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Einladungswettbewerb | 11/2019

Arealentwicklung Alte Spinnerei an der Lorze in Baar (CH)

Perspektive_01

Perspektive_01

Teilnahme

Preisgeld: 45.000 EUR

MAGIZAN

Architektur

DUO Architectes paysagistes / Landschaftsarchitekten Sarl

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Architektur

Auf der Suche nach einer identitätsstiftenden, den Arealcharakter stärkenden Bebauungsform schlagen die Verfasser eine serielle, ikonografische, historische industrielle Bebauungsform vor. Der repetitive Charakter simuliert gewissermassen einen für Industrieareale typischen Wachstumsprozess. Durch die einheitliche Satteldachform aller Gebäude wird ein eingängiges, etwas formalistisch wirkendes Wiedererkennungsmerkmal eingeführt.

Die einheitliche Grundorientierung der Bebauungstruktur in Ost- WestRichtung bindet das historische Hauptgebäude wie ein Leittier in eine Herde von kleineren Gebäuden ein. Der Ansatz einer repetitiven, einheitlichen Struktur, wie man sie von verschiedenen städtebaulichen Strukturen, z.B. aus La Chaux-de-Fonds oder vom Quartier Barceloneta her kennt, birgt grundsätzlich ein Entwicklungspotential. Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung der Idee wäre einerseits ein substantielles Zusammengehen der primären Freiraumstruktur mit den funktionalen Anforderungen des Raumprogramms. Während diese Voraussetzung im südlichen Arealteil mit einer einfachen Wohnbaustruktur gegeben wäre, ist sie auf dem nördlichen Arealteil, in dem einerseits eine räumliche Verbindung zwischen Langgasse und Hauptgebäude gesucht ist und in dem grossflächige Nutzungen untergebracht werden sollen, tendenziell hinderlich.

Interessant ist der Ansatz, mit räumlichen Querverbindungen, den sogenannten Traversen, einerseits das Ziel der räumlichen Querverbindung und andererseits durch die Störung der Grundordnung eine identitätsstiftende Morphologie zu schaffen. Die Traversen sind allerdings wenig raumbildend. Sie repetieren vielmehr mit weitgehend uniformen leichten Versätzen nur die Grundordnung, ohne eine ablesbare Sekundärstruktur, Schwerpunkte oder Hierarchien zu schaffen. Mit Ausnahme des zentralen Platzes übernehmen die Längsfassaden der parallelen Baustrukturen kaum je raumbildende Funktion. Das Potenzial einer kubischen Variation und Differenzierung der Längsbauten wird ebenfalls nicht ausgelotet. Die Kombination von Grundvolumen und funktional erforderlichen verbindenden Sockelpartien überzeugt nicht. Sie wiederholt den kleinmasstäblich-repetitiven Charakter der Struktur und führt ebenfalls nicht zu identifizierbaren Freiräumen.

Der architektonische Ausdruck der Neubauten orientiert sich zwar bezüglich der Dachneigung und der Proportionierung am historischen Hauptgebäude, wirkt jedoch z.B. durch die fehlende Differenzierung der Dachflächen, die Art der kubischen Modellierung und die vereinheitlichende Materialisierung unglücklich modernistisch-zeitgenössisch und etwas beliebig.

Die Grundrisse sind grundsätzlich sorgfältig aufgebaut und orientieren sich in ihrer repetitiven Charakteristik ebenfalls an historischen industriellen Vorbildern, wie man sie von sogenannten Kosthäusern her kennt. In bestimmten Bereichen, z.B. zur Langgasse hin oder bei den periferen Zeilenbauten im südlichen Abschnitt, reagieren sie jedoch nicht oder in unverständlicher Art auf die jeweilige örtliche Lage der Gebäude im Kontext. Der Vorschlag, im südlichen Abschnitt durchgängig Sockelpartien mit Nichtwohnnutzungen vorzuschlagen, ist in der ersten Gebäudezeile zum Hauptgebäude zwar denkbar oder sogar erwünscht, wirkt in den übrigen Zeilen jedoch aufgesetzt und überinstrumentiert.

Aus ökonomischem Blickwinkel würde das Illustrationsprojekt durch die Einfachheit der baulichen Strukturen und deren repetitiven Charakter trotz eher ungünstiger Oberflächen-Volumen-Verhältnisse gute Voraussetzungen bieten.

Freiraum

Das Team verfolgt den ungewöhnlichen Ansatz, ein serielles, aus dem Langbau der Spinnerei und der industriellen Vergangenheit abgeleitetes Konzept über das gesamte Areal zu entwickeln, was grundsätzliche Fragen aufwirft. Die Freiräume sind an sich sorgfältig ausgearbeitet mit vielen ansprechenden Ideen. Durch die seriellen Raumabfolgen wirken sie aber auch rigide. Die zahlreichen Sockelbauten schränken die räumliche Qualität und Nutzbarkeit des Freiraums zudem massgeblich ein. Die Traversen vermögen den Bezug durch das Areal hindurch nicht zu gewährleisten, vor allem auch, weil sie an wesentlichen Stellen durch die alte Spinnerei unterbrochen werden.

Ortsbildschutz/ISOS

Die vorgeschlagene Neubebauung nimmt die bestehenden Strukturen und, mit dem konsequenten Schrägdach, auch den Charakter des Bestandes auf. Im südlichen Arealteil scheint dies aus Sicht des Ortsbildschutzes gelungen. Die Bestandesbauten Kraftwerk und Gaskessel werden gut integriert. Die Übernahme des gleichen Bebauungsmusters für den nördlichen Bereich ist aber weniger nachvollziehbar. Positiv bewertet werden die Integration des Mühlebachkanals in die Umgebungsgestaltung sowie die Durchblicke zwischen Langgasse und Fabrikgebäuden, die mit dem Unterbruch der langen Zeilen zwischen Langgasse und Fabrikgebäuden geschaffen werden. Hingegen gelingt das Einbinden des Verwaltungsgebäudes, insbesondere wegen des durchgehenden Sockels, der die Neubebauung buchstäblich vom , nicht.

Schlusswürdigung

Der Versuch, eine ikonografisch einprägsame Bebauungsstruktur zur Stärkung des Autritts und der Identität des Industrieareales zu finden, wirkt durch seine nicht gelösten Widersprüche mit den städtebaulichen und funktionalen Anforderungen leider ziemlich formalistisch und historisierend und damit etwas oberflächlich. Der Versuch, mit der Einführung der sogenannten Traversen nicht nur eine Störung der Grundordnung, sondern eine auf die räumlichen Anforderungen und Gegebenheiten abgestimmte, starke morphologische Charakteristik und Figurqualität zu schaffen, muss leider als nicht bewältigt beurteilt werden.
Perspektive_02

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Perspektive_03

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Lageplan

Lageplan