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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2019

Neubau des Kombibads Herzogenried in Mannheim

Blick vom Freibad

Blick vom Freibad

Anerkennung

Preisgeld: 7.500 EUR

Bez+Kock Architekten Generalplaner GmbH

Architektur

koeber Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Henne & Walter GbR

TGA-Fachplanung

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung

RENDERBAR 3D Visualisierung

Visualisierung

Architekturmodelle Boris Degen Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

TOR ZUM GRÜNZUG NORD
Der Neubau des Kombibades soll in einem sehr sensiblen Umfeld entstehen. Die zentrale Herausforderung besteht darin, die vorhandenen grünräumlichen Qualitäten des Herzogenriedparks möglichst wenig zu beeinträchtigen und gleichzeitig dem Wunsch nach einer Stärkung der städtebaulichen Achse an der Max-Joseph-Straße und einer Etablierung des Grünzugs Nord Rechnung zu tragen. Das soll Bad kann gemeinsam mit der reaktivierten Multihalle künftig zum attraktiven Tor des Grünzuges Nord werden.

In städtebaulicher Analogie zur Multihalle wird das Kombibad mit seiner Schmalseite orthogonal zur Max-Joseph-Straße platziert. Dem hier verorteten Hauptzugang wird ein einladender und adressbildender Vorplatz vorgelagert. Mit großzügiger Geste öffnet sich die Badehalle zur bestehenden parkartigen Freibadlandschaft, so dass Innenraum und Außenraum visuell ineinander übergehen.

Durch die Platzierung des neuen Baukörpers im Bereich des derzeitigen Zugangsbauwerks, fallen dem Neubau sehr wenige Bäume zum Opfer. Im Sinne einer maximalen Bewahrung des wertvollen Baumbestandes soll auch der vorhandene Parkplatz an der Max-Joseph-Straße erhalten und mit sanftem Eingriff aufgewertet werden. Der neue Umkleidetrakt des Freibades bildet einen wirksamen Sicht- und Lärmschutz zwischen den Stellplätzen und dem angrenzenden Freibad. Der Zugang zum Freibad erfolgt über die überdachte Fuge zwischen der Badehalle und dem Umkleidetrakt des Freibades, die Kasse des Hallenbades kann an dieser Stelle auch das Ticketing des Freibades unterstützen.

Durch die Anordnung des Bades auf dem Höhenniveau der Max-Joseph-Straße, und somit über dem derzeitigen Geländeniveau, können topographiebedingt die Aushubmassen des Technikgeschosses auf ein Minimum reduziert werden.

BADEN IM PARK
Das neue Kombibad profitiert von einer einmaligen Lagegunst, nahe an der Mannheimer Innenstadt und doch mitten im gewachsenen Park. Um von dieser fantastischen Lage maximal zu profitieren öffnet sich die Badehalle vollverglast zur vorgelagerten Parklandschaft. Die zum Park hin abfallende Höhenstaffelung der Schwimmbecken, sowie das auskragende Vordach unterstützen die Verzahnung von Bad und Park zusätzlich. Über die in das Dach eingelassenen Oberlichter fällt reichlich Tageslicht ins Innere des Bades. Der Badegast im Haus fühlt sich, als ob er im Park badet.

Bereits vom Foyer aus ist ein großzügiger Einblick in die angrenzende Schwimmhalle möglich. Zu beiden Seiten der trennenden Verglasung können hier die Gäste Speisen aus der Bistroküche genießen. Nach dem lösen einer Eintrittskarte führt der Weg die Badegäste über einen tagesbelichteten Wandelgang entlang der Südfassade zu den Umkleiden. Vom Barfußgang aus erfolgt an zentraler Stelle der Zugang zur Schwimmhalle.

Unter einem großen Holzdach entwickelt sich die Badelandschaft auf zwei Ebenen. Die über Treppen und eine Rampe miteinander verbunden sind. Die räumliche Zonierung der Halle erfolgt über eine eng getaktete Stützenreihe entlang dieses Höhenversatzes, sowie über einen Innenhof und einen felsartig eingestellten Kern. Auf der oberen Ebene befinden sich das Sportbecken, das Sprungbecken und das Landebecken der beiden Rutschen. Der etwas turbulentere Bereich von Landebecken und Sprungbecken wird durch den Kern gegenüber der übrigen Halle abgeschirmt. Dieser massive Block nimmt die Treppen zu den Rutschen, das Dampfbad, sowie einige Materialräume auf. Im Fall der Realisierung der Röhrenrutsche soll der Kern über Dach geführt werden, von dem so entstehenden Ausguck ergibt sich ein herrlicher Blick über den angrenzenden Herzogenriedpark. Die schmale Fuge zwischen Kern und Glasfassade erlaubt eine einfache räumliche Integration des Übergangs zum optionalen Außenbecken.

Die übrigen Becken wurden in freier Anordnung auf der unteren Badeebene mit höhengleichem Übergang zum Park verortet. Das dadurch entstehende mäandrierende Wegenetz lädt zum Entdecken ein und bereichert so den Badeaufenthalt. Der üppig begrünte Innenhof trägt Tageslicht und eine von Vegetation geprägte Atmosphäre in das Bad. Gleichzeitig dient er als zentraler Orientierungspunkt und innenräumliches Gliederungselement zwischen den Becken.

Der Kleinkinderbereich wurde in Randlage unweit des Bistros untergebracht, so dass die Eltern ihre Kinder bei einer Tasse Kaffee gut im Blick haben können. Das Nichtschwimmerbecken ist als vielgestaltiges Erlebnisbecken ausgebildet und integriert Whirlpool, Strömungskanal, Sprudelsitze und einen Wasserpilz in seine Kontur. Das Lehrschwimmbecken und das Kursbecken befinden sich in ruhigeren Randbereich des Bades.

Ein Übergang von der Halle in den Freibadbereich ist sowohl aus der Umkleidespange als auch an zentraler Stelle aus der Badehalle möglich. Die Bistroküche verfügt auch über eine Ausgabetheke ins Freibad, hier können auch einige Sitzplätze im Schatten des Vordachs angeboten werden.

Die Verwaltung ist direkt oberhalb von Küche und Kasse untergebracht, so dass sich äußerst kurze Wege für den Betrieb ergeben. Die Lüftungsanlagen finden ihren Platz über den Umkleiden entlang der Längswand der Badehalle und erlauben so eine einfache Leitungsführung mit kurzen Kanalwegen. Die übrige Haustechnik wird nach technischer Erfordernis im Sockelgeschoss verortet.

Der Innenraum des Bades wird vom hellen Schimmern des Mosaikfliesenbelages und dem warmen Licht, welches über die Oberlichter des Holzdaches einfällt geprägt. Durch die großflächigen Verglasungen kann auch die vorgelagerte Parklandschaft zur Atmosphäre in der Badehalle beitragen. Die kleinformatigen Fliesen des Bodenbelages überziehen auch die Außenseite der Massivbauteile. Wenige charaktervolle Materialien lassen eine Anmutung von Licht und Leichtigkeit entstehen.

FREIANLAGEN MIT MINIMALEM EINGRIFF
Die Positionierung des Neubaus mit der erforderlichen Infrastruktur geschieht unter Achtung des zum Teil beeindruckenden Baumbestands. Der Vorplatz vor dem Bad gestaltet sich autofrei und orientiert sich zur Max-Joseph-Straße. Innerhalb des Bades werden vorhandene Wegeanbindungen behutsam an den Neubau herangeführt. Das gesamte Vorhaben spiegelt den Grundsatz der Vermeidung von starken Eingriffen in den gesamten Bestand wider. Hierzu gehört selbstverständlich auch das Schutzgut ‚Boden‘, welches insbesondere durch die topografische Ausbildung des Bades im Innern berücksichtigt wird. Somit werden erhebliche Eingriffe und Bodenbewegungen vermieden. Städtebaulich erfährt das Bad eine Fassung nach Süden und Westen und öffnet sich damit großzügig zur Landschaft des Herzogenriedparks.

EIN DACH AUS HOLZ
Für das Dachtragwerk des neuen Kombibads wurde die Holzbauweise gewählt. Im regelmässigen Achsabstand von 4m spannen Brettschichtholzbinder über zwei Felder. Das längere Feld ist 24m lang, das kürzere 20m mit 4m Auskragung. Die 30cm breiten und 144cm hohen BSH Binder sind aus GL24c und werden bewusst über der Stütze gestossen. Im Stoss wird kein Biegemoment übertragen. Mittels Schlitzblechen wird die Auflagerkraft der Binder in die Holzstütze geleitet. Die Holzstütze hat eine Kantenlänge von 30cm und ist quadratisch aus GL24h. Statisch-konstruktiv ist sie als Pendelstütze ausgebildet und von der Dachkonstruktion, die mittels Mehrschichtplatten als Scheibe wirkt gehalten. Mit einer Länge von 24m und 1.44m Höhe sind die Binder noch problemlos an einem Stück transportierbar.

Der lineare Zwischenraum zwischen den Trägern, wird mit 4m x 4m Holzmodulen ausgefüllt. Diese Holzmodule sind konventionell aus Kanthölzern und Mehrschichtplatten zusammengesetzt und bilden am Kopf das Auflager für eine 1m x 4m Isolierglasscheibe. Die Holzmodule können in unterschiedlichen Ausrichtungen eingebaut werden. Der Zwischenraum der Holzmodule wird über Luftein- und auslässe durchlüftet. Dadurch ist sichergestellt, dass sich an der gesamten Holzkonstruktion keine Feuchtigkeit sammeln kann.

Für die Umkleiden und Nebenräume wird die Massivbauweise gewählt. Eine Vorfertigung aus Hohlwänden und die Verwendung von RC-Beton ist -nicht zuletzt wegen der geringen Beanspruchungen- möglich. Zuschlagstoffe aus Betongranulat können in allen Wänden und Decken verwendet werden.

Der Kubus der Nebenräume wird auch für die Aussteifung der Dachkonstruktion herangezogen: Horizontale Lasten der Scheibe werden an die Massivkonstruktion weitergegeben. Das Dach ist ebenfalls in Holzbauweise vorgesehen. So ergibt sich eine gleichmässige Dachaufsicht ohne Höhensprünge.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser platzieren einen kräftigen Baukörper im Süden des Parks zurückgesetzt zur Max-Joseph-Straße entlang der Kinderhäuser. Rechtwinklig dazu bildet ein schmaler, flacher Gebäuderiegel kompositorisch eine stimmige Figur. Das Gelenk, eine Pergola, lädt selbstverständlich in den überschaubaren Freibereich ein, der mit attraktiven Sitzstufen versehen ist.

Die Haltung der Verfasser eine Kompaktheit anzustreben, den Parkraum hervorzuheben, zu rahmen und den Baumbestand maximal zu erhalten, wird gewürdigt.

Im Inneren finden sich zwei wesentliche Kritikpunkte:
Das Versetzen der Badelandschaft auf zwei Ebenen wird als potenzielle Unfallgefahr und unnötige Barriere empfunden. Die einheitliche Höhe des Innenraums über das nicht differenzierte Dach führt zu große Raumvolumen und bildet nicht die Nutzungsbereiche ab. Die Lage und Abschottung des Sportbeckens ohne Freiraumbezug wird ebenfalls nachteilig gesehen.

Insgesamt produziert die Anlage in den Innen- und Außenräumen lange Wegebeziehungen, besonders für bewegungseingeschränkte und sehbehinderte Personen.

Die Anordnung des Innenhofes wird insgesamt in Frage gestellt. Trotz aller funktionaler Einschränkungen ist der Ansatz mit dem konstruktiven Dachelement, den Lichtkuppeln und der Materialität architektonisch reizvoll und zeigt eine klare Haltung.

Zu hinterfragen ist, ob dieser puristische Eindruck bei Umsetzung der Haustechnik haltbar ist.

Insgesamt liefert diese Arbeit interessante und wertvolle Aspekte, wenngleich die Nutzungsbereiche des Kombibades in Gänze nicht überzeugen können.
Blick in die Schwimmhalle

Blick in die Schwimmhalle

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Fassadenschnitt / Ansicht

Fassadenschnitt / Ansicht