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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2019

Rathaus der Zukunft mg+ Mönchengladbach

4. Preis

Preisgeld: 21.000 EUR

shl schmidt hammer lassen architects

Architektur

Bollinger+Grohmann

Brandschutzplanung, Energieplanung, Tragwerksplanung, Fassadenplanung

Erläuterungstext

Unsere Vision
Mit dem Rathaus der Zukunft sehen wir eine einmalige Chance, nicht nur für Mönchengladbach, sondern auch auf internationaler Ebene einen neuen Standard für moderne und gesunde Gebäude zu setzen. Von der anspruchsvollen Auslobung motiviert sehen wir alle Voraussetzungen gegeben ein Rathaus zu entwickeln welches als internationales Vorbild fungieren kann.

Unser architektonischer und städtebaulicher Ansatz lässt sich in folgenden 3 Leitmotiven zusammenfassen.

Leitmotiv - Kommunikation
Im Mittelpunkt unseres Entwurfes steht der Mensch. Alle Entscheidungen für den Entwurf und die städtebauliche Eingliederung zielen darauf ab ein Gefühl der Inklusion zu schaffen und positive Interaktion und Kommunikation zwischen Menschen zu fördern. Das bedeutet die Berührung zwischen Administration und Bürger, als auch Menschen aus der gesamten Region. Die Einwohner Rheydts sollen das Rathaus als Gemeindezentrum sehen das als multifunktionaler Treffpunkt fungiert und verschiedenste Nutzungen (Freizeit, Einzelhandel, Dienstleistungen, Gesundheitswesen, Verwaltung) vereint. Um dies zu erreichen haben wir die diversen Nutzungen strategisch so positioniert das Innen und Außen optimal interagieren und so das Straßenbild rund um die Uhr aktiviert ist. Wir haben Räume geschaffen, in denen beispielsweise Yoga am Morgen, Ballspiele auf einer Großleinwand, Arbeitsmittagessen, Feiertagsmärkte, Spielverabredungen, Bürgerversammlungen und andere Veranstaltungen stattfinden können, die das Ensemble zu einem natürlichen Treffpunkt für die Öffentlichkeit machen.

Leitmotiv – Cradle to Cradle
Wir haben die sieben Leistungsmerkmale, wie sie in der „Erweiterten Nachhaltigkeit Cradle to Cradle“ vorgeschlagen wurden, genutzt, um einen ganzheitlichen Ansatz für Nachhaltigkeit im Projekt sicherzustellen. Diese sieben Säulen waren in der ersten Phase wichtige Leitlinien. Seitdem haben wir hart daran gearbeitet diese in den Entwürfen zu realisieren.
Kontinuierlicher Materialkreislauf spielt in unserem Ansatz eine besondere Rolle. Daher erhalten wir den größtmöglichen Teil des Bestandes. Im nächsten Schritt wird sämtlicher Bauschutt auf Wiederverwertbarkeit überprüft. Zudem nutzen wir Holz als primären Baustoff für sämtliche Neubauten. Dies führt zu einer Reduzierung der CO2 - Emissionen um 25% im Vergleich zu herkömmlichen Bauweisen.

Leitmotiv - Innovation
Ein modernes Rathaus sollte die physische Manifestation von Demokratie sein und somit zeitgenössische Strömungen und Strukturen in der Gesellschaft widerspiegeln. Um dies zu reflektieren muss das Rathaus der Zukunft offen, einladend und transparent sein. Während des Entwurfsprozesses der Fassaden wurde sorgfältig darauf geachtet, dass die innere Funktion durch Blickbeziehungen am urbanen Leben teilnimmt und von außen wahrgenommen werden kann.
Innovation ist nicht unbedingt eine Frage des Standes der Technik, sondern viel mehr eine Frage des innovativen Umsetzens vorhandenen Wissens.
Wie das Blatt 10 zeigt, setzen wir auf eine große Bandbreite von Lösungen. Teils neu, teils alt, aber bahnbrechend und anspruchsvoll kombiniert, um Anforderungen eines Rathauses der Zukunft gerecht zu werden.

Rathaus der Zukunft mg+, Mönchengladbach
Erläuterungsbericht Städtebau und Architektur




Bauphasen
Der Rathauskomplex in Mönchengladbach “Rathaus der Zukunft mg+” ist ein komplexes Projekt, das über einen längeren Zeitraum realisiert wird. Um sicherzustellen, dass während des gesamten Entwicklungsprozesses maximale Funktionalität und Raumqualität gegeben ist schlagen wir drei strategische Entwicklungsebenen vor.

Funktionalität:
Die wesentlichen Funktionen werden minimal beeinträchtigt. Dies soll durch kontinuierlichen und ungestörten Verkehrsfluss sichergestellt werden. Zudem wird die Bauzeit durch Holz als primären Baustoff deutlich verkürzt.

Urbane Transformation:
Bei einem Projekt dieser Größe ist es wichtig Veränderung von Beginn an spürbar zu machen. Verschiedene Veranstaltungen sind dazu angedacht lokale Identität/Kultur zu fördern und in das Projekt einfließen zu lassen. Durch Einbezug der Öffentlichkeit wird das Projekt langfristig von höherem sozialem und wirtschaftlichem Wert sein.

Materialkreislauf:
Trotz des Anspruches den größtmöglichen Teil des Bestandes zu erhalten, werden bestimmte Baukörper nicht erhalten werden können. Wir möchten jedoch sicherstellen, dass ein hoher Anteil der abgerissenen Gebäude in Folgeschritten wiederverwertet werden kann.





Urbane Transformation
Damit das neue Rathaus seinen eigenen Anforderungen gerecht wird und die Transformation von Rheydt und Mönchengladbach vorantreibt, reicht eine schöne Architektur oder Funktionalität alleine nicht aus. Das Projekt muss eine gründliche und robuste Strategie zur Revitalisierung des Gebiets umsetzen und das Image der Stadt neu definieren.

Im Mittelpunkt der Strategie steht das Verständnis, dass gute Städte so konzipiert sind, dass Menschen sich treffen, Ideen austauschen, handeln oder einfach nur entspannen und genießen können. Der öffentliche Bereich der Stadt - ihre Straßen, Plätze und Parks - ist die Bühne und der Katalysator für diese Aktivitäten.

Unsere Strategie lässt sich deshalb wie folgt zusammenfassen:

Menschen.
Erstellen eines Straßenbildes mit menschlichem Maßstab

Wir werden sehr darauf achten, dass die Angebote des Ensembles ein abwechslungsreiches und attraktives Netzwerk von Passagen, Straßen und Plätzen mit unterschiedlichen Charakteren bildet und dabei den menschlichen Maßstab beachtet. Autos und Parkplätze werden von den Straßen ferngehalten, FußgängerInnen und Fahrradfahrerinnen werden priorisiert.

Funktionen.
Verwenden von Funktionen, die die Straße aktivieren

Das Ensemble bietet eine Reihe von aktiven Funktionen, die wir als wichtige Elemente betrachten, um Leben und Menschen in das Gebiet zu bringen. Öffentliche und freie Funktionen sind strategisch günstig gelegen, um alle Teile des Bereichs zu aktivieren.

Grün.
Platz für Begrünung und Pausenplätze schaffen

Bäume, Sträucher und Blumen sind wichtige Bestandteile für einen funktionierenden Stadtraum. Der Grünraum lädt Menschen zum Innehalten, Reden und Austauschen ein. Wir ersetzen die vielen harten Oberflächen durch Gras und Bäume, die Menschen (und Tiere) genießen können, nicht nur auf Straßenniveau, sondern auch auf den Gebäuden.

Blau.
Wasser als eine urbane Qualität.

Unsere Strategie für den Umgang mit Wasser - sowohl bei der Wiederverwendung als auch bei der Bewältigung der extremen zukünftigen Regenfällen - soll das Leben von Menschen, Pflanzen und Tieren verbessern. Wir sammeln und/oder speichern Wasser in Boden, Pflaster und Kanälen. Für die Nutzer im Straßenbild wird dies als ein angenehmeres Mikroklima (durch Verdunstung und Luftfeuchtigkeit) wahrgenommen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf überzeugt das Preisgericht mit einer für den städtebaulichen Kontext fein ausdifferenzierten städtebaulichen Figur. Durch die Anordnung von kleinformatigen Gebäudeteilen, die sowohl in ihrer Höhenstaffelung als auch in ihren horizontalen Proportionen variieren, wird ein atmosphärisches urbanes Geflecht aus Straßen, Gassen und Plätzen generiert. Der Entwurf schafft es hierdurch, überzeugende urbane Qualitäten zu entwickeln, ohne sich jedoch des Bildes einer klassischen überdachten Mall bedienen zu müssen. Begrünte Stadtbalkone, zahlreiche Treppen und Terrassierungen, Spielplätze und Sitzgelegenheiten versprechen vielfältige Aufenthaltsqualitäten rund um das neue Rathausquartier.
Positiv bewertet die Jury insbesondere die Durchlässigkeit in der Erdgeschosszone, die vielfältige Flaniermöglichkeiten bietet und unterschiedliche Platzangebote macht. Gleichzeitig wird jedoch in der Jury diskutiert, ob die Belebung dieser Außenräume stets gleichermaßen und zu allen Zeiten gelingen mag.
Die Innenräume und Arbeitsplätze sind durchgehend gut strukturiert und belichtet. Die vorgeschlagenen räumlichen Strukturen versprechen im Zusammenspiel mit den gegliederten Baukörpern und eingewobenen Innenhöfen zukunftsweisende Arbeitswelten mit der Möglichkeit zur Ausbildung von unterschiedlichen Cluster- und Teambereichen. Hinsichtlich der gewünschten Zusammenführung und engen Vernetzung der unterschiedlichen Abteilungen und Bereiche des Rathauses erscheinen die wenigen Verbindungselemente jedoch als derzeit zu gering und ausbaufähig.
Der vom Rathausensemble abgerückte und leicht verdrehte Bibliotheksbaukörper vermag eine besondere Aufmerksamkeit im Stadtraum zu generieren und entwickelt einen eigenen Ansatz für das Verständnis einer zukünftigen Stadtbibliothek. Im Zusammenspiel mit dem angegliederten Café und der Außentreppe kann es als eine Art „urbanes Wohnzimmer“ gelesen werden. Kontrovers wird dennoch von der Jury sowohl die stadträumliche Qualität der Verdrehung als auch die deutliche Übererfüllung des vorgegebenen Raumangebotes diskutiert.
Positiv wird bewertet, dass die Sparkasse ebenfalls vom Platz aus erschlossen wird. Die Abstandsflächen wurden an der Südostecke zu den Fremdgrundstücken eingehalten. Besonders hervorgehoben wird an dem Entwurf auch seine Wirtschaftlichkeit. Hierzu trägt auch maßgeblich bei, dass die Entwurfsverfasser das bestehende Sparkassengebäude erhalten und weiter transformieren. Gleichzeitig wird hinterfragt, ob sich die Erhaltung des Bestands langfristig wirtschaftlich auswirkt.
Die Lage der Servicezone ist vom Marktplatz sehr gut auffindbar angeordnet. Kritisch bewertet wird jedoch, dass hierdurch ein Teil der Karstadt-Flächen entfällt und die Funktionen des Servicezentrums vertikal gestaffelt wurden, was die Übersichtlichkeit und Erschließung erschwert.
Wirtschaftlich, energetisch, baukonstruktiv und in Bezug auf die geforderten Nachhaltigkeitsaspekte wirkt der Entwurf sehr sorgfältig und umfassend durchdacht. Die Ganzglasfassade wird dem energetischen Anspruch jedoch nicht in Gänze gerecht. Die vorgeschlagene Hybridkonstruktion erscheint insbesondere auf dem Karstadt-Gebäude als eine richtige und zukunftsweisende Antwort für die vertikale Erweiterung des Bestandsgebäudes. Kritisch dagegen werden die Eingriffe und Flächenreduktionen sowie die überdimensionierte Anzahl der Eingänge für das Karstadt-Gebäude selbst gesehen.