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Offener Wettbewerb | 10/2019

Neubau des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums in Fürth

Heinrich-Schliemann Schule - Lageplan

Heinrich-Schliemann Schule - Lageplan

4. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

ALN Architekturbüro Leinhäupl+Neuber GmbH

Architektur, Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

DER STÄDTEBAU – REPRÄSENTATIV. TRADIERT UND BESTENS EINGEBUNDEN

Das Grundstück des neuen Heinrich-Schliemann-Gymnasiums liegt an prominenter Stelle am nördlichen Rand der Fürther Altstadt. Direkt an der Henri-Dunant-Straße sowie dem terrassierten Ufer der Pegnitz verortet bildet der Neubau den nördlichen Stadteingang und schließt somit die städtebauliche Bebauungskante zwischen Stadt und Naturraum.

Der vorliegende Gebäudeentwurf entwickelt sich ausgehend von den drei als Naturdenkmälern klassifizierten Bäumen, so dass ihre Standorte inklusive der Schutzbereiche das zu Verfügung stehende Baufeld definieren. Auf diese Weise entsteht ein Gymnasiumbau aus drei Gebäuderiegeln, die von der Grundfläche betrachtet einem dreiflügeligen Windrad gleichen. Ein Flügel richtet sich Richtung Altstadt aus, einer wendet sich dem Naturraum im Südosten zu und der dritte bildet den Gebäudeauftakt am nördlichen Stadteingang. Sie lassen ein nahezu skulpturales Gebäudeensemble entstehen, das die Eingriffe in den vorhandenen Grünraum auf ein Mindestmaß reduziert. Dadurch spannen sich drei unterschiedlich geprägte Außenräume auf: Während der Platz an der Henri-Dunant-Straße mit Zugang zu Schule und Verwaltung, einer Vorfahrt sowie Fahrradstellplätzen von urbaner Prägung ist und die Adresse der Schule im öffentlichen Raum formuliert, fungiert der der Mühlenstraße zugeordnete Vorplatz als Eingang sowie Anlieferungszone auf der unteren Gartenebene. Im dritten Außenraum spannt sich der Pausenhof auf, der von einer gestalteten Landschaft zunehmend in den Naturraum der Flusslandschaft übergeht.

Im Zuge der Neukonzeption wird die Mühlenstraße bis zum Niveau der Henri-Dunant-Straße fortgeführt, so dass neben dem Schulneubau auch das künftige Hotel der Wolfsgrubermühle sowie die Freiwillige Feuerwehr eine verbesserte Anbindung ans Fürther Verkehrsnetz erhalten. Von Süden wird der Fuß- und Radfahrerweg zwischen Schulgrundstück und Flusslauf entlang des Ufers neu geführt und schafft in Kombination mit einem neuen Steg über die Pegnitz direkte Verbindungen zwischen Altstadt, dem Stadtteil Poppenreuth sowie der Auenlandschaft.

DAS SCHULHAUS – KOMMUNIKATIV. ENERGIEEFFIZIENT UND ERWEITERBAR

Der Neubau des Gymnasiums präsentiert sich als sechsgeschossiges, geschickt in die Hanglage integriertes Gebäude. Seine vorgehängten Metallfassaden aus quaderförmigen Messingplatten nehmen Farbe und Formate der gelblichen Fürther Sandsteinbauten wie dem Rathaus auf, während die Bänder der Balkone den Bau horizontal gliedern und seine drei Flügel zu einer Einheit formieren.

Das Herz der neuen Schule bildet ein großzügiges Atrium, das die drei Gebäudeflügel zusammenbindet und zugleich als Pausenhalle dient. Dabei verbindet es die beiden Hauptebenen Gartengeschoss und das Erdgeschoss auf Straßenniveau mittels einer auch als Veranstaltungs- und Kommunikationsraum genutzten Treppenanlage. Eine große Treppenspindel inmitten des Atriums erschließt die folgenden Geschosse und Galerien. Weitere Erschließungskerne mit Aufzug bzw. Treppenhäusern sind jeweils in den drei Gebäudeflügeln angeordnet. Gemeinsam mit außenliegenden Treppen an den umlaufenden Balkonen bilden sie die notwendigen Fluchtwege.

Auf Gartenniveau befindet sich im südlichen Gebäudeflügel der Ganztagsbereich mit Mensa und zugehörigem Außenbereich. Im Norden schließen sich zunächst die Kunsträume sowie im zweiten Trakt die Werkräume an, wobei beide Bereiche Außenzugangsmöglichkeiten besitzen. Mittig am Atrium präsentiert sich die Bibliothek zum unteren Schulvorplatz. Über die breite, bühnengleiche Treppenanlage ist das Erdgeschoss angebunden. Hier ist im nordöstlichen Gebäudeflügel der Verwaltungs- und Leitungstrakt beheimatet. Im südöstlichen Flügel schließen sich ans Atrium Lehrerzimmer mit Silentium sowie der große Veranstaltungsaal und zwei große Mehrzweckräume mit zugehörigen Umkleiden an. Weitere Musik- und Probenräume befinden sich als Musik-Cluster gebündelt im westlichen Flügel.

Die folgenden drei Geschossebenen sind den allgemeinen Klassentrakten vorbehalten. Dabei bilden je Gebäudeflügel jeweils vier bis fünf Klassenzimmer eine Art Lern-Cluster, deren zum Flügelende aufgeweitete Flurzonen als Marktplätze fungieren und von Unterrichtsinseln über reine Kommunikationsflächen bis hin zu Chill-out-Zonen ganz unterschiedliche Nutzungen zulassen. An den Stirnseiten zum Atrium befinden sich Räume des pädagogischen Personals, Sanitäranlagen oder andere übergeordnete Räume. Den Abschluss bildet das fünfte Geschoss mit den Informatik- und den naturwissenschaftlichen Fachräumen, das auf seinen Dachterrassen Außen-Klassenzimmer, Versuchsfelder oder Gewächshäuser ermöglicht, aber auch Flächenressourcen für Erweiterungen bereithält. Zudem bieten auch auf den Ebenen der Klassentrakte Erweiterungsmöglichkeiten ein hohes Maß an Flexibilität und damit Nachhaltigkeit.

Das vorliegende Konzept hat das Ziel, ein möglichst ressourcenschonendes und energieeffizientes Gebäude für das neue Gymnasium zu realisieren. Im Bereich der Gebäudetechnik sieht es einen Mix aus konventionellen Maßnahmen wie dem Einsatz von hochwärmegedämmten Fassadenelementen und Dreifach-Wärmeschutzverglasungen oder ¬¬einer optimalen Gebäudeausrichtung zur Tageslichtausnutzung in Kombination mit tageszeit- und präsenzgesteuerten Lichtsteuerungen vor. Für die nötige Lüftung, Kühlung bzw. Heizung des Neubaus wird hingegen ein innovatives Konzept mit dezentraler Zuluft inkl. Geothermienutzung vorgeschlagen. Ein Teil-Untergeschoß bietet notwendigen Raum für die benötigte Gebäudetechnik.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser platzieren den Baukörper bewusst von der Straßenkante abgerückt in die Grünfläche des Talgrundes. Die freie Form nimmt keinen Bezug zur umgebenden Bebauung auf.

Es werden alle prägenden Bäume erhalten, die Grenze zum Landschaftsschutzgebiet wird nicht überschritten. Der Baukörper tritt sehr nahe an das Flussufer heran, begünstigt dadurch aber die Lage der musischen Räume. Der Uferweg bleibt dennoch erhalten.

Der Haupteingang auf Höhe der Henri-Dunant-Straße öffnet sich großzügig zur Stadt, was positiv aufgenommen wird. Die Tiefgaragenzufuhr erfolgt über die neu geschaffene Erschließungsstraße. Kritisch ist hierbei die Kreuzung des unteren Eingangsbereichs der Schüler zum Mehrzweckbereich zu beurteilen.

Der amorphe Mehrzweckraum ist durch die Lage der Erschließungstreppe schwierig nutzbar, die Lage der Sitztreppenanlage mit eingeschränkter Sichtverbindung zum Musikraum ist nicht befriedigend. Die zentrale Erschließungstreppe schafft kurze Wege zu den konsequent angeordneten und gut ausgeformten Funktionsbereichen in allen Geschossen. Diese Bereiche vermitteln den Eindruck einer offenen und freundlichen Schule.

Das sechsgeschossige Gebäude versucht durch seine Metallfassade aus Messingplatten farblichen Bezug zur Sandsteinbebauung der städtischen Umgebung herzustellen. Vorgehängte Balkonbänder verleihen dem Gebäude eine starke, horizontale Gliederung.

Die starke Zergliederung des Gebäudes ist im Hinblick auf seinen großen Außenflächenanteil zu hinterfragen. Allerdings bieten die Verfasser in ihrem Energiekonzept diverse, alternative, nachhaltige Lösungsvorschläge an.

Die Schule wird bewusst in den Landschaftsraum der Pegnitzaue gesetzt und verbindet sich mit ihrer gegliederten Form mit den umgebenen Freiflächen Der zweigeschossige sehr nahe an das Pegnitzufer reichende Baukörper bietet einerseits ein attraktives Raumangebot, verengt aber auch die Durchlässigkeit für die öffentlichen Fußwegverbindungen.

Der Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet ist insgesamt gering, es werden lediglich Schulfreiflächen und öffentliche Fußwegeverbindungen in das Schutzgebiet gelegt. Die zu erhaltenden Bäume werden geschickt in das Freiflächenkonzept integriert. Eine nachhaltige Sicherung dieser Bäume ist durch besondere Schutzmaßnahmen, sowie die, auf den Baumerhalt abgestimmte Gestaltung der Oberflächen im Bereich der Kronentraufbereichen zu gewährleisten. Die ebenerdigen Freiräume und Dachterrassen bieten ein vielfältiges und zu allen Himmelsrichtungen orientiertes Angebot. Die Art der Oberflächenbefestigungen ist nur schematisch dargestellt und wäre zu präzisieren.

Die Arbeit stellt mit ihrer, sich stark auf den landschaftlichen Aspekt des Grundstücks beziehenden Pavillon- Struktur einen insgesamt sehr positiven Beitrag zur gestellten Aufgabe dar. Die durch das Programm sowie der räumlichen Enge auf dem Grundstück vorhandenen Vorbedingungen erzwingen aber einen massiven Baukörper der der Idee des Pavillons im Grünen nicht mehr wirklich folgen kann. Die Anordnung der Cluster wird positiv gesehen. Insgesamt stellt die Arbeit einen bemerkenswerten Beitrag zur Lösung dieser komplexen Aufgabe dar.