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Offener Wettbewerb | 11/2019

Neubau der Staatlichen Realschule Kemnath mit 3-fach-Turnhalle

Anerkennung

Preisgeld: 25.000 EUR

GD - Die Planer Leipzig GmbH

Architektur

RSP Freiraum GmbH

Landschaftsarchitektur

ventury GmbH

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Der bestehende Schulkomplex an der verlängerten Pommernstraße/ Badstraße sollte einen städtebaulichen Abschluss erhalten. Deshalb schlagen wir vor, das neue Realschulgebäude mit zugehöriger Turnhalle auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu errichten. Die dort befindlichen Sportflächen werden in das Gesamtensemble integriert. So können 3 Basketballfelder und zwei Volleyballfelder auf dem Dach der neuen Sporthalle angeordnet werden.

Die in Richtung Bernsdorfer Straße verlängert Badstraße sollte im Bereich des neuen/ alten Schulzentrums perspektivisch für den Durchgangsverkehr gesperrt werden, sodass ein Schulcampus entsteht, der für die Schüler aller Altersklassen vielseitig und vor allem sicher genutzt werden kann. Gleichzeitig wird dadurch der Durchgangsverkehr in die Wohngebiete um die Pommersche Straße reduziert.

Der neue, vergrößerte Busbahnhof wird auf die andere Seite des Flötzbaches angelegt und bildet gleichzeitig den Auftakt für das neue Sportfeld des SV Schwarz-Weiß Kemnath e.V., das sich im Bereich des nicht überbaubaren Bodendenkmals „Mittelalterliche Wüstung Altenkemnath“ befindet. Mit in den Busbahnhof können das Aufwärm- und Funktionsgebäude für den Sportpark sowie zusätzliche PKW-Stellplätze integriert werden. Über den Busbahnhof wird nicht nur der Schülertransport gewährleistet, sondern es wer-den auch das gesamte Schulzentrum einschließlich Mehrzweckhalle, Schwimmbad, der Sportpark sowie das neue Wohngebiet an den ÖPNV angeschlossen.

Von besonderer Bedeutung für das betrachtete Gesamtgebiet ist die Flussaue des Flötzbaches. Diese sollte in ihrer natürlichen Ausformung erhalten bleiben. Dies stellt neben dem städtebaulichen Abschluss des jetzigen Schulgeländes aus unserer Sicht den zweiten wichtigen Grund dar, warum die neue Realschule mit den notwendigen großen Baumassen nicht an diesem Standort errichtet werden sollte. Wir schlagen vor, stattdessen mit einer lockeren Bebauung in einer parkähnlichen Landschaft die bereits begonnene Wohnbebauung auf der Bernsdorfer Straße fortzusetzen und gleichzeitig einen großen Teil des ursprünglichen Landschaftraumes zu erhalten. Die Flussaue soll vor allem der fußläufigen Anbindung von Schulcampus, Busbahnhof, Sportpark und Wohngebiet an das Stadtzentrum dienen und das grüne Rückgrat der neuen Bebauung bilden.

Wohngebiet Struktur und Freiraumgestaltung
Das Wohngebiet bietet Platz für vielfältige Wohn- und Gebäudeformen. Neben der bereits erwähnten lockeren Bebauung mit kleineren Stadtvillen entlang der Flussaue des Flötzbaches verdichtet sich die Bebauung nordwestlich der Bernsdorfer Straße mit kompakteren und größeren Stadtvillen und bildet ein kleines Wohngebietszentrum. An einer Ringstraße schließen sich wiederum größere Wohnhöfe mit Reihen- und Einzelhäusern an. Herzstück dieser Wohnhöfe ist jeweils ein halböffentlicher Grünbereich, der mit den Hausvorgärten, einer begrenzten Zahl an PKW-Stellplätze, identitätsstiftenden Großgrün, unterschiedlich befestigten Pflasterflächen, Wasserelementen und Stadtmöblierung an einen historischen Dorfanger erinnert. Zur Ringstraße werden diese Wohnhöfe jeweils durch ein größeres Mehrfamilienhaus (Ausbauhaus für Baugemeinschaften) gefasst. Die Verbindung der Ausbauhäuser mit den anschließenden längeren Reihenhäusern erinnert an die für Kemnath typischen Scheunenzeilen, die oftmals ebenfalls mit einem oder mehreren querstehenden Kopfbauten abschließen und verstärken so die identitätsstiftende Wirkung der Wohnhöfe.

Übergeordnete Freiraumgestaltung
Es wird vorgeschlagen, die drei Baugebiete (Schulcampus, Sportpark, Wohngebiet) mit einem äußeren Grünzug zu fassen und mit den angrenzenden Stadtteilen zu verbinden. Der Grünzug wird ergänzt durch einen umlaufenden Rad-/Fußgängerweg der an vielen Stellen an das vorhandene bzw. neu errichtete Wegenetz der unterschiedlichen Bau- und Bestandsgebiete anschließt. Der Naturraum der Flößbachauen soll erhalten und erweitert werden, dabei ziehen sich Großgrünstrukturen aus einheimischen und ortstypischen Bäumen und Sträuchern fingerartig in die Wohnbebauung und den Sportpark.

Schulcampus Struktur
Die beiden neuen Gebäude (Sporthalle und Realschule) sind so konzipiert, dass sie mit den bestehenden Gebäuden Mehrzweckhalle, Grund- und Mittelschule eine städtebauliche Einheit bilden. Dabei werden Baufluchten und Baulinien der Bestandgebäude aufgenommen, einzelne strukturbestimmende Flächen des Bestandes spiegeln sich in den neuen Gebäuden wider. Gleichzeitig werden neue städtebauliche Räume entwickelt, die dann im Endzustand den neuen Schulcampus bilden, vielseitig gestaltete Freiräume, die von den Schülern vor, während und nach dem Unterricht für sportliche Aktivitäten aber auch für Kommunikation und Kontemplation genutzt werden können.

Realschule Konzept
Der Schulcampus zieht sich direkt in das Gebäude der Realschule hinein und findet sein Gegenstück in der zentralen Pausenhalle, die auch als Aula und Mehrzweckhalle genutzt werden kann. Direkt zugeschaltet sind die Musik- und Multifunktionsräume, die in die Veranstaltungskonzepte einbezogen werden können. Unmittelbar dahinter, direkt am Landschaftsraum Mühlgraben ordnen sich die Kunst- und Werkräume ein, deren Außenterrassen mit für kreative Prozesse genutzt werden können.
Im Zentrum des Gebäudes, zwischen Nord- und Südflügel ist die Mensa mit Schülercafe, Speisesaal und Lehrküche angesiedelt. Sie öffnet sich zu einem ruhigen, kontemplativen Innenhof, der zum Landschaftsraum Mühlgraben geöffnet ist. An diesen Ruhehof gliedert sich auch die Lehrerlounge und die zentrale Verwaltung an, die direkt vom Anlieferbereich aber auch vom Hauptzugang gut zu erreichen ist.
Die Sitzstufen in der Pausen- und Mehrzweckhalle bilden gleichzeitig eine große Freitreppe, die in das 1.OG führt und dort in einen zentralen Lernbereich mündet, der wiederum mit einem weiteren Innenhof verbunden ist. Im 1.OG befinden sich die gesamten Fachkabinette einschließlich der zugehörigen Unterrichtsräume. Die einzelnen Fachunterrichtsräume werden zu Clustern zusammengefasst, bestehend aus Lehr- und Übungssälen sowie Vorbereitungs- und Nebenräumen. Über mobile Trennwände können größere Raumeinheiten gebildet werden.
Im 2. und 3.OG befinden sich die allgemeinen Unterrichtsräume. Durch die Grundrissstruktur und die Zweispännigkeit entstehen viele individuelle Lernräume, die in die Unterrichtsgestaltung mit einbezogen werden können. Die zentrale Bibliothek verbindet die beiden Unterrichtsgeschosse und liegt an einem weiteren Innenhof im 3.OG.

Sporthalle Konzept
Die Dreifeld- Sporthalle besteht aus vier Ebenen. Im Untergeschoss befindet sich die zentrale Tiefgarage die über einen kurzen Tunnel mit dem Schulgebäude verbunden ist. Im Erdgeschoss befindet sich die eigentliche Sporthalle mit einer vorgelagerten Eingangs- und Umkleidezone. Auf der gegenüberliegenden Seite schließen sich die Geräteräume an die Halle an. Im 1.OG befinden sich weitere Umkleide- und Waschräume die für die Außenanlagen und die Dachsportflächen genutzt werden. Über den Geräteräumen an der Nordseite befindet sich die Energiezentrale des Schulkomplexes. Das Dachgeschoss bietet Platz für drei Basketball- und zwei Volleyballfelder und zugehörigen Vorbereitungs- und Sportunterrichtsräumen.

Energie- und Wärmekonzept
Am Standort existiert bereits ein BHKW, dass mit Biogas betrieben wird. Es wird empfohlen eine zweite Energiequelle zuzuschalten. Dafür bietet sich auf Grund der vorhandenen Gewässer eine Grundwasser-Wärmepumpe an, sofern dies nicht möglich ist, eine Erdsonden-Wasser-Wärmepumpe. Über die Wärmepumpe ist es möglich, nicht nur den Wärmebedarf sondern auch den Kältebedarf des Schulkomplexes zu decken. Dazu wird die Bauteilkernaktivierung der Stahlbetondecken genutzt, sodass auch in den Sommermonaten ein behagliches Raumklima gesichert werden kann. Ziel ist es, keine fossilen Brennstoffe für die Heizung und Kühlung des Gebäudes zu verwenden. Es ist möglich, zusätzlich Photovoltaik auf und an dem Gebäude anzuordnen, sodass in der Jahresbilanz das Gebäude mehr Energie in die Stromnetze einspeist als aus diesen erhält (Plusenergiehaus). Beide Gebäude (Schule und Sporthalle) erhalten eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, die Kühlung erfolgt wie bereits beschrieben über die Bauteilaktivierung.

Schulgebäude Baukonstruktionen und Innenraumgestaltung
Die Tragkonstruktion des Gebäudes ist eine Stahlbetonskelettkonstruktionen die mit großen Spannweiten eine maximale Flexibilität auch für neue Lernformen ermöglicht. Die Außenfassaden werden als hochdämmende Holz-Glas-Verbundkonstruktionen ausgeführt. Vor der Holzfassade wird eine horizontale und vertikale Konstruktion aus lisenenförmigen Stahlbetonfertigteilen angeordnet, die die Fassaden strukturieren und gleichzeitig Witterungs- und Brandschutzfunktionen (Brandriegel) für die Holzfassaden übernehmen. Der innovative und nachhaltige Werkstoff Holz der Fassaden erfüllt nicht nur thermische Anforderungen, sondern wirkt sich durch seine beruhigende und warme Ausstrahlung auch positiv auf Aufnahmebereitschaft und Konzentrationsfähigkeit der Schüler aus. Er wird daher auch bei der Innengestaltung in vielfältiger Form verwendet, z.B. für Deckenkonstruktionen, Einbauten, Trennwände, Mobiliar, Schall- und Akustikelemente.

Schulcampus Bauabschnitte
Der Schulcampus wird in mehreren Bauabschnitten errichtet. Als erstes wird die neue Sporthalle mit den Energiezentralen errichtet. Danach können weitere vorhandene Sporteinrichtungen auf dem Baufeld des Schulgebäudes zurückgebaut werden. Gleichzeitig ist die sichere Anbindung der Grund- und Mittelschule an die Sportstätten gesichert. Im zweiten Bauabschnitt wird das eigentliche Realschulgebäude einschließlich der unmittelbar zugehörigen Außenanlagen errichtet. Mit Fertigstellung kann der Schulbetrieb vollumfänglich aufgenommen werden. In einem nachgelagerten dritten Bauabschnitt kann der Busbahnhof verlegt und der gemeinsame Schulcampus fertiggestellt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich überzeugt der Entwurf durch eine reizvolle Idee. Anstatt den neuen Schulkomplex westlich des Flötzbachs zu verorten, wird er als kompakter Baukörper im Wettbewerbsgebiet nördlich der Badstraße in unmittelbarer Nähe zur bestehenden Schulsportanlage platziert. Dadurch gelingt es, einen zusammenhängenden Schulcampus zu realisieren, bei dem alle Bausteine einen starken Bezug zueinander aufweisen. Auch für die zukünftige Nutzung des Areals der bestehenden Realschule bietet sich ein interessantes Entwicklungspotential. Durch die Verkehrsberuhigung der Badstraße können alle öffentlichen Gebäude auf kurzen, sicheren Wegen über attraktive Aufenthaltsbereiche im Freien miteinander verbunden werden. Es wird jedoch die Chance verpasst die Fläche der Badstraße in eine zusammenhängende Freiraumgestaltung aufgehen zu lassen.
Zudem besteht durch diese städtebauliche Setzung die Chance, die Flächen beidseits der Berndorfer Straße für Wohnungsbau zu nutzen, der hier von der attraktiven Lage an der Flussaue des Flötzbachs profitieren kann. Seine Körnigkeit entspricht in weiten Teilen dem Maßstab Kemnaths. Dieser Ortsbezug zum Bauen im ländlichen Raum ist bei der exemplarisch dargestellten architektonischen Gestalt der Gebäude jedoch noch nicht in ausreichender Form erkennbar. Die für das durchgrünte Wohngebiet vorgeschlagene Struktur passt zum peripheren Standort.
Durch die sich zum Naturraum öffnenden Baufelder ergibt sich ein angemessener Übergang zwischen Stadt und Landschaft. Allerdings lässt die radiale Anordnung einen konkreten Bezug zur bestehenden Topographie vermissen. Der neue Busbahnhof erstreckt sich zwischen der Berndorfer Straße und dem Flötzbach nördlich der Badstraße. Diese Lage wird konsequent aus dem städtebaulichen Konzept abgeleitet. Allerdings bleibt die Funktionalität des Verkehrsbauwerks unklar. Die aus einer Modulation des Landschaftsraums abgeleitete Überdachung führt zu einer starken Überformung des Geländes. Dabei wird auf das Bodendenkmal und die privaten Grundstückflächen nicht in ausreichendem Maß Rücksicht genommen. Es wäre eine Neuorganisation des Busbahnhofs mit Wendemöglichkeiten notwendig, da eine Weiterführung des Busverkehrs über den südöstlichen Abschnitt der Badstraße nicht möglich ist. Durch die Verkehrsberuhigung der Badstraße entfallen notwendige Parkplätze für die Stadthalle, die an einer anderen Stelle gegebenenfalls in Verbindung mit dem neuen Busbahnhof nachgewiesen werden müssten. Auch die Anordnung der 80 PKW-Stellplätze für die Realschule in einer Tiefgarage wird bezüglich der Aspekte der Wirtschaftlichkeit, des Hochwasserschutzes und der Angemessenheit an diesem Standort kontrovers diskutiert. Der kompakte Schulbaukörper passt zum pädagogischen Konzept der Realschule mit einer Mischform aus Fachraumprinzip und Lehrerraumprinzip. Aufgrund der Kompaktheit besitzen die Erschließungsräume nur in Teilbereichen ausreichende Möglichkeiten zur Kommunikation und sozialen Interaktion. Die Aula wird an zentraler Stelle beim Eingang zum Herzstück des neuen Schulgebäudes. Es wäre jedoch zu überprüfen, ob durch die versetzten Lichthöfe eine großzügige Belichtung der zentralen Bereiche gewährleistet ist. Die entfernte Lage des Lehrerbereichs zum Haupteingang und die Erschließung über den Mensabereich kann nicht überzeugen. Zusammen mit dem Komplex der Dreifachsporthalle besitzt der in Teilen viergeschossige Baukörper des Schulgebäudes eine sehr städtische Artikulation. Dazu trägt die Gestaltung der Fassaden bei. Auch die Verlagerung der bestehenden Hartplatzfelder auf das Dach der neuen Turnhalle wirkt im ländlichen Raum fremd, ist aber den beengten Platzverhältnissen geschuldet. Eine direkte Verbindung zwischen der Realschule und der Turnhalle wäre wünschenswert, um ganzjährig einen witterungsgeschützten Zugang zu ermöglichen.
Von städtebaulicher Seite bietet die Arbeit zahlreiche interessante Ansätze, die die einzelnen Bereiche im Wettgewerbsgebiet zu einem überzeugenden Gesamtensemble zusammenzuführen. Im Bereich der städtebaulichen Erschließung und der gebäudetypologischen Organisation des Schulgebäudes müssten allerdings größere Anpassungen erfolgen. Die Kenndaten lassen eine wirtschaftliche Realisierung erwarten.
Lageplan

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