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Offener Wettbewerb | 09/2019

Neubau der Tegetthoffbrücke in Graz (AT)

Anerkennung

Preisgeld: 11.250 EUR

Volker Giencke & Company Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Die Verbindung der beiden Murufer mit einem Kunstwerk.
Die Tegetthoffbrücke als Teil eines Städtebaues nach künstlerischen Grundsätzen.

GRUNDSÄTZLICHES
Eine funktionierende Verkehrsführung, eine Konstruktion, die billig ist aber trotzdem nicht zusammenbricht, sind wichtige Funktionen und als solche Voraussetzungen, die an eine Brücke gestellt werden. Sie haben allerdings mit der Brücke als Teil eines Städtebaues nach künstlerischen Grundsätzen (Camillo Sitte) wenig bis gar nichts zu tun.
Die Tegetthoffbrücke ist als Brückenbau-Werk ein Kunst-Werk, das Bindeglied der Stadt am rechten Murufer mit der Stadt am linken Murufer ist.
Das Künstlerische verstanden als das visuelle Erleben einer Stadt, als ihr atmosphärischer Ausdruck, als unverwechselbarer optischer Abdruck ihrer Geschichte und optimistischer Blick in die Zukunft.
Das visuelle Erleben formt die visuelle Wirklichkeit des Einzelnen. Stellen Sie sich vor, Sie betreten die Brücke, durchschreiten einen Raum unter einem Kunsthimmel, ein riesiges Bild um Sie herum, links und rechts der Ausblick in den Landschaftsraum der Mur. Sie haben zumindest für Augenblicke Ihre Sorgen, ihre Beliebigkeit, Ihre Komplexe vergessen, wenn Sie auf der anderen Seite das andere Ufer betreten.
Sie erfahren, dass eine Brücke als kürzeste Verbindung von 2 Ufern, als Straße und Gehweg mehr als nur Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren der Stadt ist. Sie ist ein räumliches Kunstwerk, setzt ein Zeichen in der Stadt, das ohne Wiederholung bleibt. Sie erhöht den Wert des Wiedererkennens und der Erinnerung an Graz.

Neue Brücken sind Stätten der rationalen Begegnung von Verkehr, Material und Konstruktion. Es sind Stätten, an denen sich die Stadt nicht nur begegnet, sondern sich neu zu erkennen gibt.
Im Falle der Tegetthoffbrücke begegnen sich rechtes und linkes Murufer vor allem emotional unter der Aussicht auf die Flusslandschaft, dem Blick auf den Schloßberg etc.
Diesen Eindruck wollen wir verstärken, bleibend machen für ein kulturbewusstes Graz -in der Umgebung von Kunsthaus, Mur Insel, Franziskanerkirche, Stadtwerke-Haus und Joanneum.

Es wird in der Auslobung nach dem „Technischen Bericht“, nach dem „Statisch-konstruktiven Konzept“, nach der „Grobkostenschätzung“ gefragt. Zweifellos wichtige Daten, Voraussetzungen für jeden Brückenbau.
Aber: Die Tegetthoffbrücke ist eine besondere Brücke, städtebaulich und architektonisch.
Und “Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen“ sieht Kunst als entscheidendes Motiv jeder Stadtplanung.
Wir beantworten zuerst die Frage nach dem emotionalen und künstlerischen Wert der neuen Brücke, da diese beiden Kriterien offensichtlich auch Inhalt des „Technischen Berichtes“ sind.
Die Tegetthoffbrücke als Brückenbau-Werk und Kunst-Werk.

TECHNISCHER BERICHT
Gefragt ist entsprechend der Auslobung ein Brückentragwerk als Verkehrsbauwerk.

Brückenbau-Werk
Künstlerische Beschreibung
Das Brückentragwerk ist ein dreizelliger Spannbetonhohlkasten als Einfeldträger. Seine Spannweite beträgt 62m, seine Höhe 2,8m. seine Breite ist mit 19m bewusst schmal gehalten, um den Eindruck einer Überplattung der Mur zu verhindern, und die Brückencharakteristik nicht zu schmälern. Die Längsseiten des Brückentragwerks sind gerundet im Radius des zylindrischen Kunsthimmels darüber und als solche Teile und Bestand des Kunstwerks.

Kunst-Werk
Künstlerische Beschreibung
Der malerische Kunsthimmel als das bestimmende künstlerische Geschehen auf bzw. unter der Brücke, orientiert sich an der Malweise eines bekannten Malers steirischer/kärntnerischer, vor allem internationaler Provenienz. Der Kunsthimmel schafft eine freundliche, ebenso eindrucksvolle Atmosphäre auf dem Weg von hier nach dort. Die Verbindung der beiden Murufer mit einem Kunstwerk.

STATISCH-KONSTRUKTIVES KONZEPT

Brückenbau-Werk
Konstruktive Beschreibung
_ Die Tragstruktur wird in Spannbeton, Stahlbeton und fallweise in Stahl hergestellt. Materialgüte entsprechend der Detailstatik.

_Horizontale Bauteile:
Das Brückentragwerk selbst, ein dreizelliger Spannbetonhohlkasten, spannt sich als Einfeldträger über eine lichte Weite von 62m. Dem entsprechend wird auch die Lagerung gewählt. In den Hohlkästen werden alle Versorgungsleitungen geführt, mit Ausnahme der Gasleitung, die außen zwischen dem Pflanzgitter und der Betonoberfläche geführt wird.

_ Vertikale Bauteile:
Die vertikalen Lasten des Tragwerks werden über die Stahlbetonwände der Widerlager zur Fundierung hin abgetragen.
_Fundierung:
Entsprechend dem Bodengutachten erfolgt die Fundierung über Tiefgründungselemente im Neogen. Es ist beabsichtigt die bereits bestehenden Tiefgründungselemente in die Gründung des neuen Tragwerkes mit einzubeziehen.
_Beleuchtung:
Licht leitet, führt und bildet eine sichere Atmosphäre mit der Architekturder Brücke, womit diese einen hohen Wiedererkennungseffekt hat (new instagram location für Selfies).
Das Licht wird dabei an der Unterkante des Kunsthimmels angebracht. Es ist engstrahlend und leuchtet gleichmäßig den Kunsthimmel aus.
Durch die geschlossene Schale wird weiches Licht über die Decke nur im Innenraum abgebildet.
Durch spezielle Cut-off wallwasher entsteht auch an den Enden der Brücke kein Streulicht gegen den Himmel.
Die spezielle Lichttechnik erlaubt ein präzises Ausleuchten d.h. scharfe Begrenzung des Lichtes. Licht bleibt somit in der Brücke und wird nur gegen den Kunsthimmel gestrahlt. Durch den präzisen Cut-Off auf den Straßenraum wird kein direktes Licht in den Flusslauf der Mur geworfen, keine Störung des Flusshabitates.
Wird besonderes Augenmerk wird auf insektenfreundliches Licht gelegt, kommt ein besonders warmes Lichtspektrum 2700K und geringer zum Einsatz. Bei einem CRI>95 wird auch die Farbigkeit des Kunstwerkes optimal wiedergegeben, gleichzeitig eine um den Faktor 15 geringere Insektenanlockung erzielt. Nebeneffekt: erheblich geringerer Insektenflug verringert die Verschmutzung entscheidend.
Für den Menschen ist es bei Nacht das angenehmste Licht, ohne Einfluss auf seinen Hormonzyklus.
Nebeneffekt dabei ist, dass die Verschmutzung der Anlage durch erheblich geringeren Insektenflug verringert wird.
Die Fahrbahnausleuchtung ebenso in Darklight Sekundärtechnik ebenso aus der Unterkante des Kunsthimmels. Getrennt schaltbare Straßen- und Brückenbeleuchtung, die wie die Beleuchtung des Kunsthimmels während der Nachtzeit gedimmt wird. D.h. keine Lichtverschmutzung.
Die beiden Einheiten Indirekt und Direkt sind LED‘s der neuesten Bauweise mit 130lumen/Watt bei einer Lebensdauer von 100.000 Stunden durch besonderes Betreiben. Die Leuchteneffizienz liegt dabei bei 89%.
_ Akustik:
Schallschirm für die Stadt.
Durch die zylinderförmige Form des Cubus wird der Verkehrslärm daran gehindert in den Stadtraum zu gelangen. Absorbierende Innenschale aus Feinlochblech mit dahinterliegenden schallabsorbierenden Material. (Metallwolle aus Edelstahl bzw. Edelmetallspänen).
Gelochtes Feinblech mit Farbauftrag - Malerei (Lochung aus Entfernung unsichtbar).

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt stellt die These auf, dass Brücken Stätten sind, an denen sich die Stadt nicht nur begegnet, sondern sich neu zu erkennen gibt. Im Falle der Tegetthoffbrücke begegnen sich rechtes und linkes Murufer mit Aussicht auf die Flusslandschaft und Blick auf den Schlossberg.
Bestehend aus einem dreizelligen Spannbetonhohlkasten als Einfeldträger und darauf aufgesetzten zylindrischen ca. 20,5 m hoher Kunsthimmel aus Stahlblech mit schallabsorbierender Innenschalenkonstruktion, die Träger für den malerischen Kunsthimmel ist. Es wurde ein schlanker Brückenquerschnitt gewählt mit ca. 19m Breite, um dem Eindruck einer Überplattung entgegenzuwirken. Dadurch auch keine Trennung zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmer. Die Längsseiten der Brücke sind im Radius des zylindrischen Kunsthimmels gerundet und haben eine 5,0 m hohe Öffnung für uneingeschränkten Ausblick in und über die Flusslandschaft. An der Außenseite wird ein Gitternetz als Rankhilfe für partielle Bepflanzung vorgesehen und mit einem Sprinklersystem für die Bewässerung ausgestattet. Der Sprühnebel bewässert die immergrünen Pflanzen und kühlt die Oberflächen der Metallkonstruktion. Die vorgesehene Beleuchtung leuchtet gleichmäßig den Kunsthimmel aus. Durch die geschlossene Schale wird Licht vor allem im Innenraum abgebildet. Licht bleibt somit im Brückenraum/Straßenraum und vermeidet direktes Licht in den Flusslauf der Mur zur Vermeidung von Störungen des Flußhabitates.
Dieses Projekt ist eine erfrischende Vision einer Brücke als Begegnungsort in der Stadt. Die Verbindung der beiden Murufer mit einem räumlichen Kunstwerk wird von der Jury als ein großartiges stadträumliches Statement gesehen. In der Umgebung von Kunsthaus, Murinsel, Franziskanerkirche, Stadtwerke-Haus und Joanneum schlüssig kontextualisiert, thematisiert der Projektbeitrag Kulturbewusstsein im öffentlichen Raum. Ein sichtbares Zeichen mit Strahlkraft und Fernwirkung.
Von der Jury wird besonders gewürdigt, dass es sich bei diesem Beitrag nicht um ein rationales technisches Verkehrsbauwerk handelt, sondern um den Anspruch und Willen, den Neubau der Tegetthoffbrücke als Teil eines Städtebaues nach künstlerischen Grundsätzen zu sehen und über das Medium Kunst diesem Stück Stadt, diesem Ort, eine spezifische Atmosphäre und Haptik zu verleihen. Auch wenn technische Details und das Tragwerkskonzept gut beschrieben sind, ist für die Jury die Plausibilität des Brücken-Tragwerks aus der Kombination mit Einfeldträger und aufgesetzten Kunsthimmel nicht ganz schlüssig. Hervorgehoben wird der umfassende subtile Umgang wie z.B. mit Bepflanzung, Schallabsorbierung und Beleuchtung.