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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2019

Quartiersentwicklung Bachtobel in Kressbronn am Bodensee

Lageplan

Lageplan

2. Rundgang

URBANOPHIL.KOELN Stadtplaner BDA

Stadtplanung / Städtebau

Kepler 32

Architektur

Erläuterungstext

Leitidee

Seit dem Mittelalter prägte den Bodenseeraum eine alte Form der gemeinschaftlichen Landnutzung, die Allmende, abgeleitet von mittelhochdeutsch „allmeinde“. Ein Teil der Feldfluren und Weideflächen befand sich im Besitz der Dorfgemeinschaft, jedes Mitglied der Gemeinschaft hatte das Recht zur Nutzung. Diese Tradition wurde im 18. und 19. Jahrhundert zugunsten einer intensiveren Landwirtschaft immer weiter zurückgedrängt.
Heute kennen wir die mit der intensiven Landwirtschaft verbundenen negativen Folgen einer Übernutzung unserer Landschaft: Monokulturen begünstigen Bodenerosion und den Rückgang wichtiger kulturraumprägender Tier- und Pflanzenarten. Anders als bei alten Streuobstwiesen ist auf modernen Plantagen Pflege und Ernte von Obstbäumen für die Bevölkerung nicht anschaulich erlebbar. Da die Versorgung der Region mit Obst ausreichend ist, kann wieder über eine Abkehr von intensiver Plantagenwirtschaft nachgedacht werden.
Auch das Gebiet des Bachtobels wird derzeit als Apfelplantage bewirtschaftet. Für das neue Quartier müssen die Obstbaumreihen nur dort gerodet werden, wo Bebauung oder Erschließung entstehen. Das landschaftsprägende Element der Obstbaumspaliere ist prägend für die Freiraumgestaltung des neuen Quartiers. An die Stelle einer kommerziellen tritt nun aber wieder eine gemeinschaftliche Nutzung der Obstbaumpflanzungen, anknüpfend an die Tradition der Allmende.


Städtebauliches Konzept

Das neu geschaffene Quartier besteht aus zwei unterschiedlichen Bestandteilen, die sich sowohl in ihren Nutzungen als auch in ihrer städtebaulichen Typologie unterscheiden: Das Wohngebiet ist nach einem orthogonalen Raster entwickelt, welches ein kompaktes Quartier rund um einen zentralen Quartiersplatz entwickelt und eine effiziente Ausnutzung der kostbaren Freiflächen gewährleistet. Die Gemeinbedarfsnutzungen dagegen gruppieren sich in drei frei ausgerichteten Höfen, die in den Grünraum eingebettet sind und so die ortstypische Bauweise (große Häuser mit mächtigen Satteldächern um locker gruppierte Hofanlangen) entlang der Hauptstraße (Friedrichshafener Straße) fortsetzen.
Das Wohngebiet erhält einen dichteren Kern aus Mehrfamilienhäusern im genossenschaftlichen Wohnungsbau, welcher sowohl dem Quartiersplatz als auch der Tettnanger Straße eine angemessene räumliche Fassung gibt. Im Erdgeschoss eines der Wohngebäude am Quartiersplatz kann ein Nachbarschaftstreff eingerichtet werden, der zur Belebung der Quartiersmitte beiträgt. Im südöstlichen Bereich entsteht ein weiteres Mehrfamilienhaus als Bauherrenmodell.
An den zum Freiraum orientierten nördlichen und südlichen Erschließungsstraßen befinden sich, wie an einer Perlenkette aufgereiht, Einfamilienhäuser in unterschiedlichen Bautypen: Als Reihenhäuser, als Doppelhäuser und – am Übergang zum Freiraum – auch als freistehende Einfamilienhäuser. So entsteht – zusammen mit dem sozialen Wohnungsbau in der südlichen Gemeinbedarfsfläche – ein vielfältiges Wohnquartier für verschiedene Bewohnergruppen.
Entlang der Friedrichshafener Straße werden Gemeinbedarfsnutzungen angeordnet, die von gesamtörtlicher Bedeutung sind, aber auch den Bewohnern des neuen Quartiers zugutekommen. Sie werden in Form von drei Höfen ausgebildet:

Hof der Gemeinschaft
Um den Hof der Gemeinschaft im südöstlichen Bereich der Gemeinbedarfsfläche versammeln sich die Kindertagesstätte mit Familienzentrum und das Gemeindearchiv, darüber das kommunale Wohnen. Der Baustein aus Kita und kommunalem Wohnen bildet den Auftakt zum neuen Quartier. Der Außenbereich der Kita ist zur Streuobstwiese des benachbarten Bauernhofs orientiert. Die Kita kann in östlicher Richtung erweitert werden. Das Archivgebäude kann in westlicher Richtung erweitert werden.

Hof der Gesundheit
Im zentralen Bereich der Gemeinbedarfsfläche entsteht der Hof der Gesundheit, bestehend aus einem Ärztehaus und einem weiteren Geschosswohnungsbau, in dem z.B. Altenwohnen untergebracht werden könnte. Im Erdgeschoss ergänzen weitere Funktionen, wie eine Apotheke und ein Bäcker, den mischgenutzten Hof und füllen diesen mit Leben.

Hof der Bereitschaft
Der Hof der Bereitschaft als nördlicher Abschluss wird durch die neue Feuerwache gebildet. Er besteht aus dem L-förmigen Hauptgebäude sowie dem rückwärtigen Übungshof, Übungsturm und Parkplatz. Der Übungsturm bildet hierbei eine Landmarke, die sowohl den Ortseingang als auch die Blickachse aus dem neuen Wohnquartier akzentuiert. Durch die Positionierung der Feuerwache am nordwestlichen Ende des Quartiers wird die Wohnbebauung weitestgehend vom Lärm der Feuerwehrsirenen verschont.


Freiraumkonzept

Kernstück des neuen Quartiers bildet ein zentraler Grünraum – die Allmendgärten. Sie verzahnen den im Norden an das Plangebiet angrenzenden Freiraum mit dem neuen Wohngebiet, der Gemeinbedarfsfläche an der Friedrichshafener Straße sowie den östlich der Tettnanger Straße liegenden Freiräumen und stellen so einen Grünzug bis ins Ortszentrum her. Zentrales Element des Grünzuges ist zum einen der offengelegte und renaturierte Bachlauf, welcher einen attraktiven Natur- und Naherholungsraum schafft. Zum anderen bleibt an vielen Stellen die lineare Struktur der Obstbaumpflanzungen erhalten bzw. ablesbar und schafft so neben der identitätsstiftenden Wirkung einen großen Nutzgarten für Bewohner und Besucher. Hier entsteht kein steriler Park, sondern eine intensiv genutzte Gemeindeflur. Wie an einer Perlenschnur reihen sich verschiedene Nutzungen auf: Im Sinne der Bewegung „Essbare Stadt“ werden Pflanzbeete und Obstbäume gemeinschaftlich bewirtschaftet. Ein Bienengarten mit Wildblumenwiese liefert einen Beitrag zur Verminderung des fortschreitenden Insektensterbens. Ein Wasserspielplatz am Bachlauf sowie ein Sandspielplatz im zentralen Bereich der Allmendgärten sorgen für ein vielfältiges Spielangebot.
Ein weiterer bedeutender Freiraum ist der Baumgarten im Norden des Quartiers, welcher in Form einer locker bepflanzten Streuobstwiese einen anderen Charakter erhält und so einen Übergang zur offenen Landschaft herstellt. Hier befindet sich auch ein Baumspielplatz welcher nahe Spielmöglichkeiten für die nördliche Wohnbebauung schafft.
Während es sich bei den Allmendgärten und dem Baumgarten um öffentlich gewidmete Grünflächen handelt, sind der Quartiersplatz sowie die Grundstücke des Hofs der Gemeinschaft und des Hofs der Gesundheit öffentlich zugängliche Freiflächen, die mit den angrenzenden öffentlichen Freiräumen des Quartiers verwachsen. Die Zugänglichkeit soll planungsrechtlich über ein Gehrecht zugunsten der Allgemeinheit sichergestellt werden.


Erschließung

Das neue Quartier am Bachtobel zeichnet sich durch ein ausgesprochen einfaches und effizientes Erschließungskonzept aus. So werden der Hof der Gemeinschaft und der Hof der Gesundheit entlang der Friedrichshafener Straße über vorgelagerte Platzflächen erschlossen, die Raum für Aufenthalt, Hol- und Bringverkehr sowie Besucherstellplätze bieten. Tiefgaragen sorgen dafür, dass der längerfristige Parkverkehr aus den Höfen herausgehalten wird. Um Konflikte mit den Zufahrten der Höfe zu verhindern, wird die geplante Bushaltestelle geringfügig nach Nordwesten verlegt und bietet hier zentralen Zugang zu den Gemeinbedarfsnutzungen sowie zu den Allmendgärten und dem angrenzenden Wohngebiet.
Auch wenn für die Planung selbst nicht erforderlich, so wird der von der Gemeinde Kressbronn geplante Kreisverkehr im nordwestlichen Bereich an der Friedrichshafener Straße berücksichtigt, da hiermit verschiedene Vorteile verbunden sind: Die Verkehrsberuhigung am Ortseingang, die Umlenkung des Fahrradweges auf die andere Straßenseite, die Ermöglichung zwei getrennter Zufahrten für die Feuerwehr sowie eine potentielle Erweiterung der anschließenden Straße als mögliche Ortsumgehung oder zur Erschließung zukünftiger Wohngebiete.
Wie bereits erwähnt erhält die Feuerwehr zwei Zufahrten: Eine reguläre Zufahrt über den vom Kreisverkehr abgehenden Stich für den Parkverkehr der Mitarbeiter und Besucher sowie eine direkte Ein- und Ausfahrt zur Friedrichshafener Straße für Feuerwehrfahrzeuge im Einsatz.
Das Wohngebiet wird überwiegend durch einen Einbahnstraßenring erschlossen, um die Straßenbreiten möglichst gering zu halten. Im Nordwesten schließt ein im Zweirichtungsverkehr befahrener Stich mit Wendehammer an, der sich als Fußwegverbindung in Richtung Bachlauf und als Sichtachse zum Feuerwehrturm als räumlicher Dominante fortsetzt. Straßenbegleitend sind Besucherstellplätze und Straßenbäume vorgesehen.
Während die Einfamilienhäuser über private oberirdische Stellplätze auf den eigenen Grundstücken verfügen, erhalten die Mehrfamilienhäuser des Genossenschaftswohnens zusammengeschaltete Tiefgaragen. Das im Bauherrenmodell zu errichtende Mehrfamilienhaus erhält oberirdische Stellplätze, wobei hier bei Mehrbedarf auch Stellplätze in der gegenüberliegenden Tiefgarage angemietet werden können.
Lageplan

Lageplan

Perspektive Allmendgärten

Perspektive Allmendgärten

Konzept

Konzept

Übersichtsplan

Übersichtsplan

Perspektive

Perspektive

Piktogramme

Piktogramme

Schnitt

Schnitt

Geländeschnitte

Geländeschnitte