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Mehrfachbeauftragung | 11/2019

Gestaltung der Parkanlage und des Quartiersplatzes im Schönhof-Viertel in Frankfurt-Bockenheim

Gesamtplan

Gesamtplan

1. Rang

Preisgeld: 5.000 EUR

BIERBAUM. AICHELE. landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

LEITIDEE / STÄDTEBAULICHE UND LANDSCHAFTLICHE EINBINDUNG
Ein artifizieller Landschaftsraum fließt durch die gebaute Stadt. Er prallt an architektonische Kanten und gleitet in die Grünräume aufgelockerter Bebauungsstrukturen. Eine enge Verwebung mit seinem städtebaulichen und sozialen Umfeld und eine stark übergeordnete Funktion hinsichtlich Verbindung und Vernetzung bilden die Basis unseres Gestaltungskonzeptes für die neuen Freiräume des Schönhof-Viertels. Die Parkräume und der Quartiersplatz bilden zukünftig den zentralen öffentlichen Freiraum des neuen Quartiers. Entsprechend entwickelt unser Konzept die Freiräume als soziale Treffpunkte und Erholungsräume mit einem großen Augenmerk auf Vielfalt in der Programmatik und der Parkerlebnisse. Das Spiel mit naturräumlichen Assoziationen und erlebbarer Natur, die Abbildung von natürlichen Formen und Strukturen werden zur prägenden Gestaltungssprache ausformuliert. Der Park ist im Fluss, ist bewegt, er weitet und verengt sich, er ist schnell und langsam, er ist kleinteilig und großzügig. Diese stetige und kleinteilige Veränderung und Veränderbarkeit generiert eine hohe Flexibilität, macht unser Parkkonzept zukunftsfähig. Reaktionsfähigkeit innerhalb einer starken Grundstruktur wird als wichtiger Baustein eines modernen Parks im Kontext eines neu entstehenden Stadtquartiers verstanden. Den Rahmen für Aneignung und mögliche Entwicklung bildet ein mäanderndes Wegesystem, welches Funktionsbereiche vernetzt, diese umfließt, und gestalterisch wie funktional zu einem organischen System verbindet. Die Konzentration von aktiveren Nutzungen im Westpark und ruhigeren Attraktionen und Erlebnisräumen im Ostpark arbeitet zwei unterschiedliche, sich ergänzende Parkcharaktere heraus. Der städtebaulich bewusst als Engstelle gefasste Quartiersplatz übernimmt in der dynamischen Abfolge eine übergeordnet verbindende Funktion, ist Mittler und Impulsgeber für die zwei Parkbereiche und deren charakterlicher Ausformulierung.

FUNKTIONEN UND GESTALTUNG
Das Schönhofviertel wird als komplett neues Stadtquartier eine spannende identitäre und soziale Entwicklung nehmen. Wir verstehen Park und Quartiersplatz in diesem Zusammenhang als Ankerpunkt und Kommunikationsplattform. Die öffentlichen Freiräume sind Treffpunkt und Bühne für die Bewohner, und wichtiges identitätsstiftendes Element für das Gesamtquartier. Der städtebaulich klar gefassten langgestreckten Grundform wird eine freie, an der Natur orientierte Formensprache entgegengesetzt. Fließende Übergänge und übergreifende Pflanzstrukturen verweben den Park mit den Wohngrundstücken, generieren Weite und verankern den Freiraum im Quartier. Der Park übernimmt eine starke, räumlich wie sozial verbindende Funktion und strahlt über seine Grenzen hinaus in das Umfeld. Unser Entwurf betrachtet den Freiraum gesamtheitlich, als Einheit, und stellt dies durch eine durchlaufende Gestaltungssprache heraus. Dennoch wird die durch die städtebauliche zentrale `Spange´ vorliegende Dreiteilung inhaltlich aufgegriffen und Freiräume mit unterschiedlichen Charakteren und Prägungen herausgearbeitet. Die gegenseitige Ergänzung hinsichtlich der Nutzungsangebote und der Berücksichtigungen der Anforderungen unterschiedlicher Nutzergruppen, sowie durchgehende Barrierefreiheit, spielen hierbei eine übergeordnete Rolle. Im Westpark wird die aus den Anforderungen der schulischen Mitnutzung resultierende Intensität aufgegriffen und programmatisch weiterentwickelt. Die sogenannten lärmintensiveren Nutzungen werden in diesem Parkteil vorgeschlagen und verortet. Der Westpark erhält hierdurch einen jungen, intensiven und lebhaften Charakter. Die Taktung der Nutzungsangebote wie Parcour, Calisthenics, Klettern, Sport und Spielen erfolgt in einer hohen Frequenz. Der Park gerät in Bewegung und das kleinteilige Netz aus Wegen, Funktionsbereichen und Pflanzstrukturen weitet sich räumlichen auf. Der Anteil der befestigten Flächen ist hier verhältnismäßig höher als im Ostpark. Der Ostpark wird in einem ruhigeren Charakter entwickelt mit dem Fokus auf Natur und Naturerlebnis. Nutzungen wie Grünes Klassenzimmer, Nutzgarten, Kleinkinderspiel und Seniorenfitness stellen per se Anforderungen an ein ruhigeres Umfeld und prägen dieses umgekehrt mit entschleunigender Wirkung. Die Taktung in diesem Parkbereich ist niedriger, es gibt mehr Rückzugsräume und die Flächenbefestigung wird auf ein Minimum reduziert. Die Frequenz in der Bewegung nimmt ab, die Natur übernimmt federführend. Kleinteilige Räume erzeugen das Gefühl von Privatheit, Bänke und Sitzelemente werden zum Sofa im öffentlichen Raum. Als Bindeglied und Kommunikator zwischen den zwei Parkteile fungiert die zentrale Platzfläche. Hier vereinen sich klassische Nutzungen eines Quartiersplatzes mit innovativen Ansätzen wie der schulischen Mitnutzung. Durch Mehrfachkodierung entsteht ein intensives Zentrum mit funktionaler und gestalterischer Prägung durch die angrenzende Bebauung und die Parkanlagen. Auf einen klar gegliederten Belagsteppich legt sich die Natur des Parks als Intarsie. Die Landschaftsschollen wirken raumbildend, gliedern den Platz kleinteilig und zonieren Gastronomie- und Schulfreifläche. Sie schaffen Atmosphäre und hohe Aufenthaltsqualität durch begleitende Sitzkanten und das lichte Schattenspiel der Bäume. Durch Verdichtung des nuancierenden Pflasterbelags wird die funktionale Schwerpunktsetzung verstärkt. Der Raum zur Nutzung als Schulfreifläche wird subtil ablesbar.

ERSCHLIESSUNG
Während sich die Natur gleitend in die Gebäudezwischenräume der Kammstruktur im Norden ergießt, orientiert sich die Erschließung entlang der stärkeren städtebaulichen Kante der Blockrandbebauung und der Planstraße im Süden. In enger Verwebung mit den ebenfalls südlich angeordneten intensiven Nutzungsangeboten erfolgt eine Bündelung und Schwerpunktsetzung, wodurch Großzügigkeit und Weite in den restlichen Parkbereiche entsteht. Die Hauptwege verlaufen in Ost-West Richtung mit Anbindung der wichtigen Ankerpunkte Kiss&Ride und Schule. Eine mäandernde durchgehend barrierefreie Wegeführung ermöglicht die funktionale Erschließung nahezu aller Bereiche. Ergänzend werden die Wege aus den Wohnquartieren und Parkzugängen angebunden und zu einem engmaschigen Netz verwoben.

GRÜNKONZEPTION
Das Konzept der Grünflächen folgt der Schwerpunktsetzung von intensiver Nutzung und Erschließung in Richtung Süden. Bäume unterschiedlicher stadtklimaresistenter Arten in lockerer Stellung sorgen für lichtes Schattenspiel, Abkühlung und ganzjährige Attraktivität. Die Bäume übernehmen zugleich eine übergeordnete vernetzende Funktion. Ausgehend von den intensiven Nutzungsbereichen erfolgt eine Auflösung der Baumstellung in Richtung Norden und Süden. Die privaten Grundstücksbereiche werden optisch Teil des Gesamtensembles und Grün zum verbindenden Element. Dieses Bild untermalt die zweite Grünebene aus naturnahen, pflegextensiven Strauch- und Staudenpflanzungen, und sonnigen Wiesen- und Rasenflächen. Abwechslungsreiche Pflanzbilder gliedern und zonieren, schaffen Kulisse und Trennung und machen Natur erleb- und anfassbar.

MATERIALITÄT UND AUSSTATTUNG
Die vorgeschlagenen Materialien folgen der nachhaltigen und naturnahen Leitidee und unterstützen das Ziel Naturerlebnis. Die Auswahl berücksichtigt Ressourcenschonung, Stoffkreislauf und Unterhaltungskosten und bildet den aus unserer Sicht optimierten Materialkanon ab. Die hohe Reaktionsfähigkeit unseres Gestaltungskonzeptes im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen des Quartiers kann sich in begründeten Fällen auch in der Materialität konstituieren, ohne dass die zusammenhaltende Grundstruktur verloren geht. Für den Hauptweg schlagen wir einen, ganzjährig nutzbaren und die Formensprache stützenden, grob gegrindeten Ortbeton mit Recyclingzuschlägen vor. Für den Schulweg ist eine ergänzende Beleuchtung aus Säulenleuchten vorgesehen. Nebenwege sowie platzartige Aufweitungen werden in wassergebundener Wegedecke vorgeschlagen. Entsprechend der jeweiligen Programmierung und Nutzung erhalten die Funktionsbereiche unterschiedliche Beläge in Abstimmung auf das Gestaltungs- und Farbkonzept. `Junges Angebot´ wie Multifunktionssportfeld, Fahrradparcour, Laufbahn und Kletter- und Parcourbereich erhalten einen wasserdurchlässigen EPDM-Belag aus dem blauen Farbspektrum. Kinderspielbereiche und Naturerlebnisräume erhalten dem Naturbild entsprechende Beläge aus Sand und Fallschutzkies. Entsprechend werden auch Spiel- und Erlebniselementen aus natürlichen Materialien wie geschälten Robinienstämmen, Findlingen sowie grob bearbeiteten Hölzern mit bereichsweiser Farbgebung vorgeschlagen. Kleinarchitekturen, Spielhäuser und objekthafte Spielelemente sind aus naturbelassenen vergrauendem Holz und wasserfest verleimten Seekieferplatten vorgesehen. Als verbindendes Kontinuum sind in den Parkbereichen Bänke mit unterschiedlichem Sitzangebot angeordnet. Für eine schlüssige Gesamtkonzeption der Parkanlagen möchten wir die Verwendung von Sonderelemente in Form von blockartigen Leimbindern empfehlen. Für den Platzbereich wird ein Belag aus langformatigem, nuancierendem Betonsteinpflaster vorgeschlagen. Die gleichmäßige Verlegung im Reihenverband parallel zu den Fassaden nimmt Bezug auf die stadträumlich prägende Architektur, die Farbigkeit wiederum schafft den Brückenschlag zu den Wegen der Parkanlagen. Durch Verdichtung einzelner Farbwerte wird eine Betonung wichtiger Bereiche erreicht. Fahrradweg, Schulfreifläche und Gastronomie werden subtil zoniert. Die amorphen Kanten der Landschaftsintarsien werden abschnittsweise durch Betonsitzkanten akzentuiert.

REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG / STARKREGENEREIGNISSE
Die Regenwasserbewirtschaftung und die Pufferung von Starkregenereignissen ist Teil unserer Gestaltung und wird in Anlehnung an das Konzept in der Auslobung inhaltlich umgesetzt. Mäandrierend modellierte Mulden integrieren sich in die straßenbegleitenden Pflanzflächen, übernehmen die Vorreinigung der Niederschläge, versickern gewisse Mengen und geben überschüssiges Wasser zeitverzögert in die Kanalisation ab. Unterirdische Speichertanks liefern Entnahmemöglichkeiten für die Bewässerung der Grünflächen an heißen Sommertagen. Straßenbegleitende, ca. 20cm hohe Betonblockelemente sichern die Mulden vor Befahrung, dienen als Wasserleitelement und ermöglichen über abschnittsweise Durchlässe eine gezielte Zuführung des Wassers in die Retentionsflächen. Im Platzbereich werden Starkregenereignisse über eine bereichsweise leichte Ausmodellierung der Oberfläche sicht- und erlebbar zurückgehalten. Hierdurch entsteht im Alltag jedoch keine Einschränkung in der Nutzbarkeit der Platzfläche.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der eingereichte Entwurf bietet eine große Funktionsbreite mit klarer Haltung. Es wird erreicht, den lang gezogenen Park zu gliedern. Die Aufteilung der aktiven Bereiche im Westpark und der Unterbringung der ruhigen Aktivitäten im Ostpark ist sehr überzeugend und besonders gelungen. Im aktiven Westbereich und dem ruhigen Ostbereich werden mit Mitteln der Kontur Räume geschaffen, die eine gute Baumsetzung aufweisen. Die Bereiche des Kleinspielfeldes und der Laufbahn weisen gut gestaltete Flächen auf. Die Wege ziehen sich angenehm durchs „Grüne“, wobei die Gestaltung der Versickerungsmulden überzeugend gelöst ist.

Die Pflanzbereiche (besetzt mit Stauden, Sträuchern und Bäumen) im Übergang zur Wohnbebauung fügen sich harmonisch in das Gesamtbild ein. Das Prinzip der „grünen Inseln“ auf dem Quartiersplatz erscheint angemessen, insbesondere im Hinblick auf versiegelte und unversiegelte Flächen. Allerdings ist die Aufteilung des geforderten Korridors auf diese Weise nicht möglich und muss angepasst werden.

Die vorgesehenen Spielbereiche sind gut platziert, könnten in Teilbereichen aber zusammengefasst werden, um einen größeren, zusammenhängenden Spielbereich zu schaffen. Den Verfassern ist es gelungen, verschiedene Zonen zu schaffen.
Die gemischt genutzten Wegeflächen auf der zentralen Durchwegung werden von der Jury positiv aufgenommen. Die Wegeführung, die sehr variabel auf die verschiedenen Anknüpfungspunkte reagiert sowie die Führung des Schulweges, sind positiv gelungen.
Westpark

Westpark

Platz

Platz

Ostpark

Ostpark

Schnitt Westpark

Schnitt Westpark

Schnitt Platz

Schnitt Platz

Schnitt Ostpark

Schnitt Ostpark