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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2019

Entwicklung des Stadtteils Bieber Waldhof West in Offenbach am Main

Lageplan

Lageplan

2. Preis

Preisgeld: 26.000 EUR

Hille Tesch Architekten + Stadtplaner PartGmbB

Architektur

Frank Schwaibold Landschaftsarchitekt

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Am nordöstlichen Rand des Stadtteils Bieber in Nachbarschaft zum Stadtteil Waldhof entsteht eine flächensparende und klimagerechte Siedlung in einer besonderen landschaftlichen Lage mit seinen Grünzügen und Freiräumen. Diese Qualitäten werden mit dem Entwurf betont und zu einem Alleinstellungsmerkmal des neuen Quartiers entwickelt. Das Konzept schafft einen familienfreundlichen naturbezogenen Stadtteil, der über eine hohe Freiraumqualität Gemeinschaft, Identität und Kommunikation fördert. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen für eine hohe Wohn- und Lebensqualität im neuen Baugebiet „Bieber Waldhof West“ in Offenbach. Das Konzept entwickelt sich wie selbstverständlich aus der örtlichen Situation heraus. Die neue Quartiersentwicklung bindet an die angrenzenden Wohngebiete an und führt bestehende Gesten fort. Gleichzeitig bildet sie, als eigenständige städtebauliche Figur, ein bauliches Gegenüber zu den bestehenden Wohngebieten Bieber und Waldhof. Neue stadt- und freiräumliche Verknüpfungen erfolgen über die ankommenden Wegebeziehungen, die in das neue Planungsgebiet weitergeführt werden. Die Wege werden durch die neuen Quartiere und entlang der vorhandenen gliedernden Grünzüge bis zu den neuen Siedlungsrändern geführt und betonen den Wegeübergang zum Landschaftsraum. Die drei neuen Quartiere werden über den gemeinsamen Anschlusspunkt an der Seligenstädter Straße für den PKW-Verkehr erschlossen. Über die dazwischenliegenden, neu ausformulierten Grünzüge werden die einzelnen Quartiere untereinander für den Fuß- und Radverkehr mit den angrenzenden Wohngebieten und mit dem im Norden anschließenden Landschaftsraum verbunden. Mit dem „Quartiersplatz“ im Übergang zwischen dem 1. und dem 2. Bauabschnitt erhält das gesamte Baugebiet einen Treffpunkt, der mit öffentlichen Erdgeschossnutzungen zur Identität des Quartiers beiträgt. Hier können sich kleine Läden, Gastronomien oder Vereinsheime ansiedeln, die in der neuen Mitte zum Verweilen einladen und die Identifikation unterschiedlicher Nutzergruppen mit dem neuen Quartier fördern.Die neue Kita liegt zentral am Zugang der Siedlungserweiterung, zum „Inneren Landschaftsraum“ hin orientiert. Dadurch ergeben sich kurze Wege und kein zusätzlicher Verkehr im Gebiet.
Das freiräumliche Konzept integriert mit seinen unterschiedlichen Angeboten wie Urban Gardening, Spiel- und Liegebereichen unterschiedliche Gesellschaftsgruppen und will mit dem Nebeneinander neuer Ansätze zur Freiraumgestaltung Antworten auf den Klimawandel formulieren. Damit sollen brauchbare Flächen angeboten werden die zur Partizipation einladen und das soziale Miteinander fördern. Dazu gehören neben Nutz- und Aktionszonen auch unterschiedliche Naturen wie naturbelassene Flächen für Bienen, Streuobstwiesen, aber auch Flächen zur Retention. Die neu entwickelten Freiflächen fügen sich wie selbstverständlich in die örtliche Situation mit ihren besonderen Grünzügen und Baumreihen ein. Die querenden Fußwege mit den freien Grünfugen gliedern das Gebiet in seine Baufelder und werden für die Retention und Ableitung des Regenwassers genutzt. Das zentrale freiräumliche Element des „Inneren Landschaftsraums“ wird durch den großzügigen Freiraum zwischen den Quartieren gebildet, der mit einem Angebot an Freizeit- und Gemeinschaftseinrichtungen, einem Angebot für Urban Gardening, und den angelagerten Funktionen für sportliche Aktivitäten einlädt zu aktiver Begegnung und Bewegung der Bewohner.
In Form eines Landschaftangers wird dem Freiraum eine klare Identität und Orientierung gegeben und ein Anknüpfungspunkt für die Bewohner der bestehenden Gebäude geschaffen. Zusammen mit der zentralen Grünschneise als Öffnung und Verbindung zum „Äußeren Landschaftsraum“ ergeben sich die notwendigen Frischluftschneisen über die Täler in Richtung Taunus und Wetterau. Als zentrale Grünfläche bildet der Anger das grüne Zentrum und fördert die Identifikation mit dem neuen Baugebiet und seinen Quartieren. Die Grüne Mitte, die Grünzüge mit den begleitenden Baumreihen werden naturnah ausgebildet und bieten gleichzeitig die erforderlichen Ausgleichsflächen für das Gebiet. Lockere Baumstellungen mit Obstbäumen greifen das Motiv der Streuobstwiesen auf und lassen die Landschaft in den Siedlungsraum hineinfließen. Durch ihre Aufenthaltsqualitäten und ökologische Funktion als Regenwasserretentionsflächen tragen der Anger und die gliedernden Grünzüge zur Qualitätssteigerung des gesamten Baugebietes und der Umgebung bei. Sie verzahnen sich landschaftlich mit dem übergeordneten umgebenden Grünraum und gestalten ein natürliches Wohnumfeld.

Für die Entwässerung des gesamten Gebietes wird ein dezentrales Regenwassermanagement in drei Stufen vorgeschlagen, mit dem Ziel das anfallende Regenwasser vollständig auf dem Gelände zu versickern, bzw. einer Mehrfachnutzung zuzuführen. In einer ersten Stufe wird das anfallende Regenwasser aus den privaten Flächen in dezentralen Retentionszisternen gesammelt, auf dem Grundstück zurückgehalten und in Form von Grauwassernutzung zur Gartenbewässerung oder für die Toilettenspülung genutzt.
Durch eine anteilige Dachbegrünung kann das anfallende Regenwasser aus den privaten Flächen zusätzlich reduziert werden. Das Regenwasser aus den öffentlichen Straßen- und Platzflächen wird in einem Netz aus offenen Rinnen gesammelt und entweder den Rasenmulden in den Grünzügen zugeführt oder wo dies nicht möglich ist, in Form eines Regenwasserkanals in die Versickerungsmulden im Grünraum abgeleitet. Über diese zentralen Rasenmulden wird schließlich als dritter Baustein das überschüssige Regenwasser aus den Quartieren gesammelt, über eine belebte Bodenschicht versickert und dem Grundwasser zugeführt. An der tiefsten Stelle im Gelände kann ein Notüberlauf in die bestehende Kanalisation vorgesehen werden.
Die Zufahrt in die neuen Wohnquartiere erfolgt über eine unabhängige Erschließungsstraße, die an das bestehende Netz der Seligenstädter Straße anbindet. Von hier aus werden die einzelnen Wohnbaufelder abschnittsweise erschlossen, wobei der Straßenraum in den Quartieren zugunsten einer Mischfläche ohne klar definierte Fahrbahnbereiche aufgelöst wird.

Durch die klare Hierarchie der Straßen werden die einzelnen Quartiere von Durchgangsverkehr frei gehalten und sind nur für die Anwohner sowie für Lieferverkehr und beeinträchtigte Bewohner und Besucher befahrbar. So entstehen verkehrsberuhigte Quartiersbereiche mit einer hohen Nutzungsqualität der Freiräume zum Spielen, Treffen und Aufenthalten. Der Schwerpunkt der Mobilität liegt auf dem hochwertig ausgebildeten Wegenetz für Radfahrer und Fußgänger. Der PKW-Verkehr innerhalb der Quartiere wird auf die Anlieferung und Versorgung reduziert. Jeweils am Eingang der Baugebiete ist eine Quartiersgarage als Urban Hub vorgesehen.

Zur Reduktion der Schallemissionen von Norden wird der „Äussere Landschaftsraum“ durch eine zungenförmige Aufschüttung, die von Norden nach Süden in Richtung dem Stadteil Bieber ausläuft, neu gegliedert. In Zusammenhang mit dieser räumlichen Gliederung wird ein Angebot mit Aussichtspunkten und landschaftlich reizvollen Wegeführungen angeboten, die im Zusammenspiel mit der geschwungenen Siedlungskante des neuen Wohnquartiers ein attraktives Wechselspiel bildet.

Das städtebauliche Konzept definiert drei eigenständige Quartiersbereiche, die im Grünraum eingebettet sind. Sie begleiten und integrieren die vorhandenen Grünzüge. Die einzelnen Quartiere gliedern sich in Wohnhöfe mit unterschiedlicher Dichte und Gebäudetypologie. Diese nehmen in Höhe und Körnigkeit vom verdichteten Innenbereich zum freien Landschaftraum hin ab, definieren aber dennoch zu den Rändern im Norden und zum „Inneren Landschaftsraum“ klare Siedlungskanten.
In den einzelnen Wohnquartieren befinden sich Baufelder für Geschosswohnungsbau, die sowohl in freier Trägerschaft, gefördert sowie als Baugruppenmodelle und Gemeinschaftswohnanlagen errichtet werden können.

Alle Bauabschnitte bilden eine Mischung unterschiedlicher Bautypen, so dass eine ausgewogene Bewohnerstruktur gewährleistet werden kann. Das Konzept ist robust für spätere Veränderungen und ggf. einen Austausch der Bautypen, ohne die städtebauliche Grundidee aufgeben zu müssen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einer geschwungenen städtebaulichen Figur gelingt den Verfassern ein überzeugender Brückenschlag zwischen Waldhof und Bieber. In kleinteiliger, offener Bauweise arrondieren zwei Flügel mit drei- bis viergeschossigen Gebäuden den bestehenden Siedlungskörper. Innerhalb der Quartiere finden sich differenzierte Gebäudetypologien mit Angeboten für unterschiedliche Wohn- und Lebensformen. Zwischen den beiden Flügeln der Bebauung spannt sich ein großer Freiraum auf, der beide Teile des Quartiers untereinander und mit dem Stadtteil Waldhof verbindet. Die Intention, den Landschaftsraum im Norden der vorgeschlagenen Siedlungsstruktur nicht weiter zu überformen kann nachvollzogen werden – der vorgeschlagene Quartierpark bietet entsprechenden Angeboten ausreichend Raum. Die Programmierung des von den Verfassern als »urbaner Landschaftsraum« bezeichneten Parks überzeugt indes noch nicht - dies insbesondere im Hinblick auf die lärmintensiven Sportangebote und deren Nähe zur Wohnbebauung. Kritisch wird auch gesehen, dass das bestehende, wertvolle Großseggenried komplett überformt wird.

Ein großzügiger Quartiersplatz bildet den Übergang zum Landschaftraum. Dieser wird allerdings in seiner städtebaulichen Fassung und freiraumplanerischen Ausformulierung eher kritisch bewertet. Als positiv werden die zentrale Lage der Kita und ihre grüne Einbettung hervorgehoben. Ebenso positiv wird die gute Anbindung von Waldhof nach Bieber bewertet, die einen Fußgänger- und fahrradfreundlichen Zugang zum S-Bahn Halt Offenbach-Bieber in der Ortsmitte ermöglicht. Insgesamt stellt der Entwurf einen überzeugenden Vorschlag dar, der ein neues Bindeglied zwischen Bieber und Waldhof glaubwürdig in den Vordergrund stellt und zugleich die bestehenden und neuen Quartiere auf attraktive Weise miteinander verbindet. Am zentralen Freiraum, seinen Nutzungen und Qualitäten sowie der querenden Erschließungsstraße scheiden sich die Geister.
Piktografisches Leitbild

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Perspektive

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