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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2019

Erlebnis Stadtmauer - Sanierung der vorhandenen Befestigungsanlage in Pegau

Erlebnismauer Pegau

Erlebnismauer Pegau

2. Rundgang

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erlebnis Stadtmauer Pegau

Das Erlebnis Stadtmauer Pegau wird im Sinne einer ganzheitlich konzeptionellen und in Abschnitten realisierbaren, robusten Planung mit dem Ziel der Herausarbeitung von Maßnahmen, welche über einen langfristigen Zeitraum sukzessiv verwirklicht werden können, verstanden. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt zum Einen auf Vorschlägen zur Gestaltung und Programmierung der Umsetzungsbereiche, ehemaliger Wallgraben, Wiese an der Elster und Garten an der Stadtmauer im Bereich des ehemaligen Klostergartens, zum Anderen an der Konzeptionierung, Sichtbarwerdung und weitgehenden Erschließung der mittelalterlichen Stadtmauer innerhalb ihres Verlaufs um den Kern der Stadt Pegau.
Der denkmalpflegerische Ansatz zum zukünftigen Umgang mit dem überkommenen Bestand der Mauer verfolgt das Ziel mit weitestgehend minimalinvasiven Interventionen wie zum Beispiel das teilweise Freistellen der Mauerrudimente von dichter Vegetation, der historischen Entwicklung bis in die Gegenwart Rechnung zu tragen, jedoch an wenigen stadträumlich prominenten Orten in Abhängigkeit zur Landschaft die räumlichen Lagen mittels kritischer Rekonstruktion sowie der historischen Kenntnisse zur Mauer des Mittelalters als Erlebnis wirksame Orte zu schaffen, welche die historische Stadtbefestigung baulich aufzeigt. Ein Rundweg (ca.2,5km) im Verlauf der Stadtbefestigung wird in heute realisierbaren Sequenzen mit alternativen Wegeführungen in Abhängigkeit von zukünftigen Grundstücksregulierungen, unter Beteiligung der Eigentümer, aufgezeigt. Das Ziel hierbei ist die Möglichkeit, dass Besucher die Stadtbefestigung sowohl aus der unmittelbaren Nähe zum Bauwerk als auch in einer der mittelalterlichen Ausformung der Gesamtanlage angemessenen Distanz erforschen können. Hierbei wurden die gegebenen stadträumlichen Potentiale untersucht und gewertet.
Der Mauerabschnitt im Bereich des ehemaligen Wallgrabens ist zurzeit durch allzu dichte jedoch in Teilen manieristisch verwunschen anmutenden Bestandvegetation gekennzeichnet. Die der Mauer vorgelagerte Topografie in der Ausformung einer langgestreckte Mulde zwischen der Friedhofsmauer ist wenig erlebbar, jedoch zum historischen Verstehen der Anlage von großer Bedeutung. Der Entwurf sieht hier vor die bestehende Mauer in Teilen von Vegetation freizustellen, jedoch in Abschnitten die schönen verwunschen anmutenden Partien zu erhalten. Zugleich wird die Grünanlage als nutzbarer kleiner Park im Stil eines Landschaftsgartens thematisiert. Ein mäandrierendes Band aus Wegen, das den wertvollen Baumbestand einbindet, führt den Besucher an ausgesuchte Orte der Mauer sowie an den Weg vor der Friedhofsmauer heran und erschließt hiermit zugleich die differenzierten Bereiche des thematisierten aktiven und erlebbaren Freiraumes mit Angeboten zum Aufenthalt und Spiel. Der Entwurf nimmt Bezug auf die historisch überkommene Gestaltung der Anlage. Der „kleine Landschaftspark“ ist im Verlauf der geschwungenen Wege mit in die Topografie integrierten Bänken wie zum Beispiel am Denkmal und mit der Neuanlage des historischen Schwanenteichs, ausgestattet. Der vorhandene Spielplatz wird thematisch im Sinne eines Mittelalterspielplatzes mit „Burg zum Austoben“ neu definiert.
Die Informationsübermittlung zur Stadtbefestigung dieses Abschnittes erfolgt durch Informationstafeln, welche sich im wiederkehrenden Duktus der Gestaltung der Infoelemente in die Programmierung des Erlebnisrundweges einbindet. Am Ort des imposanten Wehrturmes ergibt sich die Chance, die Stadtbefestigung sowohl von der Landschaftsseite als auch von der Stadtseite zu erfahren. Hier ist „innerhalb der Mauer“ eine kleine Grünanlage situiert in der der tiefergehende Erläuterungen zur Wehranlage, dem Innen und Außen unter Nutzung des Wehrturmes vorgesehen sind. Der Stadteingang am ehemaligen „Obertor“ ist als Bodenintarsie mit informativen „Torstelen“ innerhalb des Straßenbelages hervorgehoben und räumlich erfahrbar gemacht.
Der Mauerabschnitt an der „Elsterwiese - Naturerlebnis historische Schaustelle“ östlich des Gerberplatzes, erreichbar über eine kleine Wegeverbindung zum Mühlengraben und durch das Wäldchen, thematisiert konzeptimmanent die Stadtbefestigung mit dem Glacis der historischen Wehranlage an der Flusslandschaft Weiße Elster. Die hier bereits bestehende weitgehende Freistellung der Mauer durch den ehemaligen Sportplatz sowie der direkte Bezug zur Elster qualifiziert diesen Bereich im Besonderen zur Vermittlung des ehemals die gesamte Befestigung vorgelagerten Glacis. Die Herausnahme einzelner Gehölze an der Mauer und am Ufer der Elster öffnet den Blick auf den Fluss und die Mauer. Der Mauer vorgelagert ist ein Abschnitt mit Wehrgraben und ggf. vorgelagerter Vormauer insofern die denkmalpflegerische Forschung hierzu weitere Erkenntnisse erbringen. Für die Mauer im Bestand ist hier vorgesehen, diese wo nötig und sinnvoll, zu ertüchtigen. Im Bereich des fehlenden Mauerabschnittes zwischen dem Wäldchen und der Mauer an der Wiese wird vorgeschlagen, die Mauer in Sinne einer zeitgenössischen Neuinterpretation zu ergänzen. Vorstellbar ist hierbei zum Beispiel die Anlage einer Boulderwand, welche im Kontext des Freiraumangebotes an diesem Ort als ein weiteres attraktives Angebot angedacht wird. Nutzungsangebote sehen hier freie Wiesenflächen mit Spiel-, Liege- und Lagermöglichkeit zwischen Fluss und Mauer vor. Ein weiterer Spielplatz sowie eine Rasentreppenarena mit Bühnenpodest für „out door“- Veranstaltungen auf der Wiese ergänzen hier das Angebot zur Freizeitnutzung. Im weiteren südlichen Verlauf der Wehranlage bis zum Stadttor stellt der „Elsterturm“, eine vom Stadteingang sehr imposant sichtbare Landmarke dar. An diesem besonderen Ort ist es eindrücklich möglich, eine kritisch historische Rekonstruktion des Wehrturmes mit einem kurzen wiederhergestellten Mauerabschnitt vorzuschlagen. Das architektonische Konzept sieht vor, den Turm sowie die Mauer in einen kleinen Abschnitt des Wehrganges vorsichtig mittels Klinkerbauweise auf die Bestandsmauer aufzusetzen, wobei der Bestand deutlich von der Neuaufrichtung unterscheidbar ist. Innerhalb des Turmes wird ein seitens der Bürgerschaft bereits angeregter doppelgeschossiger Turmbau in einer Stahl-Glas Konstruktion zur weiteren Diskussion mit vielfältigem Nutzungsangebot vorgeschlagen. Eine kleine Öffnung in der historischen Mauer erschließt das Erdgeschoss des Turminnenraumes von der Außenseite. Im Inneren führt eine Stiege in ein auf der Höhe des Wehrganges gelegenes Turmzimmer. Das Bauwerk des Turmes kann temporär durch die Stadt / Denkmalpflege als Café oder Informations „Hot Spot“ mit kleiner Terrasse an der Elster genutzt werden. Die Inanspruchnahme von privatem Grund ist auf die Grundfläche des Turmes reduziert, da der Wehrgang an der rekonstruierten Stadtmauer befestigt ist. Das ehemalige „Leipziger Tor“ des Stadteinganges wird an einer der vermuteten Orte stadtseitig der Elsterbrücke als Bodeninarsie mit informativen „Torstelen“ vorgeschlagen. Das Grundstück der Feuerwache wird durch eine dem interpretierten Verlauf der Stadtbefestigung folgenden Hecke als Stadtmauer zur Elster hin neu gefasst.
Der Mauerabschnitt ehemaliger Klostergarten mit der direkten Beziehung zum Kirchplatz, Volkshaus, Kegelbahn ist mit dem Bezug zur Stadtmitte, der Schule und zum Mühlengraben als ein besonderer, dem städtischen urbanen Leben zugewandter Ort, im Kontext der historischen Stadtbefestigung zu sehen. Hier findet tägliches Leben der Bürgerschaft wie Feste, Treffen, Kegeln und Hochzeiten statt. Die heute bereits sehr athmosphärische Gartenanlage mit Teichen und dem Bezug zu Wehrturm und Mühlengraben bedarf einen sehr sensiblen und behutsamen Umgang, unter dem Aspekt der ganzheitlichen Betrachtung und eindeutigen Umformung. Die Essentials des vorgestellten Entwurfskonzeptes für diesen gemeinschaftlichen Ort liegt in der sensiblen Reduzierung einzelner Gehölze sowie zum Beispiel die teilweise Freischneidung des Raumbezuges zum Mühlengraben. Im Weiteren wird die Nutzbarkeit des Gartens durch die Neuanlage eines „Wandelganges“ um die Teiche und der integrativen Einbindung des neuen Hochzeitspavillons mit einer daneben hergestellten Fläche für die Aufstellung eines kleinen Festzeltes für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten in Wert gesetzt. Der Zugang zum Garten zwischen den Gebäuden der Kegelbahn und der Schule erhält eine neue Qualität, indem das Gebäude der Kegelbahn zum Garten hin mittels des Konzeptansatzes Stadtmauer als Heckenbosketts in den gärtnerischen Duktus der Gesamtanlage einbezogen wird. Des Weiteren wird hier eine Terrasse für die Aufstellung von Gartenmobiliar ggf. mit der Nutzung als Caféterrasse mit direktem Bezug zum historischen Wehrturm vorgeschlagen. Von Turm und Terrasse führt der Blick über die bestehenden Weinstöcke, den Garten mit Teichen und Pavillon hin zu einem neuen Steg über den Mühlengraben. Sowohl Rasen- und Wiesenflächen, Weinrebenbeete, Blütenpflanzungen, nutzbare Aufweitungen des Wandelweges und hölzerne Sitz- und Liegepodeste bieten ein weiteres vielfältiges Angebot für Besucher und Feiernde im Gartenareal.
Das ganzheitliche Konzept zur Erfahrbarmachung der historischen Stadtmauer zeigt im vorgelegten Konzept folgende Interventionen auf:
- Rekonstruktion, Ertüchtigung von Teilbereichen im Sinne von Bestandswahrung und sensibler kleinteiliger Applikationen im Bereich von Fehlstellen,
- Neuinterpretation nicht mehr vorhandener Bereiche durch Neubau, mit abschnittsweise freizeitlich nutzbaren Strecken sowie Heckenbosketts, als räumliche Konzeptarrondierung der ehemaligen Stadtmauer (z.Bsp. Vogelschutz- und Nährgehölze) wo es gewünscht wird,
- informative Sichtbarmachung der Lage der Stadtbefestigung und Stadttore durch Bodenintarsien, Stadt-, Mauerzeichen in Bereichen aktiver Nutzungen wie Straßen und Wege,
-Kritische Rekonstruktion eines Stadtmauerabschnittes mit Turm,
- Stadtmauerrundweg zwischen Grundstücken unter Beteiligung und Abstimmung mit den Eigentümern, das heißt Wegerechte von je einem Meter an der Flurgrenze sowie gemeinschaftliche Pflanzangebote für den Wegesrand.
Materialität
Die Betrachtungsbereiche werden mit wassergebundener Wegedecke und einer einheitlichen Pflasterung aus Naturstein zusammengeführt und somit für den Besucher lesbar.
Die wassergebundene Deckschicht wird mit natürlichem Bindemittel zur Erhöhung der Gebrauchs -und Funktionsfähigkeit stabilisiert. Dieser wasserdurchlässige und pflegextensive Wegebelag fügt sich selbstverständlich in die natürlich bewegte Topografie des Geländeverlaufes ein.
Um den ganzheitlichen Verlauf der Stadtmauer für den Besucher ablesbar zu machen werden neben Heckenbosketts, je nach Ortslage in variierenden Abschnitten ( z.Bsp. Carpinus betulus- Hainbuche, Fagus sylvatica ‚Purpurea‘- Blutbuche‚ Crateagus prunifolia- Pflaumenblättriger Weißdorn ) auch Bodenintarsien aus Cortenstahl vorgeschlagen, welche den Mauerverlauf zusätzlich als 0,8m breite Bodenmarkierung nachzeichnen. Diese Intarsien markieren die historischen Torsituationen des mittelalterlichen Pegaus auf subtile Weise, empfangen und leiten den Besucher in und durch die Altstadt, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Informative 2,5m hohe „Torstelen“ mit Prägung oder Aufdruck aus demselben Material thematisieren die Stadttore in der dritten Dimension und takten sich selbstverständlich in die Heckensequenzen ein. Auf den Bodenintarsien finden sich einfache Richtungsangaben und historische Informationen zu besonderen Situationen.

Das Mobiliar wird als zurückhaltend in der Formensprache und Materialität, im Duktus des Vorhandenen und ortstypisch gesehen. (z.Bsp. Holz, Metall)
Das Lichtkonzept soll die Stadteingänge und Orte akzentuieren und hervorheben. Weitere Bereiche an der Stadtmauer werden athmosphärisch , je nach Abschnitt und Wegeführung akzentuiert.

Die Natur prägt Pegau im umgebenden Landschaftsraum. Die Stadtbefestigung gibt der Stadt mit Kultur und Historie den Rahmen. Diese historische Präsenz prägt die Stadt und die vorgeschlagenen Maßnahmen, komplettieren das Erlebnis Stadtmauer mit dem bereits Vorhanden und unterstützen so ein neues bürgerschaftliches Miteinander und Engagement.
Hier gilt die Vielfalt als Ganzes durch die Integration und die thematische Einbindung aller Anforderungen, Zukunfsvisionen und Entwicklungen in diesem Gesamtkonzept für die Stadt Pegau.