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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2019

Neugestaltung von Straßen und Plätzen in Wehingen

Aktivierung der Sonnenseite Wehingens durch Aufwertung und Verbreiterung des Fußwegs.

Aktivierung der Sonnenseite Wehingens durch Aufwertung und Verbreiterung des Fußwegs.

3. Preis

Preisgeld: 5.000 EUR

WÖLFFING-SEELIG LANDSCHAFTSARCHITEKTEN / INGENIEURE

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

KONZEPT

Die wesentlichen Ideen des Entwurfs lauten:

a) Schaffung der neuen „Wehinger-Mitte“ vom Kirchvorplatz über die Gosheimer Straße und das Rathausumfeld zur Unteren Bära
b) Stärkung und Belebung der Straßenseitenräume durch Minimierung der Straßenquerschnitte auf ausreichende Mindestbreiten
c) Herausarbeitung der Unteren Bära als erlebbarer Frei- und Naturraum
d) Vernetzung Ortsmitte-Schulcampus über die Untere Bära mit einer breiten Brücke und breiten Fuß-/ Radwegen, Angebotsstreifen für Radfahrer in der Reichenbacher und Gosheimer Straße
e) Verkehrsberuhigung im Bereich der Ortsmitte durch eine andere Belagsoptik
f) Konsequentes übersichtliches Längsparken auf den Gehwegflächen, in abgezeichneten Bereichen
g) Verortung des Narrenbrunnens an bekannter Stelle


REALISIERUNGSTEIL

Die „Wehinger-Mitte“

Die bestimmenden Gebäude Rathaus und Kirche werden mit einem einheitlichen Platzbelag zur „Wehinger Mitte“. Die durch Wehingen führende Gosheimer Straße wird im Bereich des Rathauses und der weithin sichtbaren Kirche durch einen Belagswechsel zu einem Teil der Ortsmitte. Unterstrichen wird dies durch die Platzierung der Bushaltestellen vor dem Rathaus.

Die wichtige Querbeziehung durch den Ort von den Wohnstraßen im Süden zur Schlossberg-Schule wird hierdurch gestärkt. Diese Gestaltungsmaßnahmen machen die Ortsmitte für alle Verkehrsteilnehmer wahrnehmbar.
Aus Richtung Garten St. Berthevin wird der ankommende Fußweg aufgenommen und über eine einfache Sitzstufenanordnung barrierefrei auf den Kirchplatz geführt. Der Kirchplatz und das südliche Kirchen-umfeld erhalten durch die Setzung einer neuen Mauer mehr Raum und eine angemessene Fassung. Der Kirchenvorplatz wird geringfügig angehoben. Hierdurch erhält die Kirche einen barrierefreien Haupteingang. Vom Kirchenvorplatz führen fünf Stufen hinunter auf den Rathausplatz.

Der Vorplatz zum Rathaus wird stufenlos an den Haupteingang angebunden. Die großzügige Fläche nimmt alle Richtungen auf und bietet Platz für Fußgängerverkehr, Aufenthalt und Flexibilität bei Festen, Märkten und der Fasnet.
Die Bushaltestellen bleiben in der Ortsmitte platziert. Ihre Lage entwickelt sich selbstverständlich aus dem städtebaulichen Kontext. Das fliegende Dach auf der Rathausseite schließt den Platzraum in Richtung Westen ab, empfängt den Fußgänger und Radfahrer aus Richtung Schlossbergschule und bietet Schutz für wartende Fahrgäste. Es erlaubt die Stellung einer festen Informationstafel für Informationen des Bürgermeisteramts, der Vereine oder der Schule. Bei Bedarf auch Platz für eine öffentliche Toilette.

Das Rathausumfeld schließt im Westen mit einer Brücke, wie in früherer Zeit über die Untere Bära ab. Sie ist lediglich für Fußgänger- und Radfahrverkehr nutzbar. Hierdurch entsteht eine klare Verkehrstrennung. Die Erschließung der Häuser Gosheimer Straße 20-24 erfolgt im Einbahnverkehr aus Richtung Osten. Der Narrenbrunnen erfährt an bekannter Stelle eine neue Umfeldgestaltung als „Narrenplatz“ und bleibt an zentraler Stelle im Ort als identitätsstiftendes Objekt platziert.
Hinter dem Rathaus entwickelt sich der „Bära Platz“ unter Bäumen in Richtung Untere Bära.


Frei- und Naturraum Untere Bära – „Bära Aue“

Der Bachlauf der Unteren Bära wird zu einem erlebbaren Frei- und Naturraum entwickelt. Die bestehende Verdohlung westlich des Rathauses wird geöffnet. Soweit es die Platzverhältnisse zulassen erhält der Bach naturnahe Uferböschungen die sich zum Platz nördlich des Rathauses als begehbarer Ufersaum mit lockeren Sitzsteinen und einer natürlichen Gewässerrandbepflanzung weiten und präsentieren. Neben der neuen Brücke lässt sich bei normalem Wasserstand die Untere Bära auch auf Trittsteinen queren. Es entsteht ein naturnaher und spannender Frei- und Aufenthaltsraum auf dem Weg zur Schule für alle Generationen im Dorfzentrum.


Straßen- / Wegekonzept / Parkierung (Längsparker)
Die Straßenbreiten werden auf das notwendige Maß reduziert. Die Gradiente der Gosheimer Straße wird im Bereich Stein-/Deilinger Straße Richtung Süden verschoben. Hierdurch entstehen großzügige Straßenseitenbereiche auf der Straßennordseite und im Einmündungsbereich Deilinger Straße, wie sie historisch schon vorhanden waren. Die Ladengeschäfte und die „Sonne“ erhalten Platz im öffentlichen Raum für Bestuhlung und Bewirtung oder Auslagen auf der „Sonnenseite Wehingens“. Im Süden bleiben die Gehwegbreiten erhalten, gleichzeitig werden die Querparkplätze in Längsparkplätze umgewandelt. Das straßenbegleitende Längsparken wird auf den Gehwegflächen sichtbar angeordnet. Hierdurch werden die Gehwegflächen im Sinne eines „Shared-Space“ als großzügige Flächen ohne Bordkanten nutzbar.
Die Deilinger Straße erlaubt keine deutlichen Raumgewinne für die verschiedenen Verkehrsarten. Dafür erhält der Fahrbahnquerschnitt deutliche Rinnenstreifen und wird hiermit optisch verengt.
Die Einmündungsbereiche in die Gosheimer und Reichenbacher Straße werden konsequent mit breiten Pflaster-/Asphaltbändern betont. Hierdurch entsteht eine Längsorientierung für alle Verkehrsteil¬nehmer. Für den Kfz-Verkehr entstehen optische Barrieren, für den Fußgänger entstehen großzügige durchgängige Gehflächen, vor allem in Richtung zum neuen Aldi-Markt. In den Kreuzungsbereichen grenzen breite Tiefbordsteine die Verkehrsräume optisch ab. Die Linksabbiegerstreifen Stein-/Deilinger Straße werden mit Mindestbreiten erhalten.
Die vorgenannten Gestaltmittel setzen sich in den Straßenräumen des Ideenteils fort.

Das Radwegekonzept wird zweistufig aufgebaut. Für innerörtliche Radverkehrsteilnehmer entsteht ein Angebotsstreifen je Fahrtrichtung in der Gosheimer und Reichenbacher Straße. Der Freizeitradverkehr führt künftig über die Strecke der alten Heubergbahn an der Schloßbergschule vorbei über die Untere Bära in die „Wehinger Mitte“.

Für Besucher und Mitarbeiter steht ein begrenztes Parkplatzangebot neben und hinter dem Rathaus zur Verfügung.


Beläge und Materialität

Im Bereich der „Wehinger Mitte“ und der Einmündung Deilinger Straße werden die Asphaltflächen durch gezielte Zuschlagsstoffe und Farbpigmente optisch aufgehellt und durch Anschleifen oberflächen-veredelt. Wirtschaftliche Betonsteine in warmtönigen Sand- und Beigetönen sollen künftig den Ortsboden von Wehingen bestimmen. Entsprechend den Verkehrsströmen werden mittel- und kleinformatige Pflastersteine eingesetzt. Im Platzbereich Kirche/Rathaus entsteht ein lebendiger Belag mit einem richtungslosen Wildverband entsprechend den vielfältigen Verkehrsbeziehungen rund um das Rathaus und vor der Kirche. In den Straßenseitenbereichen der Reichenbacher und Gosheimer Straße werden die Längsparkstreifen durch farbliche Abstufungen und kleinteiligere Formate deutlich gemacht. Damit ent-steht ein flächiger und fußgängerfreundlicher Gehbelag ohne Höhenzäsuren.
Treppenstufen werden gleichfalls aus Betonstein farblich passend versetzt.
Höhensprünge und Sitzangebote entwickeln sich aus frostsicherem Jura-Naturstein (Fränkischer Jura, gelblich). Je nach Ort und Funktion werden die Steine allseitig gesägt oder mit spaltrauhen Oberflächen gesetzt. Dadurch lassen sich im Kirchen- und Rathausumfeld strengere Kubaturen und Richtung Untere Bära natürlichere Kubaturen setzen.


Bäume / Ausstattung / Licht

Soweit möglich bleiben bestehende Bäume erhalten. Im Bereich der Gosheimer und Reichenbacher Straße werden neue Bäume in Quartieren gesetzt. Denkbar sind mittelkronige Arten wie Feldahorn, Gefüllte Vogelkirsche (o. Früchte) oder Stadtbirne (o. Früchte). Die Baumstandorte erhalten unterirdische Pflanzquartiere für wachstumsfördernde Substrate mit automatisierter Bewässerung. Die Baumscheiben liegen höhengleich und gut begehbar im Straßenraum.
Soweit es der Straßenraum erlaubt begleiten geschnittene knie- bis hüfthohe Hecken aus robustem Feldahorn den Straßenraum als Gestaltelement. Zwiebeln in der Fläche setzen in Rasenstreifen optische Akzente. Im Bereich der neuen Uferabschnitte der Unteren Bära werden naturnahe Wiesenansaaten mit Initialpflanzungen wie Schwertlilie, Blutweidereich und Sumpfdotterblume ergänzt.
Fahrradanlehnbügel begleiten als selbstverständliches Elemente den Straßenraum und den „Bära Platz“ und fördern die Gastronomie für Freizeitbesucher.
Das Lichtkonzept sieht vor neue Leuchtenköpfe soweit möglich auf vorhandene Masten aufzusetzen. An prägnanter Stelle akzentuieren Bodenstrahler wichtige Fassaden wie die des Rathauses und der Kirche. Auch die Haltestellen und prägnante Gehölze werden entsprechend mittels Bodenstrahlern herausgestellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Idee, die nach Süden exponierten Fußgängerbereiche nördlich der Straße zu verbreitern und zur „Flaniermeile“ auszubauen wird gewürdigt.
Der Versuch die innerörtlichen Bereiche mit jura/sandfarbenem Pflaster- und Farbasphaltbelag in den Gehwegen und Platzflächen zusammenzubinden ist ablesbar und schlüssig.
Allerdings wird das Konzept durch breite Farbahnen mit Linksabbiegespuren und undifferenzierte Gestaltung der südlichen Gehwegbereiche der Reichenbacher Straße nicht konsequent umgesetzt.
Mit der Platzfläche zwischen Kirche und Rathaus wird die Ortsmitte definiert, die Anordnung der Bushaltestellen unterstreicht dies.
Weniger gelungen erscheint die Ausformulierung des Kreuzungsbereichs Gosheimer- / Deilingerstraße.
Die Anordnung der straßenüberspannenden Farbasphaltfläche erscheint beliebig.
Mit der Platzierung neuer Pflasterbeläge und Stellplätzen kann die Hinterhofsituation nicht aufgelöst werden.
Die angebotene Ost-West Fußwegeverbindung entlang der alten Feuerwehrgasse erscheint wenig attraktiv.
Eine Wegeverbindung entlang der Bära wird in der Arbeit vermisst.

Positiv bewertet wird die Fuß- und Radwegeverbindung von der Ortsmitte über den neu gestalteten Platz nördlich des Rathauses entlang von Kindergarten und Schulen zum überregionalen Radwegenetz.
Begrüßt wird auch die neue Zonierung des nördlichen Rathausplatzes in Parkierung und Aufenthaltsbereiche und die Schaffung von Zugänglichkeit und Erlebbarkeit des Gewässers.
Die Öffnung der Bära nach Südwesten und die hier angedachten Sitzstufenanlagen erscheinen wenig attraktiv, ebenso der neu angelegte Bereich um den Narrenbrunnen den man sich an dieser Stelle grosszügiger und offener wünscht.
Die Zahl der angebotenen Stellplätze ist unterdurchschnittlich.
Die Anordnung der Parkierung als Längsparker erscheint sinnvoll, führt aber zu Konflikten mit dem Radfahrangebotsstreifen.
Auch im Bereich des Narrenbrunnens ist die Zufahrtsituation nicht gelöst.
Für die Flächen vor der Gastronomie „Queens Pup“ wäre eine differenziertere Gestaltung wünschenswert.

Die vorgeschlagene Materialität erscheint dem Ort angemessen und lässt auf eine wirtschaftliche Realisierung schließen.
Die gezeigten Details gehen aber leider über vielfach bekannte Standardlösungsansätze nicht hinaus.
Die Arbeit bleibt im Ideenteil sehr vage.
Vorschläge für die Erschließung bzw. städtebaulicher Ausformulierung einer Wohnnutzung westlich der Schlossbergschule wird vermisst.

Insgesamt stellt die Arbeit einen soliden Beitrag zur Aufgabenstellung dar, bringt in der Ortsmitte in vielen Bereichen nur wenig herausragende Verbesserungen.
Realisierungsteil der neuen „Wehinger-Mitte“

Realisierungsteil der neuen „Wehinger-Mitte“

Schnitt durch die neue Bära Aue mit Sitzstufen und den Aufenthaltsbereich hinter dem Rathaus.

Schnitt durch die neue Bära Aue mit Sitzstufen und den Aufenthaltsbereich hinter dem Rathaus.