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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2020

Umbau der Alten Amtskellerei zu einem kulturellen Zentrum in Bad Neustadt

2. Preis

Preisgeld: 16.000 EUR

Bez+Kock Architekten Generalplaner GmbH

Architektur

Architekturmodelle Boris Degen Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

EIN HAUS ERZÄHLT GESCHICHTE
Der Fronhof vermag durch seine kraftvolle bauliche Substanz Geschichte zu erzählen. Seine geschundenen Fassaden zeugen von zahllosen Umbauten im Laufe der Jahrhunderte. Die enge Raumstruktur und die sparsame Befensterung machen die langjährige Nutzung als Gefängnis spürbar. Durch die Umnutzung zum kulturellen Zentrum, wird dieses Haus nun erstmals für die breite Bevölkerung zugänglich gemacht. Die künftigen Besucher der Bibliothek werden hier nicht nur Bücher lesen, die Besucher des Museums nicht nur eine inszenierte Ausstellung erleben können. Darüber hinaus wird der historische Fronhof selbst als authentisches Stück Stadtgeschichte zum zentralen begehbaren Exponat werden.

SICHTBARMACHUNG GESCHICHTLICHER LAYER
Um die Spuren der Geschichte bestmöglich lesbar zu machen, werden die einzelnen Zeitschichten denkmalgerecht aufgearbeitet und wie unterschiedliche Layer einander überlagert. Einstmals pragmatisch zugemauerte Fensteröffnungen werden, dort wo sie der neuen Funktion dienlich sind, wieder geöffnet. An anderer Stelle werden die nach dem Vermauern nur unzulänglich verputzten Tür- und Fensteröffnungen freigelegt und als Teil der Geschichte dezent sichtbar gemacht. Es entsteht ein sorgsam entwickeltes narratives Patchwork, das dem historischen Haus eine Zukunft gibt.

SUBSTANZERHALT UND ERWEITERUNG
Museum und Bibliothek werden sorgsam in die vorhandenen Raumstrukturen einsortiert, so dass bauliche Eingriffe auf ein Minimum reduziert werden können. Die prägende Zellenstruktur bleibt in großen Teilen erhalten. Bauliche Erweiterungen werden nur dort vorgenommen, wo sie vom Hof aus unsichtbar bleiben. So erfährt der eingeschossige südlichen Anbau eine Aufstockung und der rückwärtige Teil des Hauses Storchengasse 8 wird zugunsten einer funktionierenden Anliefersituation innerhalb der alten Konturen erneuert. Die Barrierefreiheit wird mit nur einem Aufzug im Altbau und einem weiteren Aufzug im Neubau sehr substanzschonend realisiert.

IM INNENHOF WIRD NICHT GEBAUT
Der beeindruckende vierseitig umschlossene Innenhof wird als wesentliches Element des denkmalgeschützten Ensembles von Bebauung vollständig freigehalten. In diesem prägenden Freiraum sollte nicht gebaut werden. Durch die Auslagerung der Anlieferung in die Storchengasse kann der Hof als verkehrsfreier Eingangsvorplatz des kulturellen Zentrums genutzt werden. Im Sommerhalbjahr sind hier, über die außengastronomische Nutzung hinaus, vielfältige kulturelle Nutzungen im Freien vorstellbar, es entsteht ein öffentlicher Ort im Herzen der Stadt. Ein solitärer Baum besetzt das wassergebundene Karrée, welches von einem gepflasterten Passepartout umrahmt ist. Der ehemalige Brunnen in der Ecke des Hofes wird reaktiviert. Der asymmetrisch gewählte Baumstandort lenkt die Besucher zum Eingang hin, der über die wieder geöffneten Rundbogenfenster im Ostflügel in das hier verortete Foyer erfolgt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser zeigen in ihrem Entwurf einen sensiblen Umgang mit der Bausubstanz. Mit wenigen Eingriffen gelingt es ihnen ein bauliches Ensemble zu schaffen dessen zentrale Mitte und Herzstück der Innenhof bleibt. Dieser bildet gelichzeitig eine einladende Geste gelungenen Auftakt für die Benut-zer. Die Gebäudestruktur, mit umlaufenden, dem Innenhof zugewandten Nutzungen, wie beispiels-weise das Foyer oder das Cafe, bietet eine klare Grundstruktur die sinnfällig ist.
Das historische Gebäude in der Storchengasse 8 wird strukturell ergänzt und nahtlos an die bestehen-den ‚Hofstruktur’ angefügt. Die alte Tütenkleber wird bewusst als neues Gebäudeelement aufgewertet und ergänzt den Zentralbereich von Museum und Bibliothek aufs Beste. Baurechtlich ist diese Situa-tion jedoch zu hinterfragen.
Über ein großzüges Foyer in der östlichen Flanke werden sowohl das Museum als auch die Bilbliothek erschlossen. Eine großzügige Treppenanlage erschließt die Bibliothek im 1. Obergeschoss. Der Zu-gang zum Meseum ist jedoch zu kannap bemessen. Die historische Zellenstuktur wird hier fast vollständig erhalten und durch den neu geschaffenen Bereich über der alten Tütenkleberei als Lesesaal ergänzt. Das Zusammenspiel der historischen Bau-substanz ( Zellensturktur) und des neuen Raumkontinuums (Lesesaal ) ergänzt sich dabei in hervor-ragender Weise.
Im zweiten Obergeschoss befindet sich die Kinder und Jugenbibliothek, was vor dem Hintergrund der Geräuschentwicklung als besonders sinnvoll erachtet wird.
Das Museeum im Erdgeschoss nimmt im Mittelteil auf die historische Zellenstruktur Bezug die perfo-riert wird um eine Durchlässigkeit zu schaffen. Als Rückgrat dient die alte Tütenkleberei die im Kon-trast einen offenen und kontemplativen Raum ermöglicht.
Eine einläufige Treppe führt auf eine Gallerie von der aus die ehemalige Zellenstruktur mehr zum Raumerlebnis als zum museales Erlebnis wird. Wünschenswert wäre es hier eine Lösung zu finden, dies diese Ebene in einen musealen Rundgang einbindet. Zudem ist ein barrierefreier Zugang nur über die Bibliothek möglich.
Auch die Zugänglichkeit für die Sonderausstellung die sich unter dem Foyer und Cafe in der östlichen Flanke befindet wird derzeit noch kritisch gesehen.
Die vorgeschlagene Unterkellerung des hohen Hauses erscheint wirtschaftlich als nicht machbar was dann auch zwangsläufig zu Schwierigkeiten bei der vorgeschlagenen Andienung der Sonderausstel-lung führt.
Alle Verwaltungsfunktionen sind sinnfällig in der Storchengasse angeordnet, die mit separatem Zu-gang und auch guter Anbindung an das Museum und die Bibliothek organisiert ist.
Die Verfasser zeigen ein hohes Verständnis für den Umgang mit der historischen Bausubstanz.
Im Süd- und Westflügel bleiben die Zellenstrukturen erhalten und erfahren gar eine spielerische Neu-interpretation. Der feinfühlige Umgang mit den bestehenden Öffnungen und auch deren Ergänzungen mit neuen Fensterformaten ist gestalterisch gelungen.
Der Nordteil des Ostflügels in dem die Multifunktionsflächen liegen wird völlig entkernt. Dies wird we-gen der dort vorhanden Stuckdecken, und auch des statisch konstruktiven Eingriff, als ein zu erhebli-cher Eingriff empfunden.
Die Gestaltung des Innenhofs mit Teilbegrünung und abwechselnden Beläge wertet die Eingangssitu-ation insgesamt auf.
Insgesamt gelingt es den Verfasser geling, trotz oder eben wegen der bewussten minimalen Eingriffe, ein zwar reduziertes aber sehr authentisches Gebäudeensemble zu schaffen, in dem alle Epochen sichtbar sind und das im Ergebnis zu einer neuen Einheit verschmilzt.
Die gezielten Minimalinvasiven Eingriffe lassen (bis auf die vorgeschlagene Unterkellerung des hohen Hauses ) eine gute Wirtschaftlichkeit erwarten.
Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Ansicht Ost / Schnitt D-D

Ansicht Ost / Schnitt D-D