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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2019

Neubau Betriebs- und Verwaltungsgebäude der TWS in Ravensburg

2. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

HK Architekten, Hermann Kaufmann + Partner ZT GmbH

Architektur

Querformat ZT GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Das Planungsgebiet, unweit westlich der historischen Altstadt von Ravensburg in direkter nähe zum Bahnhof gelegen, ist einerseits durch die von Bäumen gesäumten Straßenzüge sowie andererseits durch eine nahezu blockrandartige Bebauung charakterisiert. Das Areal der Technischen Werke Schussental soll im südwestlichen Bereich durch einen Büroneubau erweitert und das Betriebsgelände abgeschlossen werden.

Der vorliegende Entwurf basiert im Wesentlichen auf zwei Grundgedanken, einem städtebaulichen und einem funktionalen bzw. konstruktiven Ansatz. Diese beiden Ansätze wurden geschickt und mit dem nötigen Feingefühl miteinander verknüpft sowie mit der qualitätsvollen städtebaulichen Struktur des Ortes verwoben. Ein Verschmelzen von Alt und Neu, ein Weiterbauen bzw. das nahtlose Eingliedern in die städtischen Struktur sowie das Besetzen des Kreuzungspunktes der Schussen- bzw. der Georgstraße unterstützen die Adressbildung der TWS Netz GmbH an prominenter Stelle in Ravensburg.


Städtebau / Außenraum / Freiräume
Der Neubau folgt einer gleichermaßen klaren wie einfachen städtebaulichen Logik und ist in zwei Elemente aufgegliedert. Einerseits ein 6-geschoßiger Kopfbau, welcher die städtebaulichen Kanten der Umgebung aufnimmt sowie durch seine Höhenentwicklung als Landmark an prominenter Stelle in Erscheinung tritt. Andererseits ein 4-geschoßiger, länglicher Baukörper der orthogonal zum bestehenden Büro- und Verwaltungsgebäude der TWS angeordnet ist. Gleichzeitig wird durch diese Baukörpersetzung dem denkmalgeschützten Gebäude an der Georgstraße entsprechend Raum gelassen. Die Körnung der Baukörperteile orientiert sich an der umliegenden Bebauung und der Neubau wird dadurch seiner städtebaulichen Rolle an zentraler Stelle in Ravensburg gerecht.

Durch die Aufständerung des Kopfbaukörpers im südöstlichen Bereich sowie die an dieser Stelle entstehende überdachte Vorplatzsituation bietet das Gebäude die Möglichkeit den Stadtraum zu bespielen. Es entsteht eine lebendige Schnittstelle für Mitarbeiter und Besucher bzw. Kunden gleichermaßen. Weiters wird durch den vorgeschlagenen Neubau der qualitätsvolle, begrünte Innenhof zum Bestandsgebäude abgeschlossen und zukünftig als hochwertige Pausenfläche sowohl den Mitarbeitern als auch den Nutzern des Veranstaltungssaals im Erdgeschoß zur Verfügung stehen.

Funktionsgliederung / Organisationskonzept
Betreten wird der Neubau, durch die überdachte Vorzone eindeutig markiert, entlang der Georgstraße. Ein großzügig dimensioniertes Foyer ist den öffentlichen Funktionen im Erdgeschoß vorgeschaltet. Von dort aus wird, unabhängig vom restlichen Gebäude, das Kundencenter sowie der Veranstaltungssaal mit dazugehöriger Cafeteria erreicht und somit steht dieser Bereich auch für eine externe Nutzung problemlos zur Verfügung. Der direkt an den Veranstaltungssaal angrenzende Schulungsraum kann bei Bedarf ebenfalls extern genutzt werden. Mitarbeiter erreichen über die beiden zutrittsgesicherten Treppenhäuser die Bürogeschoße.

Im 1. und 2. Obergeschoß sind jeweils im Kopfbau die beiden Sonderfunktionen der Leitstelle sowie des Rechenzentrums situiert. Dadurch ist einerseits die räumliche Nähe und direkte Verbindung über die Brücke zu den Abteilungen im Bestandsbau gegeben, gleichzeitig sind eigene Sicherheitsbereiche sehr leicht zu realisieren. Das 3. Obergeschoß des Kopfbaus ist ebenfalls durch eine Brücke mit dem bestehenden Bürogebäude verbunden und bietet den Bereichs- und Geschäftsleitungen Platz. Die Flächen des länglichen Bauteils sowie die restlichen Geschoße des Kopfbaus sind für Sachbearbeiter bzw. diverse Abteilungen vorgesehen und äußerst variabel unterteilbar.

Eine äußerst hohe Flexibilität für die Gestaltung der Büroräume wird durch ein konsequentes Raster erzielt. Die sehr kompakten Treppenkerne liegen dabei auf der dem Innenhof zugewandten Seite. Die einzelnen Abteilungen erreicht man über den Erschließungskernen vorgelagerte Aufenthaltszonen mit großzügigen Teeküchen in jedem Geschoß. Diese Zonen schaffen einen Puffer zwischen der vertikalen Erschließung bzw. den Aufenthaltsbereichen und den eigentlichen Arbeitsbereichen wo konzentriert und in Ruhe gearbeitet werden kann.

Hauptsächlich entlang der Straßenfassade sind hervorragend belichtete Bürobereiche sowie Besprechungsräume vorgesehen. Die innen liegenden Geschoßflächen werden als großzügige Begegnungszonen innerhalb der jeweiligen Abteilungen geplant und bieten Raum zum Austausch. Diverse untergeordnete Einbauten strukturieren diesen fließenden Raum und kreieren unterschiedlichste Arbeitssituationen. Ebenso werden im Kopfbau mehrere Geschoße durch einen internen Luftraum miteinander verbunden. In den 3 Geschoßen des flachen Bauteils werden zudem im Bereich der Begegnungszonen großzügige, überdachte Außenbereiche angeboten und somit differenzierte Pausenflächen geschaffen sowie Sichtbezüge in den Stadtraum ermöglicht.

Der Ausbauraster, welcher mit dem Konstruktionsraster übereinstimmt, wird konsequent umgesetzt und ermöglicht verschiedenste Bürogrößen von 12 – 38m² ohne die räumliche Qualität des Baukörpers zu beeinflussen. Die nichttragenden Innenwände zur Begegnungszone hin sind zum Großteil als Glaswände mit textilen Vorhängen als Akustikelemente geplant. Somit sind auch im Neubau innen liegende Raumbereiche grundsätzlich natürlich belichtet. Mit den textilen Vorhängen kann äußerst flexibel auf unterschiedlichste Funktionen, Anforderungen und Befindlichkeiten der jeweiligen Nutzer reagiert und das Maß der gewünschten Transparenz jederzeit und eigenständig justiert werden.
Durch die konstruktive Trennung der Fassadenprofile wird an jeder Achse ein vollwertiger Schallschutzanschluss gewährleistet. Dies ist eine Voraussetzung um in Holz-Beton-Hybridbauweise durchgängige und hochwertige Schallschutzanschlüsse zu gewährleisten.


Konstruktion / Materialisierung
Die Holz-Beton-Hybridbauweise ist besonders ressourcenschonend und somit eine ideale Antwort auf die ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Gleichzeitig bringt sie die bekannten atmosphärischen Qualitäten von Holz am Arbeitsplatz zur Geltung. Die Holzkonstruktion sowie die Holz-Beton-Verbunddecken werden in kontrollierter Umgebung im Werk vorgefertigt. Dies erhöht einerseits die Ausführungsqualität und reduziert andererseits die Bauzeit auf der Baustelle.

Das Hybridtragwerk des Gebäudes setzt jedes Material dort ein, wo es seine jeweilige Stärke optimal ausspielen kann. Für die Stützen, Unterzüge und Teile der Holz-Beton-Verbunddecken der Obergeschosse wird der ökologische und gewichtsparende Werkstoff Holz verwendet und ein konstruktiver Holzbau errichtet. Aus Brandschutzgründen, zur Minimierung der Konstruktionshöhe sowie um ausreichend Speichermasse zu schaffen, bestehen die Decken aus Betonfertigteil-Verbunddecken. Die zentral angeordneten Kernzonen sowie die Lastverteilungsdecke über dem Erdgeschoß werden aus Ortbeton hergestellt und sorgen somit für die nötige Aussteifung des Gebäudes. Das Untergeschoss wird aus wasserdichtem Beton hergestellt. Die vertikalen Lastpfade der Obergeschoße gehen oberhalb des Erdgeschoßes in einen Trägerrost über, um maximale Flexibilität herzustellen.

Das Erdgeschoß mit seiner transparenten Pfosten-Riegel Fassade soll, entsprechend den dahinterliegenden Nutzungen, als Bindeglied zum Stadtraum in Erscheinung treten und diverse Blicke in das Innere des Gebäudes ermöglichen. Die Obergeschoße treten im Gegensatz dazu deutlich geschlossener in Erscheinung.

Die Fassade der Obergeschoße wird durch aneinander gereihte und übereinander gestapelte Kerto – Funierschichtholzrahmen, welche je nach Geschoß über unterschiedliche horizontale Abstände der vertikalen Lamellen verfügen, strukturiert. Gleichzeitig sorgen diese tiefen Fassadenelemente für einen hervorragenden konstruktiven Sonnenschutz, der schräg einfallendes, direktes Sonnenlicht auf der Ost- und Westseite abblockt und gleichzeitig den Ausblick in den Straßenraum ermöglicht so wie den Eintrag von indirektem Licht zulässt. Die dahinterliegenden, geschlossenen Fassadenbereiche werden mit horizontal angeordneten, Z-förmigen Aluminiumlamellen verkleidet und erzeugen somit ein ruhiges und homogenes Fassadenbild.

Zusätzlich zu den Kerto – Funierschichtholzrahmen wird ein außen liegender Sonnenschutz in Form eines Raffstores mit Z – Lamellen, ähnlich zu der Fassadenverkleidung der geschlossenen Bereiche geplant. Durch die Feingliedrigkeit dieses Systems kann die Transparenz sowie der Ein- und Ausblick variabel gesteuert werden. Ebenso wird durch die Kontur der Lamellen das Tageslicht zur Decke und weiter in die Raumtiefe der Büros geleitet. Die gesamte Gebäudehülle ist als hoch wärmegedämmte thermische Hülle mit einem mittleren U-Wert von ≤ 0,15W/m²K ausgeführt.
Die Aussenwände sind mit einem Überzug und einer Brüstung in Holzbauweise ausgeführt. Raumseitig dient eine OSB Platte als Dampfbremse. Zwischen den Holzstützen ist über eine Stärke von 32cm Zellulose als Dämmstoff in den Holzelementen eingeblasen. Die Fenster sind mit einer 3-Scheibenisolierverglasung mit Ug=0,5W/m²K und G-Wert=0,5 ausgestattet. Das Flachdach ist mit einer druckfesten Holzfaserdämmplatte ausgestattet. Der Boden zur Tiefgarage ist raumseitig mit einem 10cm hohen Installations-Hohlboden und einer 3cm Holzfaserplatte ausgeführt. Tiefgaragen-seitig ist eine 12cm Holzwolle-Brandschutz-Dämmplatte an der Stahlbetondecke angebracht.

Durch die sturzlosen Fenster sowie die konstruktiv erforderliche Brüstung / Überzug ist die Fassadenkonstruktion so konzipiert, dass ein optimaler Tageslichteintrag in die Raumtiefe gewährleistet ist.

Die verwendeten Materialien und Baustoffe sollen den Standards des Baubooks für ökologische Bauprodukte entsprechen, ohne dabei jedoch den „Hausverstand“ gänzlich außer Acht zu lassen. Speziell auf die Verwendung von möglichst regionalen Baustoffen wird besonderen Wert gelegt. Aufgrund einer sinnvollen Materialwahl sowie einem hocheffizienten Haustechnikkonzept wird das Gebäude in der Errichtung, vor allem aber langfristig betrachtet in der Nutzung höchst wirtschaftlich geführt werden können.


Gebäudetechnik
Die zusätzlich zur Abwärme des Rechenzentrums benötigte Wärmeenergie wird mittels einer Erdwärmepumpe, welche im Sommer auch eine Kühlfunktion übernimmt, bereitgestellt. Hierfür werden die Betondecken zwischen TG und EG bzw. EG und 1.OG sowie die Bodenplatte thermisch aktiviert und dienen als Speicher für das Heiz- bzw. Kühlsystem. Im Gebäude dient ein Decken-TAB-System (Betonfertigteile mit eingelegten Rohrregistern) zur Abfuhr bzw. Abgabe der Wärme und Kälte.

Die benötigte Kühlenergie, beispielsweise für das Rechenzentrum, wird durch eine Kompressionskältemaschiene und gegebenenfalls durch Geothermie bereitgestellt. Ergänzt wird dieses System durch eine größtmöglich dimensionierte PV Anlage auf beiden Dächern des Neubaus. Lediglich im südlichen Bereich des nördlichen Baukörpers wird auf Grund der Eigenverschattung durch den Kopfbau auf PV – Module verzichtet.

Herzstück der Gebäudetechnik bildet eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Die Zuluft wird im Deckenbereich eingeblasen und die Abluft im Fußbodenbereich der Bürotrennwände in die Mittelzone geleitet und dort wieder abgesaugt, wodurch eine optimale Durchlüftung der Büroräume entsteht. Die Konzeption der Lüftung erfolgt über die Luftgüte bzw. das Innenklima und es wird je nach Co2 Gehalt bzw. je nach Raumtemperatur die Luftmenge erhöht oder reduziert. Ein mechanisches Lüften durch öffnen der Fenster soll jedoch trotzdem möglich sein.

Die nächtliche Auskühlung des Gebäudes wird über die automatisierten Lüftungsklappen oberhalb der Fixverglasungen zwischen den Holzbalken ermöglicht. Bei entsprechend kühler Außenluft in der Nacht, wird die warme Luft im Raum über die Lüftungsklappen quer abgelüftet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Figur bildet einen langgestreckten Baukörper aus mit der Akzentuierung durch einen 6-geschossigen Hochpunkt an der richtigen Stelle. Der 4-geschossige Gebäudeflügel schließt orthogonal das TWS-Areals ab und bindet das denkmalgeschützte Gebäude selbstverständlich mit ein. An der Georgstraße entsteht eine begrünte Fläche, die das Thema der Baumallee weiterführen kann. Nur leider ist die Fläche mit Parkierung belegt.

Unter der Aufständerung des Kopfbaukörpers wird der Eingang gut sichtbar angeordnet. Alle Bereiche, auch der abtrennbare Veranstaltungsbereich werden zentral erschlossen, das Kundenzentrum ist auf der Südseite direkt anliegend. Die Vertikalerschließung über 2 Treppenhäuser ist richtig gesetzt und erfüllt die Anforderungen des Brandschutzes. Die Öffnungen im Kopfbau in den drei Obergeschossen bringen über Galerien und die Oberlichtverglasung viel wertvolles Tageslicht in die tieferen Grundrissflächen, sie sollten jedoch unter Brandschutz-Aspekten überprüft werden. Die Büroflächen sind gut entwickelt, der Übergang in die Geometrie des Kopfbaues bereichert das Angebot und die Möglichkeiten der Raumaufteilung. Eine flexible Raumaufteilung aller Geschosse ist problemlos möglich, allerdings müsste der Serverraum wegen zu geringer Höhenentwicklung verlegt werden.

Die Charakteristik der Fassade besteht aus der gestalterischen Zusammenfassung von jeweils zwei Geschossen und erzeugt eine städtische Anmutung. Aus dem horizontal geprägten Bestand entwickelt sich im Kontrast dazu eine vertikal aufgebaute Gliederung, die auch kontrovers diskutiert wird. Das Spiel mit dem Rhythmus der senkrechten Lisenen lässt einen angenehmen und angemessenen Fassadenausdruck entstehen.

Die vorgeschlagene Holz-Hybrid-Bauweise wird überzeugend dargestellt, die gewählten Stützweiten und die Anschlussmöglichkeiten an den Fassaden tragen zu hoher Grundriss-Flexibilität bei. Bei durchschnittlicher Kompaktheit weist die Arbeit infolge des erhöhten Volumens und der Geschossflächen auch einen erhöhten Energiebedarf auf. Die Tageslichtversorgung ist günstig und auch das Raumklima bietet infolge des effizienten Sonnenschutzkonzeptes, der Speichermassen sowie der Nachtluftkühlung vorteilhafte Bedingungen. Die Holz-Hybridkonstruktion leistet einen Beitrag zur Ressourcenschonung, wobei die Dauerhaftigkeit der Fassadenausbildung kritisch hinterfragt wird. Der Anteil der Eigenstromversorgung sowie die Betriebskosten liegen im Wettbewerbsmittel.

Zusammenfassend ein Entwurf, der sich städtebaulich sehr verträglich mit einem richtig gesetzten Hochpunkt in den Kontext einfügt und das denkmalgeschützte Gebäude rahmt. Ein guter Beitrag zur gestellten Aufgabe.