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Einladungswettbewerb | 11/2019

Wohnen an der Glandergassleiten in Wolnzach

Schwarzplan

Schwarzplan

Anerkennung

Preisgeld: 5.200 EUR

su und z Architekten BDA

Architektur

toponauten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

SITUATION
Die Marktgemeinschaft Wolnzach befindet sich im größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt. Die Landschaft ist geprägt von den hügeligen Weiten der Anbaufelder. Neben dieser beeindruckenden Landschaft macht der historische Ortskern die Marktgemeinschaft zu einem attraktiven Wohnort für alle Generationen und Lebenssituationen.
Die Topografie auf dem Wettbewerbsgebiet ist enorm. Die Höhendifferenz von 42 m bietet die Möglichkeit sensibel auf die Landschaft einzugehen als auch den Blickbezug zum Ortskern im Entwurfskonzept aufzunehmen. Das Wettbewerbsgebiet wird im Süden von der namensgebenden Glandergasse begrenzt. Es schließt südwestlich an das 1999/2005 entstandene Wohngebiet an und wird nordöstlich von der Landschaft umschlossen.


STÄDTEBAULICHES KONZEPT
Die städtebauliche Bebauungsstruktur fügt sich integrativ in die vorhandene Topografie ein. Ziel ist es das Landschaftsbild zu erhalten und durch die dabei entstehende Ausrichtung der einzelnen Baukörper einen attraktiven Blickbezug für alle Bewohner zum Ortskern zu schaffen.
Die dichte Gegenüberstellung der Baukörper lässt schmale Stichstraßen entstehen, die den dörflichen Charakter Wolnzachs neu interpretieren. Bei den dabei entstehenden fünf Cluster wurde bewusst auf eine Durchmischung des Wohnangebots geachtet, um das Miteinander aller Generationen zu fördern.
Die städtebauliche Setzung lässt die Landschaft in das Wohngebiet fließen.
Sie ist für alle Bewohner des neuen als auch des alten Wohngebiets erlebbar und bietet Spiel- und Erholungsmöglichkeiten.


WOHNEN IM GRÜNEN
Die einzelnen Baukörper sind entlang der Höhenlinien aneinandergereiht und bilden eine gegliederte Kettenbebauung. Zur Straßenseite schließen die Baukörper bündig ab, um den Straßenraum zu definieren. Die dichte Gegenüberstellung dieser Ketten gestattet es, den Grünraum großzügig in das Wohnquartier hineinfließen zu lassen, als bestimmende Qualität des Ortes. Durch die Abfolge von Bebauung und Grünraum verzahnt sich die Landschaft mit der Bebauung. Die versiegelte Fläche wird so gering wie möglich gehalten. Zur Landschaftsseite bildet die Kettenbebauung Vor - und Rücksprünge aus und verwebt sich so zusätzlich mit dem Freiraum.
Der Grünraum erfährt eine Differenzierung zwischen öffentlichen und privaten Bereichen und wird durch Spielplätze, gemeinschaftliche Gärten, Freiflächen, und Möbel bereichert.
Die Regenwasserableitung wird in den Grünräumen kontrolliert. Statt eines großen Auffangbeckens entstehen viele kleine Mulden entlang der Fuß- und Radwege. Sie bieten neben der Funktionalität Aufenthaltsqualität. Durch die Verzahnung hat jedes Grundstück einen direkten Zugang zum öffentlichen Grün und profitiert vom Naherholungsangebot.


WOHNUNGSANGEBOT UND HÖHENENTWICKLUNG
Entlang der „Obere Lindenstraße“ werden kompaktes Wohnen, Doppelhäuser als auch Einfamilienhäuser zur Bildung des Straßenraumes vorgesehen. Sie reagieren in ihrer Geschossigkeit auf den Bestand und leiten sowohl in die Stichstraßen als auch in den Grünraum.
Entlang der Stichstraßen befinden sich Doppelhäuser kombiniert mit Einfamilienhäusern. Die Höhenentwicklung reagiert sensibel auf die Topografie. Daraus ergibt sich ein spannendes Spiel. Jedes Haus profitiert von einer nach Süden ausgerichteten Dachterrasse.
Den räumlichen Abschluss der Stichstraßen schaffen zwei längliche Geschosswohnungsbauten. Mit drei Geschossen und durch ihre Anordnung fassen sie den halböffentlichen Vorplatz, der den Zusammenhalt des jeweiligen Clusters stärken soll.


ERSCHLIESSUNG / MOBILITÄTSKONZEPT
Die Haupterschließung mit dem PKW erfolgt über die Glandergasse. In Verlängerung der „Obere Lindenstraße“ knüpft sie an das bestehende Verkehrsnetz an. Entlang dieser Haupterschließung befinden sich alle geforderten Besucherstellplätze. Im Hinblick auf ein sich veränderndes Mobilitätsverhalten wurde die Straße verbreitert und kann somit dem zukünftigen E-Mobilität- und Carsharing Bedarf angepasst werden. Ein Quartiersplatz dient sowohl als Treffpunkt als auch als Haltestelle für den Bürgerbus.
Die Stichstraßen selbst dienen lediglich zur Erschließung der Anlieger. Der Bebauungsvorschlag sieht auf jedem Grundstück eine Doppelgarage vor. Die restlichen 1-2 Parkplätze stehen vor bzw. unter dem Hauptgebäude und sind ein „kann“ aber kein „muss“.
Der Geschosswohnungsbau erhält jeweils eine eigene Tiefgarage, um den Stellplatzbedarf zu erfüllen.
Die landwirtschaftlichen Geräte werden seitlich der Ortseingrünung entlanggeführt, um den Betrieb vom Wohnen zu trennen. Es ist jedoch auch denkbar die Stichstraßen an den geforderten Stellen in den Landschaftsraum zu verlängern.


DURCHLÄSSIGKEIT UND VERNETZUNG
Der Landschaftsraum wird von einem Netz aus Fuß- und Radwegen durchzogen, in welches Freiflächen, Gärten und Möbel eingeflochten sind. Von jeder Stichstraße führen kleine Abzweigungen direkt in den Landschaftraum. Sie sollen kurze Wegeverbindungen schaffen, die Cluster vernetzten und machen das Fahrradfahren attraktiver.


BAUABSCHNITTE/PARZELLIERUNG
Der Bebauungsplan wird in zwei Abschnitten realisiert. Der erste Bauabschnitt umfasst die nördlichen drei Cluster. Zusammen mit dem Bestand entlang der „Obere Lindenstraße“ ergeben sie ein harmonisches Bild und transportiert bereits die Entwurfsidee.
Auch die Energiezentrale befindet sich im ersten Bauabschnitt, sodass das Baugebiet autark funktioniert.
Der zweite Bauabschnitt beinhaltet die südlichen zwei Cluster entlang der neuen Haupterschließung.
Jedes Gebäude steht auf einem eigenen Grundstück, eine einfache Auf- bzw. Umverteilung ist gewährleistet.


ENERGIEKONZEPT
Die Energiezentrale für die Strom- und Gasversorgung fügt sich selbstverständlich in den Bebauungsvorschlag ein und liegt strategisch günstig.
Durch das Aufgreifen der Topografie sind die Gebäude optimal nach Süden ausgerichtet und können auf den Dächern mit Solaranlagen aufgerüstet werden. Es wurde darauf geachtet eine möglichst geringe Fläche zu versiegeln, um einer Überhitzung des Wohngebietes vorzubeugen.


REGENWASSERMANAGEMENT
Das anfallende Regenwasser wird über eine in den Freiraum integrierte Sickerkaskade abgeleitet. In den grünen Fugen befinden sich seichte 30 cm eingelassene Mulden, die als wertvolle Feuchtwiesenstandorte dienen und im Fall von Starkregen Pfützen bilden können. Jede Fuge beinhaltet zusätzlich eine 70cm tiefe Sickergrube, die primäres Wasser hält.
Die polygonalen Retentionsflächen sind durch das ganze Gebiet hindurch miteinander verbunden, da die Fuß- und Radwege an den Verbindungstellen auf Gabionen gebaut sind. Dies lässt zum einen ein durchfliesen zu und kann zum anderen noch als Filter fungieren. Entlang der Glandergasse, als tiefster Punkt des Geländes, sind besonders große Sickerflächen und –gruben geplant und mit extensiven Nutzungen gepaart, sodass auch bei heftigen Regen kein Risiko entsteht.


FREIRAUM- UND PFLANZENKONZEPT
Das Wettbewerbsgebiet ist deutlich von der Hallertauer Hopfenlandschaft geprägt, weshalb diese im Entwurf auch tonangebendes Element wird. Die Hopfengärten werden daher im Freiraum zitiert und dienen als Rankgerüste, die öffentliches Grün von privatem Grün trennen. Sie zeichnen die Fugen nach, richten den Blick auf die freie Kulturlandschaft und gliedern den Freiraum. Eine Verwendung von verschiedenen Kletterpflanzen ermöglicht das Ausbilden von verschiedenen Charakteren, so ist der Hopfen nur noch in der der zentralen Fuge zu finden. Diese ist besonders hervorzuheben, da sie den Treffpunkt an der oberen Lindenstraße mit dem Landschaftsraum verbindet und mit verschiedene Spiel- und Sitzelemente zum Verweilen und Spazieren gehen einlädt. Zusätzlich zum hohen Freizeitwert entstehen durch die Feuchtbiotope in den Fugen und die einschürigen Wiesen in der Ortseingrünung ökologisch wertvolle Räume, die zugleich klimawirksam sind.
Die Ortseingrünung bildet die große landschaftliche Klammer und beinhaltet großzügigen Raum für Spielpunkte, Schlittenhügel, einen Trimm-dich-Pfad und einen Aussichtspunkt am höchsten Punkt des Geländes. Dort kann man den Blick über das neue Quartier, den Dorfkern und die rollende Hügel der Hopfenlandschaft schweifen lassen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Struktur:
Die städtebauliche Struktur gliedert sich in fünf Cluster unterschiedlicher Größe, welche sich in überzeugender Weise mit dem Landschaftsraum verzahnen. In ihrer Gliederung und Orientierung folgt die Bebauung zunächst dem natürlichen Geländeverlauf. Die einzelnen Cluster werden über Stichstraßen erschlossen, an denen sich in Form von Kettenhäusern die Bebauung entwickelt. Kontrovers diskutiert wurde allerdings, ob die bauliche Struktur sich adäquat mit der bestehenden baulichen Struktur des Ortes verbindet und robust genug ist für eine Entwicklung in unterschiedlichen Bauabschnitten und mit unterschiedlichen Investoren. Kritisch gesehen wird zudem die bauliche Struktur im nördlichen Teil des Grundstücks. Sie bietet wenig räumliche Qualität und – anders als im östlichen Teil des Quartiers – keinen adäquaten Übergang zur Landschaft.

Haustypologien:
Auch die vorgeschlagenen Haustypologien wurden kontrovers diskutiert. Sie erlauben nur wenig gestalterischen Spielraum und sind durchgängig mit Flachdächern ausgebildet. Durch den stringenten städtebaulichen Ansatz ist die Orientierung der Gebäude teils nicht optimal.

Wohnungsmix:
Innerhalb der Cluster werden wie gewünscht unterschiedliche Wohnungstypen angeboten. Die Gesamtanzahl an Wohneinheiten ist allerdings verhältnismäßig gering. Die Gebäude für den Geschosswohnungsbau werden am Ende der Stichstraße angeordnet und öffnen sich zum östlich gelegenen freien Feld. Dies bedeutet eine große Wohnqualität auch für diese Wohnform.

Erschließung:
Eine klare Erschließungsstruktur im Quartier ist gegeben. Die vorgesehene Kreuzung bei der Oberen Lindenstraße wurde kontrovers diskutiert. Gut gelöst erscheint die Zufahrt zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen. Im Inneren der Cluster sind die Stichstraßen verhältnismäßig breit dimensioniert, die Wendemöglichkeit für die Müllfahrzeuge und die Schneeräumung sind allerdings knapp bemessen. Die Verbindung zwischen den einzelnen Clustern durch Fuß- und Radwege wird positiv gewertet.

Freiraum:
Zwischen den einzelnen Clustern befinden sich (teils zu) großzügig bemessene öffentliche Freibereiche mit einem vielfältigen Angebot. Die hier vorgesehene Terrassierung wurde allerdings kontrovers diskutiert. Hierdurch entstehen zwar freiräumliche Qualitäten, jedoch ist dies verbunden mit starken Eingriffen in die Topographie und daraus resultierenden zusätzlichen Kosten. Die Verfasser messen den Versickerungsräumen zwischen den Clustern besondere Bedeutung bei und ordnen ihnen großzügig dimensionierte öffentliche Grünräume zu, die sich über einen abwechslungsreichen Ortsrand zur Landschaft öffnen und durch ein intelligentes Wegesystem vernetzt sind. Die Aufenthaltsqualität wird als sehr hoch eingeschätzt, allerdings scheint der flächenmäßige Anteil an öffentlichem Grün zu hoch. In starkem Kontrast zu den grünen Fingern stehen die Hofräume, die ausschließlich von Stellplätzen flankiert und geprägt werden. Die Qualität dieser Räume erschließt sich nicht. Für den Bolzplatz im Süden wird kein Bedarf gesehen.

Wassermanagement:
Regenwasser wird über ein Muldensystem von Norden nach Süden geleitet. Die Muldengestaltung stellt eine Herausforderung hinsichtlich der Geländeneigung dar. Eine Muldenstruktur am Ostrand des Plangebietes ist vorgesehen. Das Regenrückhaltebecken an der St2049 erstreckt sich über die gesamte Länge/Breite des Plangebietes, die Fläche scheint knapp bemessen. Aus dem Wettbewerbsbeitrag geht nicht hervor wie mit dem Trockengraben an der St2049 umgegangen wird. Dieser sollte als eigenständiger Graben erhalten bleiben.

Energie:
Grundsätzlich ist eine vorteilhafte und klar strukturierte Anordnung der Gebäude mit effizienter zentraler Energieversorgung gegeben. Ungünstig ist die Anordnung der Park- und Garagenflächen mit daraus resultierendem ungünstigem A/V-Verhältnis.

Wirtschaftlichkeit:
Die öffentlichen Freibereiche erscheinen im Verhältnis zu groß dimensioniert. Hier entstehen für die Kommune hohe Kosten für den Unterhalt. Zudem werden vergleichsweise wenige Wohneinheiten vorgesehen bei einer prozentual hohen Erschließungsfläche. Bietet die städtebauliche Struktur auch aus den zuvor beschriebenen Punkten durchaus Qualitäten, so erscheint sie in Gänze als nicht robust und mit Blick auf den Umgang mit der Ressource Boden als nicht wirtschaftlich genug für die Entwicklung eines neuen Quartiers am Ortsrand.
Lageplan

Lageplan

Skizze

Skizze

Modellfoto

Modellfoto