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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2020

Erweiterung der Freien Waldorfschule Berlin-Mitte e.V.

Hortgebäude im Innenhof

Hortgebäude im Innenhof

1. Preis / Schulerweiterung und Hort

Preisgeld: 27.250 EUR

FRÖLICHSCHREIBER

Architektur

studio polymorph

Landschaftsarchitektur

HeGe Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

Der Entwurf für die Waldorfschule hat folgende Kernfragestellungen: Die räumliche Gliederung der komplexen unterschiedlichen Räume im dichten städtischen Umfeld und eine Gestaltung des Baukörpervolumens, die die im städtebaulichen Verfahren erarbeiteten Richtlinien für die Setzung der Baukörper gestalterisch umzusetzt. Die oberste Priorität des Entwurfs liegt in der Schaffung von attraktiven, gut nutzbaren Räumen für die unterschiedlichen Nutzer.

WINDMÜHLENFÖRMIGES BILDUNGSPRINZIP
Die Gebäude des Lehrerseminars und der Kinderhorts sind in windmühlenförmiger Drehung organsiert, die herausgearbeitete solitäre Wirkung des Lehrerseminars zur Weinmeisterstraße und des Kinderhorts im Hof unterstreicht. Die Anordnung besticht durch hohe innenräumliche Qualitäten wie Blickbeziehungen und differenzierte Außenräume. Die Schulweiterung in der Steinstraße führt das Prinzip mit gedrehten Wände für gute Akustik der Musikräume fort.

HELLROTER ZIEGEL UND HAPTISCHE HOLZSCHINDELN
Die Baukörper zum Straßenraum sind in hellrot-orangenem Ziegel als übergeordnete Gebäude erkennbar in Analogie zum Baukörper der ehemaligen Sophien-Realschule und passen sich in den Farbkanon der Spandauer Vorstadt ein. Die Gebäudekörper entsprechen in ihrer Kubatur den erarbeiteten Richtlinien des Denkmalschutzes. Im Innenhof setzt der Entwurf mit Holzschindeln auf warme haptische Erfahrbarkeit der Fassade. Das Bild vom Dorf in der Stadt wird gestärkt, das den Kindern im Zusammenspiel mit der Haltung von Tieren Erlebnismöglichkeiten gibt.

VERKNÜPFTER LANDSCHAFTSTEPPICH
Die Landschaftsplanung verknüpft den Innenhof und die dem Straßenraum angelagerten Bereiche wie ein Teppich. Im Bereich zur Weinmeisterstraße wird der Raum etwas mehr geöffnet, bildet aber die notwendige Schwelle zum Straßenraum. Im Kleinen entstehen differenzierte Außenräume mit vielfältigen Erlebnismöglichkeiten für die Schüler.

EINLADENDE SITZTREPPE UND LOGGIEN
Der Eingang zum Lehrerseminar ist sich mittig im Gebäude und bindet die Schule und den öffentlichen Raum gleichermaßen an. Eine große Sitztreppe im Zentrum lädt zum Verweilen ein und führt direkt zum Eurythmiesaal im 1. OG, der sich durch die räumliche Ausgestaltung nach anthroposophischer Lehre auszeichnet. In den oberen Geschossen ordnen sich die Räumlichkeiten des Lehrerseminars in die windmühlenförmige um einen hellen Lichthof im Zentrum an. Vorteile sind Ausblicke in alle Richtungen und Rückzugsnischen mit Loggia in jeder Etage des Gebäudes. Im obersten Geschoss ist der Aufenthaltsbereich der Studierenden mit angeschlossener Dachterrasse.

MAISONETTEN ALS GRUPPENRÄUME
Der Kindergarten wird mit eigener Adresse von der Gormannstraße erschlossen. Er zeichnet sich durch zweiseitig belichtete, maisonettenartige Gruppenräume aus, die alle über einen Gartenzugang im EG verfügen und einen über eine Treppe verbundenen Zusatzraum im ersten Obergeschoss. Einzig der Raum für die Kleinkindgruppe ist komplett erdgeschossig gelegen. Die Küche befindet sich mit Anlieferung ebenfalls im rückwärtigen Teil des Erdgeschosses.

LÜCKENSCHLUSS MIT BEZIEHUNG ZUM STADTRAUM
Die perfekte Einpassung in den denkmalgeschützten Kontext sowie die Funktion Fachräume stehen für die Schulerweiterung im Vordergrund, wie die reibungslose barrierefreie Anbindung. Der Baukörper passt sich im Bereich der Steinstraße in der Höhenentwicklung dem Bestand an und schließt die bestehende Lücke. Im Erdgeschoss springt der Baukörper zurück. Unter dem Rücksprung bilden Fenster eine Beziehung der Schule zum Stadtraum aus. Die denkmalgeschützten Fenster in der Fassade des Schulbaus im Innenhof werden durch eine Halle mit Verbindungsbrücken inszeniert und die dringend benötigte Barrierefreiheit durch einen Aufzug im Neubau geschaffen.

DORFARTIGE ANMUTUNG MIT DIFFERENZIERTEN AUßENRÄUMEN
Die verdrehten und ineinandergeschobenen Körper des Hortgebäudes haben mit den abstrakt geneigten Dächern eine dorfartige Anmutung. Im EG befindet sich der Dorfhort und der Elfenhort im ersten OG. Jede der drei Horteinheiten im EG hat einen eigenen Vorbereich mit Loggia, der Bereich im Obergeschoss erhält eine weitläufige Dachterrasse. Der Hort ist von Norden mit dem Haupteingang erschlossen, der in einen zentralen Flur führt. Von hier aus werden direkt die drei Einheiten des Dorfhorts über Garderobenbereiche, die als Schmutzschleuse mit Außenzugang dienen, erschlossen. Der Elfenhort kann über die Treppe im Foyer oder über die Außentreppe der Dachterrasse erreicht werden Die Einheiten haben ein intern erschlossenes WC, Zugang über die Loggia zum Außenraum und sich in den Dachraum erstreckende Rückzugsnischen. Der Multifunktionsraum bindet direkt an die Dachterrasse an. schmalen Footprint, der genügend Raum zum Spielen im Innenhof frei lässt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit folgt den städtebaulichen Vorgaben mit sicherer Hand und
entwickelt diese eigenständig weiter. Der Anspruch an Ruhe, Aufgeräumtheit
und eine jeweils maßvolle bauplastische Gestaltung wird überzeugend
umgesetzt.
Volumen und Gewichtung des Seminargebäudes wirken gut austariert.
Neubau und Bestandsgebäude der Schule treten in einen Dialog. Die
Ausbildung des Vorplatzes sowie die Positionierung des Eingangs zu
diesem Platz werden als passend und richtig empfunden. Die große Geste
des räumlichen Zusammenhangs von Foyer, offener Treppe, Vorbereich
und doppelgeschossigem Eurythmiesaal beeindruckt, stellt jedoch gleichzeitig
andere wesentliche Funktionen des Seminargebäudes etwas zu
weit in den Hintergrund. Die Raumfolgen wirken dadurch, sowie durch die
Anordnung und Gestaltung der Erschließungswege, etwas zu rigide.
Die Funktionalität der Räume für den Kindergarten wird hinterfragt.
Die Organisation von Gruppenräumen über zwei Geschosse ist im Hinblick
auf die pädagogische Arbeit äußerst schwierig.
Das Schulerweiterungsgebäude fügt sich im Sinne der Anschlüsse und
Ausmaße in die Baulücke ein. Die Lage des Orchesterraums als erdgeschossiges
Bindeglied zwischen Steinstraße und Schulgelände ist
gut gewählt. Die organisatorische Anbindung der Schulräume an das
Bestandsgebäude ist zufriedenstellend gelöst.
Hinterfragt wird, ob der Lehrer-Ruheraum zwischen den beiden Musikräumen
angemessen platziert ist.
Besonders positiv fällt auf, dass für das Hortgebäude die kompakte Form
des städtebaulichen Konzeptes aufgelöst und dadurch eine stärkere
Verknüpfung mit den Freiräumen des Schulhofes erzielt wird. Die differenzierte
Ausformung des Volumens wird als angenehm empfunden und
verleiht dem Gebäude eine gute Maßstäblichkeit. Die Aufteilung der Räume
und deren funktionale Verknüpfung entspricht den pädagogischen Anforderungen.
Die Verbindung der Horträume mit den Freiräumen schöpfen
die hierin liegenden Potenziale in hohem Maße aus.
Die Fassaden von Seminargebäude und Schulerweiterung erscheinen in
ihrer starken Plastizität und in der betonten Differenzierung der Öffnungsgrößen
zu dominant im Hinblick auf die Charakteristik der städtebaulichen
Umgebung.
Die Kompaktheit aller Gebäude fällt gerade wegen des dennoch vorhandenen
Flächenüberhangs positiv auf. Hierin liegt das Potenzial einer guten
Realisierbarkeit vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht.
Die Materialisierung der Fassaden wird kontrovers diskutiert. Besonders
in Verbindung mit der gewählten Baukonstruktion erscheint die Wahl von
Sichtmauerwerk fragwürdig. Die vorgeschlagene Materialität der Hort
fassade in Holz ist nachvollziehbar; die Ausführung mit Holzschindeln wird
als sehr kostenintensiv bewertet.
Beurteilung durch die Denkmalpflege:
Der Baukörper an der Gormannstraße fügt sich mit seinen Proportionen
in den städtebaulichen Gesamtkontext ein. Die Fassaden wirken in ihrer
Materialität, Plastizität und Proportion der Öffnungen zu dominant in Bezug
auf das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Schulgebäudes. Die
Ausbildung eines sehr geschlossenen Sockelgeschosses in anderer Materialität
verstärkt diesen Eindruck.
Der Baukörper an der Steinstraße nimmt Höhen und Fluchten der Nachbargebäude
auf. Die Fassade zur Steinstraße wirken jedoch durch eine
zu horizontale Betonung durch ein sockelartig abgesetztes Erdgeschoss
und liegende Fensterformate untypisch und daher fremd im Straßenzug.
Hofseitig wird die solitäre Wirkung des ursprünglich freistehenden Schulbaus
durch den direkten Anschluss mit der geschlossenen Fassade in
gewissem Maße verunklärt.
Insgesamt stellt der Entwurf – trotz punktueller Kritikpunkte – einen guten
Beitrag zur gestellten Aufgabe dar, dessen Stärke in der Positionierung
und Ausformulierung der einzelnen Baukörper liegt.
Schulerweiterung Steinstraße

Schulerweiterung Steinstraße

Lageplan

Lageplan

Grundriss Hort

Grundriss Hort

Grundriss Erweiterung

Grundriss Erweiterung

Ansichten Hort

Ansichten Hort

Ansichten Stein

Ansichten Stein

Fassaden

Fassaden