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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2020

Quartier an der Böckinger Straße in Stuttgart

4. Preis

Preisgeld: 27.500 EUR

Freivogel Mayer Architekten

Architektur

planungsgruppe stahlecker

Landschaftsarchitektur

Architekturmodellbau Michael Lo Chiatto

Modellbau

Erläuterungstext

Kontext
Neues Stadtquartier mit hoher baulicher und sozialer Dichte im Anschluss an eine durchgrünte Nachkriegsbebauung

Auf der Südseite grenzt das Planungsareal an die bestehende niedriggeschossige Wohnbebauung, zwei noch nicht verfügbare Einzelgrundstücke sowie den Garten und das Hochhaus der EVA an. Auf der Nordseite bildet die Bebauung den neuen talseitigen Siedlungsabschluss angrenzend an die bestehenden Kleingärten und landwirtschaftliche Flächen.
Im Gegensatz zur geringen baulichen Dichte des bestehenden Quartiers ist mit dem neuen Siedlungsbaustein ein ausgewogenes Verhältnis auszuloten zwischen hoher baulicher und sozialer Dichte sowie einer dem Ort angemessenen begrenzten Flächenversiegelung, einem hohen Durchgrünungsanteil und der Minimierung potentieller Konflikte insbesondere im Anschluss an die bestehende Siedlungskante.


Stadträumliche Struktur – Freiraum – Erschließung

Untergliedert durch großzügige Freiräume unterschiedlichen Charakters und Qualität entstehen 5 Bebauungscluster. Das südliche Cluster orientiert sich entlang der Böckinger Straße an Höhenentwicklung und Baustruktur des bisherigen Siedlungsabschlusses. Richtung Norden wird die Geschossigkeit maßvoll erhöht um trotz der abfallenden Topographie auch für die nördlichen Wohnungen gute Belichtungssituationen sicherzustellen. Die nördliche Quartiersgrenze wird durch eine rhythmisierte, talseitig offene Bebauung mit Wohnpunkten und räumlich wirksamen großen Grünzäsuren definiert.

Autofreier Quartierszugang, Quartiersspange und Grüne Höfe als räumliche Verbindungselemente und differenzierte Angebote zur Begegnung und Kommunikation

Der autofreie Quartierszugang in Verlängerung der Roigheimer Straße bildet die direkte räumliche Verknüpfung mit der Bestandssiedlung. Der Quartierszugang führt unmittelbar zur ebenfalls autofreien Quartiersspange, die als zentrale multifunktionale Gemeinschaftszone in Ost-West-Richtung EVA-Hochhaus, alten und neuen EVA-Garten und alle Nutzungsangebote der 5 neuen Bebauungscluster verbindet. Grüne Höfe innerhalb der Bebauungscluster dienen als kleinere Aufenthalts- und Rückzugsbereiche und zur Erschließung der Wohnungen.

Am zentralen südlichen Quartierszugang bietet ein Mobilitäts-Hub Alternativ-Angebote zum eigenen PKW in Form von Carsharing-Stellplätzen sowie witterungsgeschützten aber offen gestalteten Stellplätzen für Leihfahrräder, -Pedelecs, -Lastenräder und -Elektroroller. Weitere Stellplätze für Leihfahrräder sowie die auch baurechtlich geforderten Fahrradstellplätze sind innerhalb der Bebauungscluster ebenfalls ebenerdig und großzügig gestaltet in unmittelbarer Nähe zu den Wohngebäudeeingängen angeordnet.
Erforderliche Feuerwehraufstellflächen befinden sich auf der Quartiersspange, in den 4 nördlichen Bebauungsclustern sowie entlang der Grünen Fuge am nördlichen Quartiersrand. Die Grüne Fuge dient auch als Pufferraum zu den angrenzenden Kleingärten, zur Aufnahme der zentralen Schmutz- und Regenwassersammlung und zur Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen.


Bebauungscluster Süd
Urbanes Bindeglied mit vielfältigen Gemeinschaftsangeboten zur Verknüpfung mit dem Bestand

Das mischgenutzte Cluster zwischen Quartiersspange und Böckinger Straße nimmt an zentraler Stelle an der Schnittstelle des Zugangs vom Bestandsquartier und der neuen Quartiersspange das Stadtteilhaus auf. Die teilstationären Wohnungen der EVA und Angebote für betreutes Wohnen im Rahmen des geförderten Mietwohnungsbaus sind mit dem Stadtteilhaus gekoppelt. Daneben befindet sich die Kindertagesstätte, die gemäß dem Wunsch des Auslobers als Solitär nachgewiesen wird, von der Quartiersspange und von der Böckinger Straße zugänglich ist und mit Ihren Außenanlagen den Übergang zu den neuen EVA-Gärten bildet. Die Bebauung entlang der Böckinger Straße nimmt neben dem zentralen Mobilitäts-Hub als weitere Gemeinschaftsangebote anmietbare Gästeappartements und Home-Office-Räume auf, die vom Hof des Bebauungsclusters ebenerdig zugänglich sind.


Bebauungscluster Nord
Grünes Wohnen in der Stadt

Die 4 Bebauungscluster entlang des durchlaufenden nördlichen Grundstücksteils werden mit jeweils 3 unterschiedlichen Einzelgebäuden in ausgewogener Dichte gebildet. Die Dimensionierung und Höhendifferenzierung schafft maßstäbliche Nachbarschaften an den grünen Erschließungshöfen, durch die allseitige Freistellung trotz der Nordhang-Topographie eine gute Besonnung und vielfältige Ausblicke in die umgebende Stadtlandschaft. Die ambulant betreuten Wohnungen der EVA sind in die Ost-West-belichteten Zeilen der 4 Cluster eingestreut. Ein zusätzliches Angebot für nachbarschaftliche Gemeinschaft bilden hier die gut belichteten kleinen „Gemeinschafts-Waschsalons“ direkt am Hof.


IBA-Experimentalbauten in prominenter Lage als Holz-Modulbauweise mit Clusterwohnungen

3 der nördlichen Bebauungscluster nehmen außerdem in prominenter Lage entlang der Quartiersspange einen Standort für jeweils einen IBA-Experimentalbau auf. Die in Holz-Modulbauweise konzipierten IBA-Bauten bieten verschiedene Wohnmodelle wie ein- oder mehrgeschossige Cluster-Wohnungen mit Gemeinschaftskoch- und Essbereichen sowie Wohngemeinschaften und Kleinwohnungen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt schafft entlang der Böckinger Straße einen großen Hof und lagert hangabwärts vier Cluster, die sich zum Feuerbachtal öffnen vor. Den Hof umgeben das Quartierhaus, verschiedene Wohntypologien, betreutes Wohnen und die Kindertagesstätte. Die lange und hohe Fassade des Riegels mit betreutem Wohnen (teilstationäres Wohnen eva) zur zentralen Quartiersprange ist funktional problematisch und mit seiner Länge und Erscheinung mächtig und fremd.

Die Cluster setzen sich aus je drei Gebäuden, einem experimentellen niedrigen Gebäude für die IBA’27, einem viergeschossigen Riegel und einem talseitig achtgeschossigen Punkthaus zusammen. Der Cluster im Westen variiert das Thema leicht. Die Organisation der Baufelder ist plausibel, tiefere Baukörper im Süden stellen die Belichtung in den kleinen Höfen sicher. Den Vorschlag die IBA’27-Gebäude als experimentelle, gestapelte Cluster-Reihenhäuser auszubilden überzeugt nicht. Diese Typologie ist zu einschränkend und zu wenig innovativ. Die Mietwohnungen in den Gebäuden der SWSG entsprechen den Vorgaben, allerdings ist der Anteil von Maisonnette-Wohnungen zu hoch.

Obwohl die Verteilung der Baumassen ausgewogen erscheint, irritiert insbesondere der städtische Hof mit seiner Geschlossenheit und gleichzeitig heterogenen Nutzungen und Typologien. Im Quartierkontext wirkt er fremd. Seine Geschlossenheit und Gestaltung wecken große Zweifel, ob er sich zum Zentrum der Siedlung entwickeln kann.

Die Parkierung liegt in zwei Tiefgaragen, eine unter dem Hof und eine sehr lange parallel zur Quartierspange, die mit einer Rampe verbunden sind. Eine Zufahrt direkt von der Böckinger Straße und eine beim Immanuel-Grözinger-Haus erschließen die Tiefgaragen relativ direkt, wobei die Zäsur zwischen Immanuel- Grözinger-Haus und Quartierspange schade ist.

Die Quartierspange überzeugt als Längsverbindung, drei Spielplätze öffnen sie über die Sockel der Cluster zur Landschaft. Insgesamt schöpft sie aber die Freiraumpotentiale nur teilweise aus.
Konstruktiv sind die Hochbauten massiv aus Einsteinmauerwerk mit Stahlbetondecken geplant. Der Ausdruck der Gebäude ist zurückhaltend und nicht sehr spannungsvoll. Die KITA und die IBA’27-Bauten sind Holz-/Hybridbauten.

Die Jury diskutiert, ob das Projekt gewinnen würde, wenn der Hof als experimenteller Teil für die IBA’27 separat mit den Funktionen des Ideenteils entwickelt würde. Die damit verbleibenden Wohncluster entfalten aber nicht die städtebauliche Kraft, dass dann ein qualitätsvolles Ganzes entstehen würde.
Modellbau Maßstab 1:500

Modellbau Maßstab 1:500