modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 09/2019

Ideenwettbewerb zur Nachnutzung Alte Feuerwehr/Synagoge Bruchsal

Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Felix Mayer

Architektur

Alexandra Brühl

Architektur

Erläuterungstext

Ort als Palimpsest
Die Haltung im Entwurf entwickelt sich aus den Gegebenheiten des Ortes, welcher durch unterschiedliche »Ebenen« seine eigene Geschichte erzählt. Wie bei einem Palimpsest, können wir an den archäologischen Resten und den Bestandsbauten die Entwicklung des Ortes und damit verbunden die Geschichte und die Vertreibung jüdischen Lebens in Bruchsal erkennen. Als Verfasser verstehen wir eine bauliche Intervention auf dem Grundstück in erster Linie als ein Hinzufügen einer weiteren »Ebene«. Eine dritte Schicht, die versucht den Bogen zwischen den Fragmenten im Erdreich der ehem.Synagoge und der Nachnutzung des Grundstückes durch die Feuerwehr zu erzielen.

Stadt und Raum
Das stadträumliche Konzept schlägt eine offene Durchwegung des Grundstücks vor. Zur Martin-Luther-Straße ist mit dem Schaudepot ein Turm in der Sichtachse ausgebildet, welcher mit dem neuen Paul-Schrag-Platz und dem Bestandsbaum einen Vorbereich definiert. Das Dokumetationszentrum und der Hof der ehemaligen Synagoge sind hier zur Stadt adressiert und laden die BesucherInnen aus dem Stadtraum ein. Von der Friedrichstraße gelangt man durch die offene, ehemalige Fahrzeughalle der Feuerwehr in den Hof. Atmosphärisch wirken die Zugangssituationen wie Filter, die das städtische Treiben und den Lärm hinter sich lassen, um der Bedeutung des Ortes und seiner Nutzung gerecht zu werden.

Funktion
Das Dokumentaionszentrum soll als öffentlicher Ort der Stadt zum speichern, erinnern und austauschen dienen. Funktional sind neben einer Dauer- und einer Wechselausstellung auch Flächen für Veranstaltungen, Workshops und Seminare vorgesehen. Komplettiert wird dies durch ein Schauarchiv, einem interkonfessionellen Gedenkraum und einem Café. Bewusst wird in der Erdgeschosszone auf eine rein monofunktionale Organisation des Grundrisses verzichtet. Eine enorme Flexibilität und großformatige Verglasungen zum Hof definieren diese öffentlich nutzbaren Bereiche als eine Art »Stadtloggia«.

Sequenzen
Die stadträumliche Zugänglichkeit durch Korrespondenzen räumlicher Situationen zieht sich vom Stadtraum bis in die innere Organisation des Hauses. Als Hofhaus werden alle öffentlichen Funktionen über jenen erschlossen. Die von der Öffentlichkeit am höchsten frequentierten Funktionen wie Veranstaltungen, Bürgertreff, Café finden sich hier. Über das Foyer erreicht man neben der Wechselausstellung auch die Dauerausstellung »Jüdisches Leben und dessen Vertreibung aus Bruchsal. – Dokumentieren, Erinnern und Aufarbeiten«. Die dreigeteilte Ausstellung integriert in einem Rundgang geschickt das ehemalige Feuerwehrhaus sowie den Hof und bindet beides in ein schlüssiges Gesamtkonzept.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser dieses Wettbewerbsvorschlages bildet in der südlichen Grundstückshälfte einen fast geschlossenen Blockrand aus, der die alten Synagogenfundamente in seinem Innern beherbergt und den Bestandsbau des Feuerwehrhauses in das Ensemble mit einbezieht. Über dieses ist es möglich die neue Gedenkstädte über eine großzügige Öffnung zu betreten. Um den Innenhof werden die Hauptnutzung von Veranstaltungsraum, Cafe, offenes Bürgerzentrum und Ausstellungsfläche für Jüdisches Leben in Bruchsal und Baden organisiert und über drei Geschosse verteilt.

Im nördlichen Grundstücksteil befinden sich mögliche Wohnbebauungen, die in mehrere Volumen gegliedert sind und so zum Blockrand im Süden einen wohltuenden Gegensatz aufbauen.

Die Arbeit setzt ein klares Landmarkzeichen, das vom Bahnhof her kommend als ganzer Turm wahrgenommen werden kann und das am Zugang über den Paul-Schrag-Platz an der richtigen Stelle im Ensemble steht. Jedoch wird die Eindeutigkeit der Vertikalität des Turmes bemängelt. Dieser stünde besser frei.

Das gesamte Grundstück kann sukzessive in Bauphasen realisiert werden. Auch eine zusätzliche Nutzung für ein Mehrgenerationenhaus ganz im nördlichen Bereich des Ideenfeldes kann sich der Entwerfer vorstellen.

Die Arbeit besticht gleichzeitig durch ihre sakrale Ausformung und ihre eindeutige Architektursprache, die auch durch die feine Materialwahl unterstrichen wird.

Alles in allem wird die Arbeit als schwer und schlechtesten falls sogar als bedrohlich empfunden, was jedoch durch die hohe qualitative Architekturausbildung zu einem weiteren Besucher-Anziehungspunkt in Bruchsal führen könnte.