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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2019

Neubau Betriebs- und Verwaltungsgebäude der TWS in Ravensburg

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 30.000 EUR

Architekturbüro Josef Prinz BDA

Architektur

Erläuterungstext

Das Projekt Neubau Betriebs- und Verwaltungsgebäude der TWS in Ravensburg Ravensburg in der Ravensburger „Bahnstadt“ an der Schnittstellen Bahnhof, Industrie und angrenzend zur Altstadt erfordert eine sehr differenzierte Auseinandersetzung mit den funktionalen und gestalterischen Rahmenbedingungen der städtebaulich teils historisch stark geprägten Umgebung.

Städtebauliche Zielsetzungen, Einbindung und Freiraum Der Bereich der Ravensburger „Bahnstadt“ ist geprägt durch straßenraumbegleitende Blockstrukturen aus Additionen von verschiedenen, unterschiedlich großen aber jedes für sich doch den Straßenraum stark prägende Einzelgebäuden.
Die vorgeschlagene Gebäudestruktur für die „Erweiterung“ folgt dieser stadtgeschichtlichen Entwicklung und schreibt das bereits durch das jetzige Gebäude der TWS an dieser Stelle begonnen fort und führt es zu einem städtebaulichen Abschluss. Die Ecken des Areals sowie der Umlenkpunkt im Straßenraum werden durch deutliche Gebäudevolumen und die Überhöhung auf 6-Geschosse neu markiert. In Fortschreibung auch der Zielsetzungen des Medienhauses mit der jeweiligen Überhöhung der Ecken erhält der gesamte Bereich eine sinnfällige städtebauliche Akzentuierung und Abrundung.

Das neue Gebäude orientiert sich in seiner städtebaulichen Ausformulierung an den vorgefundenen gewachsenen und historisch gefestigten Randbedingungen. Ziel ist eine bestmöglichste Integration bei gleichzeitig zurückhaltenden, angemessenen und behutsam Identität stiftenden Erkennungswert in die jetzige Umgebung.
Das neue Gebäude soll zum Bestand fortschreibend sich selbstverständlich, zurückhaltend und unaufgeregt der Situation und der Nutzung angemessen präsentieren: in einer typologisch modifizierten Lochfassade, die behutsam gestaltprägend die vorgefundenen Strukturen und Körnungen des bestehenden Gebäudes der TWS aufnimmt und, ohne sich in den Vordergrund drängen zu wollen, fortführt und zu einem neuen, gesamten zusammenführt. Das neue Gebäude, zusätzlich gestützt durch die maßstäbliche Höhenentwicklung und die sensible Profilierung der Lisenen und Gesimse, situiert sich in der Reihe und vervollständigt die städtebauliche Situation. Die Abstufung auf 3 Geschosse im Hauptbaukörper reagiert unmittelbar auf das denkmalgeschützte Nachbargebäude und trägt zu einer angemessenen Einfügung dessen bei. Weiter wird eine gute Überführung der Gebäudehöhen in die angrenzenden Bauteile der TWS im Lagerbereich und die nördlich angrenzenden Industriebereiche ermöglicht.

Diese Zielsetzungen der behutsamen Integration zu einem Ganzen bei gleichzeitiger zurückhaltender Selbstdarstellung wird durch die vorgeschlagene Materialität und Farbgebung gestützt: grau gelbliche Sichtbetonlisenen und Gesimse korrespondieren mit den Gesimsen und Gewänden des bestehenden Gebäudes.

Erschließung Das Gebäude der Erweiterung wird an der Ecke Georgstrasse/ Schussenstraße über das neue Kundenzentrum erschlossen. In diesem Bereich sind die barrierefreien Stellplätze und die Fahrradabstellplätze untergebracht. Der Veranstaltungsbereich wird wie gewünscht separat erschlossen. In die Obergeschosse gelangt am entweder über die Treppenhäuser im Neubau oder über die Verbindungen vom bestehenden Gebäude. Die Tiefgarage kann analog zu der bisherigen inneren Organisation problemlos erweitert werden, die Zugänge zum Neubau befinden sich ebenfalls in der Tiefgarage.

Gebäudetypologie, Flexibilität, Funktionalität Das Gebäudekonzept orientiert sich an den vorgegebenen und stimmigen Funktionsabläufen des bestehenden Gebäudes und den Zuordnungen innerhalb des neuen Verwaltungsgebäudes Die einzelnen Bereiche können aufgrund der gewählten Gebäudetiefe und Achsmassen der Konstruktion sehr flexibel zwischen Großraumbüro, Kombibüro bzw. Business Clubs oder in Mischformen organisiert werden. Den angrenzenden Dachflächen zugeordnet ermöglichen angemessen dimensionierte Austritte den Aufenthalt im Freien während der Arbeitspausen. Die Cafeteria ist im 6. Obergeschoss angeordnet, mit einer überdeckten Dachterrasse und einem schönen Ausblick für alle auf die Türme der Altstadt von Ravensburg.
Das Gebäude lässt sich aufgrund der übersichtlichen Anordnung der dienenden Kerne und Erschließungen bei Bedarf gut in unterschiedliche Nutzungseinheiten aufteilen.

Konstruktion, Wirtschaftlichkeit Das Gebäude soll in einer Hybridbauweise aus Holz und Beton entstehen. Erdberührende Bauteile aus Stahlbeton. Im Erdgeschoss Wände, raumbildende Körper, Stützen Decke ebenfalls aus Stahlbeton, die Auskragungen, die Einbindung der aufsteigenden Kerne und die erhöhten Anforderungen an die Steifigkeit und den baulichen Brandschutz können somit sehr gut bewältigt und erfüllt werden. Erschließungen und Kerne zur Aussteifung des Gebäudes über alle Geschosse ebenfalls in Stahlbeton.
Die Tragkonstruktion der Obergeschosse soll in Holzbauweise mit entsprechenden verbindenden Betonbauteilen erfolgen. Stützen aus Holz im Fassadenbereich und im Mittelbereich des Gebäudes in engem Raster minimieren die Spannweiten, Deckenbalken aus Holz mit Aufbeton. Hergestellt als Verbundfertigteile, Montage und Trocknungszeiten werden entsprechend minimiert.
Die gewählte Hybridbauweise ermöglicht eine wirtschaftliche Erstellung bei hoher technischer und innenräumlicher Qualität.

Energie und Ökologie, Ressourcen Angestrebt wird eine anspruchsvolle, technisch innovative und dennoch einfache, den heutigen Anforderungen an ein öffentliches Gebäude gerecht werdende, technische Installation.
Für den anzustrebenden sinnvollen Einsatz von erneuerbaren Energien wird eine gute und tragfähige Grundlage gegeben. Durch sinnvollen Einsatz von Passivhauskomponenten und den nachhaltigen Baustoffen wird ein nachhaltiges und ökologisch zeitgemäßes Gebäude entstehen können.

Der Fensteranteil mit ca. 45 % zur Fassadenfläche trägt zur thermischen Behaglichkeit bei. Es erfolgt ein minimierter Eintrag der Wärme durch außenliegenden effektiven Sonnenschutz aus Lamellen. Diese bieten trotz Ihrer Effizienz im Sonnenschutz die Möglichkeit den Ausblick zu erhalten und Tageslicht zu lenken. Zu öffnende Fenster mit kontrollierbarem Einstellgrad können teilweise zur Nachtauskühlung herangezogen werden und bieten hohen Benutzungskomfort zur individuellen Benutzung ergänzend zu den mechanischen Anlagen. Die Massivbauteile bzw. Anteile der Decken und der tragenden Kerne bieten ausreichend Speichermasse. Abhangdecken können in der Regel auf die Bereiche der Leitungstrassen begrenzt bleiben bzw. in Teilbereichen in die Raumzonen überführt werden.
Die Stromerzeugung mittels Photovoltaik kann maßgeblich zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien beitragen. Die Dachflächen können ausnahmslos bestückt werden, zur Wartung einfach erreichbar über die entsprechenden Austritte in den Geschossen. Die Fassadenflächen können im Brüstungsbereich ebenfalls bestückt werden. Die Fassadenausfachungen sind insgesamt mit der Verbindung der Anforderungen an Tageslicht, individueller Lüftung, Sonnenschutz, Blendschutz und Träger der Photovoltaik ein sehr leistungsfähiger und flexibel den einzelnen Anforderungen weiter optimierbarer Bestandteil des Gesamtkonzeptes des Gebäudes.

Zur Be- und Entlüftung der Büroräume könnte eine kombinierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz kommen. Die Luftverteilung würde in den abgehängten Decken der Flure erfolgen.

In einer künftigen intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit mit den entsprechenden Ingenieuren in Zuge der weiteren Planungsphasen werden diese sinnvollen Zielsetzungen und beabsichtigten Maßnahmen weiter untersucht und präzisiert.
Die Dachflächen sollen unterhalb der Kollektoren ein wasserrückhaltendes Substrat erhalten.

Freianlagen Die Freiflächen sind einfach und der Funktion gemäß eindeutig ausgerichtet gestaltet. Die asphaltierten Gehwegbereiche werden ans Gebäude herangeführt. Zum Gebäude schützt ein Heckenstreifen die im Erdgeschoss angeordneten Büros vor direktem Zutritt und Einblick. Die bereits im Innenhof sehr schöne Zonierung der befestigten Flächen und der begrünten Flächen wird in diesem Sinne fortgeführt bis ans neue Gebäude und ergibt somit auch im Freibereich ein abgerundetes, selbstverständliches, gut ablesbares und stimmungsvolles Ganzes mit hoher Aufenthaltsqualität.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser erarbeitet ein Konzept zum Thema „Weiterbauen“. An der vorgesehenen Anschlussstelle zur Erweiterung an das Bestandsgebäude der TWS fügt sich das neue Bauwerk direkt ohne Ausbildung einer Fuge so an, dass ein schlüssiger, in den Höhenentwicklungen differenziert gestalteter Gesamtbaukörper entsteht. An der Schussenstraße wird die vorhandene Viergeschossigkeit des Bestandes mit einspringendem Erdgeschoss weitergeführt, städtebaulich richtig an der Ecke Schussenstraße / Georgstraße eine sechsgeschossige quadratische Eckbetonung vorgeschlagen und an der Georgstraße, maßvoll mit Respekt zum denkmalgeschützten Gebäude Georgstraße 27, das Gesamtensemble dreigeschossig weitergeführt.

Die Lage der Eingänge zu den einzelnen Funktionen im Erdgeschoss - beispielhaft der Eingang des Kundencenters - sind teilweise nicht nachvollziehbar. Dieser wäre im überdachten Südbereich besser platziert als an der vorgeschlagenen Ostfassade. Die Freianlagen sind schematisch dargestellt jedoch in ihrer Grundstruktur und der Lage der Parkplätze gut gesetzt und proportioniert.

Aus der Analyse der vorhandenen Fassade wird für das neue Gebäude eine stringent umlaufend entworfene neue Fassade entwickelt, die die Proportionen der Bestandsfassadengliederungen aufnimmt jedoch so weiterentwickelt, dass eine Eigenständigkeit entsteht.

Die Grundrisse sind logisch und funktional aufgebaut, die Erschließungen, auch das zweite Treppenhaus in dem sechsgeschossigen Gebäudeteil, sind richtig platziert. Hierdurch und durch die gut gewählte Gebäudetiefe bietet sich die Möglichkeit unterschiedlichste Büroorganisationen, Kombibüros und offene Strukturen mit guter Belichtung zu realisieren.

Einzelne Funktionsabläufe, wie Arbeitsplatzausrichtungen und Anzahl der Arbeitsplätze im Kundencenter, die Lage des Leitstandes u.a. könnten überarbeitet werden.

Die Lage der Funktionen Besprechungsraum, Cafeteria, Geschäftsführung in den oberen Etagen und dies mit jeweils eigenen Dachterrassen wird begrüßt.

Das Raumprogramm ist vorbildlich erfüllt und die Gesamtwirtschaftlichkeit liegt im guten mittleren Bereich.

Die Energie- und Nachhaltigkeitskennwerte der Arbeit liegen im mittleren bis günstigen Bereich. Die Fassadenausbildung basiert ersichtlich auf den Prinzipien des energieeffizienten und nachhaltigen Bauens – sie schafft es Tageslichtversorgung mit wirksamem Sonnenschutz, Nachtluftkühlung sowie PV-Integration zu vereinen. Die Holz-Hybridkonstruktion reduziert die „Graue Energie“ bei der Errichtung des Gebäudes. Ebenso vorteilhaft ist die sehr wirtschaftliche Flächeneffizienz sowie der hohe Grad an Eigenstromproduktion.

Die Wettbewerbsarbeit stellt eine intelligente und sehr gute Lösung für die gestellte Aufgabe dar. Sie verbindet Bestand und Neu vorbildlich und entwickelt einen Gesamtbaukörper der für die TWS und die Stadt Ravensburg ein wirtschaftliches, gut funktionierendes und stadtbildprägendes Bauwerk sein kann.