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Mehrfachbeauftragung | 11/2019

Städtebauliche und gestalterische Neuordnung des "Gleisdreiecks" in Radolfzell

2. Rang

Planquadrat Gaiser + Partner

Stadtplanung / Städtebau

arabzadeh.schneider.wirth architekten

Stadtplanung / Städtebau

Kunder3 Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das entworfene Quartier besitzt eine gute Einbindung hinsichtlich Körnung und Anordnung der Gebäude. Die Kindertagesstätte an der Schnittstelle zur Bestandsbebauung und das Baumfeld an der bestehenden nördlichen Fußgängerunterführung vermitteln gut zwischen Alt und Neu. Am südlichen und südwestlichen Gebietsrand nördlich der Günter-Neurohr-Brücke wird die Topographie geschickt durch Anböschung zur Brücke hingeführt. Der Fahrradweg nördlich der Brücke bieten Frequenz und soziale Kontrolle für die Flächen unter der Brücke.

Es bildet sich eine klar gegliederte Struktur von zwei bis drei Innenhöfen, die durch Höhersetzen der zwei nördlichen Innen- höfe den privaten vom öffentlichen Raum gut abgrenzt sind. Die geschwungene fußläufige Erschließung und die verbindende Durchwegung des Gebiets wird als sehr positiv angesehen. Weniger gut gelungen ist der Maßstäblichkeit des Quartiers. Gebäudelängen von deutlich über 50 bis hin zu 80 Metern und die nach Osten zum Schallschutzwall / Bahnlinie hin geöffnete Straßenaufweitung wirken eher großstädtisch. Ebenfalls lässt der südliche Hof im Ideenteil eine klare Trennung vom privaten zum öffentlichen Raum vermissen.

Ein intensiv geformter landschaftlicher Freiraum durchdringt das gesamte Quartier. Dabei wird eine Differenzierung der blockartigen Innenräume und der außenliegenden Zonen vermisst. Das sich durch die städtebauliche Struktur ergebende Potential, eines zentralen großen Freiraums im Westen wird nicht ausreichend genutzt und erfüllt nicht die hier notwendige Anbindung an die Innenstadt. Die Straße im Osten, zwischen Lärmschutzwand und Bebauung erzeugt, eine lange Fahrerschließung und lässt zu wenig freiräumliche Qualität und Adressbildung erwarten. Die bauliche Aufweitung im Osten als platzartige Fläche mit Orientierung nach Osten zur Erschließungsstraße und zur Lärmschutzwand überzeugt nicht.

Die Fahrerschließung am östlichen Rand hat funktionale Vorteile, da dadurch autofreie Stadträume im Quartiersinneren ermöglicht werden. Ebenfalls wird begrüßt, dass es drei Tiefgaragen unter den jeweiligen Höfen gibt. Die zweite, neue Fußgängerunterführung unter Bahn bietet hinsichtlich der ÖPNV-Anbindung des geplanten S-Bahnhaltepunktes Vorteile.
Das Parkhaus südlich der Günter-Neurohr-Brücke könnte in den oberen Geschossen gegebenenfalls auch eine gewerbliche Nutzung zulassen. Ein entsprechender Vorschlag wird vermisst.

Der östliche Schallschutzwall bietet ab dem 1. Obergeschoss keinen ausreichenden Schutz für die dahinterliegenden Gebäude. Lediglich die Erdgeschosse und die Erschließungsstraße mit Stellplätzen davor werden durch den Wall geschützt. Die Randbebauung an sich weist große Lücken auf. Laubengänge als Schallschutz werden nur zum Teil eingesetzt. Insgesamt ist der Lärmschutz nicht ausreichend.

Die teilweise nur nach Osten oder Norden ausgerichteten Wohnungsgrundrisse dürften wenig marktgängig sein. Die individuelle Form der Gebäude erschwert eine wirtschaftliche Realisierung. Dagegen ist der Vorschlag einer gemeinschaftlichen Nutzung der Dächer als Freiflächen mit Pergolen und Urban Gardening zu begrüßen, da von hier aus eine attraktive Aussicht nach Südwesten zur Altstadt und nach Osten zum Markelfinger Winkel des Bodensees gegeben ist.

Die Hybridbauweise aus Stahlbeton im Unter- und Erdgeschoss und Holzbau in den Obergeschossen wird als nachhaltige Bauweise sehr begrüßt.

Insgesamt gelingt den Verfassern ein eigenständiger Entwurf mit einer starken Prägung von Gebäude und Freiraum. Maßstab, räumliche Qualität und Wohnformen treffen nicht ganz die Erwartungen.