe als jeweils eigenständige und in Ihrer Materialität und Ausdruck verwandte Gebäude bilden gemeinsam mit dem bestehenden Flügelbau ein bauliches Gesamtensemble. Die Positionierung der Bau-körper gliedern und differenzieren dabei sinnfällig den Freiraum.
Das Areal der Kindertagesstätte wird von Norden über die Altstadt erschlossen. Auf der vorgelagerten, befestig-ten Fläche erfolgt die Parkierung für Gäste und Mitarbeiter. Ferner ist hierüber, wie bisher auch, das Nachbar-grundstück anfahrbar. Von hier aus gelangt man über zwei Wege auf das Gelände der Kindertagesstätte. Zum einen barrierefrei über den verlagerten Weg entlang der Altstadtmauer auf das obere Niveau oder zum anderen auf geradem Wege vorbei am Zugang zu Kinderkrippe über eine Freitreppe auf das obere Niveau der Freiflächen.
Das Gebäude der Kinderkrippe ist auf dem nördlichen Baufeld positioniert und vermittelt, entsprechend der natür-lichen Topografie, zwischen dem Niveau der Altstadt sowiedem am Hang gelegenen Bestandsgebäude und dem Kindergarten. Im Gartengeschoss befindet sich mit eigenem Zugang die Kinderkrippe. Im Erdgeschoss sind die Gemeinschaftsflächen mit Mehrzweckraum und Speiseraum positioniert. Mit räumlichem Bezug zu den oberen Freiflächen und direkt gegenüber des Bestandsgebäudes gelegen, entsteht hier eine neue, identitätsstiftende Mitte. Perspektivisch wäre eine behutsame Öffnung und Zugänglichkeit des Bestandsgebäudes nach Norden sinnvoll und birgt Potentiale. So wäre der zwischen den Gebäuden gelegene Freiraum als Veranstaltungsfläche und Ort der Begegnung denkbar. Eine zusätzliche Nutzung der Gemeinschaftsflächen sowie des Speiseraums durch die Nutzung der Schulkinderbetreuung böte darüber hinaus weitere Synergien.
Das Gebäude des Kindergartens befindet sich in räumlichem Bezug zur Kinderkrippe und dem Bestandsgebäude auf dem südwestlichen Baufeld und vermittelt mit seiner Positionierung zu denen im Süden gelegenen, großen Freiflächen des Märchenwalds. Die Kindergartengruppen sowie die altersübergreifende Gruppe befinden sich jeweils paarweise mit direktem Zugang in den Freibereich im Erd- und Obergeschoss.


Gestalt / Funktion / Raum
Das Raumprogramm der Ü3 Gruppen ist in einem eigenständigen Gebäude zweigeschossig organisiert. Die Er-schließung erfolgt über die vorgelagerte Freifläche mit Aktions- und Spielangeboten in einen linearen Erschlie-ßungsbereich. Dieser liegt in der Gebäudekubatur leicht zurückversetzt und ist somit gestaltprägend und sinnfällig ablesbar. Als Spielflur ausgebildet gelangt man von hier über eine Treppe oder den Aufzug in das Obergeschoss und jeweils in die darin angeordneten Garderobenbereiche der Gruppenräume. Jeweils zwei Gruppenräume be-finden sich mit den zugeordneten Nebenräumen auf den Geschossen. Jeder Gruppenraum verfügt über einen flexibel schaltbaren Schlafraum sowie einen gemeinsam zugeordneten Intensivbereich. Der Zugang zur Frei- und Außenspielfläche erfolgt im Erdgeschoss direkt aus dem Gruppenaum und im Obergeschoss über eine Garten-treppe, die gleichzeitig als zweiter Rettungsweg dient.

Die Flächen der Kinderkrippe befinden sich im Gartengeschoss des nördlichen Gebäudes. Dabei sind auch hier alle Gruppenräume sowie der Intensivraum und die Schlafräume mit direktem Bezug zur Frei- und Außenspielflä-che angeordnet. Flexibel lassen sich auch hier die Raumbereiche trennen oder miteinander verbinden. Die Neben-räume binden sich in einer an den Spielflur angelagerten Nebenraumschiene. Die dienenden Räume und techni-schen Funktionen befinden sich im eingegrabenen Gebäudeteil und stellen somit einen funktionalen Rücken dar.


Die Erschließung der Kinderkrippe erfolgt über einen direkten Zugang mit Adressbildung von Westen. Ferner be-steht eine innenräumliche Verbindung über einen zentralen zweigeschossigen Innenraum mit Treppe in das dar-über gelegene Erdgeschoss mit den sich dort befindlichen Gemeinschaftsfunktionen. Neben der funktionalen Verbindung von Foyer im Erdgeschoss und Spielflur im Gartengeschoss entsteht so ein qualitätsvoller und identi-tätsstiftender Innenraum, der seine Atmosphäre und Belichtung über das zentrale Oberlicht erfährt.
Der Eingang in das Gebäude auf Niveau des Erdgeschosses ist ebenfalls in der Gebäudekubatur zurückversetzt. Die Geometrie des Eingangsbereiches nimmt dabei Bezüge aus dem Freibereich auf und führt diese ins Innere des Gebäudes. Im Übergangsbereich von Innen nach Außen befinden sich neben dem Windfang auch ein Bereich für Kommunikation und Elterngespräche.
Über das Foyer im Erdgeschoss werden alle Funktionen und Raumbereiche des Gebäudes erschlossen. Zur Alt-stadt orientiert und mit Fensteröffnungen die gezielte Ausblicken ermöglichen, sind hier der Mehrzweck- und Speiseraum mit den dazugehörigen Nebenräumen angeordnet. Durch eine flexible Trennwand lassen sich die beiden Räume funktional und räumlich zu einem großen Raum miteinander verbinden der sowohl größere Veran-staltungen als auch Bewegungsangebote ermöglicht. Ferner befinden sich im Erdgeschoss die Raumbereiche für das Personal und die Kindertagesstättenleitung.

Materialien / Konstruktion
Die Gestalt der Fassade wird durch ortstypische, langlebige, alterungsfähige Materialien und Bauteile – Holz, Sichtbeton und Holz-Alu-Fensterelemente - geprägt. Die mehrschichtige Holzfassade besteht aus tragenden Mas-sivholzwandelementen und einer davor angebrachten, hinterlüfteten, vertikalen Holzverschalung. Die Verschalung aus Lärchenholz erfolgt unbehandelt so dass eine würdevolle und der Umgebung angemessene Alterung der Fas-sade zu erwarten ist. Die Verschattung der Fensterelemente und Verglasungen erfolgt mittels vorgelagerter Holz-schiebe- und Klappläden und stellen ein charakteristisches Gestaltungsmerkmal dar.
Im Inneren prägen vorzugsweise sichtbare, „natürliche“ und „warme“ Oberflächen aus Beton (Kerne), Holz, Glas und Holzwerkstoff (Ausbau) sowie Zementestrich und Linoleum (Boden) die Räume. Das Gebäude ist in Massiv-holzbauweise konzipiert. Durch die klar strukturierte, zweigeschossige Gebäudestruktur ist eine Ausführung in massiver Holzelementbauweise möglich. Ein Stützenskelett sorgt an den nötigen Stellen für räumliche Flexibilität und wird zusätzlich über massive Kerne ausgesteift. Die Massivholzdecken lassen sich als Fertigteilelemente vorfertigen und ausbilden. Die Gründung ist abhängig von einer Baugrunduntersuchung linear oder flächig vorge-sehen. Das klar strukturierte Tragwerk bietet in allen Bereichen einen hohen Vorfertigungsgrad mit dem daraus resultierenden zeitlich und wirtschaftlich optimierten Bauablauf.

Die Technikzentrale (Hausanschlüsse, Heizung) liegt im Gartengeschoss unterhalb der Küche. Die Lüftungsinstal-lationen befinden sich im Dachzwischenraum. Das Energiekonzept für Wärmebedarf und Warmwasserbereitung sieht eine Kombination von Bedarfsminimierung und Wärmeversorgung durch Kraft-Wärme-Kopplung oder rege-nerativen Energieträgern unter Berücksichtigung der örtlichen Situation, der Investitions- und Unterhaltskosten vor. Zur Reduzierung des Heizwärmebedarfs im Betrieb werden alle Außenbauteile in mind. EnEv-Standard und gemäß der Vorgaben des Stadt Steinau ausgeführt. Um Verluste im Winter zu reduzieren und Überhitzung im Sommer zu vermeiden, ist der Fensterflächenanteil der Fassade optimiert. Der sommerliche Wärmeschutz wird über einen außenliegenden Sonnenschutz (Klapp-Schiebeläden) gewährleistet. Zur Reduzierung der Lüftungs-wärmeverluste und zur Verbesserung der Luftqualität verfügen alle Gebäudeteile über zentrale Zu- und Abluftan-lagen mit Wärmerückgewinnung. Raumbereiche, die eine hohe Belegungsdichte aufweisen, werden mechanisch be- und entlüftet. Die Zuluft wird vorkonditioniert z.B. Erdkanal und kann über ein Nachheizregister ggf. raumwei-se weiter erwärmt werden. Die Übergabe in den Raum erfolgt über die Schrank- und Ausbauelemente oberhalb der Sanitärkerne (Garderobe, Wandschrankelemente, Lagerbereiche). Zusätzlich wird das Gebäude durch Nacht-luftspülung gekühlt. Der Strombedarf des Gebäudes kann ggfs. über eine Photovoltaikanlage auf den geneigten Dachflächen als in die Bedachung integrierte Systeme eingebunden werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser teilen das Raumprogramm in zwei separate, zweigeschossige Gebäude auf, die zusammen mit dem Altbau ein Ensemble bilden. Während im westlichen Baukörper der Kindergarten untergebracht ist, nimmt das nördliche Gebäude im unteren, hangeinbindenden Geschoss die Kinderkrippe auf. Ein direkter Zugang in den U3-Außenbereich ist gegeben. Darüber liegen Mehrzweckraum, Speiseraum und Verwaltung mit dem Leitungsbüro an zentraler Stelle, die über einen direkten Zugang vom oberen Hangniveau verfügen.

Die eingerückten Eingänge beider Häuser bilden zusammen mit den Eingängen in den Altbau ein schönes Gegenüber und binden diesen in eine zukünftige Nutzung ein. Eine Erschließungsachse im Außenbereich verbindet alle Baukörper, ermöglicht Durchblicke und schafft Durchlässigkeit.

Die flachgeneigten, metallgedeckten Walmdächer der Holzbauten korrespondieren mit der Dachlandschaft des Bestandes und der umgebenden historischen Stadt. Oberlichter belichten Treppenräume, Foyer und Spielflure.
Beide Gebäude nutzen die Topografie und binden die Baumassen sehr geschickt in das Gelände ein. Die Arbeit zeugt von hoher Sensibilität in der architektonischen Durcharbeitung und schafft ein eindrückliches Ensemble mit eindeutig definierten Freiräumen.

Trotz oder gerade wegen der mutigen und teilweise kontrovers diskutieren Entscheidung einer Unterbringung in zwei getrennten Baukörpern ohne bauliche Verbindung sind alle Funktionen folgerichtig und strukturell klar organisiert.

Bedingt durch die Aufteilung des Raumprogramms in zwei Gebäude entstehen lange Wege zwischen Kindergartengruppen und Speiseraum. Wünschenswert wären Einbauküchen in den Gruppenräumen für Frühstück und kleinere Mahlzeiten.

Die Flucht- und Rettungswege sind prinzipiell nachgewiesen, allerdings fehlt beim nördlichen Gebäude, insbesondere durch den offenen Luftraum der Treppe, ein zweiter baulicher Rettungsweg für Speise- und Mehrzweckraum. Die Barrierefreiheit ist für beide Häuser nachgewiesen.

Die Kenndaten der kompakten Baukörper liegen knapp unter dem Mittelwert und lassen eine wirtschaftliche Realisierung erwarten. Die Umsetzbarkeit im laufenden Betrieb ist gut möglich. Die planungs- und baurechtliche Umsetzbarkeit ist mit kleinen Korrekturen grundsätzlich gegeben.

Die vorgeschlagene Anlagentechnik in Verbindung mit hochwertigen Gebäudehüllen, lassen ein Gebäude von hoher energetischer Effizienz erkennen. Die gewählte Holzbauweise wird vom Preisgericht begrüßt.

Insgesamt liefert der Entwurf einen hochwertigen Beitrag und bietet eine angemessene Antwort für die gestellte Aufgabe.
Lageplan

Lageplan

Grundriss

Grundriss

Ansichten | Schnitte

Ansichten | Schnitte

Detail

Detail

Konzept

Konzept