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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2019

Umbau und Umnutzung der Alten Tuchfabrik zum Bildungscampus Wittstock/Dosse – Schulzentrum

Neuer Eingangsbereich von der Dosse

Neuer Eingangsbereich von der Dosse

1. Preis

NAK Architekten GmbH

Architektur

KuBuS Freiraumplanung GmbH & Co. KG

Landschaftsarchitektur

BASE Landschaftsarchitekten PartGmbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Entwurfskonzept:
Die ehemalige Tuchfabrik ist ein zeichenhaftes Gebäudeensemble, das nicht nur räumlich, sondern auch historisch fest mit der Geschichte Wittstocks verankert ist. Sie stand einst für die Zukunft der Stadt und soll nun mit der geplanten Schulnutzung für zukünftige Generationen wieder einer der zentralen Orte in der Stadt werden. Die Vielschichtigkeit dieses historischen Ortes soll weiterhin erlebbar bleiben, daher wurden nur Neubauelemente eingefügt, wo es erforderlich war, um die einzelnen Baukörper räumlich so miteinander zu verbinden, dass sich die Schulnutzung in die ehemalige Fabrik wie selbstverständlich implementieren lässt.
Als ordnendes Element innerhalb des Ensembles wird eine zentrale erdgeschossige Erschließungsspur eingefügt, die alle 3 Gebäude (Produktionsgebäude, Kesselhaus und Sheddachhallen) miteinander verbindet. Entlang dieser Spur liegen zum einen alle Zugänge, zum anderen gehen hiervon die beiden vertikalen Erschließungen ab. Der an das Produktionsgebäude angedockte Treppenturm ist das vertikale Pendant zu der Erschließungsspur und teilt das Gebäude in der Mitte in zwei Nutzungsbereiche auf. Analog der bauzeitlichen vertikalen Industrieelemente, wie Schornstein und Förderanlagen, bildet der neue Treppenturm ein zeitgemäßes Signet, das die neue Nutzung innerhalb der historischen Architektur nach außen hin markiert und die Vielschichtigkeit des Ortes hervorhebt.

Nutzungsverteilung: zwei Schulen unter einem Dach
Das räumliche Angebot nimmt auf die heterogene Altersstruktur der Schüler Rücksicht. So sind der Primar- und der Sekundarbereich als eigenständige Schulen innerhalb des neuen Schulzentrums konzipiert. Diese Unterteilung in ablesbare Einheiten führt innerhalb des doch großen Schulzentrums zu einer hohen Identifikation und einer sinnvollen Unterteilung der Jahrgangsstufen. Mit einem eigenen Eingang und einer in sich geschlossenen Erschließung bezieht die Primarstufe die ersten 3 Geschosse des Produktionsgebäudes. Die Sekundarstufe ist analog der Grundschule im 5. und 6. Obergeschoss angeordnet, zwischen den beiden Schulen sind im 4.Obergeschoss die Fachklassen angeordnet. Dies wird durch den vorgestellten Treppenturm ermöglicht, der die Schüler*innen der Sekundarstufe, ohne Kreuzung der Primarstufe, in ihre Schule führt.
Die Verwaltung ist als ablesbare Einheit im Bereich des Kesselhauses angeordnet. Hierzu wird das Dach der Maschinenhalle abgebaut und dient als Innenhof zur Belichtung der angrenzenden Räume. Der Ganztagesbereich liegt zentral im Erdgeschoss im Bereich der Sheddachhallen und kann als autarke Einheit, unabhängig vom Schulbetrieb, genutzt werden.

Cluster
Die Anordnung der Klassenräume um ein zentrales Forum bedingt eine deutlich größere Gebäudetiefe, als bei einer Flurschule. Die Anordnung von 6 bzw. 7 Klassenräumen um das zentrale Forum ist innerhalb der Gebäudetiefe des Produktionsgebäudes ohne pädagogische Einbußen nicht umsetzbar. Daher haben wir uns entschieden, die Cluster zu halbieren, um die geforderten Sichtbeziehungen von den Klassenräumen zum Forum gewährleisten und so den Grundgedanken der Clusterbildung auch räumlich abbilden zu können. Bei Aufnahme des Konstruktions- und Fassadenrasters des Altbaus sind die Klassenräume etwas kleiner als gefordert, durch die Teilung der Cluster entstehen mehr Foren, die diese Unterdeckung an pädagogischer Fläche ausgleichen.
In der Primarstufe können somit die Jahrgangsstufe 1 und 2 im Erdgeschoss, die Jahrgangsstufen 3 und 4 im 1.OG und die Jahrgangsstufen 5 und 6 im 2.OG angeordnet werden. Die mittige offene Erschließung verbindet nicht nur die beiden etagengleich Cluster, sondern auch die 3 Grundschulgeschosse. Diese offene und zugleich in sich geschlossene Anordnung ermöglicht die Umsetzung einer zeitgemäßen Pädagogik für die Grundschüler*innen in dem denkmalgeschützten Gebäude.
Der Aufbau der Sekundarstufe erfolgt analog im 5. und 6. Obergeschoss. Auch hier sind beide Geschosse intern über die Mitte vertikal miteinander intern verbunden und bilden eine in sich geschlossene räumliche Einheit.
Die Schüler*innen werden somit im Laufe ihres Schulbesuches vom Erdgeschoss anfangend alle zwei Jahre eine Etage weiter nach oben ziehen und dabei sinnbildlich Stück für Stück eine Erweiterung ihres Horizonts erfahren.

Außenanlagen
Gestaltungsziel der Freianlagen ist die Schaffung eines großzügigen Bewegungsraums mit multifunktionalen Nutzungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund des Erhalts möglichst vieler Grünflächen und Bäume. Auch die vorhandenen befestigten Flächen sollen nach Möglichkeit in die neue Gestaltung integriert werden. Die Geschichte des Ortes sowie die über die vielen Jahre entstandenen wertvollen Grünräume sollen noch ablesbar und erlebbar sein.
Der Freiraum gliedert sich in die Entrées und Pausenbereiche von Primar- und Sekundarschule inkl. Mensaterrasse, den Grünen Sportpark sowie den Kiss & Ride Bereich an der Walkstraße und Anlieferzonen.

Übergeordnete Erschließung
Für die fußläufige Erschließung werden vier Zugänge vorgeschlagen: im Norden neben der Schleuse, im Osten am Villengarten und an der neuen Bushaltestelle und im Westen über Fußgängerbrücken, die über die Dosse führen. Auf der Westseite des Schulareals begleitet ein Uferweg die Dosse. Über den Walter-Schulz-Platz im Norden (Anlieferung Mensa) und die Walkstraße im Osten (Anlieferung Werkstatt, Kiss & Ride inkl. Stellplätze) kann das Schulareal über kurze Stichstraßen / Loops befahren werden. Für den Schulbus wird in der Walkstraße eine Wendemöglichkeit geplant.
An der neuen Sporthalle bestehen zusätzlich Zugänge zum Grünen Sportpark. Südlich der Sporthalle sind 17 Stellplätze, nördlich 3 weitere Stellplätze inkl. barrierefreiem Stellplatz geplant.
Den Eingängen sind jeweils „Fahrradparks“ mit Baumhainen und Fahrradbügeln zugeordnet.

Entrée + Pausenhof Primarschule
Das Entrée der Schüler und Lehrer der Primarstufe liegt auf der Südseite des Schulgebäudes. Der Eingang wird durch einen „Läufer“ aus einem Plattenbelag markiert, in den die bestehende Weide als „Begrüßungsbaum“ integriert werden kann. Der Pausenhof soll geprägt werden durch Baum- und Spielinseln mit bestehenden und neuen Bäumen. Es besteht ein direkter Zugang zur Aktiv-Spielzone im Sportpark. Rudimente der Tuchfabrik können als Geschichts-Skulpturen / „Artefakte“ in die Pausenhofgestaltung aufgenommen werden.

Entrée + Pausenhof Sekundarschule
Für die Sekundarschule sind ein Zugang auf der Westseite (Stadt) und ein Zugang auf der Ostseite (Bushaltestelle Walkstraße) geplant. Die Eingänge werden ebenfalls durch „Läufer“ mit einem Plattenbelag markiert und Bestandbäume integriert. Der großzügige Pausenhof bietet viel Bewegungsraum und gleichzeitig Rückzugsräume in vielfältigen Spiel- und Grünflächen. An den Pausenhof der Sekundarstufe schließt sich die Mensaterrasse an. Im Übergang zu den nördlich angrenzenden Gebäuden ist eine Streuobstwiese geplant, in die Hochbeete integriert werden können.
Für die Ganztagsschule ist ein zusätzlicher Eingang (als Nebeneingang) geplant, der unabhängig von den anderen Zugängen funktioniert. Entlang der Dosse wird ein 5m breiter Pflegestreifen freigehalten. An der bestehenden mittigen Engstelle wird ein Balkon vorgeschlagen, wodurch die Stelle deutlich verbreitert und die bestehenden Erlen erhalten werden können. Die alten Schienen sollten in die Gestaltung integriert werden. In den zwei neuen Höfen können kontemplative Orte (Primar+Sekundarstufe) für Treff, Rückzug, Gärtnern (Schulgarten), Yoga o.ä. entstehen.

Grüner Sportpark
Für die geforderten Spiel- und Sportflächen wurde eine Lösung erarbeitet, die einerseits eine intensive Nutzung und andererseits eine Aufnahme der bestehenden Biotope ermöglicht. Es wird ein Grüner Sportpark vorgeschlagen, der vielfältige Nutzungen ermöglicht:
- Rundlaufbahn (200m)
- Laufbahn (100m)
- Weitsprung
- Hochsprung
- Wurfanlagen (Kugelstoßen u.a.)
- Gymnastikwiese
- Kleinspielfeld mit Tribüne
- Rasenspielflächen
- Trampoline
- Aktivspielzone
- Grünen Inseln mit schattenspendenden Bäumen und Balancier- und Hangelmöglichkeiten

Grünflächen und Regenwasser
Der Villengarten, der grüne Uferbereich sowie zahlreiche Biotope mit verschiedenen heimischen Bäumen werden erhalten und ergänzt. Die Bestandsbäume sollten aufgeastet, der Unterwuchs zurückgeschnitten werden, so dass offene und geschlossene Bereiche entstehen. Das Regenwasser kann in die zahlreichen Grünflächen geführt und vor Ort versickert werden. Für die ergänzenden Neubauten ist eine Dachbegrünung geplant.

Tragwerk, Materialien, Fassade
Der neue Treppenturm wird in Stahlbetonsandwichbauweise vorgefertigt und vor Ort, einschließlich der Treppenläufe montiert. Im Produktionsgebäude wird die Decke über EG neu in Stahlbeton errichtet. Die vorhandene Stützenkonstruktion wird beibehalten und ggf. saniert. Die Sheddachhalle wird in der bauzeitlichen Geometrie neu aufgebaut. Die vorhandenen Stützen werden in die neue Dachtragkonstruktion eingepasst. Innerhalb der weiteren Detaillierung ist mit der Denkmalpflege und dem Nutzer abzustimmen, ob die Aula stützenfrei ausgebildet werden soll, um bei Aufführungen die entsprechenden Sichtbezüge zur Bühne gewährleisten zu können. Innerhalb der Mensa gliedern die vorhandenen Stützen den Raum in angenehmer Weise und sorgen für eine Zonierung des großen Raumes.

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz
Der Bestand wird weitestgehend erhalten, was hinsichtlich der Nachhaltigkeit einen wesentlichen Faktor darstellt. Die energetischen Maßnahmen werden mit der Denkmalpflege abgestimmt. Im Produktionsgebäude erhalten die Innenseiten der Außenwände, außer im mittigen Bereich, eine Innendämmung. Die Einfachfenster werden auf der Innenseite mit einer Isolierverglasung ergänzt, ohne das Erscheinungsbild nach außen hin zu beeinträchtigen. Der außenliegende Sonnenschutz wird hinter der bauzeitlichen Verglasung im Zwischenbereich verdeckt geführt. Zur Abdeckung des Wärmebedarfs schlagen wir ein Mischsystem aus Geothermie mit einer Luftwärmepumpe vor, das in Spitzenzeiten mit einer gasbetriebenen Brennwertheizung ergänzt werden kann. Die nach Süden gerichtete Sheddachfläche kann mit PV-Elementen belegt werden, so dass damit der Energiebedarf der Luftwärmepumpe abgedeckt werden könnte. Das Regenwasser wird abgeleitet und auf dem Grundstück versickert bzw. falls möglich zu Teilen in die Dosse eingeleitet.

Inklusion / barrierefreies Bauen
Die Zugänge vom Außenraum zum Neubau sind schwellenlos und rollstuhlgerecht ausgeführt. Im Innern des Gebäudes sorgt eine übersichtliche und eindeutige Wegeführung für eine einfache Orientierung. Das Gebäude verfügt innerhalb der Haupterschließung über einem Aufzug, der alle Geschosse barrierefrei erschließt. Die Steuerung des Aufzuges sowie die Anzeigen innerhalb des Hauses werden mehrsinnig ausgeführt. Das Gebäude verfügt über ausreichend barrierefreie sanitäre Anlagen.

Brandschutz / Angabe zu Gebäudeklassen
Das geplante Gebäude ist nach der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) in die Gebäudeklasse 5 einzustufen. Einstufung nach § 2 Abs. 4 BbgBO: Sonderbau: Nr. 3 (Geschoss größer 1.600 m2), Nr. 6 (Räume für mehr als 100 Personen), Nr. 13 (Schule). Tragende und aussteifende Bauteile werden in F90-A hergestellt.
Ein weiterer wichtiger Punkt für die Teilung der Cluster resultiert aus den Brandschutzanforderungen, die einen Cluster mit einer Bruttogeschoßfläche >600m2 als von der Feuerwehr schwer eindämmbar ansieht. Durch die Teilung entstehen Cluster mit einer Fläche < 600m2.
Sie werden wie Nutzungseinheiten in Anlehnung an §§ 29 und 36 BbgBO brandschutztechnisch voneinander abgetrennt. Jeder Cluster/Lernbereich hat ein eigenes Rettungswegsystem:
1.) über einen notwendigen Treppenraum ins Freie
2.) über den zentrale Erschließungsraum (als „Halle“ i.S.d. SchulbauR) ins Freie
Bei Annahme einer durchschnittlichen Brandlastdichte nach DIN EN 1991-1-2 für Unterrichtsräume in Schulen entspricht die resultierende Brandlast eines solchen Lernbereiches ungefähr der einer 400 m² großen Büro- Nutzungseinheit oder einer ca. 200 m² großen Wohnung. Das Risiko für die Brandbekämpfung weicht somit nicht signifikant vom gesetzlich akzeptierten Maß ab.
Der zentrale Erschließungsraum wird als „Halle“ nach Ziff. 2.2 SchulbauR ausgeführt. Sie wird brand-schutztechnisch zu den angrenzenden Geschossflächen abgetrennt, erhält Öffnungen zum Rauchabzug und kann im Erdgeschoss ins Freie verlassen werden.
Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 3. Obergeschoss

Grundriss 3. Obergeschoss

Grundriss 5. Obergeschoss

Grundriss 5. Obergeschoss

Detail Scheddachhallen

Detail Scheddachhallen

Detail Produktionsgebäude

Detail Produktionsgebäude

Interne Erschliessung der Grundschule

Interne Erschliessung der Grundschule

Plan 1

Plan 1

Plan 2

Plan 2

Plan 3

Plan 3

Plan 4

Plan 4