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Mehrfachbeauftragung | 11/2019

Städtebauliche und architektonische Gesamtkonzeption für das Baufeld WCL auf dem Campus Lorenzo in Leipzig

Perspektive

Perspektive

1. Preis

ATELIER . SCHMELZER . WEBER Architekten PartGmbB

Architektur

A3 Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau

Das Baufeld befindet sich im Leipziger Stadtteil Reudnitz, welches überwiegend gründerzeitlich geprägt ist. Unterschiedliche Stadthäuser werden zu geschlossenen Blockrandstrukturen angeordnet und verfügen dennoch über einzelne Identitäten. Im Rahmen der Entwicklung des Campus Lorenzo wird daher auf dem Baufeld WCL ein Gebäudeensemble konzipiert, welches das gewünschte Wohn- und Geschäftshaus in mehrere Einzelbaukörper gliedert. Somit wird eine städtebauliche Körnung entwickelt, die den Charakter der ortstypischen gründerzeitlichen Bebauung zitiert und bewusst einen Kontrast zur westlich angrenzenden großformatigen DDR Bautyplogie bildet. Leicht differenzierte Fassadenstrukturen und Farbnuancen sowie ein Wechsel von 4- und 5-geschossigen Volumen vermitteln zur angrenzenden Bebauung und unterstreichen die Einzelbaukörper. Die Neubauten werden parallel zu den angrenzenden Straßen unter Beachtung der vorhandenen Baufluchten verortet, wodurch die städtebaulichen Kanten gestärkt und eindeutig definiert werden. Das Baudenkmal in der Stötteritzer Straße 43 wird saniert und in die neu konzipierte Gesamtstruktur integriert. Die Ecke des Baufeldes, im Kreuzungsbereich der Stötteritzer Straße sowie der Riebeckstraße, wird bauplastisch besonders akzentuiert und bildet einen neuen qualitätvollen Auftakt für den Campus Lorenzo sowie für das angrenzende Stadtquartier.

Freiraumgestaltung

Auf Grund der maßvollen Gliederung der Baumasse, der wertigen Fassadenstruktur sowie einer gewerblichen Nutzung in den unteren Etagen erfolgt zudem eine allgemeine Aufwertung des öffentlichen Raumes. Das zu beplanende Baufeld ist von einer besonderen Bedeutung im Stadtraum geprägt. Die vorgeschlagene Architektur wird diesem Anspruch gerecht und erlaubt, neben der notwendigen Stadtreparatur, ein Signal für eine weitere Stadtteilentwicklung zu setzen. Im Erdgeschoss werden einzelne Zugänge und Adressen für die internen vielfältigen Nutzungen konzipiert. Besonders die Bereitstellung von gewerblichen Flächen im Erdgeschoss, zum Beispiel mit einem Café, erlaubt eine hohe Aufenthaltsqualität und somit Verortung des Neubaus im Stadtraum. Von beiden Straßenseiten ermöglichen Durchwegungen im Erdgeschossniveau einen Zugang zum mittig organisierten Campusplatz. Ebene flache Wasserflächen, Kräuterbeete und Wiesen laden die Bewohner und ihre Besucher zum Verweilen ein und werden von hoher Qualität gekennzeichnet. Es wird ein landschaftlicher Übergang zum im Osten angrenzenden Pfarrgarten entwickelt, um freiraumplanerische Synergien zu stärken. Bei der Auswahl von Produkten im Innen- sowie im Außenraum wird auf kostengünstige und robuste Standartelemente geachtet. Auch bei der Auswahl der neuen Vegetation wird geringer Pflegeaufwand berücksichtigt, so werden ausschließlich Pflanzen und Bäume verwendet, welche auf das neue Klima angepasst sind.

Gebäudekonzept und innere Struktur

Die einzelnen Stadthäuser sind analog einer Campusstruktur durch unterschiedliche Adressen und Fassaden ablesbar gestaltet, aber formal als Einheit erkennbar. Diesem Prinzip folgend, werden die Teilvolumen im Inneren zu einem übergeordneten Grundrissprinzip funktional zusammengefasst. Es entstehen autarke Teilfunktionen, welche dennoch eng miteinander vernetzt sind. Die funktionale Trennung erfolgt überwiegend vertikal. In den ersten beiden Etagen werden alle öffentlicheren Funktionen wie die Sozialstation, die Tagespflege sowie Physiotherapie angeordnet. In den oberen Etagen befinden sich die privateren Wohnungen, welche über einen Mittelflur erschlossen werden und somit funktional verbunden sind. Fluraufweitungen bieten Platz für Rollstühle und Gehilfen und gliedern die Flurflächen. Zudem markieren die regelmäßig angeordneten Nischen die individuellen Wohnungseingänge. Im letzten Geschoss wird ein Gemeinschaftsraum mit angrenzender Küche und direkten Zugang zum Dachgarten vorgeschlagen. Hier stehen weitere Flächen zum gemeinsamen „Gärtnern“ zur Verfügung. Die einfache Grundrissstruktur sowie die Vernetzung aller Bereiche untereinander sorgen für eine gute Orientierung und kurze Wege im Gebäude, was sowohl für die Bewohner als auch das Personal von hoher Bedeutung ist. Das gesamte Gebäude wird barrierefrei realisiert. Zwei Aufzüge sorgen für einen unkomplizierte Erschließung aller Ebenen. Die Freianlagen werden ebenfalls barrierefrei ausgebildet.

Baukonstruktion und Materialien

Die Gebäudekonstruktion wird im Hinblick auf die Herstellungs-, Betriebs- und Unterhaltungskosten wirtschaftlich gewählt. Die Auswahl der Materialien erfolgte unter dem Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit. Im Wesentlichen wird die Verwendung von Beton und Glas vorgeschlagen, da beide Materialien vollständig recycelbar sind. Zudem weist die Betonbauweise eine hohe Energieeffizienz und eine lange Lebensdauer auf, so dass nur geringe zusätzliche Lebenszykluskosten zu erwarten sind. Für beide Gebäude ist ein Tragwerk in Stahlbetonbauweise geplant. Aufgrund der geometrischen Struktur wird sowohl eine monolithische Ausführung, als auch der Einsatz von vorgefertigten Stahlbetonelementen vorgesehen. Die vertikale Aussteifung der Gebäude erfolgt durch Wandscheiben sowie durch Stahlbetonkerne in Treppenhaus- und Aufzugsbereichen. Die Stahlbetondecken übernehmen die horizontale Aussteifung. Die massive Primärkonstruktion soll in wesentlichen Teilen unverkleidet klimaregulierend wirken. Entlang der Fassade erfolgt die Anordnung von Stahlbetonstützen in Abhängigkeit der Nutzung der angrenzenden Flächen. Alle Geschossdecken sind als durchlaufende Stahlbetondecken konzipiert. Die Lagerung der Decken erfolgt überwiegend linienförmig auf den Stahlbetonwänden. Unterzüge sind nicht vorgesehen. Die Fassaden sind aus unterschiedlich eingefärbten Betonfertigelementen sowie raumhohen Fensterelementen mit Öffnungsflügeln gekennzeichnet.

Energie und Technik

Der Neubau ist kompakt mit einem günstigen A/V-Verhältnis angelegt. Zugunsten optimierter Betriebskosten wird sowohl im Winter als auch im Sommer eine hohe Energieeffizienz angestrebt, welche außerdem eine hohe Behaglichkeit im Gebäude sicherstellt. Insbesondere Architektur und Baukonstruktion tragen zu einer energetisch günstigen Gesamtbilanzierung bei. Die Grundrisstypologie sowie die Fassadengestaltung ermöglichen eine optimale Tageslichtausnutzung. Regelmäßig angeordnete Kipp-/ Drehflügel erlauben eine individuelle natürliche Lüftung aller Räume. Zudem ist eine unkomplizierte Pflege und Reinigung der Fensterbereiche und Fassaden möglich. Eine Dreifachverglasung sorgt für eine optimale Energiebilanz während der Heizperiode. Bei den konstruktiven Bauteilanschlüssen werden wärmebrückenfreie Detaillösungen gewählt. Die Dachflächen werden als Flachdächer mit einer extensiven Dachbegrünung vorgesehen, welche regenabflussverzögernd wirken und zu einem besseren Stadtklima beitragen. Zudem können die begrünten Dachflächen zur Sammlung von Regenwasser und einer damit verbundenen Bewässerung der Freibereiche verwendet werden. Auf den Dächern werden weiterhin Aufstellflächen für Photovoltaik und Solarthermie vorgesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf besticht durch eine gute Maßstäblichkeit und bietet für diesen Ort eine unverwechselbare Architektur. Die historische Parzellierung wird durch den Einsatz unterschiedlicher Formate und Fassadenmaterialien in den vier Einzelbaukörpern neu interpretiert. Das Denkmal wird durch Übernahme der Geschosshöhen gut in das Gesamtensemble integriert. Der Erhalt der Sichtachsen zum Pfarrgarten sowie die Gestaltung der Grünbereiche im Hof werden positiv bewertet. Die Ecklösung mit der transparenten Erdgeschosszone bietet einen einladenden Auftakt für die dahinterliegende, zumindest in Teilen öffentliche Nutzung. Ebenso verhindern die beiden Durchgänge zum Hof eine Barrierewirkung der Bebauung und schaffen Einblicke in den Innenhof. Die abwechslungsreiche Höhenstaffelung der Dachlandschaft bietet Potential für geschützte Aufenthaltsbereiche, gegebenenfalls könnten diese Bereiche auch auf die extensiv bepflanzten Gründächer erweitert werden.
Der Campusgedanke wird durch die innere Verbindung aller Nutzungen konsequent umgesetzt, zu prüfen sind hier Sicherheits- und Brandschutzaspekte. Die Heterogenität der Nutzung spiegelt sich in der Kleinteiligkeit der Grundrisse wieder, die zugunsten einer besseren Funktionalität jedoch einer Neustrukturierung und Überarbeitung bedürfen. Die Tiefgarage bedarf für die angestrebte Nutzung durch Pflegepersonal und Angehörige einer anderen planerischen Lösung. Positiv wurde bewertet, dass nicht der komplette Hofbereich (Abstand zum Bestandsgebäude) unterbaut wurde.
Lageplan

Lageplan

Modell

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Ansicht

Ansicht

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