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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2019

Neubau von Wohngebäuden im Zanderweg in Karlsruhe

Anerkennung / Realisierungsteil

Preisgeld: 9.000 EUR

Modersohn & Freiesleben Architekten Partnerschaft mbB

Architektur

Mettler Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Mitarbeiter: Daniel Groß, Cornelius Giacalone

Architektur:
Ziel ist es, die gewünsche bauliche Masse mit dem heterogenen Umfeld des Baugrundstücks in Einklang zu bringen und die besondere städtebauliche Situation in direkter Nähe zur Karlsruher Rheinaue zu berücksichtigen.
Die stadttypologische Figur der geplanten U-förmigen Gebäude reagiert auf die aus Süden kommende zeilenartige Struktur aus Reihenhäusern und Geschosswohnungsbauten und bildet deren Abschluss. Auch das Wohngebiet mit überwiegend freistehenden Ein- und Mehrfamilenhäusern, welches sich zwischen der Kirschstraße und der Agathenstraße aufspannt wird auf diese Weise nach Westen hin komplettiert und abgeschlossen.
Durch die Setzung der beiden Gebäude entstehen zwei private Wohnhöfe im Inneren der Körper und ein halböffentlicher Platz zwischen den Wohnhäusern. Zu den umliegenden Straßen werden Vorgärten ausgebildet, wie sie auch in der umgebenden Bebauung üblich sind. Die Erschließung der Gebäude erfolgt von den Straßen und dem halböffentlichen Platz, somit ist eine eindeutige Adressbildung gewährleistet. Der Freiraum zwischen den Baukörpern in Verlängerung des Karpfenwegs kann von der Feuerwehr befahren werden. Da keine der Wohnungen ausschließlich zu den Innenhöfen orientiert ist, muss die Feuerwehr diese nicht befahren.
Die städtebauliche Schanierfunktion der Baukörper, die zwischen den Großformen im Süden und den kleinteiligen Strukturen im Norden und Osten vermittelt, wird auch in der Kubatur des Gebäudes deutlich. Hier springt die Fassade der Gebäude im Bereich der Balkone um deren Tiefe zurück und die Häuser reagieren somit auf die Körnung der Umgebung.
Diese Gliederung der Fassade ist jedoch keinem reinen Gestaltungswillen geschuldet, sondern dient auch funktional den Wohnungen des Gebäudes. Durch die Rücksprünge können die Balkone konsequent in Richung Westen und somit zur Rheinaue orientiert werden. Neben der vom Ausblick her schönsten Ausrichtung erhalten die Balkone somit auch die bevorzugte Mittags bzw. Nachmittagssonne und verhindern Einblicke von benachbarten Wohnungen. Die zu den Straßen hin fünfgeschossige Bebauung wird zu dem mittigen Platz hin auf vier Geschosse reduziert.
In Richtung Nordosten werden die offenen Seiten der U-förmigen Gebäude durch Kopfbauten abgeschlossen, welche gleichzeitig die Privatheit der Innenhöfe betonen. Erdgeschossige Durchgänge ermöglichen es die Innenhöfe auch von Westen aus zu betreten. Außer in den Kopfbauten erhalten außerdem alle Treppenhäuser einen direkten Ausgang zu den gemeinschaftlich genutzten Wohnhöfen. Im Erdgeschoss befinden sich, den Eingängen zugeordnet, Müll- und Kinderwagenräume. Teilweise sind Kinderwagenräume auch in Aufzugsnähe im Untergeschoss untergebracht. Dieses nimmt neben den Mieterkellern auch etwa die Hälfte aller Fahrräder sowie in einer gemeinsamen Tiefgarage alle, gemäß Stellplatzschlüssel nachzuweisenden, Parkplätze auf. Die Tiefgarage ist so organisiert, dass diese einfach im zweiten Bauabschnitt erweitert werden kann, eine zweite Rampe ist somit nicht notwendig und es wird weniger Erdreich versiegelt.

Insgesamt sind in den Wohnhäusern 180 Wohnungen in dem gewünschten Mix zwischen Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen untergebracht. Während in den Köpfen und Gebäudeecken bis zu vier Wohnungen je Geschoss über ein Treppenhaus erreicht werden, sind die Drei- und Vierzimmerwohnungen als klassische Zweispänner erschlossen. Alle Treppenhäuser sind natürlich belichtet und belüftet.
Jede Wohnung ist in mindestens zwei Himmelsrichtungen ausgerichtet. Bei größeren Wohnungen ist der großzügige Wohn- und Essbereich durchgesteckt und erlaubt eine Querlüftung. Küchen und Wohnküchen liegen an der Fassade und können nach Bedarf auch einfach vom Wohnraum abgetrennt werden. Bei den Drei- und Vierzimmerwohnungen gibt es mindestens ein Tageslichtbad. Die in der Bauordnung festgesetzte Anzahl der barrierefreien Wohnungen wird erfüllt. Überwiegend wurden Zwei- & Dreizimmerwohnungen barrierefrei geplant, da die Vierzimmerwohnungen im Grundsatz den Dreiraumwohnungen entsprechen, könnten jedoch auch diese barrierefrei hergestellt werden.
Die Gebäude werden in monolithischen Bauweise errichtet. Die Fassaden bestehen aus Dämmziegeln, die Flachdächer erhalten eine Gefälledämmung mit einer extensiven Begrünung. Die Gliederung der Fassade folgt zum einen durch die Versprünge der Gebäudekubatur im Bereich der Balkone, zum anderen über unterschiedliche behandelte Putzoberflächen und Farben. Die Putzoberflächen des Erdgeschosses sind scharriert und bilden eine Sockelzone aus, die Fenster der Obergeschosse werden durch farblich abgesetzte Putzfaschen betont und eine dezent überstehende Attikaabdeckung aus Betonwerkstein bildet nach oben hin den Abschluss der Fassade. Die liegenden Fensterformate betonen die Horizontale. Feine Details finden sich in den farblich abgesetzten Öffnungsflügel der asymmetrisch geteilten Fenster.

Freiraumkonzept:
Durch die Gestaltung des Außenraumes wird die besondere Identität des Zanderweg-Areals gestärkt und der Freiraum der Siedlung mit der einzigartigen Umgebung vernetzt. Es entsteht hier die Möglichkeit ein Wohnquartier zu schaffen, welches den Wunsch vom Wohnen im Grünen als auch die Nähe zu Stadtstrukturen vereint. Es entstehen unterschiedlich genutzte Freiräume, die zum Spielen, Kommunizieren, gemeinsamen Gärtnern aber auch zum Entspannen einladen.
Die Setzung der Baukörper generiert unterschiedliche Außenräume, die durch verschiedene Nutzungen charakterisiert werden. So wird zwischen der öffentlichen Straßenseite, die die Adresse bildet und den halbprivaten Höfen unterschieden. Die hofartigen Freiräume und die Gebäude werden durch ein Wegenetz aus sandfarbenem Asphalt erschlossen. Durch die klare Wegeführung wird der Freiraum zusätzlich in vielfältige Bereiche gegliedert. Die Verbindung zu den umliegenden Wohngebäuden wird zwischen den beiden Baukörpern durch einen breiten öffentlichen Weg gestärkt.

Die großzügigen Höfe werden von erhöhten Pflanzrabatten und berankte Pergolen charakterisiert und größtenteils mit wassergebundenen Belag befestigt und im Bereich der Spielplätze durch Fallschutzkiesflächen und robusten Spielrasen unterbrochen. Sie ermöglichen eine vielfältige Nutzung und fordern Nachbarschaft. Die Gemeinschaftsplätze laden nicht nur zum Spielen ein, sondern bieten eine Möglichkeit zum Zusammenkommen unter der lockeren Baumgruppen. Die zwei Höfe werden von hohem Grad Privatheit charakterisiert. Die Privatsphäre der Wohnungen im Erdgeschoss wird zusätzlich durch dichte Pflanzungen geschützt. An der Straßenseite der Wohnblöcke sorgt eine Vorgartenzone dafür. Im jeden Hof wird eine Fläche für Gemeinschaftsgärten ausgewiesen. Die Höfe eröffnen die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen oder zum gemeinschaftlichen Grillen unter dem luftigen Blätterdach. Die Vorgärten entlang der alleebaumbestandenen Straßenseiten, die das unmittelbare Umfeld prägen werden in das Konzept aufgenommen und neuinterpretiert. Mit Sitzmauern eingefasste und mit Stauden und kleinen Sträuchern bepflanzte Rabatten begleiten die Eingänge und bilden die Adresse. Dazwischen werden Flächen für Besucherparkplätze und Velos angeboten.
Neben den überdachten Fahrradstellplätzen in den Höfen, werden auf dem gesamten Areal und in der Nähe von den Gebäudeeingängen dezentral Fahrradbügel verteilt um eine ausreichende Mobilität zu gewährleisten.
Die Vegetation des Areals wird durch eine Blumenwiesenfläche definiert. Mehrere Einzelbäume und Baumgruppen verbinden die unterschiedlichen Bereiche der Anlage. Straßenseitig werden die Baukörper von lichten, hochstämmigen Baumarten begleitet. Kleinere mehrstämmige Bäume und Büsche in direkter Nachbarschaft zu den Wohnungen, ergänzt mit Pflanzungen aus Ziergras und Kräuter ergänzen das Pflanzsortiment und sorgen für die Privatsphäre der Erdgeschoßwohnungen. Freistehende Gruppen von Pfirsich (Prunus persica), Feigen (Ficus carica) und Zieräpfel (Malus domestica), verleihen den Höfen mit ihrer Blüte und Fruchtpracht einen mediterranen Gartencharakter. Zusammen mit den grosskronigen Schwarznussbäumen (Juglans nigra) und japanischen Schnurbäumen (Sophora japonica) sorgen sie im Herbst mit ihrer gelben und roten Blattfärbung für einen spannenden Akzent.
Mit der Neubebauung des Areals wird die Qualität des Erholungs- und Wohnraumes gesteigert. Die Wahl der Pflanzen- und Belagsmaterialien ist trotz ihrer Attraktivität pflegeleicht und robust. Mit der Neugestaltung des Freiraumes wird für die Nutzerinnen und Nutzer eine Vielzahl von unterschiedlichen Aufenthaltsbereichen geschaffen.

Ideenteil:
Anstelle einer geschlossenen Bebauung wird die vorgefundene Struktur aus freistehenden Baukörpern fortgeführt.
Um eine größtmögliche Durchlässigkeit zwischen der Valentinstraße und der Rheinaue zu gewährleisten, wurden keilförmige achtgeschossige Baukörper geplant, die sich zu der fünfgeschossigen Bebauung der Bauabschnitte 1 und 2 hin abtreppen.
Gemeinsam mit den neungeschossigen Baukörpern im Süden wird so eine starke städtebauliche Figur geschaffen, die weiterhin auch eine hohe Wohnqualität in zweiter Reihe zur Rheinaue hin gewährleistet. Die Wohnungen der Gebäude selbst sind konsequent zur Aue und somit nach Westen hin orientiert. Eine gemeinsame Tiefgarage erfüllt die Anforderungen des Stellplatzschlüssels. Die Kita ist freistehend und befindet sich im nördlichen Teil des Baugrunds. Als zweigeschossiger Baukörper orientiert sie sich von der Höhe an den Wohngebäuden im Norden und dient als stadträumlicher Puffer zu den höheren „Wohntürmen“ im Süden.
Gemeinsam mit der Bebauung der ersten beiden Bauabschnitte wird so ein nachhaltiges stadtlandschaftliches Quartier erschaffen, dass konsequent auf die außergewöhnliche Qualität der Nähe zur Rheinaue reagiert und gleichzeitig vorgefundene Strukturen der heterogenen Umgebung aufgreift und zum Abschluss bringt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich schlagen die Verfasser eine im ersten Moment aufgrund der Größe der Hufeisenförmigen Baustrukturen überraschende Lösung vor. Der zweite Blick auf den Strukturplan zeigt jedoch wie gekonnt die beiden Bausteine zwischen den im Osten angrenzenden Baufeldern und den südlichen Zeilenbauten der Nachkriegszeit vermitteln. Die versetze Gebäudestruktur erlaubt zudem die überwiegende Orientierung der Wohnungen nach Westen. Die gewünschte Wegebeziehung aus dem Karpfenweg in Richtung Fritschlach kann aufgrund dieser Entscheidung ganz selbstverständlich erfolgen. Die klare städtebauliche Setzung gewährleistet eine eindeutige Unterscheidung zwischen öffentlichen, privaten und halböffentlichen Räumen. Die Zonierung der Freiräume ist sehr sinnvoll. Die leichte Überschreitung der Baufluchten erscheint heilbar. Die Genehmigungsfähigkeit nach §34 BauGB wird aufgrund der Großformen im Preisgericht kritisch gesehen.
Die Erschließung der Wohneinheiten erfolgt über Zwei-, Drei- und an den östlichen Enden der Hufeisen auch als Vierspännertypologien. Grundsätzlich erhalten die Gebäude ihre Adresse außen an den öffentlichen Erschließungsräumen und binden in die halböffentlichen Höfe ein. Bei 8 Treppenhäusern im 1. Bauabschnitt und den erforderlichen Aufzügen entsteht ein erheblicher Erschließungsaufwand. Die Treppenräume sind durch die versetzten Gebäudekörper jedoch immer natürlich belichtet und belüftbar. Die Lage der Erschließungselemente in den nördlichen Flügeln sollten überprüft werden.
Die hohe Grundrissqualität der durchgesteckten Wohnungen mit überwiegend natürlich belüfteten Bädern und die grundsätzlich nach Westen orientierten privaten Freisitze bieten aus wohnungswirtschaftlicher Sicht ein sehr gutes Angebot unter weitgehender Einhaltung der Vorgaben zum Wohnungsmix. Die Fassaden mit einem angemessen Öffnungsanteil lassen eine sehr gute Gebrauchstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit erwarten.
Die angebotene Lösung zur Tiefgarage bei den Zufahrten vom Zanderweg und dem dadurch bedingten Eingreifen in den halböffentlichen Hof wird von der Jury kritisch gesehen. Auch die Verbindung der beiden Teile der Garagen des 1. und des 2. Bauabschnittes wäre zu überdenken.
Die Gesamtzahl der Wohnungen und eine leicht überdurchschnittliche BGF im Teilbereich A lassen die Wirtschaftlichkeit der anstehenden Gesamtinvestitionen plausibel erscheinen. Sowohl die vorgeschlagene monolithische Dämmziegelbauweise als auch die robusten Außenanlagen deuten zudem auf angemessene Erstellungs- und Unterhaltungskosten hin.
Insgesamt ist die angebotene Lösung ein eigenständiger durchdachter Beitrag zur gestellten Aufgabe.