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Workshopverfahren | 05/2019

EDGE ElbSide: Neue Firmenzentrale im Hamburger Elbbrückenquartier

EDGE ElbSide Platzansicht

EDGE ElbSide Platzansicht

1. Rang

Behnisch Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Ein städtebaulicher Wettbewerb hat gewisse Regeln für die zukünftige Baustruktur des neuen Quartiers Elbbrücken vordefiniert, das zukünftig den östlichen Eingang der HafenCity markiert. Baulich werden überwiegend Blockstrukturen mit sieben Geschossen und ergänzenden 16-geschossigen Hochpunkten das Quartiersbild kennzeichnen. Der zentrale Amerigo-Vespucci-Platz am östlichen Ufer des Baakenhafens wird einen inspirierenden Freiraum schaffen, welcher das Entrée zum Quartier markiert und als kommunikativer Treffpunkt und Ort für verschiedene Events genutzt werden kann.

Unmittelbar hier angrenzend befindet sich das Baufeld 117. Hier soll ein modernes, allen Ansprüchen an ein innovatives Bürogebäude folgendes Haus entstehen – ein Gebäude, dessen inhaltliches Konzept zuerst einmal die Arbeitsabläufe im Inneren, das Zusammenarbeiten und Miteinander unterschiedlicher Persönlichkeiten betrachten müsste. Als nächste Schritte sind dann die notwendige räumliche Umgebung sowie innovative Ideen dafür zu erarbeiten.

Die Vorgaben aus dem Masterplan zur funktionalen Struktur des Blockrandes sind selbstverständlich zunächst inhaltlich zu überprüfen. Auch wäre es notwendig, dass Grundzüge eines guten nachbarschaftlichen Miteinanders in die Grundüberlegungen für das neue Haus überzeugend einfließen. Es darf daher keine tradierte Struktur in Analogie zu einer allzu monotonen Aneinanderreihung von Einzelbüros mit angelagertem Flur übernehmen. Ebenso sollte zwingend vermieden werden, dass sich eine ausgrenzende Introvertiertheit einstellt, die keinerlei Vernetzung mit dem urbanen und lebendigen Gefüge des neuen Quartiers fördert.

Die ersten Gedanken an eine moderne Arbeitsumgebung könnten vielmehr an einen lebendigen Organismus angelehnt sein, der sich von einem kommunikativen Inneren heraus entwickelt, sich öffnet und transparent in Erscheinung tritt. Das neue Haus könnte sich so seinen Besuchern und Gästen einladend präsentieren – mit eine Gesamtanlage, welche sowohl Inspirationen stimulierend unterstützt und Kreativität stärkt, als auch das Miteinander in einer besonderen Einzigartigkeit fördert. Die Idee eines fein justierten Zusammenspiels von Transparenz, Leichtigkeit und Offenheit mit landschaftlich geprägten Elementen und einer modernen Arbeitswelt wäre sicherlich ein angemessener Ausgangspunkt für ein schönes Leitbild. Die detaillierten und differenzierten Ideen der Landschaftsplanung können so in die Überlegungen für das Bauliche miteinbezogen werden.

Vorgeschlagen wird nun ein dreidimensionaler Organismus, der die inneren Funktionen miteinander, aber auch den Dialog mit dem unmittelbar angrenzenden Umfeld in einer besonderen Weise zusammenführt und daraus eine eigenständige Charakterstärke entwickelt. Über eine großzügige, einladende Geste wird das Haus von Nord-Osten vom Amerigo-Vespucci-Platz aus betreten. Sämtliche vertikalen Erschließungselemente sind über das zentrale Foyer zu erreichen. Über die Eingangs-Plaza im Inneren führt eine einladende „Town Hall“ Freitreppe ins Mezzaningeschoss. Hier sind großzügige Wartebereiche und weitere interne Funktionen wie der medizinische Dienst angeordnet. Eine schöne Treppe führt die Mitarbeiter weiter zum Trading-Floor im ersten Obergeschoss.

Die Funktionen im Erdgeschoss beleben den öffentlichen Raum durch die Öffnung nahezu aller angrenzenden Fassaden. Ein reichhaltiges Angebot an Gastronomie und Läden, eine Radservicestation und ein Fitness-Club sowie ein weiterer Nebeneingang für einen möglichen weiteren Nutzer sind hier zu finden. Die Anlieferung und die Zufahrt zur Tiefgarage erfolgen über die Kirchenpauerstraße.

Die vorgegebenen Büroflächen in den oberen Geschossen sind weniger wie ein klassischer Verwaltungsbau mit Einzelbüros zoniert, sondern vielmehr differenziert gegliedert und einem geordneten Raster folgend, jedoch frei bespielbar. Nur Fluchttreppen, Aufzüge und einzelne vertikale Versorgungseinheiten sind fest eingebaut und unverrückbar. Im Inneren ermöglichen offene Treppen im Bereich der Magistrale, dem kommunikativen Marktplatz, geschossübergreifend eine vertikale Verbindung. Angenehme, zweigeschossige Lufträume verleihen den Arbeitsbereichen zusätzlich den wunderbaren Eindruck einer modernen Großzügigkeit. Der Austausch der Mitarbeiter untereinander ist somit nicht nur auf die Horizontalität einer Büroebene beschränkt, sondern vertikal über den Gesamtorganismus erweitert.

Eingeschobene Gärten gliedern den Organismus zusätzlich über mehrere Ebenen, schaffen Orte für individuelle Arbeitsmöglichkeiten. Die Gärten bieten ganzjährig einen Aufenthaltsraum mit Bezug nach Außen und Innen. Extreme Außenbedingungen von Wind und Sonne werden abgemildert und aktiv als Bestandteil des Gebäudes genutzt. So wird zum Beispiel eine kontrollierte, windabhängige und natürliche Querlüftung (nachts) durch das Gebäude über die Pufferzonen ermöglicht. Durch die Organisation der Grundrisse ist eine höchstmögliche Flexibilität gegeben. Die Verfügbarkeit von natürlicher Belüftung und der optimierten Tageslichtversorgung lässt eine moderne Arbeitswelt mit einladender Offenheit entstehen. Die Transparenz im Inneren und der visuelle Austausch mit der Nachbarschaft und dem öffentlichen Raum werden das Büro der Zukunft prägen. Das Wechselspiel von belebtem "Marktplatz" und etwas ruhigen Arbeitsbereichen bereichert die offene Büroumgebung ganz selbstverständlich und fördert ein individualisiertes Arbeiten, ohne jedoch auszugrenzen. Als Orientierungspunkte, Destinationen und besondere Orte im Haus sind die "grünen Zimmer" bzw. die Gärten elementarer Erlebnisbestandteil des angebotenen Raumgefüges. Der Innenraum wird mit landschaftlichen Elementen angereichert, sodass ein jahreszeitlich adaptierbares Mikroklima nachhaltig die Umgebungsqualität am Arbeitsplatz verbessert.

Die Gärten im Wechsel mit der flexiblen "Arbeitsebene" verbinden so spielerisch den Blockrand mit dem Hochhaus. Es entsteht ein selbstverständliches sich "in die Höhe entwickeln" eines lebendigen Organismus. Trotz des wesentlich kleineren Grundriss-Layouts im Hochhaus findet man dieselben räumlichen Qualitäten wie in den unteren Büroebenen. Die fünfte Fassade, die Dachflächen des Gebäudes, werden als nutzbare Dachterrassen und Dachgärten angeboten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsidee des Büros, einen dreidimensionalen Organismus zu entwickeln, der sowohl die inneren Funktionen als auch den Dialog mit dem unmittelbar angrenzenden Umfeld in einer besonderen Weise miteinander zusammenführt, wird von der Jury sehr positiv bewertet.

Die Jury lobt die starke konzeptionelle sowie professionelle Ausarbeitung, die es schafft, eine eigenständige Charakterstärke zu entwickeln und mit der Umgebung in einen überzeugenden Dialog zu treten. Die Leitidee des Entwurfes - das Gebäude von innen nach außen zu denken - wird dabei von den Teilnehmenden in einer logischen Konsequenz umgesetzt und führt schlussendlich zu einem stimmigen Gesamtbild, welches sich am Standort des Baufeldes 117 treffend einfügt und sich insbesondere in den Erdgeschossbereichen zu allen Seiten öffnet. Die Transparenz des Gebäudes wird dabei u.a. auch durch das richtige Platzieren einzelner Lichthöfe erreicht, welche die Kommunikation und Blickbeziehungen auch innerhalb des Gebäudes stärken. Gleichwohl werden die Lichthöfe hinsichtlich der thermischen Strömungen und den technisch zu lösenden Herausforderungen auch kritisch diskutiert, da die Konsequenz einen zusätzlichen Technikanteil nach sich ziehen könnte und die Umsetzung in Holz-Hybridbauweise in Teilen (im Turm) so nicht umsetzbar ist.

Die Jury hebt darüber hinaus das gelungene Entrée und die sehr innovative Organisation der Arbeitsräume hervor. Insbesondere der Vorschlag, die Arbeitswelt über eine zentrale Magistrale zu erschließen, eröffnet große Flexibilität und wird von der Jury positiv bewertet.

Ebenfalls kann die vorgeschlagene Fassade überzeugen, die sich als Wechsel von raumhohen, opaken und transparenten Elementen darstellt und das Gebäude durch unterschiedliche Keramikpaneele vertikal gliedert.
EDGE ElbSide Straßenansicht

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