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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2020

Erweiterung der Freien Waldorfschule Berlin-Mitte e.V.

Anerkennung

Preisgeld: 7.500 EUR

KERSTEN KOPP ARCHITEKTEN GmbH

Architektur

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Entwurfskonzept
Das städtebauliche Konzept reagiert auf die Besonderheiten des Schulgrundstücks. Dieses erstreckt sich mit unterschiedlichen baulichen Situationen zu den umgebenden Straßen. Die repräsentativen Bestandsbauten rücken sowohl von der Steinstraße als auch von der Weinmeis¬terstraße aus der Straßenfluchtlinie zurück und erzeugen dadurch vorgelagerte Gartenzonen. Mit dem zukünftigen Abbruch des Altbaus des Lehrerseminars tritt die offene Restblockstruktur an der Gormannstraße zutage. Der Schulhof ist durch seine – in diesem städtischen Kontext überraschende - ungestörte Weite mit Blicken in viele Hinterhöfe und Rückseiten charakterisiert.
Bisher ist die Schule – bedingt durch das Zurückspringen der Baukörper aus der Straßenflucht - hauptsächlich über den halböffentlichen Fußweg zwischen Gormann- und Steinstraße entlang des Schulhauses erlebbar.
Mit der Umsetzung des neuen städtebaulichen Konzeptes wird sich dieses ändern: Die an den Straßen liegenden Neubauten repräsentieren die Schule zukünftig im öffentlichen Raum und sind von weitem sichtbar. Aufgrund dieser zukünftigen Präsenz im öffentlichen Raum sind im Erdgeschoß der Neubauten öffentliche Angebote vorgesehen (Bibliothek im Lehrerseminar, Or¬chestersaal an der Steinstraße).

Lehrerseminar
Das Lehrerseminar präsentiert sich als ein öffentliches Haus zur Gormannstraße und zum Schul¬platz. Es bindet an die Nachbarbebauung in der Gormannstraße mit vier Geschossen an und bildet zum Schulplatz einen eigenständigen fünfgeschossigen Kopfbau. Dieser korrespondiert über den Platz mit dem denkmalgeschützten Schulbestandsbau.
Zum Platz öffnet sich der Neubau großzügig – die vorgesehene Bibliothek kann hier auch als Stadtteilbibliothek oder für Veranstaltungen genutzt werden.
Das Gebäude gliedert sich in die zum Platz orientierten großen Nutzungen des Lehrerseminars wie Bibliothek, Eurythmie, Sprache, Musik und Werkstätten. Die weiteren Nutzungen wie Kinder¬garten, Bund der Freien Waldorfschulen und Freunde der Erziehungskunst sind im nördlichen Flügel an der Gormannstraße vorgesehen. Eine innenliegende Nebenraumzone ist allen Berei¬chen gleichermaßen zugänglich.
Einladende und teilweise offene Aufenthaltsbereiche mit vorgelagerten Loggien durchziehen die Geschosse und dienen nicht nur den Studierenden als Lern- und Aufenthaltszonen. Die Blicke in den Park im Westen, auf den Schulplatz im Süden oder in den Garten im Norden bereichern die räumliche Situation.

Kindergarten
Der Kindergarten wird von der Gormannstraße erschlossen. Ein Vorbereich dient als schöne Eingangssituation. Von hier ist bereits der Blick in den Garten möglich. Auf zwei Etagen sind alle Kinderräume zum dem geschützten Außenraum ausgerichtet. Eine kommunikative (Spiel)treppe verbindet die Ebenen miteinander. Die Erzieherräume und die Küche sind zur Straße orientiert. Die Anlieferung der Küche mit den Nebenräumen im UG kann hier separat vom Kindergartenall¬tag funktionieren. Der Aufzug befindet sich an der Schnittstelle zum Lehrerseminar und kann von allen Nutzern genutzt werden.
Gartenbau_Für den Gartenbauunterricht ist ein eigener Zugang von Osten in räumlicher Nähe zum Schulgarten vorgesehen.

Schulerweiterung Steinstraße 36
Die dreigeschossige Schulerweiterung in der Steinstraße besteht aus einem schmalen Gebäu¬de, welches die Fluchten der Nachbarbebauungen aufnimmt.
Ein lichtes Foyer verbindet den Neubau mit dem denkmalgeschützten Bestand. Der polygonale Orchestersaal ist im Straßenraum als „Edelstein“ sichtbar und führt gleichsam in das Foyer und über die Durchfahrt in den Schulhof. In Richtung Schulhof erweitert sich das Foyer auf einen vorgelagerten Platz. Dieser nimmt einerseits die Höhenunterschiede zum Altbau auf, zum ande¬ren erzeugt er einen sinnvollen und räumlich guten Vorbereich vor dem Foyer nach Süden. Dem öffentlichen Charakter des Saales entsprechend, kann diese auch für größere schulinterne und/ oder öffentliche Veranstaltungen genutzt werden.
Die Figur des Saales vervollständigt das Gebäudevolumen in das 1.Obergeschoß mit einem Musikraum. Eine vorgelagerte Terrasse festigt den respektvollen Abstand des Neubauvolumens zur denkmalgeschützten Fassade des Altbaus. Eine weitere Terrasse im OG2 dient den Natur-wissenschaften als Observatorium.
Die drei Ebenen schließen an die Geschoßhöhen des Altbaus an. Der neue Fahrstuhl ermöglicht somit ebenso eine behindertengerechte Erschließung den Altbau. Das EG würd über den Vor¬platz mit Rampe erschlossen.
Im Bereich des bestehenden Erweiterungsbaus sind einige Veränderungen vorgesehen: Im Obergeschoß können die Horträume vergrößert werden. Die gemeinsamen Sanitärräume im Neubau dienen beiden Erweiterungsbauten. Im zweiten Obergeschoß entsteht ein zusammen¬hängender Bereich für die Naturwissenschaften. Die entfallenden Horträume des Bestandes werden stattdessen im Neubau des Hortes vorgesehen.

Das neue Hortgebäude
Das neue Hortgebäude befindet sich als separater Baukörper auf dem Schulhof und gliedert diesen durch seine Positionierung in verschieden Bereiche. Der zweigeschossige, polygona¬le Baukörper nimmt subtil die Bezüge zum Bestand und der Umgebung auf. Durch seine Ge¬bäudegeometrie schafft er eine Orientierung in die verschiedenen differenzierten Bereiche des Schulhofes. Unterschnitte mit großzügigen Außentreppen erzeugen geschützte Vorbereiche und attraktive Ein- und Gartenausgangssituationen. Durch die Lage nahe des Sportfeldes kann der Hort auch als Tribüne genutzt werden.
Struktur des Gebäudes_Der Hortneubau gliedert sich in den Dorfhort im Obergeschoss mit den großzügigen Treppen. Der Elfenhort, die Küche, die Plastizierwerkstatt sowie weitere Horträume aus dem Bestand befinden sich im Erdgeschoß. Die Räume öffnen sich in den Schulhof, bzw. in die horteigenen Außenräume mit der vorgelagerten Sommerwerkstatt als Ergänzung zur Plas¬tizierwerkstatt mit eigener Terrasse. Die Ebenen sich für die Erzieher/Innen mit einer Treppe sowie rollstuhlgerecht mit einem Fahrstuhl verbunden.

Fassaden der Neubauten
Die Gebäude des Lehrerseminars und der Schulerweiterung orientieren sich mit ihren offenen einladenden Fassaden in den Straßenraum. Die Putzfassaden nehmen Bezug zum denkmal-geschützten Schulgebäude sowie zu den umgebenden Nachbarn auf. Die Werksteinfensterein-fassungen unterstreichen den herausgehobenen öffentlichen Charakter der neuen Gebäude. Die nach außen sichtbaren Innenräume geben die warme Atmosphäre der Räume wieder. Das Material Holz soll hier für viele Oberflächen dienen und angenehme Räume schaffen.
Das Hortgebäude als Solitär auf dem Schulgrundstück ist in der Materialwahl frei von den Bezü¬gen zur Straßenbebauung. Die Holzfassade des Hortgebäudes bindet den Neubau gestalterisch in die Landschaft des Schulhofes mit seinen hölzernen Kleinarchitekturen ein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Vorgaben des städtebaulichen Konzeptes werden aufgegriffen und gut
weiterentwickelt. Der Vorplatz zur Gormannstraße und die Passage zur
Steinstraße überzeugen.
Kritischer wird die Zonierung des Schulinnenhofes beurteilt. Der hochgelegte
Hortgarten schafft starke Separierungen, die in dieser Form nicht
gewünscht sind. Hingegen ist der Zugang von der Steinstraße gut gelöst.
Das Seminargebäude und die Schulerweiterung sind in ihrem gestalterischen
Ausdruck einander verwandt und mit ihrer zurückhaltenden Architektursprache
gut gelöst. Das Hortgebäude bleibt jedoch eigenständig und
wirkt trotz ansprechender Bilder in diesem Kontext eher fremd.
Die Grundrisse sind klar gegliedert; an vielen Stellen gibt es schöne Raumqualitäten
und Korrespondenzen zwischen innen und außen.
Der Übergang und Zugang zwischen Schulerweiterungsbau und Bestand
mit der Verlagerung von Nutzungen entspricht in dieser Form nicht den
programmatischen Vorgaben der Ausloberin.
Im Seminargebäude sind die notwendigen Raumhöhen für Eurythmie und
Sprache nicht ausreichend.
Die angedachten Konstruktionen scheinen - vor allem bei den Massivbauten
der Schulerweiterung und des Lehrerseminars - wirtschaftlich
umsetzbar zu sein.
Beurteilung durch die Denkmalpflege:
Die Baukörper an der Gormann- und Steinstraße nehmen die Dimensionen,
Materialität und Höhe der umgebenden Bebauung auf und fügen
sich harmonisch ein.
Positiv wird auch der abgestaffelte Anschluss an den denkmalgeschützten
Schulbau in der Steinstraße bewertet.
Insgesamt ist der Entwurf aufgrund seiner städtebaulichen Lösung und
seiner zurückhaltenden Architektursprache sowie den diversen Raumqualitäten
sympathisch und anerkennenswert.
Lageplan M 1:500

Lageplan M 1:500

Pikto Freiflächen

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