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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2019

Neubau Haus des Wissens in Bochum

Markthalle

Markthalle

2. Preis

Preisgeld: 43.750 EUR

gernot schulz : architektur GmbH

Architektur

PONNIE Images

Visualisierung

Erläuterungstext

Vom Gewerbehof zum nachhaltigen Wohnzimmer der Stadt

Dem Gebäude der ehemaligen Hauptpost wird mit Respekt für das architektonische Erbe begegnet. In der Konsequenz der Achtung des Bestands, seiner Typologie und Atmosphäre wird bewusst auf jede Fassadenzäsur verzichtet, einzig die neue zweigeschosssige Stadtloggia vis-à-vis des Rathauses, betont wie die berühmten Vorbilder der Renaissance das Öffentliche des Hauses. Im ehemaligen Gewerbehof des bewahrten baulichen Ensembles steht die neue Markt- und Bibliothekshalle, das neue nachhaltige Wohnzimmer der Stadt, was für ein Genuss!
Der bauliche Ausdruck und die getreppte Kubatur des Neubaus nehmen Bezug auf Struktur, Ausdruck, Maßstab und Körnung der benachbarten Brauereigebäude. Wie bei den alten Gewerbebauten entwickeln sich Form und Höhe des Neubaus aus seinen inneren Funktionen. Holz als Primärbaustoff des Neubaus, urbane Nutzgärten und öffentliche Aufenthaltsorte auf den Terrassen des Neubaus eröffnen vielfältige Erfahrungs-, Nutzungs- und Ruheorte für die Bürgerinnen und Bürger Bochums – jederzeit und für Jede und Jeden zugänglich. Die Themen Markt, Bildung, Genuss, Gemeinschaft, nachhaltige Bauweise und verbessertes urbanes Mikroklima durch die grünen, Feuchte speichernden Nutzpflanzenterrassen erhalten durch die Architektur des Neubaus bildhaften Ausdruck. Die Open-Space-Flächen über der Markthalle betonen die Wandlung dessen, was in der Vergangenheit unter einer Bibliothek verstanden wurde und was Bibliothek und insbesondere das Bochumer Haus des Wissens in Zukunft sein wird: ein Ort des Kommunizierens, des Debattierens, des Lernens voneinander und miteinander in immer wieder neu programmierbaren und erlebbaren räumlichen Situationen

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf erhält den Altbau des Telekomblocks mit wenigen ergänzenden Änderungen: Die Mittelrisalite werden als Eingänge geöffnet und die Blockecke zum Willy-Brandt-Platz und zur Viktoriastraße wird wieder geschlossen. Die Entscheidung, den Altbau zur Viktoriastraße nicht nur mit einem großzügigen barrierefreien Eingang zu öffnen, sondern auch mit temporären Marktständen auf der Gasse zu beleben, wird im Preisgericht gelobt. Die Sichtbeziehung zum Rathaus wird akzentuiert. Die aufgesetzten Neonapplikationen sind allerdings aus Sicht des Preisgerichts kein überzeugendes gestalterisches Element der Adressbildung.

Im Blockinneren zeigt sich ein vollständig neues Bild: Ein terrassierter Hybrid-Holzbau im Innenhof stuft von fünf Geschossen im Nordosten auf ein Vollgeschoss im Südwesten ab und entwickelt seine Struktur durch seine inneren Funktionen. Der Innenhof wird erschlossen über direkte Ein- und Ausgänge zur Markthalle, eine Durchfahrt vom Willy-Brandt- Platz und über die gastronomische Fläche im Südwesten. Die Differenzierung zwischen Anlieferungsfläche und der umlaufenden Terrassenfläche erfolgt sehr selbstverständlich über Stufen. Ein zweiter Zugangsweg zu den Obergeschossen kann über eine einläufige Treppenkaskade an der Westflanke bis in das 5. Obergeschoss erfolgen. Zwei Brückenanbindungen von den ehemaligen Brauereigebäuden sind in einem Vorschlag angedacht.

Diese äußere Erschließung wird in der inneren Erschließung sinnfällig weitergeführt. Vom Haupteingang der Stadtloggia werden alle Besucher zunächst in den Marktbereich geführt und von dort über eine breite Treppe und Aufzugsanlagen in die Obergeschosse. Ein zweiter Weg führt über eine Information, die für alle Nutzer im Haus (und nicht nur für die Bibliothek) zur Verfügung stehen sollte.

Die Markthalle rückt damit leider gerade am Haupteingang im Norden in den Hintergrund und wird wenig adressiert an die Besucher*innen vom Willy-Brandt-Platz. Für die Nutzung der Markthalle ist der Entwurf vor allem durch seine Außenflächen problematisch. Die Wahrnehmung der Markthalle vom Straßenraum ist deutlich eingeschränkt. Der Zugang von der Viktoriastraße liegt weiter vom Husemannplatz und Parkhaus entfernt als in der Auslobung gewünscht. Dies ist aber eine der wichtigen Anforderungen an die Nutzung der Markthalle. Falls erforderlich, ist eine Erweiterung der Marktflächen im bestehenden Konzept zu überprüfen. Die Einbindung des gastronomischen Betriebs ist ebenfalls in der Auslobung anders gewünscht. Die Idee der Öffnung zur Stadt ist im Innenhof leider nicht überzeugend umgesetzt.

Die kleinteilige Gestaltung des Open Space bietet die Chance zur Schaffung sehr differenzierter Atmosphären. Die Flächengestaltung bietet darüber hinaus die gewünschte Flexibilität. Eine gute funktionale Durchmischung der Bereiche wird ermöglicht. Die Maßstäblichkeit der Räume und der Raumfolgen ist gut gewählt. Als eine Besonderheit des strukturalistischen Entwurfs sind die Innen- und Außenraumbeziehungen über die Terrassen zu werten. Insgesamt sind Übergänge zwischen Alt- und Neubau differenziert gestaltet und betonen die Korrespondenz in den Nutzungen durch die Blickbeziehungen und die Verbindungen durch die Gebäudefuge.

Die Materialauswahl folgt einem eigenen Nachhaltigkeitskonzept. Zum einen wird die vorhandene Baustruktur genutzt und zum anderen werden durch nachhaltige Baustoffe (z. B. Holz, Lehmbauplatten und Lehmfeinputzmörtel) angenehme Oberflächen angeboten und ein cradle-to-cradle-Konzept verfolgt. Der Aspekt der Nachhaltigkeit kann durch die Aneignung der Räume und Freiräume auch thematisch von den Nutzer*innen aufgegriffen werden.

Der Entwurf bietet Raum für Verknüpfung in dem Zusammenspiel der Nutzungen, in der räumlichen Durchdringung und in der Gestaltung der inneren und äußeren Erschließung. Der Entwurf eröffnet auch Raum für Gesellschaftsbildung durch die Maßstäblichkeit der Open Space-Flächen, durch vielfältige Begegnungsmöglichkeiten und Kommunikationsflächen sowie Potenziale der Aneignung. Und nicht zuletzt erschließt der Entwurf Raum für permanenten Wandel durch den strukturalistischen Grundgedanken des Entwurfskonzepts.

Überarbeitungsempfehlungen
Die Gestaltung der Stadtloggia am Willy-Brandt-Platz ist im Hinblick auf das Angebot von zwei Aufzügen und die Nutzung der Nischenbereiche als Trinkhalle und Aufenthaltsbereich zu hinterfragen. Die Adressbildung der Markthalle ist sowohl vom Willy-Brandt-Platz als auch von der Viktoriastraße zu verbessern, der Eingang von der Viktoriastraße ist hinsichtlich einer besseren Wahrnehmbarkeit der Markthalle wie auch aufgrund des Konflikts mit den Leitungstrassen der Telekom im UG näher an den Husemannplatz heranzurücken. Eine Erweiterung der Marktflächen ist zu überprüfen. Die gastronomische Einrichtung sollte so verortet werden, dass sie einen Beitrag zur Belebung des öffentlichen Raums leistet.
Haus des Wissens mit Markthalle und Bibliothek

Haus des Wissens mit Markthalle und Bibliothek

How Love Could Be

How Love Could Be

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1./2. OG

Grundriss 1./2. OG

Schnitt

Schnitt