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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2019

„Wohnen über Einzelhandel" in Karlsruhe-Oberreut

Blick von Südosten

Blick von Südosten

3. Preis

Preisgeld: 21.000 EUR

Bitsch+Bienstein Architekten PartGmbB

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau

Das Plangebiet liegt in einer gründerzeitlich geprägten Blockrandstruktur, 4-5 geschossig mit geneigten Dächern und klarer Ausbildung wahrnehmbarer „Einzelhäuser“. Die Höfe sind im Inneren mit zum Teil hochdichter Bebauung unterteilt. Die Ausnutzungswerte der Umgebung liegen geschätzt in etwa vergleichbar mit urbanen Gebieten (MU) – GRZ ca. 0,6 und GFZ bis 3,0.

Zielvorstellung I Bauliches Konzept

Primär steht die Einfügung in den städtebaulichen Kontext nachbarlicher Höhe und Dichte im Vordergrund.
Im 1. Schritt: Schließen des Blockrands und Anpassung an die baulichen Nachbarhöhen (Traufhöhe, Firsthöhe) und Formsprache (geneigtes Dach).
Im 2. Schritt: Differenzierung der Bebauung vergleichbar zu den gründerzeitlichen „Haus“-Strukturen der Umgebung in wahrnehmbare „Einzelhäuser“. Entlang der Lange Straße durch leicht versetzte Staffelung, in der Meckstraße optisch durch hausweise „Bündelungen“ von Fenstern und die Ausbildung eines vertikalen Elements je Haus (vergleichbar zu Erkern der Nachbarschaft) – sowie Farbdifferenzierungen. Die Architektur nimmt Bezug auf die vorherrschende, gründerzeitliche Umgebungsbebauung – ohne ihre Modernität zu verleugnen. Übertragung der hausweisen Differenzierung im Innenhof, jedoch in modernerer Formensprache. Die bandartigen „Bündelungen“ von Fenstern werden hier unterstützt durch Fassadentafeln aus Holzwerkstoffen bzw. Kompaktplatten o.ä. in frischer Holzoptik.
Im 3. Schritt: Einfügen eines viergeschossigen Flachdachbaukörpers in Winkelform im Innenhof. Dieser Flachdachbaukörper ist in seiner Ausprägung moderner, serieller (gegebenenfalls als Holzbau zu realisieren) und deutlich niedriger als die Blockrandbebauung. Hier werden Zwei-Zimmer-Wohnungen laubengangähnlich organisiert und an den Bauteilenden mit je einem Treppenhaus angebunden. Somit verfügt jede dieser Wohnungen über einen zweiten Rettungsweg und einen direkten Ausgang zur Lange Strasse bzw. Meckstraße. Die Ausbildung des „Laubengangs“ ist zunächst offen gedacht und wird im Bereich der Brandwand mittels einem durchgehenden, begrünten/berankten „Lichthof“ mit Licht und Luft versorgt. Orientierung aller weiteren Wohnungen zur Meckstraße (kleine Zwei-Zimmer-Wohnungen) oder „durchgesteckt“ (also zweiseitig orientiert) können somit problemlos von der Feuerwehr von außen angeleitert werden. Eine Befahrung des Innenhofs zur Anleitung durch die Feuerwehr ist somit nicht erforderlich.

Wohnungen I Orientierung I Freiraum

Alle Wohneinheiten sollen von einem Maximum an Licht, Luft und Grünbezug profitieren, die absolut überwiegende Anzahl der Wohnungen ist daher zum großzügigen Innenhof orientiert. Dieser gärtnerisch grün angelegte Innenhof ist vorwiegend gemeinschaftlich nutzbar und verbindet sich mit dem im Süden anschließenden Grünraum zu einem Freiraum besonderer Qualität – vor allem durch die Möglichkeit, große Bäume im Innenhof neu anzupflanzen. Durch eine zentrale „Aussparung“ der Tiefgarage in Innenhofmitte, können hier Bäume mit Erdanschluss gepflanzt werden, gleichzeitig ist eine natürliche Versickerung gegeben.

Die Planung der Wohnungen selbst ist geprägt von kompakten Eingangsdielen, effizienter Grundrissgestaltung mit – trotz Einhaltung der Förderrichtlinien – großzügigen, zum Innenhof orientierten Ess-/Wohnbereichen. Alle Wohnungen verfügen über Garderoben und Abstellräume im Eingangsbereich, die kleinen Wohnungen im Flachdachbauteil bereits über den geforderten Abstellraum direkt in der Wohnung und benötigen daher keinen Kellerraum mehr. Die Anforderungen der Förderfähigkeit sind für alle Wohnungen eingehalten.

Kompakte und effiziente Bauweise: Sämtliche Wohnungen sind „gestapelt“, ohne Versprünge von tragenden Wänden oder Schächten. Angedacht ist eine nachhaltige Bauweise ohne WDVS als monolithische Bauweise mit Hochlochziegeln, welche statische und wärmedämmtechnische Anforderungen erfüllen (z.B. ThermoPlan TS12 o.ä.). Die Innenhofbebauung soll in Holzbau realisiert werden. Gestapelte Wohnungen mit hoher Wiederholungsrate – zum großen Teil baugleich – und geringe Spannweiten ermöglichen hier neben dem Vorteil der nachhaltigen Bauweise eine teilweise Vorfertigung und somit verkürzte und effiziente Bauweise. Der Geländehöhenunterschied wird durch einen durchgängigen Sockel ausgeglichen, dieser wird bis in das Erdgeschoss fortgeführt. Somit ist das Erdgeschoss bzw. Hofniveau gegenüber dem „natürlichen Gelände“ leicht erhöht, die Zufahrtslänge und die Höhenlage der Garage kann damit reduziert werden.

Das Untergeschoss konnte durch teilweise Anordnung von Kellerräumen direkt in den Wohnungen so weit reduziert werden, dass ein Verbau entlang der Nachbarbebauung zum größten Teil vermieden wird und die Aussparung im Innenhof für die Pflanzung großkroniger Bäume im Innenhof ermöglicht wird.

Erschließung über vier Treppenhäuser von der Lange Straße, zwei weitere Treppenhäuser von der Meckstraße und ein Treppenhaus im Innenhof. Die beiden Treppenhäuser am jeweiligen Ende der laubengangartig erschlossenen Innenhofbebauung sorgen für den jeweils zweiten Rettungsweg, für alle Wohnungen im Innenhof ist somit die Rettung ohne Hilfsmittel der Feuerwehr sichergestellt. Insgesamt 134 Wohnungen, ca. 19 Wohnungen je Treppenhaus. Alle Treppenhäuser verfügen im Erdgeschoss über einen direkten Zugang in den gemeinschaftlich genutzten Innenhof.

Die Zufahrt zur Tiefgarage wurde von der eher ruhigen Meckstraße angeordnet, um den fließenden Verkehr in der Lange Straße nicht zu stören und das Ein- und Ausfahren für die Bewohner zu erleichtern. Die Fahrradstellplätze sind an der Südseite des Grundstücks in Fahrradboxen beziehungsweise offen angeordnet, durch die oberirdische Anordnung erfolgt eine zusätzliche Belebung des Innenhofs.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser zeigen ein Projekt, das sich der Typologie eines geschlossenen Blockrandes bedient. Auf einem durchgehenden Sockelgeschoss werden ringförmig die Wohngeschosse um einen internen Innenhof organisiert. Beginnend mit einem städtebaulichen Hochpunkt an der Südostecke staffelt sich der Gebäudeblock ringförmig von Nord und West nach Süd geschossweise ab und reagiert damit angemessen auf sowohl die städtebaulich Umgebung als auch die Belichtungssituation des Innenhofes.

Diese Baumassenverteilung ermöglicht, dass die Belichtung des Innenhofes von Süden her optimiert wird. Lediglich die Entscheidung, die Südwestecke der Südfassade fünfgeschossig auszubilden stört das Gesamtbild ein wenig.

Die Ausgestaltung des Innenhofes stell eine wesentliche Qualität des Entwurfes dar. Allen Wohnungen soll ein Maximum an Licht Luft und Grünbezug zuteil werden. In der vertikalen Staffelung werden die Geschosse zum Wohnhof an drei Seiten treppenartig zurückgestaffelt. Die rückspringenden Flächen dienen als Wohnterrassen und zur intensive Begrünung. Als Beitrag zur Verbesserung des Mikroklimas wird die Begrünung positiv bewertet.

Die überbaubare Fläche gemäß B-Plan ist geringfügig überschritten.

Die Zugänge und verkehrliche Erschließung des Einzelhandels liegen an den richtigen Stellen im Stadt- und Straßenraum. Die Anlieferung des Einzelhandels ist in der gezeigten Form jedoch nicht praktikabel.

Der Eingang des Supermarktes an der Süd-Ost-Ecke ist richtig gesetzt, die Verkaufsfläche hat große Fassadenanteile, was innovativen Einzelhandelskonzepten entgegenkommt. Die Entfernung der Kundenparkplätze zum Eingang des Market wird hinsichtlich der Kundenakzeptanz kritisch gesehen.

Für die Erschließung der Wohnungen werden 5 Treppenräume benötigt, die alle einen Zugang vom Straßenraum haben und bis in TG geführt werden. Deren Integration in den EG Grundriss ist konfliktfrei gelungen. In den Wohngeschossen sind im wesentlichen Mehrspänner gezeigt, die südorientierten, kleinen Apartments sind über einen Laubengang erschlossen. So entsteht ein angemessener Mix an Typologien mit adäquater Erschließung.

Die zur Stadtstraße nach Süden orientierten Wohnungen sind durchgängig mit Loggien versehen. Ausrichtung, Organisation und Erschließung der Wohnungen sind angemessen und gelungen. Die Ausbildung der Laubengänge gemäß LBO muss im Einzelfall nochmals kritisch geprüft. werden.

Die gestalterische Konzeption der unterschiedlichen Fassaden zum Stadtraum und zum Innenhof werden ausdrücklich gewürdigt. Das Motiv der Innenhoffassaden mit einer Staffelung in der Horizontalen erscheint aufwendig. Die Konstruktion wird auf Grundlage der gezeigten Detailzeichnungen hinsichtlich der Realisierbarkeit und des Unterhalt kritisch hinterfragt.

Die Anzahl der Wohnungen und die Kennwerte liegen im Spektrum der Arbeiten gut im Durchschnitt.

Insgesamt stellt die Arbeit mit der starken Idee des urbanen Blocks mit grünem Herzen eine bemerkenswerte und konsequente Lösung zu der gestellten Aufgabe dar. Dem gegenüber bleiben einig funktionale und konstruktive Fragen zu Detailausbildungen offen.
Blick in den Innenhof

Blick in den Innenhof

Lageplan

Lageplan

Konzeptpiktogramme

Konzeptpiktogramme

3. Obergeschoss

3. Obergeschoss

Längsschnitt Innenhof A-A

Längsschnitt Innenhof A-A