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Offener Wettbewerb | 11/2019

ZIEL- Zentrale Innenstadt Entwicklung in Ludwigsburg

Lageplan - M 1:250

Lageplan - M 1:250

3. Preis

Preisgeld: 29.000 EUR

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Machleidt GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Winkelmüller Architekten GmbH

Architektur

SHP Ingenieure GbR

Verkehrsplanung

werk3 architekturvisualisierungen

Visualisierung

Erläuterungstext

Reigen der Räume

Ludwigsburg weist ein faszinierendes Repertoire urbaner Stadt- und Gartenräume auf. In diese Kultur der Vielfalt und Differenz öffentlicher Räume tritt der Bearbeitungsraum nun ein. Wir sehen ihn als eine Folge von starken Raumcharakteren, deren Gemeinsamkeiten und Kontraste deutlich herausgearbeitet sind. Der Schillerplatz ist ein Pflasterplatz mit Solitärbäumen, der Arsenalplatz ist eher Gartenplatz mit ikonografischem Rasen-Inlay und steinernem Rahmen, der Arsenalgarten hinter dem Archiv wird moderner Stadtgarten für alle Generationen und der Zeughausplatz ein repräsentativer Hofgarten als Rahmen für besondere Veranstaltungen.

Diese Raumfolge lebt durch ihre überraschenden Momente: So stehen der Bewegung und urbanen Vitalität auf der belebten Diagonale zwischen Bahnhof und Zentrum Ruhe und vegetative Üppigkeit mit Aufenthalts- und Spielorten in den Gärten gegenüber. Trotzdem sind die Orte aufeinander bezogen und entfalten in Farbigkeit und Materialität einen Zusammenhalt, der sie zum spürbaren Kraftfeld macht.

Typus und Strukturen

Schillerplatz: Stadtteppich mit Solitären
Zu Füßen des Schillerdenkmals lagert ein Stadtteppich aus hellen, großformatigen Pflasterplatten. Diese verleihen dem Platz einen offenen, lichten Charakter mit den Schatteninseln der beiden Solitärbaumgruppen. Das robust-wertige Oberflächenmaterial aus grau-gelbem Granit bildet den übergreifende Stadtboden der Platzräume und bindet diese zusammen.

Der Arsenalplatz: Bewegung und Rückzug
Eine in sich ruhende, topografisch leicht modellierte Rasenfläche bildet ein grünes Inlay und ist damit Herzstück des Arsenalplatzes. Sie ist gefasst in einem steinernen Passepartout als Fortführung des Stadtbodens am Schillerplatz. Die Rasenfläche wird von einem Einfassungsstein aus Naturstein mit Sitzmöglichkeiten zum Raseninlay gerahmt. Die Rasenfläche erhält sparsam eingestreute Solitärbäume wie Tulpenbäume und Gleditschien. Das Oberflächenwasser des Arsenalplatzes wird über den Rasen versickert.

Sowohl der Schillerplatz, als auch der Arsenalplatz leben durch ihre handwerkliche Präzision, die zusammengeführt wird mit der Auswahl robuster, wertiger und gleichzeitig feinsinniger Materialien.

Arsenalgarten und Zeughausplatz: Gegenwelten
Der rückwärtig des Archivgebäudes liegende Arsenalgarten und der Zeughausplatz bilden einen bewussten Kontrapunkt zu den Platztypologien des Schiller- und Arsenalplatzes. Sie ermöglichen das Abtauchen in eine Sequenz gärtnerischer Üppigkeit, in verwunschene Partien und überschaubarer Raumbilder. Unter den Bestandsbäumen und Neupflanzungen aus alten Obstsorten (Apfelbäume zitieren die historische Nutzung) lagern eingestreute Spielplätze und machen die Höfe zu einem Begegnungsort aller Generationen.

Die Shell-Mex-Oberflächen in Arsenalgarten und Zeughausplatz schärfen die Intarsien mit einem hohen gärtnerischen Anspruch und schaffen ein bewusstes Gegenüber zum Schiller- und Arsenalplatz.

Ergänzungsbaukörper
Die beiden Zwillingsbaukörper auf dem Zeughausplatz und der Baukörper in nördlicher Verlängerung des platzflankierenden Flügels des Staatarchivs bilden im Vergleich zu ihrem städtebaulichen Kontext pavillonartige Kleinarchitekturen, die als städtebauliche Ergänzungen oder Akzentsetzungen zu verstehen sind.

Die Baukörper werden als eigenständige Ergänzungen sichtbar gemacht und die Volumina erhalten eine objekthafte und skulpturale Erscheinung, ohne sich gegenüber dem historischen Bestand in den Vordergrund zu drängen.

Relief und Barrierefreiheit
Zur visuellen und taktilen Orientierung werden entlang der Wegedominaten kontrastierende Oberflächen hergestellt. Mobiliar ist störungsfrei verortet. Im Bereich von Rücksprüngen werden Rinnensteine mit Profilierung visuell und taktil erfassbar eingesetzt. Im Bereich der nördlich und südlich flankierenden Straßen wird von einem klassischen Hochbordstein und ergänzenden Aufmerksamkeitsfeldern ausgegangen. Die Bushaltestelle arbeitet auf gesamter Länge mit einem kontrastreichen Aufmerksamkeitsbereich.

Nachhaltigkeit
Die vorgeschlagenen Oberflächen aus Bayrischem Granit werden in weniger als 500 Kilometer abgebaut. Sie sind hinsichtlich ihres Fahr- und Laufkomforts geeignet und stellen insbesondere auf die Dauerhaftigkeit und damit Lebenszykluskosten bezogen einen sehr hohen Standard dar. Die Oberflächen wirken dem urban-heat-effect entgegen. Dies geht zusammen mit den dargestellten Versickerungsmöglichkeiten. Sie verbessern das Mikroklima und sind ein wichtiger Baustein der stadtklimatologischen Qualifizierungen. Zudem wird das Kanalsystem entlastet. Die Zusammenstellung des Pflanzensortiments ist aus dem Wissen der zukünftigen Standortansprüche heraus adaptiert. Es erfolgen hinsichtlich des Baumbestandes nur Minimaleingriffe.

Verkehr
Verkehrlich wir die Verbindung Schillerplatz – Arsenalstraße deutlicher als ein durchgehender Straßenraum herausgebildet. Die Straßenraumgestaltung wirkt zudem noch in die Wilhelmstraße hinein und schafft so eine deutlichere Verbindung zur Innenstadt.

In Phase 1 wird der Kfz-Verkehr in der Mitte geführt. Beidseits grenzt eine ’Umweltspur‘ an, welche dem ÖPNV und dem Radverkehr gemeinsam zur Verfügung steht. Bei Realisierung der Phase 2 werden die äußeren Spuren durch Modifizierung der Fahrbahnmarkierung von 3,25m auf 2,5m reduziert und die innere Spur auf 6,50m verbreitert, wodurch der Radverkehr nun außen auf einer separaten Spur und der ÖPNV mittig geführt werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Eine sorgfältige Analyse der historischen, funktionalen und räumlichen Bezüge der Ludwigsburger Stadtmitte führt die Verfasser zur Leitidee ihrer Arbeit, die sie selbst als „Reigen der Räume“ charakterisieren: Der Schillerplatz präsentiert sich als urbaner Nukleus mit einem Teppich aus harten Belägen mit eingestreuten Schnurbäumen und Zerr-Eichen, die vorhandene Bäume zu einer lockeren Gehölzgruppe verbinden, die den urbanen Charakter des Platzes atmosphärisch unterstützt. Die diagonal geführte Querung der Spur für Linienbusse und Fahrräder werden behutsam markiert und so als Teil der hochwertigen Platzfläche verstanden. Das nach Norden gerückte Denkmal und der Wasserspiegel stützen dieses Konzept eines klassischen Stadtplatzes sinnfällig.

Bei der Gestaltung des Arsenalplatzes bekennen sich die Verfasser zur Beibehaltung der Allee, von der die ebenengleich geführten Verkehrswege gut eingefasst werden. Das barrierefreie Buskap entsteht über eine Absenkung der Fahrspur. Konflikte mit dem Radverkehr sind allerdings nicht auszuschließen. Bestimmt wird der weite Raum durch eine leicht modellierte und gegenüber dem steinernen Passepartout abgesenkte Rasenfläche. Mit einigen eingestreuten schattenspendenden Bäume entsteht hier ein attraktiver Bewegungs- und Aufenthaltsraum, der eine hohe Attraktivität für die Bevölkerung entfalten dürfte. Den Staudensaum vor dem Arsenalgebäude sieht das Preisegericht eher kritisch. Der kraftvolle Bau würde ohne diesen Saum kraftvoller in Erscheinung treten und die Präsentation der Trophäen über ein steinernes Gebäudevorfeld besser gelingen.
Einen Gewinn stellt die Fassung des weiten Raums durch das vorgeschlagen Gebäude an der Wilhelmstraße dar, das mit dem Café bzw. Restaurant im Erdgeschoss ein urbanes Interface mit Ausstrahlung auf die dort richtig positionierte Multifunktionsfläche erhält. Die Verfasser weisen nach, dass dieses Angebot auch dann bereits funktioniert, wenn ein Teil der Fläche noch mit Stellplätzen belegt ist. Im Zukunftsbild müsste das angebotene Wasserspiel jedoch mehr Attraktivität entfalten.

Im Übergang zum Arsenalgarten stellt sich Das Preisgericht die Frage, ob mit der Verlegung des Gefallenendenkmals in die zweite Reihe der Erinnerungskultur entsprochen werden kann.
Es ist verständlich, dass die Gestaltung des Arsenalgartens und Zeughausplatz als Innenwelt einer anderen Logik folgt. Mit der Inszenierung einer gärtnerischen Gegenwelt mit kleinteilig strukturierten Intarsien wirkt der Raum doch etwas überinstrumentiert. Durchaus geschickt wird auf dem Zeughausplatz eine Verbindung von Platzbelag und Intarsien der besonderen Funktion dieses Raums Rechnung getragen.

Mit dieser gestuften Gestaltung der Teilräume entwerfen die Verfasser ein Zukunftsbild des einer subtil aufeinander abgestimmten Raumfolge, die die funktionalen Erfordernisse souverän in gut gestaltete Stadträume übersetzt. Sorgfältig aufeinander abgestimmte Materialien und gute Lösungen im Detail sind die Basis für eine nachhaltige Entwicklung, die durch sinnvoll eingesetzte Maßnahmen zur Klimaanpassung ergänzt werden. Die für den Einstieg in die Realisierung außerordentlich wichtige Zwischenstufe mit Stellplätzen auf dem Arsenalplatz ist nachgewiesen. Die Wertigkeit der gewählten Materialien führt zu vergleichsweise hohen Baukosten, die sich allerdings langfristig auszahlen könnten.

Insgesamt gelingt es den Verfassern, die komplexe Aufgabestellung in einem hochwertigen städtebaulichen und freiräumlichen Entwurf zusammenzuführen, der eigenständige öffentliche Räume mit identitätsstiftender Wirkung und einer besonderen Stimmung verspricht. Diese insgesamt hohe Qualität wird jedoch nicht in allen Teilbereichen durchgehalten.
Lageplan

Lageplan

Lageplan - M 1:1 000

Lageplan - M 1:1 000

Arsenalplatz

Arsenalplatz

Visualisierung - Arsenalplatz

Visualisierung - Arsenalplatz

Stadtteppich und neue Stadtbausteine

Stadtteppich und neue Stadtbausteine

Detail - Arsenalplatz M 1:50

Detail - Arsenalplatz M 1:50

Schnitt Zeughausplatz

Schnitt Zeughausplatz

Visualisierung - Arsenalgarten

Visualisierung - Arsenalgarten

Arsenalgarten

Arsenalgarten

Detail - Arsenalgarten M 1:50

Detail - Arsenalgarten M 1:50

Schnitt Zeughausplatz - M 1:250

Schnitt Zeughausplatz - M 1:250

Schnitt Zeughausplatz - M 1:250

Schnitt Zeughausplatz - M 1:250

Stadtteppich und neue Stadtbausteine

Stadtteppich und neue Stadtbausteine